Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Jugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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ati und Sonntags mit Sfeitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 14 60 A einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.4 75 4, einschließli 
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M 229. J J 
Deutsches Reich. 
Berlin, 19. Nov. Die Besserung in dem 
resinden des Kaisers schreitet in der erfreulichsten 
heise andauernd fort. Se. Majestät hörte heute 
ormittag verschiedene Vorträge, hatte dann eine 
ngere Konferenz mit dem Kriegsminister Bronsart 
Schellendorf und arbeitete Nachmittags mit dem 
jhef des Militärkabinets v. Albedysl. 
Berlin, 20. Nob. Der Reich stag nahm 
eute die Präsidentenwahl vor. Es werden 249 
ztimmzettel abgegeben; davon find 85 unbeschrieben, 
isso 214 giltig. Hiervon lauten 203 auf Herrn 
. Wedell⸗Piesdorff, 3 auf Freiherrn zu Frankenstein, 
2 auf Langwerih v. Simmern und Professor 
)x Haänel, je 1 auf Freiherrn v. Maltzahn⸗-Gültz, 
Jebel, Braun, Utzz Herr v. Wedell⸗Pies⸗ 
rorff nimmt die Wiederwahl dankend an. 
Auslanud. F 
Wien, 20. Nov. Die „Neue Freie Presse“ 
neidet aus Kalafat, die Cernirung Widdins durch 
ie Serben sei aufgegeben, und General Leschjanin 
ei mit dem Timokkorps gegen Slivnitza abgegangen. 
Für die freundschaftlichen Gesinnungen Rusß⸗ 
ands gegen die beiden ihm verbündeten Kaiser⸗ 
naͤchte liegen zwei charakteristische Nachrichten vor. 
dach der einen, welche amtlich ist, wurde der 
Senator Manassein, der durch seine Revisionen 
a den Ostsetprovinzen sich als fanatischer Feind 
es Deutschthums gezeigt und die unheilvollen 
ochritte gegen die Deutschen in jenen Landen durch 
eine Berichte eingeleitet hat, zum Justizminister in 
tußland ernannt. Die andere, noch nicht beglaubigte 
dachricht berührt in erster Reihe Oesterreich, indirekt 
)eutschland. Hiernach würde der Minister von 
ßZiers entlassen und durch den berüchtigten 
ignalieff, den Führer der Panslavisten und sprich⸗ 
rörtlichen „Vater der Lüge“, ersetzt werden. 
Sofia, 19. Nov. Die Serben griffen heute 
jzormittag den rechten Flügel der Bulgaren an, 
durden aber zurückgeworfen. Sie griffen sodann 
iederholt das Centrum und den linken Flügel der 
uulgarischen Aufstellung an, bis der Einbruch der Dun⸗ 
elheit den Kampf beendete. 
Sofia, 19. Nob. Der Kampf um Slivnißa 
vurde gestern Morgen um 7 Uhr wieder aufge— 
ommen. Der rechte Flügel der Bulgaren griff 
ie Feinde an, welche auf drei Anhöhen festgesetzt 
naren, und vertrieb dieselben nach mörderischem 
ampfe. Zugleich eröffnete das Centrum der bul⸗ 
nischen Aufstellung, welches Verschanzungen bei 
livnitza besehzt hielt, ein heftiges Feuer gegen die 
erben. In der Ebene gingen alsbald zwei Ba⸗ 
ꝛillnne und zwei Batterien zum vereinigten Angriff 
iit dem rechten Flügel vor. Die Serben wider⸗ 
inden anfangs muthig, mußten jedoch gegen Mit⸗ 
g zurüdgehen, wandten sich hierauf gegen den 
nken Flügel der Bulgaren, wobei es ihnen durch 
wischen eingetroffene Verstarkungen gelang, den 
ngriff der Bulgaren zum stehen zu bringen. Die 
herluste sind beiderseits beträchllich, die Bulgaren 
nachten 300 Gefangene. 
Belgrad, 20. Nopv. Die Kampfe bei 
ölivnitza dauern fort und blieben bis jetzt ohne 
nischeidung. Minister Garaschanin wurde zum 
todnige heruͤfen. 
Lokale und pfälzische Rachrichten. 
reodecwüczobdach. Die Magdeburger 
curr Bernchetungs⸗Gesellschaft ließ durch ihren 
c 
Sonntag, 22. November 1885. 
