Full text: St. Ingberter Anzeiger

Anmtliches Organ des koönigl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der St. Jugberter Tanzeicger“ erscheint wbchentiich fünfmal: um Montag, Dienstag, Donnerstag, Listag und Sonntag; 2mal wochentlich mit Unterhalturge 
dlait und Sonntags mit Sseitiger illustrirter BSeilage. Das Blatt kostet vierteliahrlich 1.M 60 4 einschließlich Traägerlohn; durch die Post bezogen 14 78 —, einschliesl 
o A Zustellungsgebühr. Die Einruckungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 H, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I3 H, Neclamen 30 —. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
234 
Sonntag, 29. November 1885. 20. Jahrg. 
— — 
— vollstandig vorbereitet sei. — Die „Lanterne“ em⸗ 
Bestellungen pfiehlt Delafolge als Nachfolger Grevy's. — Die 
auf den Republique francaise“ sagt: Die Monarchie in 
St. Ingberter Anzeiger 3 verloren. Die meisten 
für den J Sofia, 27. Nov. Die Bulgaren überschritten 
D e 3 em er gestern die serbische Grenze und nahmen nach hart 
aäckigem Kampfe die serbischen Positionen bei Pirot 
jeymen fortwährend an: die Postanstalten, die Post⸗ 
oten, die Austräger und 
Die Erpedition. 
protestantischen Pfarrers Heinrich Wilhelm Schwep⸗ 
penhäuser von Rechtenbach. Schon vor sechs Jahren 
vurde in öffentlichen Blättern dieser Abstammung 
rwähnt. In einem zu Anfang des laufenden 
Jahres erschienenen interessanten Buche wird gleich— 
'alls, und zwar in eingehender Weise, die Abkunft 
des bulgarischen Fürsten von gedachtem Rechten⸗ 
bacher Pfarrer behandelt. Die Schrift ist betitelt: 
„Urkundliche Mittheilungen über das Gemeinde⸗, 
Pfarr⸗, Kirchen- und Schulwesen der Pfarrei 
Rechtenbache Schweigen“, und hat als Verfasser den 
etzigen Rechtenbacher Pfarrer Herrn W. J. Runck. 
So viel wir wissen, hat bereits das protestantische 
donsistorium in Speher Herrn Pfarrer Runck die 
gebührende Anerkennung ausgesprochen und auch 
Prinz Heinrich von Hessen durch die That bewiesen, 
daß er das literarische Produkt des erwähnten 
Herrn zu schätzen weiß. 
— In Maikammer fiel am Samstag 
einem Arbeiter einer dortigen Fabrik eine eiserne 
Stange derart auf den Kopf, daß er wahrscheinlich 
nicht mit dem Leben davonkommen wird. Der 
Verunglückte ist verheirathet. 
— Speyer, 26. Nov. Der berühmte Afrika- 
ceisende Paul Reichard war gestern hier, um sich 
Sr. Erzellenz dem Herrn Regierungspräsidenten 
bvon Braun vorzustellen. Herr Reichard wurde von 
Sr. Exzellenz zur Tafel gezogen. 
* St. Ingbert, 28. Nov. Vor einigen 
Tagen verunglückte beim Ausgraben von Pappeln 
an der Kaiserstraße oberhalb Rohrbach ein Arbeiter 
aus Lautzkirchen. Eine Pappel war; um die 
Wurzeln herum losgegraben und die Arbeiter ver⸗ 
uchten, sie umzudrücken. Als dieses nicht gelang, 
tieg einer auf den Baum hinauf, um ein Seil zu 
zefestigen, mit dem derselbe umgezogen werden sollte. 
Durch die Last des an ihm emporkleiternden 
HMannes gerieth aber der Baum in's Fallen. Der 
Arbeiter wurde hinweggeschleudert und erhielt 
chwere innere Verletzungen. Er wurde zwar noch 
sierher in's Spital verbracht starb aber schon nach 
einer Stunde. Der Bedauernswerthe hinterläßt 
eine Wittwe mit 5 unerzogenen Kindern. 
— Zu Kirchheimbolanden wurde am 
Donnerstag früh der Gefängnißverwalter Bect in 
einer Zelle eingesperrt gefunden, und ein verhaf⸗ 
teter Kellner aus Presbera bei Rüdesbeim war 
ontwichen. 
