Full text: St. Ingberter Anzeiger

ugent ist weder durch Rang noch durch Reichthum 
gezeichnet. weder ein Poliniker, noch ein Finan⸗ 
noch Künstler, und doch wurde er mit den 
glen Ehrenbezeigungen im Weißen Hause em⸗ 
shen, denn ex besitzt etrhas. was vielleicht kein 
isch in der ganzen Welt ihm streitig machen 
n den Anspruch auf das höchste menschliche 
usalter. Mr. Nugent ist 125 Jahre alt. Er 
alle Präsidenten der Vereinigten Staaten ge⸗ 
u und gesehen, von Georg Washington bis auf 
deland; er sah die Geburt der Republik und 
gZeuge ihrer Entwickelung und ihrer Geschichte 
auf den heutigen Tag. Präsident Cleveland 
ahielt sich mit dem ehrwürdigen Alten auf das 
gehen dste und ließ sich von ihm Vieles auf 
Person, dessen Verhältnisse und Erlebnisse 
zͤgliches eczählen. Eine der seltsamsten Eigen⸗ 
n des alten Mannes ist, daß er kein Begrabniß 
tet versäumt, vorausgesetzt, daß sein Gesundheits 
jund es erlaubt und die · Entfernung nicht zu 
Fist, die nachst ihm Anspruch auf das höchste 
r machen koönnen. So hatte er wenige Tage zuvor 
Beerdigung einer farbigen Frau, der Mes. 
rah Juniper, in Washington beigewahnt, dieselbe 
⁊ 112 Jahre alt geworden und war ursprüng⸗ 
eine Sklavin, hatte aber “ vor dreißig Jahren 
Freiheit erlangt. Als der Prasident über einen 
güchen Itrthum des Alten scherzte und ihn 
qate, ob er sich nicht bei der Berechnung seines 
chen Alters um ein paar Jährchen verzählt hätte, 
alte ihm der alte Nugent mit, daß General P. 
Whittaker in Washington vor zehn Jahren die 
„zansprüche Nugent's geprüft und durch amt⸗ 
je Dokumente bestätigt habe, daß seine Angaben 
crelt und daß er wirklich im Jahre 1760 auf die 
it gelommen sei. Präsident Cleveland erkundigte 
nun in der liebenswürdigsten Weise nach dem 
gemeinbefinden und den Lebensgewohnheiten des 
en und erfuhr, daß derselbe, wie er ja auch 
ist bemerken konnte, im Vollbesiztze seiner geistigen 
d lörperlichen Kraft wäre. Sein Auge sei noch 
urf und untrüglich wie ehedem; er sei selten 
int, und noch bis auf kurze Zeit vorher habe er 
t nöthig gehabt, sich eines Krückstockes zu be⸗ 
nen. Jetzt freilich plage ihn das Gliederweh, 
ad er würde wohl nicht mehr lange leben. Prä⸗ 
»nt Cleveland würde wohl der letzte Präsident 
a, dem er die Hand schütteln könne. Zum Schluß 
ahlte der Alte noch, daß seine Hauptbeschäftigung 
Beobachtung des Wetters sei und daß er des⸗ 
ab weit und breit als der beste Wetterpropheit 
. Beim Abschied geleitete der Präsident den 
en schwarzen Gesellen, dessen Haupt kaum 
och eine vereinzelte Silberlocke schmückte, bis vor 
Thür, schüttelte ihm die Hand und sprach die 
offnung aus, daß auch seinem Nachfolger auf 
mn Präsidentenstuhl der gleiche seltene Besuch ver⸗ 
mnt sein möchte. 
(Funfzig Dollars — oder ich schreie) In 
ßarrensowe, einem Städtchen an der Mis—⸗ 
urie ⸗Pazifik ⸗· Vahn soll sich Folgendes zugetragen 
ben: Eine Dame beglückt einen Gasthof mit 
er Gegenwart. Sie läßt den Gasthofsbesitzer 
sich auf ihr Zimmer bitten, und es entspinnt 
folgende Unterhaltung, nachdem die Dame die 
rüre vorsichtig verschlossen und den Schlüssel in 
Tasche gesteckt hat: „Herr M., Sie sind ein 
cheiratheter Mann, nicht wahr? Sie haben er⸗ 
achsene Kinder.“ — „Jawohl, allerdings.“ — 
hut. wenn Sie irgend welche Achtung für Ihre 
amilꝛe hegen, so werden Sie mir sofort fünfzig 
cdllars zahlen, oder ich — schreie!“ Der Gast⸗ 
ibesißer zahlie nach kutzer Ueberlegung; die Dame 
richtigte prompt ihte Rechnung und reiste weiter. 