20. Jahrg. 
Agenten dem Feuerwehr⸗-Kommandanten Herrn 
dang wegen der raschen und energischen Hülfe, 
velche die Feuetwehr bei dem Bär'schen Mühlen⸗ 
zrande geleistet hat, 50 Mk. für die Feuerwehr⸗ 
asse einhändigen. Wäre zur Nachahmung zu em⸗ 
ofehlen! 
— Aus Mittelberbach, 20 Nov., wird 
der „Zw. Ztg.“ geschrieben: (Ein Wort der An⸗ 
rtennung.) Gestern schied aus unserer Mitte, aus 
einer ihm ergebenen und wohlgesinnten Gemeinde 
derr Vilar Weyland. Derselbe ist laut kgl. 
zntschließung als Pfarrer nach Alsenbrück, Station 
angmeil, versetzt d. h. befördert. Allgemein wird 
ein Weggang von hier ungern gesehen, war doc 
serselbe ein seltener Charakter. Mit Willenskraft, 
adelloser Strenge und wahrem Gerechtigkeitsgefühl 
jegenüber der Oeffentlichkeit und seinen Unter- 
jebenen verband er zugeich die größte Leuiseligkeit 
n seinem gesellschaftlichen Umgange mit Personen 
edweden Standes. Freigebigkeit gegen die Armen, 
reundliches unzwungenes Schalten und Walten als 
Zeelsorger in seiner Gemeinde hatten ihm in den 
derzen aller liebevolle Aufnahme gesichert. Möge 
derr Pfarrer Weyland in seinem neuen Heim eine 
benso seiner würdigen Gemeinde finden, möge sein 
Wirken und Schaffen in Alsenbrück von dem näm⸗ 
ichen schönen Erfolg gekrönt sein, wie hier. Leben 
Sie wohl und halten Sie das schwarze Californien 
n treuem Angedenken! 
— Landstuhl, 18. Nov. Der hiesige 
Stadtrath hat in seiner letzten Sitzung beschlossen, 
den Gehalt der Lehrer von 1100 M. auf 1200 
Mark pro Jahr zu erhoͤhen. 
— Von einer Reise nach Landau erzählt 
in der ‚Kaisersl. Zig.“ ein Augen⸗ und Ohren⸗ 
euge folgenden hübschen Zwischenfall: In Bieber⸗ 
nühle stiegen vier Herren ein, zwei Offiziere und 
wei katholische Geistliche. Bald begann das Ge⸗ 
änkel der ersteren, indem sie von der „Verdum⸗ 
nung des Volkes“ u. s. w. sprachen, wobei einer 
die Aeußerung machte, das „Volk“ sei noch so 
dumm, an Wunder zu glauben. Die beiden Geiss⸗ 
ichen, denen dies alles zu Gehör geredet wurde, 
chwiegen Anfangs; auf jene Aeußerung hin wandte 
ich jedoch der eine an die Offiziere und sagte: 
„Enischuldigen Sie, meine Herren, daß ich Sie in 
Ihrer offen geführten Unterhaltung störe. Wenn 
Sie mir gütig erlauben, will ich Ihnen jedoch be⸗ 
veisen, daß es selbst heutzutage noch Wunder 
zibt.“ „Wunder?“ riefen die Offiziere lachend 
jus, „das machen Sie uns nicht weiß. „Hören 
Sie nur“, fuhr der Geistliche fort: „Vor einigen 
Tagen war ich in Trier. Währenddem ich den 
Dom bewunderte, gingen zwei Offiziere an mir 
borüber. Der eine zog sein Taschentuch aus der 
Rocktasche, wobei ihm ein Papier zu Boden fiel. 
Ich hob es auf, um es seinem Eigenthümer zu⸗ 
ustellen, blickte aber voll Neugierde hinein und 
vas war es? Eine' quittirte Rechnung. Nun 
agen Sie selbst, daß es kein Wunder mehr gibt.“ 
Die beiden Offiziere lachten aus voller Brust und 
za sie wohl merkten, wen sie vor sich hatten, so 
var dieser Krieg im Frieden schuell beendet und 
her Friedensschluß wurde gemeinschaftlich in Lan⸗ 
dau deim „Neuen? gefeiert. 
