Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöochentlich mit —XRE 
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Sonntag, 6. Februar 188s53. 22. Jahrg. 
M 27. 
an, deren auerkannte Führer in Hannover und 
Zu den Wabhlen. Neustadt a. H. laut und deutlich ihre Stellung⸗ 
O Die „Pfälzer Zeitung“ und ihre Ableger nahme gegen Verfassungsänderungs · und Monopol⸗ 
bringen eine Äuslassung, angeblich aus den Kreisen versuche verkündet haben. Sollte während der 
des Arbeilers und des Bauernstandes, worin unser Dauer des jetzt zu wahlenden Reichstages irgend 
Wahlkandidat, Herr Krämer, aufgefordert wird, eine dieser Ftagen unerwarteter Weise praktisch 
zuf gewisse bestimmt formulirte Fragen mit Ja werden, so wird Herr Krämer nicht verfehlen, die 
der Nein zu antworten. Der Fragsteller, welcher Anficht seiner Wähler über diese Fragen zu er⸗ 
weifellos hinter einem gewissen Redaktionspult zu orschen. 
fuchen ist, will von Herrn Krämer hören, ob er gegen Wenn der Verfasser der Anfrage in der 
waige Angriffe gegen das allgemeine Stimmrecht, „Pfaälzer Zeitung“ sich dann zu diesen Wählern 
b er gegen Branntwein⸗ und Tabaksmonopol bekennt, so darf er mitsprechen und stimmen. 
dimmen werde und sich verpflichte, dafür zu „wirken, Was die letzte Frage anlangt, so wird Herr 
daß die neuen undermeidlichen Militärlasten in Krämer nicht Anstand nehmen, zu erklären, daß 
erster Linie von den reichen und besser situirten sein heißester Wunsch ist, daß die neuen Lasten, 
Buürgern getragen werden.“ mit welchen der Steuerzahler wohl nicht verschont 
Dieser Versuch, einen gegnerischen Kandidaten werden kann, gerecht vertheilt und nach Maßgabe 
zu Erklaͤrungen zu zwingen, ist zwar vom Stand der Leistungsfähigkeit zugemessen werden. (Mehr 
hunkte der politijchen Gepflogenheiten naiv, aber er ann er wohl heute nicht erklären. Oder besizzt 
ist nicht originell. Man arbeitet nach „berühmten die „Pfälzer Zeitung“ bereits ein Steuerprojekt?) 
Mustern“. Der Versuchsballon der Reichseinkommensteuer, 
Bekanntlich hat Herr Windthorst, weil er wohl welcher von den Deuischfreisinnigen in die Luft ge⸗ 
insah, daß das Schlagwort „Jeder Mann und worfen wurde, ist vom Zentrum bekanntlich nicht 
jeder Groschen“ bereits abgedroschen sei und der uufgefangen worden. Die Nationalliberalen ver⸗ 
heabsichtigten Wirkung ganz entbehre, in der preuß⸗ dielten sich prinzipiell dagegen nicht ablehnend und 
ischen Kanmer den Finanzminister zu bindenden daben damit dem Versuch, auch mit der Deckungs⸗ 
Erklarungen über angebliche Absichten der verbüne rage den Klassenhaß zu schüren, die Spitze abge⸗ 
delen Regierungen bezüglich der Monopole drängen xochen. Ja, die nauonalliberale Partei wird be⸗ 
wollen. Ebenso hat derselbe seiner angeblichen rebt sein, eine gerechte Vertheilung der neuen 
Furcht vor Angriffen der Realtion auf die Reichs⸗ dasten zu bewirken! Erinnert sich vielleicht die 
berfassung Ausdruck gegeben. Pfälzer-Zeitung“, welche Partei es war, welche 
Die Opposition bedarf neuer Schlag- und Hetze die jchige Nothlage des Vaterlandes benüttzen wollte, 
wörier um ihre Anhanger beisammen zu haͤten um eine gewisse Berufsklasse von der 
und die öffentliche Aufmerksamkeit von der schweren versönlichen Dienstpflicht zu befreien? 
Versündigung abzulenken, welche sich die vereinigte Zum Schluß eine Gegenfrage: Hat die „Pfälzer 
Majorität der Forischrittler, Sozialdemokraten, geitung“ den Kandidalen ihrer Partei schon dar⸗ 
Ppolen und Dänen im Verein mit dem welfisch ber defragt, welche Stellung er zu der brennenden 
tegierten Zentrum an der Wohlfahrt und Sicher- Wehrfrage einnehme? Bejahenden Falls wären wir 
heit des deutschen Reichs zu Schulden kommen ließ. üür entsprechenden Aufschluß dankbar. Soll Herr 
Zu rechter Zeit tat Fürst Bismarck durch seine deinrich von seinen Wählern auf das Triennat 
ffene Erklaͤrung jene Versuche der Täuschung des derpflichtet werden oder übernimmt er kein impera⸗ 
deutschen Volkes im Keime erstickt. ives Mandat? 
Man denkt an maßgebender Stelle nicht daran, Wir vermuthen das letztere, da es doch kaum 
an dem allgemeinen Stimmrechte zu rütteln. Wer llaublich ist, daß ein pfälzischer Wahlkandidat an⸗ 
eine Furcht in dieser Richtung herborzurufen sucht, jesichts der immer bedrohlicheren Umwölknung des 
wer die angeblich drohende Reaktion an die Wand olitischen Himmels sich als Gegner der Wehr⸗ 
malt, wer mit den Monopolen gruseln machen will, haftigkeit des deutschen Volkes bekenne!“ 
der beweist nur, dcß er für die Haltung der letzten Also kein imperatives Mandat? Und unserem 
Reichstagsmojorität in der Militärfrage keine Recht andidaten möchten Sie ein solches aufdrängen! 
fertigung zu geben weiß. — 
Diese Frage aber ist und bleibt der Angelpunkt 
der jetzigen Wahlbewegung. Die Entscheidung dieser 
Frage birgt die Entscheidung über Krieg und Frieden 
in sich. Jeder Wähler soll sich bewußt sein der 
Verantwortlichkeit, welche er bei der Ausübung 
seines Wahlrechts gegenüber dem Vaterland, der 
Gemeinde und seiner Familie trägt. 
