Full text: St. Ingberter Anzeiger

ↄt Jugherter Amzriger. 
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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wbchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal woͤchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
—X Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koflet vierteljahrlich 1 A 60 A einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1A 75 , einschliekli 
⸗Zullelungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondjeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfalzischen und solch n 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13. 8. Neclamen 30 8. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnei. 
M 207. — 
Donnerstag, 22. Oktober 1888 
20. Jahrg, 
Deutsches Reich. l 
München, 20. Oktober. Den Landtagsab⸗ 
oroneten ist eine Denkschrift, die Abstufung des 
halzaufschlages für Klein- und Mittelbrauer einer⸗ 
eitz und Großbrauer andererseits betr. zugegangen, 
velche vermuthlich den Abgeordneten Ponschab zum 
zerfasser hat. Ebenderselbe hat bekanntlich schon 
m vorigen Landtage ohne Erfolg auf eine Abstuf⸗ 
— 0 
isetatsreferent Abg. Dr. Daller hat heute mit den 
orreferenten Abg. Dr. v. Schauß unter Führ⸗ 
ag des königlichen Ministerialrathes Dr. v. 
Jiegler eine Besichtigung der wissenschaftlichen In— 
itute der Universität, sowie des Gebäudes der kgl. 
tademie der Wissenschaften vorgenommen. Das 
it den Umbau des letzteren gesiellte Postulat von 
5, 000 Mk. wird, wie schon jetzt mit Sicherheit 
erlautet, bewilligt werden. 
München, 21. Okltober. Abgeordnetenhaus. 
der Antrag Gabler, welcher den Militärdienst der 
Cheologen verkürzen will, wird bei namentlicher 
Ubstimmung mit 86 gegen 54 Stimmen ange⸗ 
ommen. Staatsminister Feilitzsch erklärte, es 
andle sich hier um eine Frage, die vor das Frrum 
es Reiches gehöre, die Regierung werde indeß die 
etressenden Bestimmungen auch weiterhin mit 
bohlwollen handhaben. 
Berlin, 21. Oktober. Die Verhandlungen 
nit Spanien nehmen einen langsamen Fortgang, 
veil sie nur auf schriftlichem Wege geführt werden 
znnen, wobei im Monat höchstens zwei Noten 
uurch die Courire ausgewechselt werden können. 
die Erfahrungen, welche in Betreff mündlischer 
bmachungen mit dem auswärtigen Minister 
zpaniens. Herrn Elduayen gemacht sind, lassen 
iesen Modus der Verhandlung, wie er von Deutsch· 
and auch festgehalten wird, sehr geboten erscheinen. 
Braunschweig. 21. Ottober. Der Land⸗ 
oahlte einstimmig den Prinzen Albrecht von Preußen 
ils Regenten. Sämmtliche Mitglieder des Regent⸗ 
haftsraths und des Landtags waren anwesend. 
Ausland. 
Athen, 20. Oktober. Gutem Vernehmen 
ach soll sich, die kretensische Bevölkerung gegen 
rhehung zu Gunsten der Vereinigung Kretas mit 
hriechenland ablehnend verhalten, so lange Grie⸗ 
»nland nicht den Krieg erklärt hat. 
Philippopel, 21. Oktober. Die serbische 
rriegserktlärung wird jeden Augenblick erwartet. 
der Fürst Alexander übernimmt den Oberbefehl 
oer die butgarische Armee. — 
kotale und pfälzische Nachrichten. 
Rohrbach, 20. Oktober. Gestern Abend 
cannte das Wohnhaus des Wirtes Müller, Scheuer 
ind Stallung des Bergmannes Würz vollständig 
und das Wohnhaus des leztzteren teilweise nieder. 
ntstehungsursache ist unbekannt. Die Beschädigten 
aben bersichert. -— Freunden des Obst⸗ und 
jartenbaues dürfte es vielleicht von Interesse sein, 
lerfahren, daß der Bergmann Bachmann von 
ier von feinem Weinstocke (Gutedel) am Hause 
Liter Wein kelterte. Die Trauben waren voll⸗ 
ommen, zum weitaus größten Teile vollständig 
ceif und keine Spur von Fäulnis zu bemerken. 
— Unser pfälzischer Landsmann, der 
frikareisende Paul Keichardt, hat sich am 29. 
?eptember in Zanzibar eingeschifft, um nach 
Deutschland zurüdzukehren. 
