Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
de „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich füufmal: An Moutag, Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sountag; 2 mal woͤchentlich mit Unterhaltungs 
lat und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1. 60 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1. 73 4, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunst ertheilt, 18 4, Neklamen 80 —. Bei Amaliger Einrucung wird nur dreimalige berechnet. 
Sonntag, 20. März 1887. 22. Jahrg. 
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Deutsches Reich. 
Berlin, 16. Marz. Der „Reichsanzeiger“ 
uublizirt das ‚auf Grund des Sozialistengesetzes 
folgle Verbot der Fachvereine der Metallarbeiter 
id der Maler, Lackirer und Vergolder Münchens. 
Berlin, 18. März Der Bundesrath sprach 
ei der gestrigen Ablehnung der Entschädigung un⸗ 
quldig Verurtheilter in einer Art Resolution die 
hofnung aus, daß die Einzelstaaten Mittel ge⸗ 
hren würden, um in besonderen Fällen im Gna⸗ 
enwege Entschädigung zu gewähren. 
Berlin, 18. März. Der Nationalzeitung 
zitrd aus Petersburg depeschirt, daß dort sehr be⸗ 
netit wurde, daß das ganze Schwergewicht der 
euen deutschen Regimenter an die Westgrenze ge⸗ 
eqt werde. 
Dert „N. Fr. Pr.“ wird aus Paris ge— 
neldet. Rußland habe vor acht Tagen einen er⸗ 
zeuten Versuch gemacht, Frankreich zu einer Alli⸗ 
z auf bestimmte Punkte hin zu bewegen. Der⸗ 
elbe habe zwar nicht in dem russischerseits ge⸗ 
bünschten Maße zur Ausführung kommen koönnen, 
tußland dürfe aber von dem französischen Kabi— 
ret erwarten, letzteres werde in den meisten Fragen 
ine Uebereinstimmung mit der rusischen Politik 
arihun. Die Haltung im Falle eines Krieges 
i einer speziellen Uebereinkunft vorbehalten. 
ehcinet sei jetzt auch bereits für die Anschauungen 
et rusfischen Politik gewonnen. 
Die Zuverlässigkeit dieser auffallenden Nach-⸗ 
chten läßt fich nicht kontroliren; aber so viel 
heint sichet, daß Rußlands Politik darauf ge⸗ 
chtet ist, Deutschland zu isoliren. Dahin deuten 
amentlich die Bestrebungen, mit Oesterreich auf 
wmen besseren Fuß zu kommen. Die Reise des 
ürsten Lobanow nach Petersburg dient, wie dem 
dempz“ aus Wien geschrieben wird, haupisächlich 
esem Zwecke. Fürst Lobanow sei mit dem Erz⸗ 
tjog Albrecht befreundet, der besonders für freund⸗ 
he Beziehungen mit Rußland ist und auf dessen 
ischauungen Kaiser Jofeph großen Werth legt. 
uß Ziel sei, gegenseitige Freiheit der Aktion zu 
zaffen, die nicht durch gegenseitiges Mißtrauen 
hemmt werden soll. Eine Annaͤherung dieser 
tsei durch die Haltung Ungarns erleichtert. (D 
jegen andere durchreisende Franzosen große Liebens⸗ 
vürdigkeit gezeigt und während der Kriegszeit fich 
im die gesfangenen nud verwundeten Franzosen 
niele Verdienste erworben habe. Herr v. Lessep; 
ügte hinzu, daß die Angriffe der Blätter ihm 
ollständig gleichgiltig seien. 
Madrid, 17. März. General Cordova ist 
iach Berlin abgereist. Derselbe wird dem Kaiser 
Wilhelm ein Glückwunschschreiben der Königin- 
stegentin überreichen. 
