Vermischtessss.
Hochzeitsreisen betreffend giebt
chorer's Familienblatt? einige Winke: „Die
„hrzahl der Hochzeitsreisenden kehrt adgespannt
nd unbefriedigt hein. Sie mögen es sich nur
qt eingestehen, daß — ja daß es ihuen oft bei
Aler Liebe und aller Zerstreuung und all' dem
held, das die Reise gekostet, herzlich langweilig
ewesen. Also nun, eingekehrt in des Hauses
reilige Haslen, nun wollen sie erst anfangen im
herein mit guten Freunden, die an ihrem Wohl—
tgehen Antheil nehmen, glücklich zu sein. Eine
anndere Frage mag hier nur andeuiungsweise be—
hrt sein, die namlich, ob nicht auch nach all'
ren selten ausbleibenden Aufregungen, welche die
rautzeit, die Beschaffung der Aussteuer, die Ein—
ichtung der neuen Häuslichkeit u. s. w. mit fich
rachten, in sanitärer Beziehung der jungen Frau
hduhe, wie sie nur das einzige Heim zu geben ver⸗
ag, dienlicher ist als das Reisen. Bergsteigen,
dleitern, Partieen machen, erhitzt und erschöpft von
usflügen heimkehren, sich keine Ruhe gönnen, Tag
uuf Tag neue Fernsichten seher wollen, neue Stra—
tzen auf sich nehhmen, das Alles ist wenig geeignet
ir die Neuvermählte, die oft von ihrer Pflicht,
ch schonen zu müssen, keine blasse Idee hat, fich
ajenige Kräftigung zu geben, die ihr noth thut.
Zache gewisserhafter Aerzte wäre es, der herrschen⸗
sen Unfitte, daß durchaus gereist werden muß,
ntgegenzutreten. Man wußte ehedem nichts von
hochzeitsreisen und war sehr glücklich miteinander,
—VX geschlosse⸗
lem Ehebündniß damit anfängt, Freuden außer⸗
halb des Hauses zu suchen, auf Ruhe und Komfort
u verzichten, sich zu strapeziren; dieser Anfang ist
ein guter und sollte von allen richtig Denkenden
zemieden werden.“
Wiesbaden, 11. Nov. Der Afrikareisende
gaul Reichard ist heute bei seinen Angehörigen
dierselbst eingetroffen. Wie der „Am. Korresp.“
von dort geschrieben wird, gedenkt sich derselbe da⸗
jelbft nur wenige Tage auszuruhen, denn am
Freitag bereits folgt Herr Reichard einer Einladung
iach Kaiserslautern, wo ihm die Arbeiter der Fabril
eines Vaters einen großartigen Empfang zugedacht
saben, und reist dann Anfangs nächster Woche
zach der deutschen Reichsshauptstadt, deren
Zeographenkreise sich zu einer Bewilllommnung des
fühnen Reisenden rüsten.
pMaunz, 22. No. Zum Doppelmorde
Wothe ist ein neuer Belastungszeuge gegen Herbsi
zefunden worden in der Person einer Verkäuferin
bon Messerwaaren in der Herbstmesse. Die Tochter
der Verläuferin erkannte Herbst sofort wieder als
denjenigen, welcher am letzten Meßtage einen
außergewöhnlich großen Dolch kaufen wollte, aber
den Berkaufsstand verließ mit den Worten, alle
vborgezeigte Dolchmesser seien für seinen Zweck zu
lurz, er bedürfe für seine Ardeit eines langen
dolches.
Tübingen, 7. Nob. An einer Blutver—
zutung, die er sich durch eine Sektion zugezogen
jatte, starb gestern Cand. med. Joh. Süllwold aus
blasum in Osifriesland.
— Ein seltenes Jubilhäam beging im
abgelaufenen Monate der in den weitesten Kreisen
xlannte Augenarzt Dr. Baͤuerlein in Würzburg,
das Jubiläum seiner 500. Staar-Operation, welche
noch dadurch besonders an Interesse gewann, daß
ie an einem 83jährigen Greise ausgeführt wurde,
der nach glücklich wieder erlangtem Sehvermögen
danz allein die Heimreise antreten konnte.
