Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Jugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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WV226 Dienstag, 17. November 1888. I 
20. Jahrg. 
Deutsches Reich. 17 
Munchen, 183. Nov. Sicherem Vernehmen 
zach steht die Ausweisung einiger an hiesiger Uni⸗ 
veriiät studirender Russen die nihilistischer Umtriebe 
verdächtig sein sollen, devor. 
Berlin, 16. Nov. Die Mächte sind ange—⸗ 
his des serbisch bulgarischen Krieges bemüht, die 
bermalige Aufwallung der gesammten orientalischen 
grage zu verhindern. Hier glaubt man, daß troß 
jer bisher nicht in Einklang zu bringenden Anschau⸗ 
mgen Rußland und Englands doch noch ein Aus- 
leich gfunden und der Friede Europas gewahrt 
derden wird. Die Schußmächte in Griechenland 
oersuchen inzwischen in Athen ihren speziellen Ein— 
iuß zu Gunsten des Friedens geltend zu machen. 
eine derartige Verletzung desselben verübt, daß die 
Unionsbestrebungen des Fürsten Alexander dagegen 
erbleichen. „Es ist keine Uebertreibung“, schreibt 
„Nowoje Wremja“, „zu behaupten, daß Serbien 
die Unabhängigkeit Bulgariens ausgesprochen hat. 
Nur so kann man sich die Kriegserklärung zurecht- 
egen! Was wird die Türkei thun? Es ist 
mmerhin nicht unmöglich. daß sie mit Bulgarien 
semeinsame Sache macht!“ — Durch alle Ge⸗ 
präche schon gestern Abend, wie in den heutigen 
ürtikeln, zieht sich gleich einem rothen Faden der 
Vorwurf: Alles hätte vermieden werden können, 
venn die Mächte sofort rasch gehandelt hätten. 
Jetzt aber müsse entschieden dem empörenden 
Skandal SerbienBulgarien ein schnelles Ende ge⸗ 
macht werden. Soll Rußland Alles ruhig mit 
ansehen? Serbiens Handlungen beeinflusse Oester⸗ 
reich. Hinter Bulgarien agire England. Es sei 
Zeit, daß Rußland sich seiner eigenen bedeutenden 
Interessen auf der Balkanhalbinsel erinnere, anstatt 
fernerhin die Rolle des uneigennützigen Wächters 
eines Traktats zu spielen, den alle anderen Mächte 
verletzen. — Durch alle russischen Blatter geht die 
lage, daß die slavischen Brüder sich nun unter 
einander zerfleischen wollen. 
Paris, 16. Nov. Die Boͤrse ist beruhigter. 
Die Kammer nahm die ministerielle Erklärung mit 
eisiger Kalte auf. Eine Ministerkrisis ist unzwei 
felhaft, ein Kabinet Freycinet wahrscheinlich. 
Philippopel, 15. Novp. Die bulgarisch 
Zriegsproklamation hat folgenden Wortlaut: 
„Wir Alexander J., durch Gottes Gnad und 
durch den Willen des Volkes Fürit von Bul 
garien, thun hiermit kund und zu wissen: 
Die Regierung des benachbarten serbischen 
Volkes, geleitet von persönlichen und egoistischen 
Motiven und wünschend, daß sich auflöse das 
zeilige Werk der Vereinigung des bulgarischen 
Volkes in ein Reich. hat heute ohne jegliches 
Besetz und ohne rechtlichen Grund unserem Reiche 
den Krieg erklärt und ihrer Armee befoblen. in 
inser Land einzurücken. 
Mit großem Kummer hörten wir diese Nach⸗ 
cicht, weil wir niemals geglaubt hatten, daß 
unsere ffammverwandten und durch das Band 
der Religion mit uns verbundenen Brüder gegen 
ins die Hand erheben und einen brudermörder⸗ 
schen Krieg in so schweren Zeiten veginnen 
vürden — einen Krieg, welcher die lleinen 
Balkanstaaten außerordentlich schwächen muß, 
der mit unmenschlicher Grausamkeit und ohne 
jeden Grund gegen einen Nachbarn begonnen 
vurde, welcher seinerseits Niemandem nahetre⸗ 
end, für ein edles, gerechtes und löbliches Werf 
arbeitete und kämpfte. 
