Full text: St. Ingberter Anzeiger

f Der in Bayonne erscheinende „L'Avenir“ 
chreibt: Als Fürst Bis marck in seinen früheren 
Jahren die Seebäder von Biarritz besuchte, machte 
es ihm stets Vergnügen, in Gesellschaft des Fürsten 
und der Fürstin Orloff, sei es vom Casino oder 
vom Leuchtthurm aus. dem Treiben der Fischer 
zuzuschauen, welche dort täglich zum Fang aus— 
fahren. Der Fürst kannte selbst einige derselben 
dei Namen, namentlich aber war er mit dem 
Leuchtthurmwächter recht gut bekannt. Als einst 
die Saison vorüber wär, geschah, es, daß dieser 
Beamte durch eine plötzlich eintretende Hochfluth 
ums Leben kam; er hinterließ eine Frau in geseg 
neten Umständen. Was thaten darauf die Kame 
raden des pflichtgetreuen Leuchtthurmwächters? 
Sie setzten sich hin und tyeilten dem Fürsten 
Bismarck das ganze Elend miti. Zug um Zug 
erfolgte seitens des Fürsten die Antwort. Er schrieb 
den französischen Fischern, daß das Kind der 
Wittwe ihn selbst und die Frau Fürstin Orloff zu 
bathen haben sollte. Und Fürst Bismarck hielt 
in Versprechen; er ließ dem Kinde — es war 
zin Knabe — in Gemeinschaft mit der russischen 
Fürstin von zartester Jugend an alle Sorgfalt 
ingedeihen, ließ den jungen Mann später nach 
Deutschland kommen, schickte ihn dort auf die besten 
-„chulen und verschaffte ihm später eine ganz aus⸗ 
zezeichnete Stellung. Als 1870 der Krieg aus— 
brach schickte F.—uͤst Bismarck seinen Schützling 
nach Frankreich zurück, damit er dort, wie es sich 
für einen wackeren Bürger zieme, seinem Vaterlande 
dienste leiste. Nach dem Friedensschluß berief er 
ihn aber sofort wieder nach Deutschland, wo der 
sunge Mann gegenwärtig wieder seine frühece 
A 
FBerlin, 4. Dez. „Soll man eine Petro— 
eumlampe durch Niederdrehen des Dochtes oder 
zurch Ausblasen zum Berlöschen bringen?“ Diese 
Frage wurde in der gestrigen Sitzung der polytech— 
nischen Gesellschaft dahin beantwortet, daß fich em- 
vfehle, die Lamp'e einfach auszublasen, aber dabei 
nicht in den Cylinder hinein, sondern über den 
Fhlinder hinweg, im rechten Winkel zu ihm, zu 
usten. Den Docht vor dem Ausblasen niederzu— 
chrauben, wurde nicht für nothwendig erachtet. 
die neuerdings in den Handel gebrachten Apparate 
zum Verlöschen, die aus einer Röhre bestehen, 
deren oberes gekrümmtes Ende in den Chlinder 
bineingeführt wird, während am unteren Eunde sich 
ein Gummiball befindet, wurden als äußerst ge— 
ährlich bezeichnet und ihre polizeiliche Beseitigung 
im Interesse der Sicherheit für erwünscht erachtet. 
*(Wem gehört der Ring)) Frau 
Amtmann Haupt in der Ziegelstraße zu Berlin 
jat beim Wildbändlor Scholz eine Wildente gekauft. 
Beim Ausnehmen derselben findet sie in dem Magen 
)es Thieres einen kostbaren, mit Brillanten besetzten 
Ring und freudig theilt sie gelegentlich dem Wild⸗ 
zändler mit, welchen kostbaren Fund sie in der 
von ihm erstandenen Ente gemacht. Der Wild— 
sändler aber reklamirt jetzt den Ring, da er be—⸗ 
zauptet, der Frau Amtmännin nur die Ente, nicht 
aber den Ring mitverkauft zu haben. Beide Theile 
wollen nun den Richter anrufen, der entscheiden 
joll. wem der Ring gehört. 
F Ein Hecht mit 111 kleinen Fischen in 
Magen ist nach dem „Anz. f. d. Havell.“ in der 
Aberhavel gefangen worden. Die Fische hatten 
wumeist eine Größe von 122 Zoll. 