Das kgl. Landgericht Landau verhandelte am 
Donnerstag gegen den Weinhändler Jul. Haas von da 
vegen Betrugs. Der Staatsanwalt beantragte 4 
Monate Gefängniß und M. 1200. — Geldstrafe, 
vent. umgewandelt in 120 Tage Gefängniß. Die 
Zertheidigung, geführt durch Herrn Anwalt Kugler 
zeantragte Freisprechung. Der als Zeuge in dieser 
Sache, vernommene Weinkommissionär H. Flach 
von Edenkoben wurde während der Sitzung wegen 
dringenden Verdachtes, einen Meineid geschworen 
zu haben, verhaftet. 
— Oberlustadt, 18. Nov. Der Tagner 
Johannes Emnet von hier ging heute in den Wald, 
um sich einen Schiebkarren därres Holz zu holen. 
kFin herabstürzender abgerissener Ast traf ihn so 
anglücklich in's Genick, daß er nach wenigen Stun⸗ 
den seinen Geist aufgab. 
— Speyer, 20. Nov. Bei Herrn Regie⸗ 
rungs⸗Präsidenten v. Braun fand gestern ein offi— 
ielles Souper statt, zu welchem außer sämmtlichen 
derren Ländräthen auch die Kollegialmitglieder der 
dammer des Innern geladen waren. 
VBermischtes. 
FSaarbrücken, 19. Nov. Unter den 
Pferden des 7. Dragoner ;Regiments ist wie der 
„St. Joh.“Sbr. Anz.“ mittheilt, die Rozkrankheit 
nusgebrochen und sind bis jetzt 7 Pferde von dieser 
ergriffen worden. Es sind hinlänglich Vorkehrungen 
zetroffen, daß die Seuche nicht weiter um sich greift. 
fAachen, 19. Nov. Aus Anlaß der hier 
tattfindenden Versammlung des Berg⸗ und Hütten⸗ 
männischen Vereins sind die Herren Geh. Bergrath 
Fabricius und Oberbergrath Follenius aus Bonn 
hier anwesend, um an den Berathungen wegen der 
Anwendung der Grundsätze der Schlagwetter⸗ 
dommission auf die Steinkohlengruben des hiesigen 
steviers theilzunehmen. 
F Darmstadt. Ein provisorisches Komite 
xlaßt in der „Darmstädter Zeitung“ einen Auftuf 
zur Spendung von Kleidungsstücken und Geld für 
die bulgarische Armet. Die Haupt ⸗Unnahmestelle 
sst das Palais des Prinzen Alexander. 
Ein Arbeiter der Frankfurt er Magarin⸗ 
hutter Fabrik wurde wegen des in Bornheim stait- 
Jefundenen Mordes verhaftet, mit Ketten geschlossen 
und so am hellen Tage über die Zeil in das Ge⸗ 
—XDO 
heraus, daß der Verhaflete, ein braver Mann und 
ein guter Freund des Ermordeten, gar nicht der 
Moͤrder sein kannte. Nach zwei Tagen wurde er 
ohne irgend welches Bedauern entlassen; ja, von 
dem Gelde, das man ihm abgenommen, wurden 
Mark 1,30 für die im Gefängniß empfangene Kost 
zurückbehalten. Außerdem hat der Mann den Ar⸗ 
eitslohn von den zwei im Gefängniß zugebrachten 
Tagen eingebüßt. 
F Wie verlautet, soll das große holländische 
Erxporthaus van der Heck in Rotterdam mit 
zwei Millonen Gulden Passiva fallirt sein. 
FParis, 11. Nov. Die Franzosen haben 
ihre Milliarden für Sperrforts und verschanzte 
Lager zum Fenster hinausgeworfen! Die Ropu⸗ 
»lique Française berichtet heute über Eugene 
Bodards „Dynamiteuse des Airs“, die zum Aus-⸗ 
jorschen und Beschießen fester Plätze gleich gut sei, 
5000 Meter, den zehnfachen Umfang der militär⸗ 
schen gefesselten Ballons von Calais-Mendon habe, 
mehrere Geschütze führen kann u. s. w. Godard 
versichere, daß es fortan keinen Kriegsplatz, so fest 
er auch sei, gebe, der der Beschießung einer nach 
Nodell der „Dynamiteuse“ gebauten Luftflotte, die 
nehrere tausend Kilogramm Wurfgeschosse und jede 
indere Zerstörungsmaschine tragen könne, zu wie⸗ 
serstehen vermöchte.“