Full text: St. Ingberter Anzeiger

Lokale und vfälzische Nachriczten. 
— Ulmet, 3. Jan. (N. B. 3.) Gestern 
Abend wurde dahier ein ganz selfenes Fest: näm⸗ 
lich das Dank⸗ und Jubelfest für den wegen fahr⸗ 
äfsigen Meineides angellagten und von der Straf⸗ 
ꝛammer des kgl. Landgerichts freigesprochenen Feld⸗ 
schützen Adam Drumm von hier gefeiert. Es wurde 
demselben bei dieser Gelegenheit von seinen Ge⸗ 
treuen, unter Musiziren und Jubiliren, ein neuer. 
mit einem Strauß gezierter Schützenstock überreicht. 
Auch ein Fest. 
— Kaiserslbauternn, 5. Jan. Konkurs 
vurde eröffnet über das Vermögen des Fruchthänd⸗ 
sers Simon Bender hier. K.-Verwalter ist Geschäfts⸗ 
mann Heinrich Helfer. 
— Haßloch, 4. Jan. Gleichsam als Con⸗ 
trast zu den ziemlich allgemeinen freudvollen jüng- 
flen Feiertagen ragt hervor die schwere Heimsuchung, 
welche eine hiesige brave Familie betroffen hat. 
Der Mann des Hauses, bieder und angesehen, 
erkrankte am Unierleibstyphus und erlag demselben. 
Unmittelbar darauf ereilte dieselbe Krankheit die 
ilteste Tochter, ein bildschöͤnes Mädchen von 22 
Jahren, welches innerhalb 8 Tagen gesund und 
zine Leiche war. Inzwischen erkrankte an demselben 
deiden das jüngste Kind, ein Mädchen von 10 
Jahren. das 10 Tage zwischen Leben und Tod 
schwebte, aber seit gestern auf dem Wege der 
Besserung sich befindet. 
— Speyer, 4. Jan. Der Anstaltsarzt der 
hiefigen Diakonissen⸗Anstalt, Herr Dr. Mühlhäuser, 
auch Ausschußmitglied derselben, ist, dem Vernehmen 
nach, aus Gesundheitsrücksichten von seiner Stelle 
als Anbaltsarzt zurückgetreten. Herr Dr. Mühl⸗ 
häuser war seit dem Bestehen der Anstalt, über 26 
Jahre, in dieser Stelle thätig. Als Nachfolger 
desselben wurde Herr Dr. Faber, prakt. Arzt dahier, 
gewählt. 
— Für bedürftige pfälzischeTheolo⸗ 
gie⸗Studirende dürfte nachstehender Brief 
des Gymnafiallehres Wirth in Utrecht von Juter⸗ 
resse sein, den derselbe an den „Pfälz. Kur.“ ge⸗ 
richtet hat. Derselbe lautet: „Stipendium Bern⸗ 
hJardinum zu Utrecht (Holland). Wen ich nicht irre, 
ist es heuer gerade 150 Jahrr her, seit ein Pfäl⸗ 
zer, Namens Bernhard aus Frankenthal, an die 
Aniverfität Utrecht eine bedeutende Geldsumme ver⸗ 
nachte, von deren Zinsen jährlich eine ziemliche 
Anzahl Pfälzer und einige ungarische Studenten 
der Theologie ein Stipendium erhalten. Als Pfäl⸗ 
zer werden dort alle Diejenigen betrachtet, welche 
in der ehemaligen Kurpfalz geboren ind, wovon 
Mannheim die Hauptistadt war. Die Anfrage um 
dieses Stipendium ist begreiflicher Weise fehr groß. 
daher hat man den Genuß desselben von 8 Jahren 
auf 2 und Jl Jahr beschränkt, um die Wohlthat 
—XX 
Brund wird ek jetzt nur mehr solchen Studirenden 
gegeben, welche schon einige Jahre an deuischen 
Universitäten studirt haben. Von diesen Grund⸗ 
ätzen wird nur selten eine Ausnahme gemacht. 
