Full text: St. Ingberter Anzeiger

von einem Unternehmer mit mehreren anderen zur 
Ausschachtung in einem Grundstück engagiert wor⸗ 
den. Diese Anderen geriethen mit dem Grundfstücks— 
besizer, dem Rentier D., in Konflikt, an dem sich 
zuch K. ohne jede Veranlassung beteiligte. Hiebei 
nannte er D. fortgesetzt „Du.“ Trotzdem sich dieser 
diese Bemerkung energisch verbat, fuhr K. fort ihn 
zu dutzen. D. erhob Privatklage wegen Beleidig⸗ 
ung und hatte die Genugthuung, zu hören, wie 
sein ungebetener Dutzbruder zu 8 Tagen Haft ver⸗ 
urteilt wurde. 
In Dresden wurde kürzlich von einem 
Rentner G. im Freundeskreise eine jener Wetten 
proponirt, bei denen es sich um besondere Kraft⸗ 
ieistungen handelt. Derselbe wollte in einer Stunde 
ünfundzwanzig Cigarren rauchen, keine Havannahs, 
aber auch keine von besonders leichtem Tabak und 
tleinem Format. Die Wette wurde gehalten, und 
nach drei Viertelstunden waren die fünfundzwanziq 
Figarren in Rauch aufgegangen. Herr G. ließ 
sich darnach von jedem seiner sechs Kontrahenten 
noch je eine Cigarre geben. und auch diese sechs 
Figarren waren verpafft, als die Stunde um war. 
x Ein erschütternder Unglücksfall ereignete 
sich Mittwoch Nachmittag auf dem nahe bei Berlin 
belegenen Schlachtensee. Der größte Teil einer aus 
etwa 15 Personen bestehenden Gesellschaft aus Ber⸗ 
lin schnallte sich trotz der von dem dort stationier⸗ 
ten Gendarmen bestimmt abgegebenen Warnung die 
Schlittschuhe unter und begab sich auf dasEis. 
Rur der stud. med. Schröter sowie Fräulein Drö⸗ 
schel waren zurückgeblieden und hatten der War—⸗ 
aung Gehör geschenkt. Da sie aber sahen, wie 
das Eis die übrigen trug, konnten auch sie der 
bersuchung nicht widerstehen. Schon nach wenigen 
zügen hatte sie das Verhängnis nach einer Stelle 
Sees gezogen, die den Stammgästen des Sees als 
„faul“ bereits bekannt ist. Mit markdurchdringen⸗ 
dem Schrei verschwanden beide blitzschnell unter 
dem Eise. Der Bruder der Dame, Siudent Drö— 
schel, eilte seiner mit dem Tode ringenden Schwe—⸗ 
er zu Hilfe, warf schnell eine herbeigeholte Stange 
uber das offene Grab und versuchte die Ertrinken⸗ 
den zu erfassen; doch zu schnell waren seine Glie⸗ 
der erstarrt und ehe weitere Hilfe gebracht wecden 
onnte, rang auch er mit dem Tode. Unterdes 
jatte man von der Wirtschaft Kienast aus das Er⸗ 
eignis bemerkt und beeilte sich, das Rettungswerl 
zu beginnen. Bald waren alle drei Verunglückten 
ans Land gebracht. Student Dröschel kam bald 
zu sich, während die Wiederbelebungsbersuche bei 
jeiner Schwester sowie bei stud. med. Schröter 
erfolglos blieben. Der seibst dem Tode mit knap⸗ 
pet Rot entgangene Dröschel mußte die unglücklichen 
ẽltern von dem Tode ihrer Tochter, seiner Schwe⸗ 
jer, in Kenntnis setzen. 