Wien, 7. Dez. Große Sensation erregt 
Einbruch in den ersten Juwelierladen (Gra- 
vest äd ten) am frequentesten Punkte des 
Tentrums der Stadt, am Graben. Der Einbruch 
erfolgte gestern Nachmittag; die Thäter drangen 
zurch die Hinterthüre ein. Die Eisenkassen, in 
velchen sich Brillanten und Schmucksachen im Werthe 
von einer viertel Million Gulden befanden, wurden 
total ausgeplündert. Die Hauptkassa wurde ange⸗ 
bohrt, das Schloß zertrümmert und die Schlüffel 
für die anderen Kassen derselben entuommen. Man 
hat noch keine Spur von den Thätern. 
(Für unschuldig Verurtheilte. Eine Brüs— 
elerin, die eben verstorben, hat einem Hospiz 
etztwillig 360,000 Franks vermacht, deren Zinsen 
um größten Theil denjenigen zufließen sollen, die 
ein Opfer richterlicher Irrthümer geworden sind. 
F In einem vor Kurzem in Paris erschiene 
ien Memoirenwerke eines amerikanischen Journa⸗ 
isten wird die folgende interessante Anekdote von 
»em Papst Pius IX. mitgetheilt. Eines Tages, 
als Pius IX. bereits sehr ermüdet durch einen 
zroßen öffentlichen Empfang war, kniete eine Dame, 
die ihm durch einen speziellen Brief empfohlen war, 
vor ihm nieder, indem fie um seinen Segen bat, 
den er wie gewöhnlich ertheilte. Aber sie begann 
ein langes Bekenntniß ihrer Sorgen und Sünden. 
Bius, fast unfähig, sich aufrecht zu halten, tröstete 
ie, aber je mehr er ihr zusprach, desto mehr sprach 
ie, bis er sich genöthigt sah, ihr zu sagen, et müsse 
ich zurückziehen. Darauf begann sie mit noch 
zrößerer Geläufigkeit: „Heiliger Vater“ — — 
Was willst Du noch mehr, meine Tochter?“ — 
„Mein Mann hat mich gebeten, Ihnen sein Bild 
zu geben.“ — „Gut, ich nehme es an, sagen Sie 
hm meinen Dank.“ — „Aber Heiliger Vater — 
— —“ — „Was noch?“ — „Ich möchte gern 
neinem Mann Ew. Heiligkeit Autograph ebenfalls 
zum Geschenk bringen.“ — „‚Gut, ich will auch 
das thun.“ Dann schrieb er rasch seinen Namen 
nuf ein Stück Papier und wollte die Feder nieder— 
legen, als die Dame ihn am Rochfesthielt. „Hei— 
iger Vater, noch eine Bitte.“ — Wirklich?“ Der 
Papst zitterte leicht vor Indignation, „was kann 
;»as sein?“ — Ich muß um die Feder bitten, 
nit welcher Sie das Autograph geschrieben haben.“ 
— „Gut, nehmen Sie die Feder, das Tintenfaß. 
meinetwegen auch den Tintenlöscher — aber in des 
— lieben Gottes Namen, gehen Sie jetzt fort.“ 
Ind er machte sein Kleid aus ihren Fingern los 
ind suchte seine Privatgemächer auf. 
Eine sehr beachtenswerthe Broschüre gegen 
zdie Spielhölle von Monte Carlo ist in 
»iesen Tagen durch ein internationales Komitee in 
Rizza sämmtlichen europäischen Regierungen mit 
»er Absicht zugestellt worden, auf diesem etwas 
ingewöhnlichen Wege eine diplomatische Kollekliv⸗ 
ittion gegen den Fürsten Karl III. von Monaco 
zu veranlassen. Diese interessante Broschüre enthält 
eine aktenmäßig zusammengestellte Liste aller Selbst- 
norde, welche sich seit 1877 bis 1885 in Monte 
Farlo ereignet haben. Die Totalsumme der auf 
siese schmähliche Weise umgekommenen Personen 
zeträgt eintausendachthundertundzwanzig, d. h. fast 
o viele Köpfe, wie der Beherrscher von Monaco 
überhaupt Unterthanen hat! Die betriffende Liste 
enthält den Namen, die Heimath und das Todes⸗ 
datum der Selbstmörder, sowie auch eine Kollektion 
von Briefen, mit denen sie ihren Abschied vom 
Leben kommentierten. Fast alle verfluchten darin 
die Stunde, da sie Monte Carlo gesehen haben, 
Auf Deutschland fällt ein Zehntel dieser Opfer. 
