Full text: St. Ingberter Anzeiger

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königl. * ichts St. Ingbert. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerich . Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungß⸗ 
GBlati und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 14 60 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1A 7TB4, einschließlich 
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Ms 7. 
Sonntag, 9. Januar 18871. ?6 
22 Jahrg. 
Deutsches KRteich. 
Muͤnchen, 6. Januar. Der Staatsminister 
des Innern Freiherr von Feilitzsch hat am 5. Jan. 
die zun ersten Sitzung zusammengetretene Flurbe⸗ 
reinigungs Kommission mit einer feierlichen An⸗- 
sprache dersönlich begrützt und die wichtigen Auf⸗ 
gaben dargelegt, deren Lösung bei der Flurbereinig⸗ 
ung in Frage kommt. Die Kommission befindet 
sich bereits in vollster Thätigkeit, da schon eine 
Reihe von Anträgen auf Einleitung von Flurbe⸗ 
reinigungs · Unternehmungen aus verschiedenen Re⸗ 
gierungsbezirlen eingekommen iss. Die dermalen 
aus funf Mitgliedern bestehende Kommission wird 
übrigens sofort durch entsprechende Vermehrung des 
technischen Personales verstärkt, sowie dies durch 
Zunahme der Flurbereinigungs · Unternehmungen 
veranlaßt erscheint. — 
Berlin. Es heißt. der Reichskanzler werde 
sicherlich bei der zweiten Lesung der Militärvorlage 
das Wort ergreifen und in den allernächsten Tagen 
hier eintreffen. 
Berlin, 6. Jan. Der Bundesrath hielt heute 
keine Plenarfitzung, dasür haben die zuständigen 
Ausschusse uͤber die Vorlage, betr. die Unfallver⸗ 
ficherung der Bauhandwerker, berathen. — Die 
Kreuzzeitung“ weist darauf hin, daß seitens Ruß⸗ 
lands mit größtem Eifer die Fertigstellung von 
Bahnlinien, namentlich der Linie nach Riga, also 
gegen Deuischland, bettieben wird, was auch als 
militärische Vorbereitung gelten mußz. 
Berlin, 7. Jan. Aus Frankfurt a. M. wird 
der „Voss. Ztg.“ gemeldet, Prinz Alexander von 
Battenherg wird infolge höheren (zweifellos eng⸗ 
lischen) Wunsches eine mehrmonatliche Reise nach 
Egypten unternehmen. — Nach der heutigen 
„Nat.⸗Zig.“ wird der Bundesrath seine nächste 
Plenarsitzung erst in 8 Tagen abhalten. — Dem 
„Berl. Tageblatt“ zufolge nimmt die agrarische 
Bewegung iu Deutschtand zu. — Aus Paris wird 
gemeldet, daß man mit dem Versuch des neuen 
Sprengloffes Milinit gute Sprengergebnisse erziele. 
Berlin, 7. Januar. Die Miluärkommission 
genehmigte in ihrer heute Mittag abgrhaltenen 
Sitzung den vom Abg. Huene erstatteten Bericht. 
Letzterer wird heute bereits gedrucht und sofort ver⸗ 
theilt. Die zweite Lesung im Plenum findet that⸗ 
sächlich Dienstog stait. 
diese Woche beim Wursistehlen ertappt. Die Unter⸗ 
uchung stellte nun folgendes heraus: Bei zwei 
Jiefigen Metzgern hatten diese Bürschchen schon 21 
gesuch⸗ gemaͤcht und jedesmal gestohlen. Sie hießen 
janze Kränze von Wuͤrsten, lange Lionerwürste und 
pgar Schwartenmagen mitgehen. Die Diebstähle 
vuͤrden recht raffiniert ausgeführt. Der eine dieser 
delden lief durch den Laden in das Zimmer des 
Hetzzers, (so daß dieser nicht herausbrauchte) und 
ragte, ob es Wurstsuppe gübe. Währenddessen 
ängte der andere die Würste ab und lief davon 
diernach wurde geteilt. Hofsentlich können diese 
uͤgendlichen Verbrecher in einer Besserungsanstal⸗ 
vieder auf den rechten Weg zurückgebracht werden. 
— Kaiserslautern, 5. Jan. Heute tagtt 
»ahier die von der Bankfirma Joseph Kehr einbe⸗ 
rufene Generalversammlung. Die von der Firma 
»urch Herrn Rchisanwalt Neumayher vorgeschlagene 
reiwillige Liquidation wurde von der Versammlung 
cceptitt und 80 pCt. als sicher in Aussicht gestellt. 