Eine Dame besuchte ihre Putzmacherin, um 
dei derselben über den Charakter eines neu 
ugestellten Dienstmädchens zu erkundigen, das bis 
hin bei der Modistin gedient hatte. „Sie ist 
ig und ordnungsliebend,“ erwiderte die Befragte. 
w dieser Hinsicht hatte ich nicht zu klagen.“ — 
ist sie aber auch ehrlich?“ fuhr die Dame fort. 
MDarüber bin ich im Zweifel,“ antwortete die 
tzmacherin, „ich habe sie letzthin mit meiner 
Hnung zu Ihnen gesandt und sie hat mir bis 
ule noch kein Geld abgegeben.“ 
Einschlaues Mittel. „Sagen Sie 
mal, junger Freund, wie kommt das? Ich gebe 
m Stubenmädchen eine Mark Trinkgeld, und sie 
doch immer ein unfreundliches Gesicht, sie 
iaum, wohingegen sie bei Ihnen alleweile 
Wie viel geben Sie ihr denn?“ —- „Jar 
nichts, Herr Jeheimrath. Ick litzlen se man: bloẽ 
in de Hand.⸗ α 
Fur die Redaltion verantwortle vOecneß. 
voj eme J.. 
(Eine Auerkennung!) Kirrweiler bei Landau 
Pjalz). Sehr geehrter Herr! Ich habe Apotheker R. 
Zrandt's Schweizerpillen gegen Kopfweh,“ Schwindel und 
ückschmerzen angewendet, und zwar mit so günstigem Er⸗ 
olg, daß ich dieselben bereits allen meinen Freunden, 
zerwandten und Bekannten auf's Wärmste empfohlen habe; 
rnuch werde ich fernerhin bestrebt sein, diesem ebenso sicher 
ils schmerzlos wirkenden Heilmittel die möglichst weiteste 
Lerbreitung zu verschaffen. Mit aller Hochschätzung B. 
Aleiter, pensionirter Pfarrer. * 
Man versichere sich stets, daß jede Schachtel Apotheker 
st. Brandt's Schweizerpillen (erhältlich à Schachtel Mark 1 
in den Apotheken) ein weißes Kreuz in rothem Feld und 
»en Namenszug R. Brandt's trägt und weise alle anders 
erpackten zurück 
Aien 
Für jeden Musiker und Musikfreund dürfte die 
ben erschienene Nr. 20 der „Neuen Musik⸗ 
Zeitung“ von ganz besonderem Juteresse sein; 
ieselbe widmet sich in erster Linie der von E. 
Zasqué und Ferd. Langer neubearbeiteten Weber'schen 
Iper Silvana, welche augenblicklich die Runde über 
zie bedeutendsten Bühnen Deutschlands macht und 
ringt unter Anderem: Die Oper Silvana in ihren 
erschiedenen Gestaltungen erzähit von E. Pasqué. 
— Die Portraits von C. M. von Weber, Ernst 
Jasqué und Ferd. Langer. — Webers erste Sil⸗ 
ana und letzte Liebe. — Eine Wiedererstandene 
on O. Neitzel. — Meister Rameau und Made— 
noiselle Mirés. — Geschichte der Blechinstrumente 
Hörner, Trompete und Posanne) mit 20 Zeich⸗ 
uungen. Abbildung eines Konzertes unter Mari-⸗ 
nilian J. (1512) die damaligen Instrumente und 
dostüme darstellend. Allen Musikliebenden sei dieses 
llustrirte Familienblatt (Preis pro Quartal nur 80 
Pfennig) bestens empfohlen. — 
Probe ˖ Nummern in jeder Buch⸗ und Musika⸗ 
ienhandlung gratis. 
s. Der Kaffee⸗Schwindel. 