fFerdinand von Lesseps, der 
geniale Schöpfer des Suez⸗Kanals, wird bekanntlich 
in diesen Tagen in Berlin erwartet. Die Pariser 
Journale legen, wie zu erwarten stand, die Reise 
des Herrn don Lesseps nach Berlin dahin aus, daß 
derselbe mit einer diplomatischen Mission der franzö⸗ 
fischen Regierung betraut sei, was natürlich jeder 
Begründung entbehrt. Es ist zu Genüge bekannt, 
daß der berühmte Erbauer des Suezlanals grund— 
sützlich jede Einmischung in die Politik vermeidet 
und augenblicklich lediglich mit seinem zweiten großen 
Werke, der Erbaung des Panamakanals, beschäftigt 
is. Herr von Lesseps ist seit langen Jahren nich 
in Berlin gewesen und wird sicherlich nicht wenig 
über die großartigen Schöpfungen aller Art staunem 
welche seither in der jetzigen deutschen Reichshaupt⸗ 
sadt entstanden find. grankreich hat gewiß alle 
Ursache, auf den erstaunlichen Mann siolz zu sein, 
der mit vollem Rechte als „le grand Prangais 
hezeichnet wird, und von dem man außerdem sagen 
lann, daß er nicht allein für sein Vaterland, sondern 
sür die ganze Menschheit gearbeilet und geschaffen 
hat. Herr don Lesseps wird fich überzeugen sonnen, 
daß man ihn in Deutschland wurdigt und seinen 
Ruhm neidios anerkennt. 
., Eine traurige Ausweisungsge⸗- 
shichte wird aus Schulit (bei Bromberg) 
berichtet: Vor etwa Jahresfrist erhielt der nun⸗ 
mehr derstorbene hiesige jlidische Cantor Leibsohn 
den Jusweisungsbefehl Seiner aczlicherseits als 
anheilbar erklaͤrten Krankheit wegen, wurde der 
befehl zurüdgenvmmen. Run ist auch, wie die 
„Oftd. Pr.“ miltheilt. gegen die Willwe und ihre 
echs Kinder die Ausweisung angeordnet worden, 
was die Frau um so härter Lrifft, als sie, eine 
zeborene Deutsche, weder der polnijchen noch der 
russischen Sprache mächtig ist. Auch weiß sie nicht 
inmal, ob und wo noch Angehörige ihres verstot. 
ꝛenen Mannes leben. Die sechs Kinder stehen im 
Alter von neun Jahren bis zu vier Monaten, und 
es ist hier für deren Lebensunterhalt und Erziehung 
zesorgt, so daß die Annahme, daß die Frau oͤder die 
Finder der öffentlichen Armenpflege anheimfallen 
lönnen, völlig ausgeschlossen ist. Man bedauect hier 
allgemein die arme Frau. 
F Pulver-Explosion. In dem unwei“ 
Zorinth gelegenen Dorfe Istmia hat, wie das „W. 
xF.«Bl.“ meldet, eine furchtbare Explosion von 
Schießpulber stattgefunden. Am Bahnhofe zu Ist— 
nia, der an der Strecke der provisorischen, für die 
Durchstechungsarbeiten des Kanals im Betriebe 
tehenden Eisenbahn liegt, waren nämlich einige 
Arbeiter beschäftigt, mehrere mit 2000 Kilogramm 
Schießpulver gefüllte Kisten in Waggons zu laden, 
ils das Pulver — man glaubt durch Unvorsichtig⸗ 
eit eines Arbeiters — explodierte. Sieben Arbei⸗ 
er wurden buchstäblich zerschmettert, fünf Personen 
chwer und vier leicht berwundet, darunter der 
Oberingenieur Maupin. 
F Brüfsel, 5. März. In dem Kohlenberg · 
verk zu Paterages wurden durch schlagende Wetter 
ünfzig Bergleute getödtet. 
Mons Gelgien), 5. Maärz. Heute Nach⸗ 
nittag gelang es den Ingenieuren, in die Flößze 
»es Bergwerts Quaregnon einzudringen, wo die 
ermißten Arbeiter verschüttet worden waren. Sämmt 
iche 144 Vermißte wurden erstickt aufgefunden. 
F Eine neue Kriegsmaschüne.) Ein 
Zelgier hat eine elektrische Kartätschen⸗Kanone er⸗ 
unden, ein Erfindungs-Patent erhalten und die 
Ptäne, Zeichnungen u. s. w. dem belgischen 
riegsministerium eingereicht. Diese Kanon ist, wie 
»ehauptet wird, leicht zu handhaben, schleudert 
neun Geschosse und soll angeblich Deckpanzer von 
Panzerthürmen und Kriegsschiffen. wie Torpedo⸗ 
»oote „mit Sicherheit“ zerstören. Nicht minder 
oll sie zur Vertheidigung von Küsten, Flüssen, Be— 
estigungen unübertroffen sein. Keine Kanone, so 
chreibt der Erfinder, kann mit der seinigen wett⸗ 
»ifern; eine Entscheidung des belgischen Kriegs⸗ 
ninisters ist noch nicht erfolgt. — Es wäre 
nterressant, über das neue Geschütz Näheres zu 
erfahren, denn wie man mit Karfätschen nach 
anseren Begriffen Stahlpanzer zerstören kann, ist 
uns unerfindlich. 
fA6000 Fremde haben Nizza verlassen. 