Indem wir der serbischen Regierung die volle 
Herantwortlichkeit lassen für diesen brudermörder⸗ 
schen Kampf zwischen zwei Brüdervölkern und 
ür alle Folgen, welche den beiden kämpfenden 
Staaten erwachsen werden, verkünden wir un— 
erem geliebten Volke, daß wir die serbische 
Zriegserklarung angenommen und unseret 
apferen, heldenmüthigen Armee befohlen haben, 
die Feindseligkeiten mit Serbien zu beginnen 
ind unser heimathliches Land und die Freiheil 
des bulgarischen Volkes mannhaft zu schirmen. 
Unser Werk ist heilig; wir hoffen, daß es 
Hott unter seinen Schirm nehmen und uns die 
nöthige Kraft verleihen wird, daß wir siegreich 
jexvorgehen aus dem Kampf um unsere heiligsten 
Huüter. für die wir uns zu opfern bereit sind, 
Auch hegen wir das feste Vertrauen, daß unser 
geliebtes Voll zusammeneilen und daß Mann 
für Mann bei dem schweren, aber heiligen Werke 
der Vertheidigung des Vaterlandes gegen die 
Feinde mithelfen wird. Und wir erwarten, daß 
seder Bulgare, der Waffen tragen kann, herbei⸗ 
eilt, daß er streite für sein Vaterlond und für 
die Freiheit. 
Wir rufen den Allerhöchsten an, daß er die 
Bulgaren in seinen Schutz nimmi und sie schirmt, 
daß er uns helfe in muͤhsamer und schwerer 
Zeit!“ 
Sofia, 16. Rov. Nachrichten über ein Ge— 
echt bei Tzaribrod besagen, daß der Verlust der 
Bulgaren 34 Todte und Verwundete betragen habe. 
der Verlust der Serben war erheblicher. Ser—⸗ 
bischerseits waren sechs Bataillone, 2 Schwadronen 
und zwei Batterien im Gefecht; bulgarischerseits 
ein Bataillon Reguläre und ein Bataillon Milizen. 
Tzaribrod wurde von den Serben beseßzt. 
Sofia, 16. Nob. Gestern morgen wurde die 
zeste Position bei Dragoman von starken serb— 
ischen Streitkräften, die von Zaribrod vorrüdten. 
angegriffen. Es entfpann sich ein lebhaftes Ar⸗ 
tilleriegefecht, welches bis in die Nacht andauerte 
und den bulgarischen Truppen wenig Schaden zu—⸗ 
jügte. Ein anderes serbisches Korps, das die 
Position von Dragoman zu umgehen suchte, wurde 
zurückgeworfen. Heute wird ein erneuter Angriff 
erwartet. Bei Trn fand ebenfclls ein Gefecht statt. 
Details fehlen noch. 
Soffia, 16. Rov. Die Serben haben nach 
erbittertem Kampfe die Position bei Trn umgangen. 
Dragoman ist definitiv aufgegeben. Die Bulgaren 
sind bei Slionitza concentrirt. 
Konstantinopel, 16. Nov. Serbien ver⸗ 
sicherte der Pforte bei Rotifikation der Kriegserklär⸗ 
uing, daß es nicht blos auf Wiederherstellung, son⸗ 
dern auch auf Befestigung der Autorität des 
Sultans in den Balkanländern hedacht sei. 
Belgrad, 16. Nov. Die serbische Donau⸗ 
Division steht bei Tzaribrod; die Morava⸗Division 
zegenüber Trn; die Schumadja⸗- Dibvision 
in der Richtung gegen Sosia; die Kavallerie⸗ 
Dipision bei Odorobci. Dieselben rücken mit Um 
jehung des Dragomanpasses concentrisch gegen 
Sofia vor. Der Köonig ist bei dem rechten Flügel 
der Timok⸗Armee. Oberbefehlshaber General 
Leschjanin hatte in dem Abendgefechte bei Tzaribrod 
nicht unbedeutende Verlufte. 
Belgrad, 16. Nov. Offiziell. Die Serben 
machten vorgestern in Zaribrod 200 Gefangene. 
Die Timot⸗Armee erlitt bei der Einnahme von 
Adlie (Kula) einen Gesammtverlust von 150 Mann. 