Wohl zu keiner Zeit ist ein größerer Schwindel 
jetrieben worden, als in den letzten Jahren mit 
daffee und namentlich in Süddeutschland. — Hun⸗ 
derte von Annoncen erscheinen täglich in den Zei⸗ 
ungen und laden zum Bezug von Kaffee durch die 
Zost ein. Die Summen, welche diese sog. „Ver⸗ 
andt⸗Geschäfte“* für Reklamen, Drucksachen, Pro⸗ 
isionen ꝛc. ausgeben, sind ganz enorm und müssen 
ille, nebst dem sehr bedeutenden, nicht kontrollir⸗ 
zaren Nutzen, den der Versender in die Tasche 
teckt, von dem beziehenden Publikum getragen 
verden. 
Diese Versandt⸗Geschäfte, meistens Firmen min⸗ 
deren, oft zweifelhaften Ranges, versenden jedoch 
iur unter Nachnahme. Der Kaäufer muß, wenn er 
as Paquet erhält, den Betrag zuvor bezahlen, 
he er es öffnen und die Waare prüfen kann. 
Ddiese Vertrauensseligkeit des Publikums nützten 
iun die Versender in einer Weise aus, daß die 
Zeprellten sich hüten, ein zweites Mal auf den 
zauber hereinzufallen. In Norddeutschland hat 
diese Methode nie recht verfangen und aach in Süd⸗ 
eutschland, wo das Geschäft einige Zeit brillant 
zsing, will die Sache nicht mehr ziehen. Es mußten 
eshalb andere Hebel in Bewegung gesetzt werden, 
im dem Publikum das Geld aus der Tasche zu 
ocken. Man sucht nun Agenten zum Virkauf 
von Kaffee an Private, selbst auf kleinen Plätzen, 
jsegen festes Gehalt von 300 -1000 Mark und 
iner Provision von 10 Prozent vom Verkauf. — 
Zeamte, Geistliche, Lehrer, überhaupt Leute in ein⸗ 
lußreicher Stellung erhalten den Vorzug. Es soll 
chou vorgekommen sein, daß ganze Ballen 
daffee in der Schule ausgewogen und den 
dindern 122 Pfund mitgegeben wurden, mit der 
Lufforderung, am anderen Tage das Geld dafür 
nitzubringen. Vorgesetzte treten an Untergebene, 
um ihnen einen Vortheil zukommen zu lassen,“ 
inige Pfund Kaffee ab. am Wirthstisch, im Kasino, 
uuf der Kegelbahn sucht der Freund dem Freund 
in Pöstchen — Kaffee zu verkaufen — ja in 
iner Kaffeegesellschaft stellte es sich herans, daß 
on acht anwesenden Damen bloß sieben Agentinnen 
ür Kaffee waren, jede wollte der anderen verkaufen 
ind behauptete die beste Vertretung zu haben. 
Selbst ein bayerischer Post-Sekretär (7) scheut 
ich nicht, unter seinem Namen ein Flugblatt her⸗ 
uszugeben, in welchem der ganze reelle Handels⸗ 
and heruntergerissen und nur eine einzige Firma 
a Emmerich als fähig bezeichnet wird, den Haus⸗ 
rauen Kaffee zu diefern⸗ Welche Provision der 
betr.“ Post Sekretär für die Hergabe seines 
Namens und Titels zu dieser Reklame erhält. wird 
nan wohl nie erfahren. Klappern gehört zum 
dandwerk, und wer es recht versteht, der wird 
mmer Opfer finden, an denen sich etwas verdienen 
läßt.“ Wohl aber-muß die Frage aufgeworfen 
werden, ob eine solche Thätigkeit, sich mit derjenigen 
zines Mannes in öffentlicher Stellung vereinbaren 
äßt, ob nicht das Vertrauen in die Unabhängigkeit 
olcher öffentlichen Diner ganz schwinden muß. 
Allerdings sagen diese Herren. daß es ihnen nur 
»arum zu thun, ihren Mitmenschen etwas Besseres 
und Billigeres zulommen zu lassen, als sie sonst 
bekämen, aber man betrachte das hohe Gehalt und 
die Provisionen, die diese Leute beziehen, was doch 
alles auf den Preis der Waare geschlagen wird! 