— pirmasens, 20. Ottober. Am Sams⸗ 
ag Abend wurde am Hause der armen Franziska— 
erinnen heftig die Thuͤrklingel gezogen. Als eine 
Schwester öffnete, wurde ihr von einem unbekann⸗ 
len Frauenzimmer rasch ein Korb zugeschoben, wo⸗ 
zauf dasselbe entfloh. Beim Nachsehen fand sich 
in dem Korbe ein männliches Kind im Alter von 
ingefahr 4 Wochen. In dem Korbe befand sich 
roch ein Zettel, auf welchem der Geburistag des 
dindes, 28. September, angegeben und die Bitte 
nthalten war, das Kind aufzunehmen und zu ver⸗ 
flegen. Die Pförtnerin machte von diesem Falle 
ofort Herrn k. Dekan Huth Mittheilung, worauf 
Inzeige bei der Polizei erfolgte. 
Die Person, welche vor dem Pirmasen⸗ 
er Kloster ihr einige Wochen altes Kind aussetzte, 
ann nach Zweibrücken fuhr und dort festgenommen 
purde. isi die 20 J. a. Margaretha Hermann aus 
steunkirchen (Rheinpreußen). 
— Kaiserslautern, 20. Oltober. Am 
Zamstag gerieth dem 4* jährigen Töchterchen des 
Mälzers Sch. von hier eine Bohne, mit der es im 
Munde spielte, in die Luftröhre. Troz sofortiger 
arztlicher Hülfe machte sich eine Operation noth⸗ 
wendig, an der das Kind gestern starb. 
Niederhochstadt, 18. Oktober. Als 
die beiden Kinder des Maurers Jacob Nutz hier 
gestern früh allein im Wohnzimmer waren. wah⸗ 
end ihre Eltern der Arbeit nachgingen, kam der 
7 Jahte alte Knabe durch Unvorsichtigkeit der 
hrennenden Stehlampe auf dem Tische zu nahe 
und warf sie um Der brennende Inhalt seztzte 
zie Kleider des Knaben in Brand und verbrannte 
hn derart, daß sich die Haut am ganzen Korper 
oslöste und das Fleisch ganz schwarz wurde; schon 
Mittags ist er seinen qualvollen Schmerzen erlegen. 
derbeieilende Nachbarn retteten das andere, durch 
zen entstandenen Rauch dem Ersticken nahe Kind 
yor dem Tode. 
— Neustadt; 20. Oktober. Sonntag, den 
5. November, Vorminags 10 Uhr findet im 
—X außerordentlicher Turn⸗ 
ag des zehnten Kreises statt. 
— Speyer, 20. Okltober. Dem Vernehmen 
—E 
⸗uht, daß den Postboten, welche eine 25jährige 
adellose Dienstzeit zurüdgelegt haben, ein äußeres 
Zeichen der Anerkennung in der Weise zutheil 
herde, daß denselben an Stelle des von ihnen als 
diensiabzeichen zu tragenden versilberten Brustschildes 
in solches in Vergoldung gewährt werde. 
— Ludwigshafen, 20. Oktober. Der 
dauptgegenstand der Tagesordnung der General⸗ 
ersammlung pfälzischer Gewerbevereine, welche be⸗ 
anntlich am Sonniag den 15. Nov. hier abge⸗ 
alten wird, sind die auf dem letzten Delegirtentagt 
u Kaiserslauiern besprochenen Punlte des Arbeiter⸗ 
chutz⸗ Gesetzes. Der Landtags⸗ und Reichstags⸗ 
loͤgeordneie Dr. A. Buhl wird sich an diesen 
derhandlungen betheiligen, wie er schon auf dem 
Delegirtentage dieses Thema sehr eingehend erörtert 
sat.“ Auch betreffs der Sonntagsruhe, welcher 
Junkt damals aus dem Grunde nicht näher be— 
prochen wurde, weil sich die Regierung gleichzeitig 
nit diesbezüglichen Erhebungen befaßte, welche 
emnächst zum Abschluß gelangen werden, wird 
nuf diesem Verbandstage die Ansicht der 15 Ver⸗ 
ine des pfälzischen Gewerbe-⸗Vereins-Verbandes 
ingebört und ausführlich beleuchtet werden. 
ahnlich wie in den Vorjahren bei den öffentlichen 
stassen und denjenigen der bedeutenderen Privatin⸗ 
ttitute im Reiche auf Veranlassung des Reichskanz⸗ 
lers der Bestand an Reichsgoldmünzen, Einthaler⸗ 
ttücken, Reichssilbermünzen und Reichskassenscheinen 
mnicht Reichsbanknoten), nach diesen vier Rubriken 
getrennt, festgestellt werden. 