— Edenkoben. (Zur Geschichte von Jos. 
Schmitt, dem Edenkobener Zuckerbäcker und Koch 
beim Sultan.) Schmitt verräth in seinem Briefe 
nicht, mit welchem Pudding er des Sultans Gunst 
iich erkocht hat. Aber wir greifen wohl schwerlich 
ehl, wenn wir annehmen, daß es eine ganz be—⸗ 
sondere Edenkobener Specialität war, deren Erfind⸗ 
ing Manche in ihrer Gelehrsamkeit dem Kloster 
Deilsbruch zuschreiben wollen, das ausgezeichnete 
Aprikosen gezogen haben soll; es ist das der sog. 
Edenkobener Pudding, der wie jetzt des Sultans, 
so z. Z, Königs Ludwig J. Leibspeise war. Da 
vir unseren Landsleuten noch mehr solche friedliche 
Froberungen, wie die des Konditors Schmitt, 
wünschen, so setzen wir zu Nutz und Frommen aller 
Strebsamen das Rezept hier bei: „Edenkobener 
Nuflauf. 6—8 Milcchwecke werden in Milch ein⸗ 
jeweicht, in welcher 5 Eigelb mit eiwas Zucker 
iud Zimmet nehst Rosinen verrührt waren. Ist 
diese Masse gehörig geweicht, so kommt noch ein 
Ztück heiß gemachte frische Butter dazu, Alles 
üchtig verrührt. Dann wird die Masse in eine 
Auflaufform gefüllt und so lange gebacken, bis der 
Auflauf gelbd ist — unter dieser Zeit werden 5 
Fiweiß zu Schnee geschlagen, mit zwei Eßlöffel 
Zucker vermischt, dann kommt auf den gebackenen 
Auflauf eine Lage eingemachter Aprikosen, der 
Schnee darüber, mit geschnittenen Mandeln bestreut 
und nochmals gelb gebacken.“ 
— Aus der Südpfalz, 23. Nov. Ob 
er staatsllug gehandelt. der junge Für st Aler⸗ 
under von Battenberg. darüber kann man ge— 
heilter Meinung sein; allein der hohe Muth, 
nit welchem er sich den überlegenen serbischen 
Sztreitträflen entgegenstellte, wird zweifelsohne 
illenthalben die verdiente Anerkennung finden. 
Bleich den Hessen, haben auch wir Pfaälzer an 
ziesen Vorgängen ein besonderes Interesse, da ja 
der Bulgarenfücst mütterlicherseits aus einer pfäl z⸗ 
schen Predigerfamilie stammt. Des 
Fürsten Mutter i die Großnichte des ehßemaligen 
Deutsches Reich. æ 
München, 27. Nov. Prinz Ludwig Fer— 
zinand von Bayern mit seiner Gemahlin, der In—⸗ 
antin Maria de la Paz, der Schwester des Königs 
Alfonso, reisten gestern nach Madrid ab. 
Berlin, 26. Nov. Der Reichstag überwies 
den Antrag Reichensperger auf Wiedereinführung 
der Berufung einer vierzehngliedrigen Kommission. 
Reichensperger begründete denselben mit Hinweis 
darauf, daß fast alle Staaten das Prinzip der 
Berufung anerkannt hätten, auch die Mehrzahl der 
Richter die Zweckmäßigkeit der Berufung nicht be⸗ 
dreite. Der Antrag Lenzmann auf Entschädigung 
inschuldig Verurtheilter wurde nach unerheblicher 
Debalite derselben Kommission überwiesen. Im 
daufe der Debatte erklärte der Staatssekretär des 
Justizamtes, Dr. v. Schelling, die verbündeten 
kegierungen; theilten vollkommen das Mitgefühl, 
voraus der Antrag hervorgegangen und würden 
dem Antrage gewiß zustimmen, wenn die Kom⸗ 
nission denselben in einer für die Regierungen an⸗ 
nehmbaren Form umgestalte. Die nächste Sitzung 
findet am Samstag statt. Auf der Tagesordnung 
teht die Interpellation wegen der Mission in den 
eutschen Schutzgebieten. 