In dem Prozesse wegen der am 28. Auguf
dei dem Turnfeste in Königinhof vorgekom⸗
nenen Ausschreitungen der Czechen gegen
die deutschen Turner ist vor dem Kreisgericht zu
ßöniggräß das Urtheil publizirt. Angeklagt waren
51 Personen, von denen fünf der deutschen Nation-
nität angehören. Der Prozeß begann am 26.
Oltober, hat also mehrere Wochen gedauert. Es
wurden verurtheilt: wegen des Verbrechens der
fentlichen Gewoltthatiglet. Mandl ¶Deutscher)
orenz Halbich zu je 6 Monaten schweren Kerkers,
er czechische Bürgermeister Sip und Gemeindeaus⸗
hußmiiglied Stucheick zu je 83 Monaten, Franke,
Deutscher) und Hein zu je 4 und je 7 Monaten
hweren Kerlers. Ferner erhielten Müller,
Deutscher) 5 Monate, Endt 7 Monate und Wa—
Rak 2 Monate schweren Kerkers zuerkannt. Wegen
tipressung wurden Insolimek zu 18 Monaten,
daumann und Jurek zu je 14 Monaten, Kittner
u 13 Monaten schwerer Kerkerstrafe verurtheilt.
zegen 17 Angeklagte wurde wegen Auflaufs auf
strengen Arrest in der Dauer von 3 Tagen bis
drei Wochen, gegen die drei Brüder Ruzicka, sowie
gegen Anderle und Wik wurde wegen Steinwerfens
auf schweren Kerker in der Dauer von 8 bis 13
Monaten erkannt. Die übrigen Angeklagten (13,
darunter der Deutsche Baudisch, welcher beschutdigt
war, provozirt zu haben), find freigesprochen worden.
4 Wieviel kostet der europäische
Friede? Die „Bresl. Zig.“ bringt nach dem
„Goth. Hofkalender“ folgende Zusammenstellung
der Summen, welche die europäischen Mächte
ährlich für ihre Armeen und Marinen ausgeben:
Deutschland .. 470,830,303 Mk
Belgien (1Frank—0,80 Mk. ger.) 36,859,040,
Dänemark (IKrone-1,25M. ger.) 17,983,222.
Frankreich( IFrant—0, 80Mk. ger.) 637,044,984,
Hriechenland (1Drach.O, 8S0M ger.) 19,595 429,
Broßbritanien(1Pf.St.20M. ger.) 577,382,140,
Italien (1 Lire — 0, 80 M. ger.) 248,412,7383,
stiederlande(1Gulden⸗1,70M. ger.) 54,561,3581,
Desterreich Ungarn (1G1d.-2M. ger. 271,251,75652,
Zortugal(1Pilreis 4, 45M. ger.) 31,604,544,
Rumänien(1IFrank—0, 80M. ger.) 24,440. 970,
Rußland(1Rubel—3,26 M. ger. 782,800,980,
Schweden(I Krone 1,25 M. ger.) 29, 478.375,
Norwegen(1Krone—1,25 M. ger.) 14,270,625,
Schweiz (1 Frank 0,80 M. ger.) 12,080.389,
Serbien (1 Frank —0, 80 M. ger.) 8,308,241,
Spanien (1 Pesa — 0,80 M. ger.)134,863, 388,
Türkei. * 111,142, 859,
Europa braucht also 3183, 011. 820t.
jährlich zur Unterhaltung seiner Armeen und Kriegs⸗
flotten. Die „Bresl. Ztg.“ rechnet dazu noch den
Jahresaufwand für die europäischen Staatsschulden,
da dieselben direkt oder indirekt ausschließlich durch
die Ausgaben für die Streitkräfte der Staaten
entstanden seien. Dies ergibt jährlich 4,.015, 198, 688
Mark. Die baaren Jahreskosten des Friedens be⸗
trügen demnach die ungeheure Summe von nahezu
712 Milliarden.
fGeine gelernten Heizer.) In einem
Vortrag im Berliner Verein für öffentliche Gesund⸗
deitspflege wies ein Herr Weinlig auf den Uebel⸗
tand hin, daß wir in Deuitschland fast nirgends
einen eigentlichen Heizerstand, keine berufsmäßigen
Heizer hätten, und dadurch flögen dann viele Ka⸗
ditalien zum Schornstein hinaus. „Das Heizen,
trozdem es eine Menge Kenntniß und Erfahrung
verlangt, wird geradezu nebenbei, oft nur aus—
hilfsweise betrieben. Während die Eisenbahnen
und die Marine längst erkannt und durch metho⸗
dischen, theoretischen und praktischen Unterricht und
nindestens einjährige Dienstzeit als Lehrling zum
zroßen finanziellen Vortheil und zur großen För⸗
derung der Sicherheit die Uebelstände beseitig!