Bei Kaffee zu 1 Mark das Pfund bekommt 
der Agent 10 Pf., die Post 613 Pf., also zu⸗ 
ammen 1612 Pfennig pro Pfd, alsdann muß 
er Versender noch das Gehalt des Agenten be— 
ahlen, und will selbst auch noch verdienen, so daß 
er auf jedes Pfund 830-35 Pf. Nutzen nehmen 
nuß. Durch genaue Vergleichung haben wir ge⸗ 
unden, daß Kaffee's, für welche sich diese Schwin⸗ 
elfirnen 1 M. bis 1 M. 20 Pfennig bezahlen 
assen, bei jedem Kramer zu 80—90 Pfennig 
pfundweise erhältlich sind. Feinere Sorten, die 
man in besseren Läden zu 1M. 20 Pf. bis 1 
Mark 60 Pf. kauft, werden von diesen Versandt⸗ 
geschäften fast gar nicht geliefert. Bei Kaffee zu 
M. 50 Pf. per Pfund, würde sich Provision 
und Porto schon auf 2133 Pf. belaufen; es liegt 
auuf der Hand, daß diese Versender 50 Prozent 
auf den Ankaufspreis schlagen müssen, um heraus⸗ 
zukommen. Wenn in dem Publikum nicht ein 
riesiges Vorurtheil für das Fremde, weither Kom⸗ 
nende vorhanden wäre, welches diese Reklamen⸗ 
macher nebst ihren Agenten geschickt zu nähren ver⸗ 
tehen, wäre es kaum möglich, daß so viele Leute, 
die sonst so vorsichtig sind und auf jeden Pfennig 
ehen, auf solchen Schwindel hereinfallen. 
Kaffee ist eben sehr schwer zu taxiren, schwerer 
als alle andern Artikel. Warum beglücken uns 
iese Versandt-Geschäfte nicht auch mit billigerem 
zZucker, Reis, Gerste ꝛc.? Einfach deßhalb, weil 
dei diesen Artikeln eine Täuschung des Publikums 
»ezüglich der Qualitat und des Preises nicht so 
eicht möglich ist. — Möge deßhalb jeder, der von 
ffenen oder verkappten Agenten angegangen wird, 
daffee zu kaufen. bedenken, daß dieselben nur einen 
zweck im Auge haben, nämlich den: eine fette 
Zrovision auf seine Kosten zu verdienen, indem sie 
hm eine Waare aufschwatzen, die er im nächsten 
Laden viel billiger bekommt. 
Gegen denselben Schwindel richtet fich eine von 
dem Orts-Gesundheitsrath in Karlsruhe vor einigen 
Tagen erlassene Bekanntmachung: 
„Die Firma C. Retelsdorf, Dampf⸗Kaffeebren⸗ 
nerei und Rohkaffeelagerei en gros, in Hamburg, 
mpfiehlt durch gedruckte Cirkulare, welche an zahl⸗ 
reihe hiesige Adressen versandt werden, verschiedene 
Sorten rohen und gebrannten Kaff?ees. Die Zu⸗ 
endung geschieht bei Abnahme von 43 4 Kg zoll- 
rei und franko gegen Nachuahme. Da die billigen 
Sätze des Preisverzeichnisses Bedenken bezüglich der 
tdeellität der Waare wachrufen mußten, so ließen 
vir durch eine Mittelsperson Bestellungen machen, 
im die Waare untersuchen zu können. Dabei er— 
zab sich folgendes Resultat: Statt des bestellten 
derl · Ceylon wurde zu 1 Mt. 5 Pf. das Pfund, 
vestindischer Perl (en gros-Preis 85 Pfg. das 
Ifund) geliefert; statt des bestellten Plantagen⸗ 
Feylon zu 1 Mt. das Pfund, gleichfalls ein west⸗ 
ndischer Kaffee (en gros-Preis 72 Pf.); statt des 
jestellten Mocca⸗Kaffees zu 1 Mk das Pfund, ein 
zusgesiebter mittele oder südamerikanischer Kaffee 
en gros-Preis 72 Pf.); statt des bestelllen Gold⸗ 
Java⸗-Kaffees zu 96 Pf. das Pfund, ein mit Eisen⸗ 
scker künstlich gefärbter Brasilkaffee (en gros-Preis 
:a. 65 Pf.) In keinem Falle wurde also die 
»estellte, in der Preisliste bezeichnete Kaffeesorte ge— 
iefert, sondern jedesmal ein andere, minderwerthige; 
ner Preis der wirklich gelieferten Sorten war in 
lien Fällen höher, als der in jedem soliden hiesigen 
eschüfte beim Detailverkauf gefordert wird, Wir 
jalten uns für verpflichtet, das Publikum auf 
obiges aufmerksam zu machen und demselben Vor— 
icht bezüglich der von unbekannten auswärtigen 
dirmen ausgehenden Reklamen zu empfehlen“