Der Versuch, dieses Bewußtsein zu trüben, die 
Aufmerksamkeit der Wähler von der Hauptsache 
ab⸗ auf eingebildete Gefahren der inneren Ent— 
wickelung hinzulenken, ist würdig der Männer, 
welche mit Polen, Welfen, Franzosen und dem 
Dänen gegen die Sicherheit des Reiches stimmten. 
An dem gesunden Sinne der pfälzischen Wähler 
werden solche Versuche hoffentlich zu Schande 
verden. 
Uebrigens hatte die Fragestellung der „Pfälzer 
deitung! auch ficherlich nicht den Zweck, von Herrn 
Främer zu erfahren, wie er über die angeregten 
Bunkte denke. 
Herr Krämer gehört der nationalliberalen Vartei 
deben geblieben. Alle Kanonen wurden genommen. 
Die Jialiener räumten sammtliche Außenpositionen. 
die Abesshnier griffen Massauah am 27. Januar 
an und stürmten die ersten Verschanzungen. 
General Boulanger soll, nach der ,Landes⸗ 
Zeitung“ für Elsaß⸗-Lothringen“, in den letzten 
X 
grenze, nach Verdun und Umgegend gemacht haben. 
London, 4. Febr. Nach einem Telegramm 
des Berliner Korrespondenten des „Standard“ ver⸗ 
sicherte Furst Bismarck gestern dem Botschafter einer 
zefreundeten Macht, er halte die in seiner jüngsten 
Rede ertheilte Verficherung, Deutschland werde unter 
keinen Umständen Frankreich angreifen, vollständig 
aufrecht. Deutschland müsse jedoch schlagfertig sein, 
um einen etwaigen plötzlichen Einfall Frankreichs 
abzuwehren. 
eAe und pfälzische Nachrichten. 
Q St. Ingbert, 5. Februar. Morgen, 
Sonntag, den 6. Februar, Nachmittags 8 Uhr, 
findet in dem Saale des Herrn Gerstle in Bieber⸗ 
mühle eine Versammlung der Vertrauensmänner 
der Wahlvereinigung der reichstreuen Parteien des 
Wahlbezirks Zweibrücken⸗Pirmasens statt. Unser 
andidat, Herr OsStar Kraemer, wird eben⸗ 
talls anwesend sein. — Es kann als erfreuliche 
Thatsache berichtet werden, daß auf Grund des be⸗ 
tannten Wahlcartells von Berlin für den Wahl⸗ 
bezirk Zweibrücken Pirmasens eine Wahlvereinigung 
der nationalliberalen und könservati— 
ven Partei fur die diesiährige Reichstagswahl 
erfolgt ist. 
SO St. Ingbert. Die Konferenzen für 
das Lehrpersonal der Volksschulen nehmen jetzt wieder 
hren Anfang. Die erste besondere Konferenz findet 
unter der Leitung des Herrn Hauptlehrers Hagen⸗ 
hucher am Mitiwoch, den 9. Februar ds. zu Zwei⸗ 
hrücken, und am Mittwoch, den 16. Februar zu 
St. Ingbert statt. 
TFSt. Ingbert. Morgen, Sonntag, den 
6. Februar, findet in Blieskastel die erste Wahl⸗ 
bersammlung der Zentrumspartei statt. In der⸗ 
selben wird der Zentrumskandidat, Heir Bürger⸗ 
neister Heinrich von hier, seinen Wählern sein 
Programm entwickeln. 
— Aus der Vorderpfalz, 1. Febr. 
schreibt man der „Pf. Vztg.“. Das vor einiger 
Zeit durch die Blaͤtter gegangene Gerücht einer 
Amgestaltung der Prüfungsordnung für die bayerischen 
Schuldienstexspektanten bestätigt sich nicht. Es ist 
an maßgebender Sielle bis jetzt in diesem Betreffe 
noch nichts geschehen, weder in Form eines An⸗ 
rages einer Kreisregierung noch aus der Initiative 
des Kultusministeriums. Baden, Preußen, Hessen ꝛc. 
ind uns also noch immer und voraussichtlich noch 
muf längere Zeit vorausgeeilt. Doch hat die 
fälzische Regierung bereits insoferne einen Fort⸗ 
chritt anzubahnen sich bemüht, als sie im Bescheide 
auf die letzte Anstellungsprüfung (Okt. 1886) von 
einer Besprechung der Prüfungsresultate in Fächern 
wie Gemeindeschreibung, Kirchendienst, Zeichnen ꝛc. 
Umgang nahm. 
Neustadt, 3. Febr. Heute Mittag stürzte 
das dem Winzer Wilh. Riehm gehörende, neben 
dem abgebrannten Hause des Naurager stehende 
dauschen krachend zusammen. Glücklicherweise ist 
weiter kein Unglücksfall vorgekommen. Ein gleiches 
Schidsal wird das Haus des Maurers Neumann 
reffen, dasselbe ist bereits ausgeräumt und neigt 
ach sstark dem Brandplatze zu M. 3.) 
Ausland. 
Paris, 3. Febr. Der „Republ. France“ 
zing eine Depesche aus Suez zu mit den näheren 
Angaben über die Niederlage der Italiener bei 
Massauub. Von 480 Ansiedlern seien nur 50 am