haben, gibt es für die Industrie nichts Aehnliches
Industrie und Gewerbe müssen sich beliebige Leut
herausgreifen nnd an der Anlage selbst heraus⸗
bilden. Man ist froh, einen Oberheizer oder einen
Maschinisten zu haben, der wenigflens etwas von
der Sacht verstehi.“ Die neue Heizerschule ist
hierin wahrhaft segenbringend gewesen: Im An—⸗
'ange verdampft der Neuling, der schon wo anders
zeheizt hat, 1 K Braunkohle 1K Wosser, und der
Schornstein qualmt nach Leibeskräften; nach 8-ÿ14
Tagen ist er so weit, daß er mit 1 X Kohle 2-
211 k Wasser verdampft und daß die Feuerung
rast rauchlos von statten geht. Geradezu erdrückend
varen die Unterschiede der Leistungen, bei dem in
5lberfeld angestellten Wettheizversuch unter solchen
Zeizern, welche sich gewachsen hielten, den Versuch
überhaupt zu machen. Die Zeitung „Der Dampf“
ttellt diese Resultate zusammen: Der eine öffnete
die Feuerthür 122 mal, der andere 300 mal. be—
chickte das Feuer 78 mal, der andere 188 mal—
schürte das Feuer 17 mal, der andere 106 mai,
dehrte die Kohle um 2 mal, der andere 28 mal,
schlackte ab 1 mal, der andere 14 mal, uud dämpfte
und regulirte den Zug 3 mal, der andere 64 mal, alles
dieses in 22 Stunden; der eine verdampte daher
auf 1K Kohle 6,07, der andere 7,50 k Wasser,
der Effekt war also um 2500 verschieden. Man
schaffe sich also erfahrene und gelernte Heizer in
den Gewerben an.
F Auf Borneo ist eine ungeheure Kandis
zuckerMine enideckt worden, wahrscheinlich
entstanden durch gewaltige Zuckerrohr-Walder, die
in früherer Zeit bei gewissen Erdumwälzungen
intergegangen sind. Der Zucker findet sich in der
döhlung des Gebirges, deren Wände er mi—
nächtigen, bis zu einem Zentner schweren Kryo—
stallen bedeckt. Aufmerksam auf diese bis jetzt
einzige Erscheinungsfform des Zuckers ward man
durch eine süße Quelle, welche aus dem Gebirge
entspringt, und deren Wasser von den Eingeborenen
seit der ältesten Zeit durch Einkochen zu einem
wohlschmeckenden Syrup verarbeitet wird. Die
Wunder der Natur sind unerschöpflich!
fF(GBohren von Glas.) Glas kann man
ganz gut durchbohren, wenn man sich eines gehär⸗
teten Stahlbohrers, mit Terpeninöl befeuchtet, be⸗
dient. Man schleift den Bohrer mit einer langen
Spitze und hinreichend leeren Zwischenräumen. Das
Bohren geht schneller von statten, wenn das Ter—
)entinöl mit Kampfer gesättigt ist. Mit einem
jarten Werkzeug kann auf solche Weise eingeöltes
Blas selbst mit kleinen Löchern von etwa *16 Zoll
o schnell durchbohrt werden wie Gußeisen. Man
ann sich dabei eines Brustbohrers bedienen, wobei
nan nur darauf achten muß, daß der Stoc stetig
oleibt, damit der Bohrer nicht bricht. Glas zu
eilen, nimmt man eine 12 zöllige Mill⸗Feile,
einfach gehauen und mit der oben angegedenen
dösung mit Kampfer gesättigt, befeuchtet, und man
ann dann dem Material eine beliebige Form
gjeben, wie Messing. Um Glas in der Drehbank
zu drechseln, stecke man eine Feile in den Werk⸗
eugstock und befeuchte sie mit Terpentinöl und
dampfer, wie vorher. Um Glasrohren einzuwin⸗
ꝛeln, bringe man selbe in eine Drehbankfpindel
von hartem Holze, die man mit einer Eisenstange
mit Centren durch einen Block von Kirschbaumhoiz
oder weichem Ahoin herstellen kann, und gebrauche
die Fläche einer einfoch gehauenen Feile in dem
Werkzeugstock, angefeuchtet wie vorher, wobei man
aber langsam zu Werke gehen muß. Große Löcher
können schnell von einem röhrenförmigen Stahl⸗
werkzeug geschnitten werden, welches am Ende wie
eine Feile oder mit feinen Zähnen geschnitten ist,
wobei natürlich große Sorgfalt anzuwenden ist.