Berlin, 26. Nov. Det Abg. Rintelen hat 
stamens des Zentrums im Reichstag folgenden 
Intrag eingebracht: 
Hinter 8 109 des Strafgesetzbuches für das 
deutsche Reich wird folgender neue 8 1094 ein⸗ 
gestellt: Ein Arbeitgeber oder Angestellter eines 
Arbeitgebers, welcher einen als Arbeitnehmer im 
dohne desselben stehenden Deutschen wegen Ausüb⸗ 
ung oder Nichtausübung öffentlicher Wahl- oder 
Stimmrechte in bestimmter Richtung aus der Ar⸗ 
deit entläßt oder im Arbeitsverdienst verkürzt, oder 
mit solchen Maßregeln bedroht, wird mit Gefäng 
niß nicht unter drei Monaten und' mit Verlufi der 
ẽbrenrechte bestraft. 
Berlin, 26. Nov. Das Zentralkomité des 
kothen Kreuzes entsandie den dirigierenden 
Arzt des Kazarus⸗Krankenhauses, Dr. Langeubach 
nebst vier Assistenzärzten und zwei Schwestern mil 
Instrumenten und Medikamenten und Verband— 
mitteln nach Sofia. An das Komité des jerbischen 
stolhen Kreuzes ist eine sehr erhebliche Sendung 
an Verbandsstoffen, Schienen, Decken und Hemden 
nach Belgrad abgegangen. 
Berlin, 27. Nevb. Der Kaiser hat sofort 
nach Empfang der schmerzlichen Nachricht? vom 
Tode des Königs Alfons XII. dem spanischen Ge. 
andten v. Benomar seine Theilnahme aussprechen 
assen; der Kronprinz hat dem Leßzteren persönlich 
tinen Besuch gemacht. ebenso der Keichskanzler. 
Vermischtes. 
F Forbach, 25. Nov. Im schönsten Sonn— 
agsstaat promeniertem am Sonntag zwei Dien st⸗ 
mädchen auf der Nationalstraße herum. Ihrer 
Toilette fehlte nichts, was modern ist, selbst nicht 
ene .Auswüchse der Mode“, welche man Tournüre 
ienut. Da — o Schrecken! — verringerte sich 
»lötzlich der Umfang der einen Schönen ganz ge⸗ 
valtig, und — auf dem Boden wälzte sich eine 
orgsam zusammengebundene Hausjacke. Natürlich 
ehlte es nicht an schadenfrohen Männern, welche 
»as Mädchen durch Zurufe auf diesen Verlust auf⸗ 
merksam machten, — aber die Jacke aufraffen und 
derschwinden, war für die Mädchen das Werk eines 
Augenblickß. 
Diedenhofen, 26. Nov. Ein Passagier, 
ilterer Herr, wurde gestern auf dem Bahnhof da⸗ 
hier, als er gerade einen unverschlossenen Uebergang 
dassiren wollte, von einem daherbrausenden Zug 
erfaßt und unter die Räder geworfen, wobei ihmit 
hdeide Beine abgefahren worden sind. 
f Amberg, 25. Nov.Generallieutenan 
». Pode wils ist gestorben. Mit ihm ist ein 
uuf dem Gebiete der Waffentechnik hervorragender 
Mann aus dem Leben geschieden, der lange Zeit 
der Gewehrfabrik Amberg vorstand. Er war der 
Erfinder des Podewils . Gewehrs. das als der beste 
Vorderlader galt. 
fParis, 24. Nov. In der gestrigen Sitz 
ung der Akademie der Wissenschaften berichtete der 
Hauptmann Renard über die in jüngster Zeit mit 
dem lenkbaren Luftschiff angestellten Versuche. Wir 
jaben s. Z. über einzelne dieser Versuche berichtet. 
Rach Renard ist es bei 5 der 7 unternommenen 
Fahrten gelungen, den Widerstand der Luftbeweg- 
ing zu überwinden und das Fahrzeug auf seinen 
Ausgangspunkt zurückzubringen. Die leßten Fahrten, 
denen der Kriegsminister beiwohnte, scheinen den 
Jjehegten Erwartungen nicht ganz entsprochen zu 
haben. 
Die Tashenghren -·Fabrikation 
Schweir dvatierf ak vasß Nahr 1387 2urü4 
Ausland. 
Paris, 26. Nob. Nach der „Lanterne“ ist; 
doriio nach Shanien abgereist wo die Repolution