Die Serben haben seit dem Beginn des Krieges 
50 Todte und 200 Verwundete derloren. Der Vor⸗ 
marsch dauert an allen Punkten fort. 
Ausssland 
Wien, 15. Nov. Ich erfahre authentisch. 
die Pfarte absolut abgeneigt ist, in den ser 
isch bulgarischen Konflikt militärisch einzugreifen. 
die umlaufenden Gerüchte, daß die Delegationen 
zorgen vertagt werden sollen, werden amtlicherseits 
sritten. 
Wien, 15. Nov. Die gesammte Wiener 
e erörtert in Leitartikeln den serbisch-bulgari⸗ 
den Krieg. Nur wenige Blätter drücken die 
desorgniß aus, der Bruderkrieg auf der Balkan⸗ 
zalbinsel könnte einen feindseligen Gegensatz zwischen 
desterreich und Rußland hervortreten lassen. Die 
brigen rechnen auf eine kurze Dauer des Kampfes, 
indem sie die Annahme aufstellen, daß die Groß⸗ 
nächte schon früher bereits mit der Eventuaglität 
dieses Krieges gerechnet hätten. Die Lokalisirung 
ieb Brandes sei demnach durchaus wahrscheinlich. 
tuch durch offiziöse Kundgebungen wird die Zu⸗ 
rersicht auf Bewahrung des Friedens zwischen den 
droßmächten ausgedrückt. Daß die Konferenz vor 
er Hand ihre Berathungen mindestens unterbrechen 
nüsse, gilt allgemein als wahrscheinlich, wenngleich 
nan in diplomatischen Kreisen die Meinung aus⸗ 
prechen hört, daß die Konferenz, da sie lediglich 
ie ostrumelische Frage zu herathen habe, ruhig 
orttagen könnte. — Berichte aus Konstantinopel 
zestätigen, daß Fürst Alexander von Bulgarien die 
dilse des Sultans gegen Serbien nachgesucht habe, 
zoch sollen mehrere Mächte ihren Einfluß geltend 
emacht haben, um den Sultan von der Gewähr⸗ 
ung der Bitte seines Lehnsvbasallen abzuhalten. 
Inmerhin hat die Pfocte in dieser Beziehung noch 
nicht ihren letzten Beschluß gefaßt. Auf das 
Athener Kabinet wird ein starker Druck ausgeübt, 
um Griechenland von eiger Aktion zurückzuhalten, 
ob mit Erfolg, bleibt abzuwarten. 
Wien, 16. Noo. Wie die „Neue Freie 
otesser aus Philippopel meldet, empfing Fürst 
ilexander eiue türkische Deputation, welche erklärte, 
e Mohamedaner seien bereit, freiwillig gegen die 
Serben zu kämpfen. Fürst Alexander nahm ihre 
Dienste an. Der Fürf zeigte der Pforte an, daß 
twan die bulgarische Grenze hineile, damit aber 
auch die türkischen Grenzen vertheidige. Er hoffe, 
daß die Pforte den Angtiff der Serben gegen Bul⸗ 
rien als eine Verletzung der türkischen Grenzen 
msehen werde. Die Pforte wies den Grenzkom— 
nandant an, gegen jede Eventualität einer serbischen 
ünvasion in türkisches Gebict Acht zu haben. 
Petersburg, 15. Nor. Das Vorgehen 
verbiens wird ausnahmslos aufs Entschiedenste ver⸗ 
e Der Zorn richtet sich speziell gegen König 
9— welcher — jungit noch ein ungebetener 
ertheidiger des Berliner Traktais — nunmehr 
Lokale und pfalzische Nachrichten. 
— Aus der Pfalz. Seitens der königl. 
Regierung der Pfalz wurde den Subrektoraten der 
dateinschulen eröffuet, daß die an den Lateinschulen 
angestellten Lehrer, sowohl Haupt; als Nebenlehrer, 
von Entrichtung des Schulgeldes für ihre betreffende 
Anstalt besuchenden Söhne befreit sind. 
*51Schnappach, 16. Nov. Mit dem 
heutigen Tage ist ein Jahr vergangen, daß der 
irchhof dahier eingeweiht worden ist. Während 
dieses Jahr starben dahier 21 Personen und zwar 
ß erwachsene Personen (2 männlichen und 4 weib—