Italien, Frankreich und Rußland sind am slärksten, 
England und Amerika am schwächsten in Mitleiden⸗ 
ichaft gerogen Di⸗ ineisten dieser Selbstmörder 
jaben, nachdem sie ihr Vermögen dem Spiel⸗ 
Moloch in den Rachen geworfen, nicht einmal ein 
ehrliches Begräbniß erhalten, sondern sind ohne 
SZang und Klang auf dem Armenkirchhof verscharrt 
worden. Wie verlautet, ist das hochinteressante 
Material auf Veranlassung des italienischen General⸗ 
ronsuls in Nizza zusammengestellt worden. Man 
darf auf den Effekt dieser publizistischen Manifesta⸗ 
iion gespannt sein. 
* Ein neuer Motor für Schiffe,) 
Auf einer Schiffswerft der Vereinigten Staaten ist 
jegenwärtig ein Fahrzeug im Bau und nahezu 
ertig, welches die größte Aufmerksamkeit auf sich 
enkt. Das Boot hat eine Länge von 30 Meter, 
3,6 Meter Breite und 75 Tonnen Deplacement. 
Dasselbe ist mit 4 langen Hinterladerkanonen ver⸗ 
ehen, welche 2,4 Meter über Bug und Ende und 
1,5 Meter über den Kiel hervorragen. Es soll 
nun dieses Fahrzeug dadurch fortbewegt werden, 
daß nicht mit Sprengstoff geladene Kugeln aus 
»en Geschützen durch die Heckpforten obgeschossen 
verden. Schüsse aus dem Buggeschütze würden 
»agegen das Boot zurücktreiben, während seitliche 
Schüsse die Richtung bewirken werden. Die Er— 
inder machen sehr viel Reklame von bem Fahizeug, 
einer erwartenden Geschwindigkeit und den geringen 
doften. Die Kosten für Feuerung (in diesem Falle 
aljo Schießpulver) sollen sich von Newyork nach 
Newport. etwa 180 Meilen, nur auf auf 80 
Tents belaufen. — Es ist möglich, daß das Fahr⸗ 
zeug ouf diese Weise zu fahren im Stande ist, 
aber die Insaisen werden an Schlaf nicht denken 
dönnen. 
f Newyork, 5. Dez. Telegramme aus 
banama berichten von einem verheerenden 
Irkan an der Küste von Aspinwall. Verschiedene 
Fahrzeuge erlitten Schiffbruch. Die Eisenbahn 
st beschädigt und die Telegraphen⸗Leitungen sind 
interbrochen. Man fürchtet, daß in der Stadt 
Tolon dem Orkane viele Menschenleben zum Opfer 
zefallen sind. 
F* Unschuldig verurtheilt.) Die 
„N.YJ. Staats-Ztg.“ schreibt unterm 22. Nov.: 
Wie aus Topeka, Kans., gemeldet wird, herrscht 
n Lyons, Kans., in Folge der Aussagen, die ein 
Arzt auf dem Todtenbette über den Staatssenator 
John White machte, große Aufregung. Vor 
inigen Tagen war White County⸗Anwalt in 
yons im Countyh Rice. Ein Mann Namens 
dawrence war County-⸗Schatzmeister. In einer 
Nacht wurde in das Countygebäude eingebrochen 
und aus der Kasse wurden 18,000 Doll. geraubt. 
dawreuce wurde dieses Raudes angeklagt, überführt 
und zu Zuchthausstrafe verurtheilt. White fungirte 
us öffentlicher Ankläger in dem Prozesse gegen 
ꝛdawrence. Nun sagte ein Arzt in Lyons auf dem 
Sterbenbette aus, er sei in der Nacht, in welcher 
der Raub verübt wurde, an dem Countygebäude 
yorbei gekommen, habe in der Kanzlei einen ver— 
»ächtigen Lärm gehört und sei eingetreten. Zu 
einem nicht geringen Erstaunen habe er den 
Staatsanwalt White dabei betroffen, wie er den 
dassenschrank erbrochen hatte und sich den Inhalt 
)»esselben aneignete. White habe ihm 3000 Doll. 
Schweigegeld angeboten und er habe diese Bestech⸗ 
uing angenommen. Wenige Standen, nachdem der 
Arzt diese Aussagen gemacht haite, ist er gestorben. 
Lawrence, der angeblich unschuldig Veructbeilte. 
zefindet sich noch heute im Gefängniß 
Für die Redaktion verantiwortlich: F. X. Demetz. 
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Zu haben in der 
Dxpedition des .St. Ingberter Anzeiger“. 
Frachtbriefe für gewöhnliches Gut 
Eilqut 
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