Zum Liquidator wurde Herr Rechtsanwalt Kölsch 
rnannt und demselben die Herren Buchhalter 
Böhm, Holzhändler Oberländer und Banauier Max 
dehr beigegeben. 
— Wohl in Folge des Konkurses des Bank—⸗ 
jauses Kehr in Kaiserslautern hat die Landes 
yrodukten⸗Handlung Emanuel Strauß in Ludwigs⸗ 
jafen ihre Zahlungen eingestellt und ladet ihre 
Gläubiger zu einer Veraleichsversammlung ein. 
und die unterschlagenen Waaren zu Schleuderpreisen 
an Händler verkauft zu haben. 
7 Frankfurt a. M., 6. Jan. Der Prozeß 
gegen die verhafteten Sozialisten wegen Vergehens 
gegen 88 128 und 129 (Theilnahme an geheimer 
Verbindung) dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach am 
17. d. M. vor hiefiger Strafkammer stattfinden. 
Angeklagt sind 36 Personen.“ Die Verhandlungen 
werden 4 Tage in Anspruch nehmen. 
(N. B. L.) 
4 Fürst Alexander von Battenberg 
wird den Rest des Winters in Meran verbringen. 
F Wurzburg, 5. Januar. Ein früherer 
Ztudirender der hiesigen Hochschule, Dr. Rüb von 
—X 
uszuwandern, um dort die ärztliche Praxis aus⸗ 
zuüben. 
Was zu einem modernen Tronsseau gehoͤrt. 
In Paris vermählte sich, wie man der „W. Allg. 
Ztg “von dort schreibt, ein spanischer Kavalier 
mit einer jungen Dame der Aristokratie. Einen 
Tag vor der Hochzeit kam der glückliche Bräutigam 
in Gesellschaft einiger Freunde, den ausgeftellten 
Teouss au zu besichtigen Inmitien von Perlen, 
Spitzen und anderen Kostbarkeiten sah er eine ver⸗ 
schlossene Kassette, welche die Braut, wie sie sagte, 
jür alle Fälle angeschafft, und deren Inhalt sie 
erst nach langem Bitten der Befichtigung preisgab. 
In rosige Watte gebettet, lagen — ein sechsläufiger 
Nebolver, ein spannisches Dolchmesser und eine Liter⸗ 
flsche Vitriol. „Das ist für Dich, wenn Du mich 
einmal nicht mehr lieben solltest,“ meinte mit reizen⸗ 
dem Lächeln die hoffaungsvolle junge Braut zu 
ihrem Zukünftigen. F 
7 Paris, 5. Januar. Nicht blos hier, 
rondern auch in Nizza ist Alles mit Schnee bedeckt. 
Desgleichen wird aus Madrid telegraphitt: „Reiche 
licher Schnee fällt ian Alutkastilien. Die Züge vom 
Norden triffen verspätet ein.“ In Burgos fi⸗l das 
Thermometer auf 18 Grad unter Null (wohl Cel⸗ 
sius). Nach der Madrider „Correspondencia“ sind 
in Madrid in Folge der rauhen Witterung 3000 
Personen erkrankt.“ 
F Aus England. Dem berühmten In⸗ 
genieur James Watt, dem Erfinder der Dampf⸗ 
maschiene, soll ein Greenock, seiner Vaterstadt, ein 
Standbild errichtet werden. 
7 Deuische als japanische Hofbeamte. Als Hof⸗ 
meister und Hofmeisterin am japanischen Hofe wer⸗ 
den sich, wie die öffiziöse Wiener Polit. Korresp.“ 
bestätigt, Herr und Frau v. Mohl, der deutsche 
onsul in Petersburg uud dessen Gattin, im Früh⸗ 
jahr nach Japan begeben. 
Fffene Fenster.) Vielfach ist die Anficht 
verbreitet, daß es der Gesundheit zuträglich sei, 
auch im Winter während der Nacht die Fenster 
offen zu halten. Hierüber veröffentlichten seiner 
Zeit die „Ind. Bl.“ einige Bemerkungen, die Herr 
Dr. Virchow gelegentlich eines Vorttages machte, 
und an welche zu erinnern wir nicht für unpassend 
jalten. „Das Ausströmen verdorbener Luft erfolgt 
nur bei Verschiedenheit der Temperatur, es unter⸗ 
dleibt, wenn die kalte Außenluft auch bereits das 
Zimmer erfüllt. Dann können jedoch bedenkliche 
Ktrankheitserscheinungen eintreten und manche Per⸗ 
sonen haben an dieser irrigen Ansicht schon ihr 
Leben eingebüßt. Uebrigens findet eine Ventilation 
auch bei geschlossenen Fenstern statt, nämlich durch 
die Wände, und selbst durch die dicksten Wände. 