Die herrlichen Blumengärten an der Rivbiera find 
vollständig zerstört. Es ist eine wesentliche Teuel 
rung im Blumenhandel zu erwarten. 
fKom, 5. März. Nach einem Telegramm 
der „Koöln. Volksztg. ist der Vater Bechr, General 
der Jesuiten, gestern Morgen gestorben. (Pater 
Joh. Beckr war geboren am 8. Februar 1798 zu 
Sichem bei Löwen und trat 1819 zu Hildesheim 
n den Orden der Gesellschaft Jesu ein. Langere 
zeit Beichtvater des zum Katholizismus übergetre⸗ 
enen Herzogs Ferdinand von Anhalt⸗Köthen, 
iedelte er nach dessen Tode nach Wien über und 
purde 1847 zum Prokurator der österreichischen 
Irdenshrovinz ernannt. Durch die Unruhen des 
olgenden Jahres aus Oesterreich vertrieben, ging 
er nach Belgien, wo der Rektor des Kollegiums 
in Löwen wurde. Nach Oesterreich zurückgekehrt, 
vurde er Provinzial von Oesterreich. Als solcher 
ceiste er 1853 zur Wahl eines ueuen Ordens⸗ 
Benerals an Stelle des verstorbenen Pater Root⸗ 
zaan nach Rom. Hier wurde er selbst zum Orders⸗ 
Seneral gewählt. Vor einigen Jahren wurde ihm 
auf seinen Wunsch ein Koadjutor in der Person 
des Paters Anderledy gegeben.) 
fFBestattung des Kardinals 
Jakobini.) Am 1. März, um halb 4 Uhr 
Nachmittags, wurde die sterbliche Hülle des dahin⸗ 
geschiedenen Kardinal ⸗Staatssekretärs auf dem 
Tampo Verano in Rom provisorisch bestatiet. Der 
Kardinal hatte fich nur ein bescheidenes Leichenbe⸗ 
jängniß gewünscht und es wurde seinem Wunsch 
entsprochen. Der entfallende außere Pomp wurde 
veitaus ersetzt durch die hohen geistlichen und 
veltlichen Wuͤrdenträger, welche den Leichenwagen 
weiter Klasse hinausbegleiteten zum Gottesader. 
Die Leiche des Kirchenfürsten wird vorläufig, bis 
dessen Angehörige die nöthigen Dispositionen ge⸗ 
troffen haben, in der Grabstaͤtte einer ihm befreuu⸗ 
deten Familie beigesetzt. Die feierlichen Exequien 
fanden am Samstag den 5. d8. statt. 
7 In Englandd ist eine neue Sekte aufge⸗ 
aucht, die sich das „neue und jüngste Haus Israels“ 
nennt. Die Anhänger dieser Sekte glauben an 
naatürliche Unsterblichkeit. 
F Aus der Instruktionsstunde. Kor⸗ 
poral (zur Mannschaft): „Dieser Gewehrriemen 
muß so gehalten werden, daß er mit der Achsel 
einen rechten Winlel bildet. — Wer von Euch weiß 
wohl, was ein rechter Winkel ist? — (Einjährig⸗ 
Freiwilliger meldet sich zum Worte.) Korporal: 
„Wie können Sie das wissen? Ich hab' es Ihnen 
ja noch gar nicht gesagt? Ein rechter Winkel ist, 
wenn der Riemen akkurat so ist, wie ich es gesagt 
hab'. Also, was ist ein rechter Winkel? Jetzt kön⸗ 
nen Sie's sagen, Sie Freiwilliger! 
Sterbefälle. 
In Dürkheim Philipp Schneider, 40 J. alt. 
In Arzheim Philipp Heinrich Schäfer, 45 J. alt. 
In Ilbesheim Georg Jahraus, 27 J. alt. In 
Barbelroth Katharina Wastjer, 25 J. alt. In 
Queichhambach Georg Bosch, 73 J. alt. In Erlen⸗ 
hrunn Louise Wilhelm, geb. Wohlleben, 63 J. alt. 
