Full text: St. Ingberter Anzeiger

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xi. Jugherter Amzeiger. 
A Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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de ,St. Jusdccter nzeiger · erscheint mbahentlich fünfmale amn HSontag ⸗ Dienstag, Donuerstag, Sautstag und Sountag:z 204al wbqhenilich mit Unterhauunẽẽ. 
latt und Sonntags ui Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1A 60 4 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1.M 75 4, einschließlun 
d A Zuftellunabgebühr. Die Einrückungsgebühr sur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum betragt bei Inseraten aus der Pfalz 10 , bei außerpfalzischen und solden 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 , NReclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
Samstag, 31. Oktober 1888. 290. Jahrg. 
W213. 
784 7 Schützen, die Schuljugend ꝛc. — Der Prinz wird 
Abonnements das Kommando über das 10. Armeekorps vorlaufig 
auf den —nwoch behalten,“ jedoch nur io lange, bis die kaiser— 
342 iiche Entscheidung über einen Nachfolger erfolgt ist. 
St. Ingberter Anʒzeiger Der Prinz soll sodann die dritte Armee⸗Inspektien 
für die Monat erhalten, welche durch den Tod des Prinzen Fried- 
November und Dezember ich Karl werledigt ist. Diese Inspektion umfaß! 
cymen fortwährend an: die Poftanstalten, die Poft- zelanntlich das 7.,8. und 10. Armeekorpsv. 
oien, die Austraͤger und 
Die Expedition. 
scheidung vorbehalten. Der Gang der Geschäfte 
hat sich rasch abgewicelt. Leo XIiII. hat sogar 
den allerkürzesten Weg eingeschlagen, da Fürst Bis⸗ 
narck den Wunsch hegte, diese Frage solle in kür—⸗ 
gester Frist abgeschlossen sein. Der Papst hat dieser 
Aufforderung völlig Rechnunggetragen. Es muß her⸗ 
vorgehoben werden, daß in, dieser hochbedeutsamen An⸗ 
zelegenheit Deutschland eine gewisse „Courtoisie 
hevaleresquè“ (ritterliche Höflichkeit) dem Vatikan 
gegenüber an den Tag gelegt hat. Nach den 
letzten Informationen ist man im Vatikan wie in 
den zwei Kanzleien Preußens und Spaniens hoch⸗ 
erfreut über den baldigen Ausgang des so ver⸗ 
wickelten Streites. 
Die Franzosen sehen nun auch in Marokko 
deutsche Gespenster, sie fürchten, daß Fürst Bis— 
narck ihnen dort ihre Pläne kreuzt. Das 
Journal des Débats“ bringt folgende Korrespon⸗ 
denz aus Konstantinopel, 20. Oktober. 
Es gilt, die Augen nach der Seite von Ma— 
rotks hin offen zu halten. Es bereiten sich dort 
gesta Germanorum vor. Es ist ein Handelsver⸗ 
rag zwischen Deutschland und Marokko abgeschlossen 
vorden, und man hat Herrn Testa als Gesandten 
zach Fez geschickt. Namentlich diese Ernennung 
Testa's, den wir kennen, hat die Bedeutung eines 
vichtigen Ereignisses (lVimportance d'un événement 
de premier ordre). Herr Testa, ein Levantiner 
bdon Geburt, war der erste Drogoman der hiesigen 
deutschen Botschaft, und der Reichskanzler hat ihn 
iich von hier kommen lassen, um ihn zum Ge⸗— 
'andten in Marokko zu machen. In der Thal 
ennt Herr Testa die orientalischen Dinge, wie kein 
Anderer. Er spricht und schreibt vollendet das 
Arabische und ist ein Mann von überlegenem Ver⸗ 
tande. Man kann sich also nicht wundern, daß 
derr Testa, bevor er sich auf seinen Posten begab 
eine Woche in Varzin zugebracht hat, wo sich der 
Reichsskanzler über viele Dinge von ihm hat unter— 
richten lassen. Welche Pläne hat man in Bezug 
auf Marokko gesponnen?“ Man kann das natür⸗ 
iich nicht wissen. Aber davon kann man überzeug 
ein. daß sich aus dieser Ernennung und dieser 
Besprechang etwas Wichtiges ergeben wird. 
Politische Uebersicht. 