— Vor kurzem hat, wie das ‚Leipz. Tagebl.“ 
nittheilt, der J Strafsenat des Reichsgerichts 
eine für das gesammte biertrinkende Publikum hoch⸗ 
vichtige Entscheidung gefällt. Die Inhaberin eines 
berkehrslokals in einer Leipzig benachbarten Stadt 
jatte bei Gelegenheit von Festtichkeiten, welche in 
hrem Lokale stattfanden, den Gästen Bier verab⸗ 
olgen lassen, welches mit dem bei früheren Gelegen⸗ 
jeiten in den Gläsern als Neige stehen gebliebenen 
ibgestandenen Biere verschnititen war. Das Neigen⸗ 
hier war am Schlusse der früheren Festlichkeiten 
ic. auf Anordnung der Wirihin auf Flaschen ge⸗ 
üllt. Die Strafkammer hatte hierin eine Bierver⸗ 
älschung erblickt und die Gastwirthin freigesprochen. 
das Reichsgericht hat aber das freisprechende Ur⸗ 
heil aufgehoben, indem es aussprach, daß eine 
Berfälschung im Sinne des 8 10 des Reichs⸗ 
stahrungsmittelgesetzes auch dann vorliegt, wenn 
eine Verschlechterung der normalen Beschaffenheit 
eines Nahrungs⸗ und Genußmittels durch Beimeng⸗ 
ing verdorbener oder in unzulässiger Weise minder⸗ 
verthiger Stoffe gleicher Art bewirkt wird. 
FSaargemünd. Die von dem Handels— 
mann Marx Hirsch in St. Avold gegen das 
Urtheil der hiesigen Strafkammer, wegen Wuchers 
auf vier Monate Gefängniß und 1500 Mk. Geld⸗ 
strafe lautend, beim Reichsgericht eingelegte Revision 
ist verworfen worden. 
F St. Wendel, 19. Oktober. Der Schuh⸗ 
machermeister B. in Reitscheid verwundete gestern 
wie die „N. u. Bl. Zig.“ schreibt, seinen Gesellen 
miitelst eines Flintenschusses lebensgefährlich, so 
daß dessen Aufnahme im hiesigen Hospital erfolgen 
mußte. Die Verhaftung des B. konnte leider nicht 
gleich erfolgen, da derselbe sich „durch die Reiser“ 
nachte. Der Grund zu der unglücklichen That 
'oll darin zu suchen sein, daß der Geselle seinem 
Meister gegenüber die Drohung ausgestoßen haben 
oll, er werde bezüglich des letzten Brandes „aus 
der Schule“ sprechen, wenn ihm nicht der Betrag 
von Mk. 1,30 bezahlt würde. 
F Das kriegsgerichtliche Erkenntniß 
zegen den Oberstabsarzt Dr. Hennecke in Mainz, 
wegen gesetzwidriger Befreiung Militäarpflichtiger, 
autet auf neun Jahre Zuchthaus und Ausstoßung 
nus dem Offizierstande. Der Verurtheilte ist nach 
Wehlheiden gebracht. 
Mainz, 20. Oktober. In dem Abort 
der Brauerei zum ,‚Tannenbaum“ fand man so⸗ 
ben den Kopf und die weiteren Körpertheile des 
rmordeten Wothe. 
München, 18. Oktober. Aus dem Ge⸗ 
zirge trafen gestern und heute sehr schlimme Nach— 
ichten ein. Ein heftiger Fönwind hat in Tegernsee, 
dreuth, Oberammergau, Graswang, Grainau, 
dartenkirchen und ganz besonders in Garmisch 
ürchterliche Zerstörungen angerichtet, die herrlichsten 
Waldungen an ganzen Berghöhen entlang zerstört, 
yon Villen und Kirchen schwere Dächer abgeworfen. 
elbst den Thurm der alten Kirche schwer beschä 
digt, die Bäume der Straßenalleen völlig entwur— 
jselt. Die Bewohner einzelner Bergdörfer verließen 
tüchtend ihre Häuser; Post und Telegraph können 
zicht verkehren, weil die Leitungen gebrochen und 
Vermischtes. 
Um ein Urtheil über die Zusammensetzung 
»es deutschen Geldumlaufs zu gewinnen, 
vird, wie die „Fr. Zig.“ erfährt, am 31. d. M.