Die Rücksseite des Glases ist gut mit Bleiplatten
oder auf andere Weise zu versehen, um jedem
Brecheu durch ungleichen Druck borzubeugen. Dies
Werkzeug hält aber keine zu schnelle Bewegung
aus. Befeuchtet, wie angegeben, kann Glas auf
solche einfache Weise ganz gut gebohrt und zuge⸗
richtet werden.
FEGie Dauer von Dampfkesseln.)
Man hat berechnet, daß ein Lokomotiv . Dampfkessel
so lange aushält, bis die Maschine selber 350,000
Meilen gelaufen ist. Auf manchen Bahnen jedoch
hält der Kessel unter günstigen Umständen, besonders
venn er vergleichsmäßig mit reinem Wasser gespeist
worden ist, wohl auch 400,000 - 500, 000 Meilen
nus, ehe er dienstuntauglich wird. Wenn man
naun annimmt, daß die Dauer der Leistungs—
Fähigkeit von der des Kessels abhängig ist und
letzterer unter günstigen Verhältnissen bei 500,000
Meilen aushält, muß der Feuerlasten wenigstens
dreimal erneuert, müssen die Räder fünf⸗oder
—R
die Röhren des Kessels fieben⸗ bis zehnmal ersetzt
werden.
F(Nodernes Spielzeug.) Der kleine
Fritz hat als Geschenk ein Eisenbahnspiel erhalten.
Er nimmt jedes Stück aus der Schachtel und setzt
es auf: Lokomotive, Waggons u. s. w. Die
Schachtel ist bereits leer, er sucht immer noch. —
Die Mama: „Aber Fritz, was suchst Du denn
noch?“ — „Die Unfälle.“
Marktberichte.
o Ensheim, 12. November. (Viktualienmarkt.) Butter
»er/2 Kilo 1,M. 20 Pf., Eier per Dutzend 100 Pf.
Zartoffeln per Kilo O Mi. — Pf. raut ver Dundert
ß Mark.
Zweibrücken, 12. November. (Fruchtmittelpreis und Vik⸗
ualienmartt.) Weizen 8 M. 63 Pf., Korn 7? M. 31 5f,
Berfte zweireihige O M. — Pf., vierreihige d M. — pÿf..
Spelz 0 M. — Pf., Spelzlern — M. — pPf., Dinkel
— M. — Pf. Mischsrucht O M. — Pf., Hafer 6 M.
56 Pf. Erbsen d M. — Pf. Wicden 0 M. — Pf.,
Heu 3 M. — Pf. Stroh J.Qual. 2 M. 40 Pf., II. Quat.
1 M. 80 Pf., Kartoffeln M. 60 Pf., Weißbrod 1!h Kilo
50 Pf. Kornbrod 8 Kilo 60 Pf. Gemischtbrod 3 Kilo
15 Pf., paar Weck 90 Gr. 6 pf. Rindfleisch J. Qual.
30 ps, il Oual. 53 Pf. Kalbfleisch dd Ph. Hanmei.
leisch 60 Pf. Schweinefleisch 5d9 Pf., Wein MViter 80 Pf.
Bier 1 Liter 24 Pf., Butter /3 Kilogar. 1I M. — vVjf.
Fur die Redaktion verantwortlich: F. K Demez.