In der Bayerischen Kammer der Abgeord⸗ 
eten erklärte auf eine Anfrage Brandenburgs 
hegen des Gesetzentwurfs über den obersten Rech · 
ungshof der Finanzminister, die Regierung habe 
aichtigere Aufgaben zu erledigen. Uebrigens würde 
et Enwurf sehr ernste andere Fragen mit sich 
ihren, es waäͤre besser, dieselben nicht in das Haus 
neinzutragen. So lange er Finanzminister sei, 
ien soiche Fragen glücklich vermieden worden; die 
ꝛache hange außerdem mit der Reichsgesetzgebung 
jammen und die Umwandelung des Rechnungs⸗ 
ofes würde jedenfalls Mehrausgaben erfordern. 
die Abgeordneten Frankenburger und Schauß 
alten die Urgirung der Frage momentan für nicht 
ngezeigt, wahren sich indessen das Recht der Nach⸗ 
rage über den Stand der Angelegenheit nach zwei 
sahren. Der Etat des Finanzministeriums wurde 
dließlich genehmigt. 
Die preuß. Regierung will nach offiziöser Mit⸗ 
—X 
vosenoch nicht die Initiative ergreifen, die Rolle 
verschamter Bereitschaft“ wird fortgesezt, es wird 
ctlaärt: Spricht fich die öffertliche Meinung in 
er That mit solcher Bestimmtheit für die Vermehr⸗ 
ing der Lotterieloose aus, wie behauptet wird, so 
bird es Sache der Freunde dieser Maßregel sein, 
jeses durch einen entsprechenden Beschluß der 
indesvertreiung zum Ausdrud zu bringen. Die 
egierung würde wahrscheinlich dann nicht ver⸗ 
hlen, einem etwaigen Beschlusse der gesetzgebenden 
rörperschaften in der Richtung der Vermehrung 
er Loiterieloose die gebührende Berüchsichtigung zu 
cheil werden zu lassen. Bekanntlich waren die 
Neinungen der Abgeordneten bisher sehr getheilt. 
kritt nun das neue Haus mit einer Mehrheit von 
inigen Stimmen für die Vermehrung der Loose 
m. dann — stimmt die Regietung zu. 
Zwischen den deutschen und spanischen Sozial⸗ 
isten hat in Betreff der Kärolinenfrage ein 
Briefwechsel stattgefunden, über den der Hamb. 
orr.“ Einiges mittheilt. Die spanischen Sozialiften 
haben an die Reichstagsabgeordneten Liebknecht 
und Bebel geschrieben: 
Die spanische Bourgeoifie, verbunden mit 
einem Theil der Arbeiterklasse, ist jetzt in lebhafter 
Bewegung anlaßlich des. ...welchen die 
Regierung Ihrer (der deutschen) Nation an den 
arolinen verübt hat. Die sozialistische Partei 
Spaniens kann sich den Manifestationen gegen Ihr 
Land nicht anschließen, welche zum Zweck haben, 
einen Kampf herbeizuführen, der von den Proletariern 
beider Länder zum Vortheil der Bourgeois beider 
Länder geführt werden müßte. Indeß mit Rück— 
sicht auf die Haltung, welche der zwischen beiden 
Ländern ausgebrochene Konflikt uns anzunehmen 
zwingen wird, bitten wir Sie, uns zu sagen, 
welche Haltung Sie in dieser Frage zu beobachten 
gedenken, und wie Sie über diesen neuesten Konflitt 
denken.“ 
Hierauf erging von Seiten der deutschen 
Sozialisten eine Antwort, in der es heißt: 
„Mit großer Freude haben wir die Bestätig⸗ 
ung der Thatsache vernommen, von der wir vom 
ersten Moment an überzeugt waren, nämlich daß 
unsere fpanischen Gensssen nichts mit denen gemein 
hatten, die in Eurem Lande mit Gewall zum 
sriege drängen . .. Wie unsere Abgeordneten 
offen im Reichstage erklärt haben, ist die Sozial⸗ 
demokratie Gegnerin der ganzen heutigen Kolonial- 
politik, denn sie sieht in derselben nur Anstreng⸗ 
ungen, das Gebiet der kapitalistischen Ausbeutungen 
zu erweitern, die Herrschaft der bestehenden Unge⸗ 
techtigkeiten auf Kosten wilder Völkerschaften zu 
erlangern, die man unter dem Vorwande, sie zu 
ivilisiren, physisch und moralisch zu Grunde richtet. 