Diese Ausnahme kommt allen Denen zu gute, 
wvelche zu dem Geschlechte Bernhard gehören resp. 
ziesen Namen haben und noch mehr, wenn sie in 
Frankenthal geboren sfind. Ferner erhalten diese 
auch ein größeres Stipendium als alle Anderen 
Dies scheint nicht genug dekannt zu sein. Deß halb 
und das ist auch der Grund dieses Schreibens) 
mache ich alle meine Landesgenossen darauf auf⸗ 
nerksam und ersuche zugleich alle Zeitungen u. s. 
—AX 
aAllen Schichten des Volkes bekannt werde. Hoch⸗ 
achtungsbollst L. Wirth, Gymnafial ˖ Lehrer. Utrecht⸗ 
l. Januar 1887.“ 1 
— Herr E. M. J. Cor in Mannheim 
wurde seitens der Staatsregierung als franzöfischer 
KFonfsul für die Pfalz bestätigt. 
Vermischtes. —— 
F* Heiligenwald, 4. Jan. Auf der 
Srube Itzenplitz fiel gestern Nachmittag ein Fels⸗ 
ttück herab und traf den Bergmann Zimmer von 
Dirmingen so unglücklch, daß der Tod sofort er⸗ 
folgte. Z. hinterläßt eine Wittwe mit 5 Kindern. 
F Tholey, 5. Jan. Gestern und vorgestern 
wurden an der Straße von St. Wendel nach 
Tholey mehrere Wolfe gesehen. Einem Bauer 
sierselbst soll gestern Nacht ein solcher ein Schaf 
in seinem Stalle zerrifsen haben. (S. Bi. Zig.) 
fIn Illkirch Elsaß) stieß in der Neu— 
ahrnacht der 19jährige Fabrikarbeiter G. seinem 
ilteren Bruder aus Wuth darüber, daß dieser ihm 
eine Pistole abgenommen, ein dolchartiges Taschen⸗ 
nesser 10 Zentimeter tief in den Rücken, sodaß 
der Verletze zwei Tage später starb. Der Bruder⸗ 
nörder wurde verhaftet. 
rHagenau, 5. Jan. Kreisdirector Senfft 
y. Pilsach ist bei einem Ausfluge infolge Schlag⸗ 
infalles aus dem Wagen gestürzt und war sofort 
zestorben. 
FStraßburg, 4. Jan. Wie früher schon 
rwähnt wurde, haben die in den Reichslanden 
ebenden Bayern unter dem Schutze des Statthalters 
Heschlossen, eine Erzbüste Ludwigs 1 aus dem Ge⸗ 
tein der Vogesen an dem einstigen Zweibrücker Hofe 
n Straßburg, dem Hause der Brandgasse, welches 
zurch den standesamtlichen Eintrag als Geburtshaus 
»es Prinzen Ludwig von Zweibrücken⸗-Birkenfeld 
jekennzeichnet ist, aufzustellen. Das Comite hat 
iun eink Abbildung des Denkmals, welches in 
einen Bestandtheilen vorhanden ist und seiner 
Aufrichtung harrt, an den Prinz⸗Regenten geschickt, 
poraus dieser dem Vorsitzenden des Comites, Unter⸗ 
zaatssekretär Dr. v. Mayr, erwiderte, daß ihm die 
Zusendung besonders werthvoll sei und es ihn mit 
soher Befriedigung erfülle, daß die Bayern in Elsaß⸗ 
ꝛothringen die Erinneiung an einen großen Für⸗ 
ien ihres Heimathlandes in treuer Anhänglichkeit 
oflegen. 
fHeidelberg, 5. Jan. Heute Nachmittag 
tarb der Reichstagsabgeordnete Dr. Roßhirt an 
en Folgen des Schlaganfalles, den er am Sams⸗ 
ag erlitten hatte. 
Oppenheim, 5. Januar. Großes Auf⸗ 
jehen erregt hier das plötzliche Verschwinder zweier 
Töchter hiefsiger sehr wohlhabender israelitischer 
Familien. Mit den Mäödchen find auch die beiden 
Söhne reicher Landwirthe aus dem benachbarten 
Dienheim verschwunden und zwar haben deide 
Theile nicht unbeträchtliche Werthe an Geld und 
zeldeswerth mitgenommen. Die jungen Leute 
interhielten ein Verhältniß, das die Eltern der 
Nädchen aus religiösen Gründen nicht duldeten. 
die beiden Paare sollen die Reise nach Amerika 
ingetreten haben, um dort zu heirathen. Das eine 
)er Mädchen ist noch minderjährig und wird des⸗ 
jalb von dem Vater gerichtlich verfolgt. 