— In Gauersheim Helene Bloch. In Lichtenbruch 
Flisabetha Bardens, geb. Feth, 71 J. alt. In 
daiserslautern Sigmund Koͤster, 19 J. alt. In 
dochspeyer Elisabetha Schneider, geb. Franzmann, 
37 J. alt. In Weisenheim Herr Lehrer Jakob 
Hoffmann, 67 J. alt. In Lambsheim Frl. Marie 
Hubing, 94 J. alt. In Hornbach Karl Helffenstein, 
Pfarrer. 
tür die Redaktion verantwortlis · — Demer. 
RPuxkin und Resberzietherstoffe für 
derren⸗ und Knabenkleider, garantirt reine 
Wolle, nadelfertig, ca. 140 Centimeter 
breit «c Mk. 2.35 per Meter, 
versenden in einzelnen Metern, sowie ganzen Stücken 
portofrei in's Haus Oettinger u. Co, Frankfurt 
a. M., Buxkin⸗Fabrik⸗Depot. — Direcler Versandt 
an Private. Muster⸗Collectionen bereitwilligst franco. 
Deutsche Hypothekenbank in Mei— 
ningen, 4 pCEt. Pfandbriefe. Die nächste 
Ziehung findet am 1. April statt. Gegen den 
Foursverlust von ca. 1 pPCt. bei der Rusloosung über⸗ 
nimmt das Bankhaus Carl Neuburger, Ber⸗ 
lin, Französische Straße 13, die Ver⸗ 
icherung für eine Prämie von 4 Pf. pro 100 Mark. 
— Eine angenehme Ueberraschung bereitet die 
Illustrirte Frauen-Zeitung ihren Abonnenten durch 
die bedeutende Erweiterung, welche das Blatt — 
zetzt wöchentlich erscheinend — unter seinem 
neuen Titel „Die il lustrirte Zeit“ erfahren 
hjat. Der Titel ist charakteristisch gewählt, denn 
zie hervorragenden Zeitereignisse aus aller Welt 
yorzuführen, hat das Blatt sich zur Aufgabe gestellt. 
Sleich die beiden ersten, überaus reich illustrirten 
stummern geben hiervon den redenden Beweis. Von 
Berlin bis nach Nord- und Südamerika erstreck 
ich der Bereich der Abbildungen, wobei allerdings 
die deutsche Reichshauptstadt im Vordergrunde steht: 
Dder Hofball im königlichen Schlosse, Die Wahlbe⸗ 
vegung, Der Brand des Continental⸗Hotels, Der 
Abbruch des Mühlendammes find in markanten 
Bildern veranschaulicht. Unter der Fülle der übri⸗ 
jen Abbildungen haben besonderes Interefse die 
Scenen aus dem irischen Pachtkriege und aus Emin 
JVascha's Aequatorial⸗Provinz. Originell an diesen 
Zeitbildern“ ist die Erlauterung gleich unter der 
darstellung, wodurch das lästige Rachschlagen im 
Text vermieden wird. Außer ihren sonstigen Illu⸗ 
irationen, Kunst⸗Holzschnitten u. s. w., bringt jede 
Lummer der „Illustrirten Zeit“ vier Seiten solcher 
Zeitbilder, wozu sich noch drei weitere Seiten der⸗ 
elben für die „Große Ausgabe“ gesellen, — eine 
llustrirte Chꝛonik der Gegenwart, wie sie so reich⸗ 
jaltig von keinem anderen Blatte geboten wird. 
Inhaltlich ist die „Illustrirte Zeit“ gegenüder der 
rüheren Frauen⸗Zeitung unverändert, nur mit dem 
anterschiede, daß auch hier bedeutend mehr geboten 
und der Schwerpunkt, neben den Romanen und 
Robvellen, auf die Erscheinungen der Gegenwart ge⸗ 
legt wird. Die speziell den Frauen gewidmeten 
Rubriken mit ihren praktischen Fingerzeigen für den 
Hhaushalt sind vollinhaltlich erhalten geblieben, und 
wie der früh⸗eren Frauen ˖Zeitung, so wird auch der 
„Illustrirten Zeit“ die „Modenwelt“ in ihrem 
dollen Umfange beigegeben. Besonders ist noch zu 
erwähnen, daß diese Erweiterung und illustrative 
Bereicherung des Blattes ohne jede Preiserhöhung 
tattfindet.