Unversöhnliche Gegnerin aller Kriege, bekämpft sie 
aamentlich die „Kolonialkriege“ betitelten Raub— 
riege. Und jedesmal, wo die Herrschenden eines 
dandes einen solchen proboziren. werden sich die 
Sozialisten der betreffenden Nationen zu einem 
gemeinsamen Proteste vereinigen“. 
Mit der angeblichen Gegnerschaft der deutschen 
Sozialdemokratie gegen die Kolonialpolitik stimmi 
die Thatsache nicht überein, daß ein Theil der 
ozialistischen Fraktion im Reichstage für die 
Dampfervorlage, also für eine sehr wirksame Unter⸗ 
tützung der Kolonialpolitik, gestimmt hat. 
Ueber die Erfolglosigkeit des anarchistischen 
Treibens in der Union spricht sich Johann Most 
elbst in seinem Organ aus, indem er die „Ge— 
nossen“ vor eine Auswanderung nach Amerika 
varnt. Er schreibt: 
NUeber die Vermittelung des Papstes in der 
darolinenfrage wird der „Germania“ aus 
stom gemeldet, daß das päpstliche Staatssekretariat 
im 22. Oktober den offiziellen Bericht über die 
Bermittelungsfrage definitiv abgeschlossen habe. 
Dieses Dokument, das auf Grundlage der Missions⸗ 
derichte und der Dossiers der beiden Regierungen 
nit überraschender Schnelligkeit ausgestellt wurde, 
vird nach einer höheren Diskussion und nach dem 
versönlichen endgiltigen Spruche Leos XIII. in Form 
zinet diplomatischen Note den zwei Regierungen in 
venigen Tagen übermittelt werden. Es verlautet, 
zaß dieses Schriftstück sehr kurz gehalten ist. In 
johen kirchlichen Kreise herrscht die Ueberzeugung, 
zaß der Spruch des Papstes zur beiderseitigen Ge⸗ 
augthuung ausgefallen ist, da die endgiltige Lösung 
nuthmaßlich nicht ohne vorherige Rüchsprache mit 
derrn d. Molins und Herrn v. Schlözer und mit 
esonderer Rücksicht auf ihre offiziellen Instruk. 
truktionen zu Stande gekommen ist. Obschon der 
yffizielle Bericht weder bekannt, noch versandt wor⸗ 
den ist, so glaubt der Gewährsmann des ultra⸗ 
nontanen Blattes doch nicht fehl zu gehen in der 
Mittheilung, daß das päpstliche Gutachten zugleich 
en historischen Prärogativen Spaniens und den 
Wunschen Deutschlands in genugthuender Weise 
kechnung trägt. Wie man sieht, hat der Papst 
hne Kommissionsapparat und ohne lange Berath⸗ 
ing der Kongregationen diese Frage von so ein⸗ 
hneidender Bedeutung sich zur persönlichen Ent⸗ 
zum festlichen Empfang des Prinzen Albrecht 
ad in Braunschweig seitens der Vereine 
e Vorbereitungen in vollem Gange. Wir haben 
jon mitgetheilt, daß der Einzug des Prinzregen⸗ 
n am Sonntag erwartet werde. Oberbürger⸗ 
neister Pockels iheilte in der Stadiverordnetenver⸗ 
mmlung mit, daß Prinz Albrecht seinen Einzug 
ir den 2. oder 8. November zugesagt habe. In 
er Nachmittags abgehaltenen Sitzung der Vereins⸗ 
orstände und Korporationen wurde Näheres über 
je Einzugsfeierlichteiten beschlossen. Der Festzug 
t vom Bahnhofe aus, woselbst der Empfang 
urch die Landesbehörden stattfindet. Auf dem 
riedrichs · Wilhelmsplatz erfolgt die Begrüßung durch 
e städtischen Behörden. Spalier werden bilden: 
mmtliche Gesangvereine, Kriegervereine, Turn⸗ 
rreme, Feuerwehren, der Bürgerverein, die Handels⸗ 
mmmer, die kaufmännischen Vereine, Innungen,