Augsburg, 4. Jan. Heute wurde hier, 
wie die „A. A.Zig.“ meldet, folgende Hunger⸗ 
wette abgeschlossen: Ein Munchener Humorist 
ßemming will 30 Tage lang bei täglich einmaligem 
henuß eines Glases Wassers hungern. Die Wette 
st von zwei Herrn zu MO0O0 M. gegen 10000 
M. acceptiert, Gemming erhält die Hälfte. Der 
hungerkandidat bleibt in Ungerer's Restaurant de⸗ 
bachtet von zwei Zeugen und einem Arzt. Jeden 
Abend muß Gemming eine Runde durch das Lokal 
—XR 
nuf den 3. Januar festgesetzt. 
Munchen, 4. Januar. Gestern Nacht 
jegen 2 Uhr wurde der im Löwenbräukeller be⸗ 
ienstete 27 Jahre alte Metzger Wenzeslaus Wenger, 
as er rnhig heimging, in der Nymphenburger⸗ 
traßke von einem Unteroffiziet des 3. Feldartillerie⸗ 
stegiments ohne allen Anlaß durch Säbelhiebe über 
sopf, Gesicht, Schulter und Arme so schwer ver⸗ 
etzt, daß er zusammensank. Auf seine Hilferufe 
jerbeieilende Passanten brachten den Verletzten zu 
»em Chirurgen Hartwich am Stiegelmayerplatz, wo 
r zunächst verbunden wurde und die Nacht über 
verbleiben mußte. Gestern wurde er dann in das 
illgemeine Krankenhaus gebracht. Wenger wird 
ils ein ruhiger, braver und fleißiger Arbeiter ge⸗ 
hildert. Ob seitens des angreifenden Unteroffi⸗ 
iers ein Att der Rache oder eine Verwechslung 
Person vorliegt, wird die Untersuchung er⸗ 
jeben. 
Dem Prasidium des bayer. Veteranen⸗Krieger⸗ 
ind Kampfgenossenbundes lagen in seiner Sitzung 
vom 3. Januar 107 im Monat Dezember einge⸗ 
aufene Unterftützungsgesuche zur Vorbescheidung 
vor. 80 derselben, unter welchen 5 von Wittwen 
ind Weisen, wurden mit 1068 Mk. bedacht, 10 
ibgewiesen und 17 ausgesetzt. 57 Gesuchsteller 
nachten die Feldzüge von 1866 oder 1870171, 
3 1849 mit. Bei 20 derselben sind die Leiden 
roch Folgen des Feldzuges 1870,71. Neu aufge⸗ 
rommen wurden 17 Vereine. — 
F München, 4. Jan. Prof. Dr. Schwen⸗ 
nger ist zur Konsulation bei einer hohen Dame 
yon Berlin hier eingetroffen. 
F München. Der Hauptitireffer der St. 
znqbert⸗Lotterie mit 30,000 Mk. wurde von einem 
ziefsigen Privatmanne gewonnen und bereits erhod 
Ein Treffer mit 2000 Ml. fiel nach Freising. 
7 Landshut, 2 Jan. Auf der Ruaͤdt- 
jon einer Spazierfahrt scheuten die Pferde ein 
Fabrikbefitzersgattin von Achdorf. Dadurch wurdt 
hei einer Biegung der Straße die Insassen des & 
panns mit voller Wucht an den Gartenzaunnd 
ZSierzer'schen Hauses geschleudert und der Schlit 
vollständig zertrümmert. Die Frau nebst ein 
lcinen Kinde wurde schwer verletzt; die Kind 
nagd erlitt eine starke Prellung am Kopfe. wa 
end die übrigen Kinder mit dem bloßen Schred⸗ 
avonkamen. 
Bei Oshssenfurt wurde ein Bäckerlen 
ing. der von seinem Meifter des Morgens 
Brod nach einem: naheliegenden Orte gesau 
vurde, Abends erstarrtt im Schnee aufgefunde 
— Eine altere Frauensperson und eine jun 
kräftige Magd, welche von Bichofsheim in 
Rhön nach Wüstensachsen gehen wollten, fiad spi 
los verschwunden. — Ein 6g9jaähriger Bettler, 
in einem Heuschober bei Jimmenstaot Schutz 
der Kaälte suchte, fand den Tod. 