Ein Berliner Architelt hat neuerdings Versuche in 
dieser Beziehung angestellt,. dieselhen baben ergeben. 
Vermischtes. 
F Merzig, 6. Jan. Eine erschütternde Nach— 
richt ging heute früh von Mund zu Munde unserer 
Finwohnerschaft. Der allverehrte und geachtete 
Herr Notar Franken wurde heute Morgen gegen⸗ 
uͤber der Irrenanstalt in den Fluthen der hoch— 
g henden Saar als Leiche gelandet. Näheres über 
den bedauerlichen Unglücksfall ist nicht bekannt. 
F Ein schreckbiches Unglüc ereignete 
sich, nach der „Metzer Zig.“, am Mittwoch früh 
ruf dem Fott St Quentin bei Matz. Herr Unter⸗ 
rehmer Weiß auf St. Georges hat dort die An—⸗ 
lage einer Kriegsstraße übernommen. Augenblick 
lich ist man damit beschäftigt, die Felsen mit Dy⸗ 
namit zu sprengen. Bei der herrschenden Kältt 
st es nothwendig, daß das Dynamit vorher auf⸗ 
jewärmt wird, was in einer besonders dazu einge⸗ 
cichteten Maschine zu geschehen hat. Mit dieser 
Aufgabe war ein erprobter Minenarbeiter, Julius 
Massy aus Chätel, betraut, der schon 20 Jahre 
mit diesem gefäyrlichen Werkzeug umgegangen ist 
Als Hülfe waren ihm zwei Arbeiter brigegeben, 
ein Schmiedegeselle und der Lehrling Leon Michel 
aus Lorry. Es scheint nunmehr, daß die Arbeiter 
aicht mit gehöriger Vorsicht zuwerke gegangen sind, 
)enn plötzlich explodierte das Dynamit und zer— 
rümmerte die Bretterbude, in welcher das Auf 
värmen geschah, auseinander. Aber noch ein 
chrecklicherer Anblick bot sich den Herbeieilenden 
»ei näherem Zusehen. Der Körper des Julius 
Massy war nämlich in Stücke zerrissen und die 
inzelnen Glieder lagen zerstreut umher. Der Arme 
ist verheirathet und Vater von 5 Kindern. Der 
weite Arbeiter, ein Schmiedegeselle, ist ebenfalls 
jodt, jedoch ist die Leiche nicht verstummelt. Der 
Lehrling Leon Michel erlitt schwere Verletzungen, 
lebt aber noch. 8 —2 
F Vor einigen Tagen erfolgte in Karlsruhe 
die Verhaftung einiger Sergeanten, welche unter 
)em Verdachte stehen, in den Militärdepots um— 
assende Unterschleife von Militäre-Effekten verübs 
Ausland. 
Wien, 6. Jan. Dem heutigen Diner beim 
Kaiser wohnten die Botschafter Ruklands und 
Frankreichs bei. 
Paris, 6. Januar. Der deutsche Botschafter 
Graf Munster besuchte heute nach einander Grevy, 
Flourens und Goblet und reiste dann zu mehr⸗ 
tägigem Aufenthalt nach Cannes. — Die Börse 
war heute schwach auf das Gerücht hin, Deutsch- 
land habe die Pferde⸗ A usfuhr verboten. 
Paris, 7. Jan. Der „Intransigeant“ ver⸗ 
zeichnet die Absicht Grevy's, zu demissioniren; bei 
dem Wiederzusammentrit der Kammer werde er Freyci⸗ 
net als seinen Nachfolger empfehlen. Ein Mini⸗ 
tterium Ferry werde die Kammerauflösung herbei⸗ 
führen.. 
Lakale und pfälzische Nachrichten. 
GO St. Ingbert. Wie weit unsere Jugend 
auf dem Wege des Verderbens vorgeschritten ist, 
ersehen wir aus einem Beispiel, das eben hier 
pielt. Zwei Schüler des 3 Schuliahres wurden