In Schermbeck bei Wesel trug sich 
chreckliches Unglück zu. Vater und Sohn sind 
dolzkleinmachen beschäftigt; der Sohn schwin 
zie Axt, der Vater trägt das Holz herbei, straucht 
ind fällt unglücklicher Weise mit dem Kopf « 
)en Hauklotz; in demselben Augenblick spaltet 
Sohn, der gerade wieder die Axt gehoben, seir 
Bater den Kopf. 
F Bingen, 3. Jan. Vorgeftern hatte 
Müllerdursche von Saam's Mühle das Glück. 
)er Nahe eine Forelle im Gewicht von 161/1 Pfu 
iuzufangen. 
(Im Dorfe Dinker) in Westfa 
ind zwei Handwerksmeister zu der thörichten Wer 
ibereingekommen, wonach einer von ihnen in b 
timmter Zeit auf einem Fsel nach Berlin reit⸗ 
nuß. Glückhliche Reistttee 
F Ein Neger, der nach seinen Papiere 
aus Deutsch-Kamerun gebürtig, wurde dieser Ta 
in Münster wegen Mittellosigkeit aufgegriffen un 
der Polizeidehotde vorgeführt. Derseibe war frühe 
15 Jahre lang Koch auf Seeschiffen, später Diene 
bei einer Seiltänzertruppe. Durch die Auflösun 
der Truppe wurde er brotlos. Von der bewegte 
Vergangenheit unseres schwarzen Landsmanne 
eugen seine Sprachkenntnisse, indem er außer seine 
Muttersprache deuisch, englisch, portugiesisch, spanise 
aind etwas französisch sprich und recht aut deuts⸗ 
icchreiben kann. 
F(wölf wilde Eber,) welche im Harz 
zebirge gefangen wurden, erhielten die Tierhäud 
ler Reiche und Brothers in Newyork mit den 
Dampfer „Werra.“ Weitere Sendungen soller 
päter nachfolgen. Die Eber sollen zu Zuchtzwecke 
yerwendet werden. Außerdem brachte die „Werra 
500 englische Fasanen und 3000 Kanarienböo 
nit nach Newyork. 
Hamburg. Hier kamen dieser Tage m 
einem Dampfer 4000 Centner alter Nickelmunzer 
aus Mexiko an, welche die mexikanische Regieruns 
n dem Wiener Münzamt umprägen lassen will 
Die Münzen wurden in 24 Wagen nach Wie 
jerladen. 
7 In Berslin bestehen nach der „T. Rudsch. 
mgendlicklich 990 Vereine der verschiedensten Ar 
5 Sechs Millionen Briefse gelangten am Neu 
ahrstage in Berlin durch die Post zur Bestellung 
Wenn ein fleißger Mann fich hinstellen wollie, f 
u zählen, wie lange würde es dauern, bis er da 
nit fertig ist“ In der Minute 100 Stück — 
vas wäre eine respectable Leistung. Jede Minut 
100, ohne zu essen und zu trinken, ohne zu rasten 
ind zu ruhen! Das würde für die Stunde 6000 
Briefe machen. Und für den Normalarbeitstag von 
O Stunden 60000 pro Tag. Auf die 6 Miilli⸗ 
men Briefe würde er also genau 100 rastlose Ar⸗ 
eitstage verwenden müssen, nur um fie zu zählen, 
orausgesetzt, daß ihm der Arm und der Kopf in 
wischen nicht versagt haben. 
f Berliner Droschkenkuscher Humor 
czin Kaufmann, der um 9 Uhr Termin in Moabi 
jat, sich aber etwas verspätete, eilt auf eine am 
hZalteplatze stehende Droschle zu und ruf den Kut⸗ 
cher mit den Worten an: „Moabit, Kriminal⸗ 
zericht!“ Droschkenkutscher: Mann rinn! Fahr⸗ 
jast: Aber ich muß um 9 Uhr dort sein; können 
Sie das? Droschkenkutscher (den schon erhobenen 
Zügel fallen lassend): Nee, det kaun ick nich, da 
etzen Sie sich man lieber in die Rohrpost.