Petersburg, 17. März. Unverbürgte dunkle 
herüchte wollen von einer in einer Stadt der 
nneren Gouvernements ausgebrochenen, aber unter⸗ 
rückten Revolte wissen. 
als Sieger hervorgegangen. Eingelaufen waren 
'm ganzen 92 Lieder; die Betheiligung an der 
donkurrenz war namentlich an den süddeutschen 
Iniverfitäten eine lebhafte. Das preisgekrönte Lied 
zeginnt mit den Worten: „Auf deutsches Volk, 
aß hell die Glocken klingen, von Thurm zu Thurm 
m weiten Vaterland“ u. s. w. Gesungen wird 
s nach der Melodie: „Wo Muth und Kraft in 
eutschen Seelen flammen“. 
fFKonstanz, 16, März. Bei dem jetzigen 
liederen Wasserstande werden am Ufer des Ueber⸗ 
inger Sees wieder Ausgrabungen von Pfahlbau⸗ 
en angestellt und insbesondere in den Staltionen 
Bodmann und Sipplingen schöne Funde gemacht, 
arunter gut erhaltene Thongefäße. Steinbeile mit 
Beweihhandhaben, Feuersteinpfeile, Pfriemen, Na⸗ 
seln, Beilchen und Hämmer aus Horn und Ge⸗ 
veih, Werkzeuge aus Holz, ferner Schmuckgegen⸗ 
taände aus Thon und Bronze und drgl. Die Funde 
vurden größtenteils für das kulturhistorische Kabinet 
n Ueberlingen und für das Museum in Konstanz 
⸗xworben. 
FWas Kriege kosten. In recht zeitge⸗ 
näßer Weise verdffentlicht das Wiener Monatsblatt 
Rundschau für Geographie und Statistik“ ein 
Berzeichnis über die Kriegskosten. Die erste Zahlen⸗ 
eihe bezeichnet den Verlust an Menschenleben, die 
weite Reihe die Ausgaben in Millionen Mark. 
ezrimkrie... 70000 7900 
Italienischer Krie.. 458000 1200 
dänischer Krieg.. 3000 140 
Ameritanischer Bürgerktieg 800000 28000 
Mexiko, Tonkin und China 65000 800 
Deutscher Krieg von 1866 45000 1320 
drieg von 1870: Frankreich 1336000 12000 
.. Deutschland 69900 — 
Serbischer Krieeg... 25000 700 
stussisch⸗türkischer Krieg.. 250000 43800 
dapkrieegeg 30000 85 
Afghanischer Krieg. .. 238000 53 
Summa: 2262000 56648 
Mann. Mill. Mark 
F Die Steinbrucharbeite in Soignies 
haben Ausstand gemacht. Ein Bataillon Jaäager ist 
von Mons dorthin aufgebrochen, die übrigen 
in Mons garnisonierenden Truppen find auch 
narschbereit. 
* Mord und Selbstmord. In Tou⸗ 
on hat der Kapellmeister des Grand⸗Theater eine 
Zängerin erschossen und sich selbst von einem 
Fisenbahnzug überfahren lassen. 
xFuür die Pariser Weltausstellung 
im Jahre 1889 haben bekanntlich die Regierung 
die Munizipalverwaltung und die Garanien des 
Zuschußkapitals gemeinschaftlich Kommissionen fur 
die einzelnen Kategorien der Ausstellungsobjekte 
zu ernennen. Die Künstler scheinen indessen mit 
dieser Maßregel nicht zufrieden zu sein. Sie haben 
ꝛine Petition an den Minister des Innern einge⸗ 
zeicht, in welcher sie um die Berechtigung nach⸗ 
uchen, ihre Kommission und gleichzeitig ihre Jurh 
allein zu erwählen. Wahrscheinlich flößt ihnen die 
darinackigkeit der Regierung, mit welcher diese an 
»em Projelte des Eiffelthurmes festgehalten hat, 
Bedenken über den Standpunkt derselben Kunsifrage 
zegenüber ein. Im grellen Widerspruch übrigens 
nit der Zusammenberufung der Indufiriellen und 
dünstler aller Nationen wiederholen fich in letzter 
zeit sehr häufig die Fälle, in welchen der nalio⸗ 
ale Exklusivismus der Franzosen — von den Be— 
Lokale und pfalzische Nachricten. 
*St. Ingbert. Auch hier wird der 90. 
Zeburtstag unseres allverehrten Kai sers Wil⸗ 
eIm morgen in würdiger Weise begangen werden. 
zm Saale von Oberhauser findet ein Bankett 
att, welches durch Liedervorträge des Vereins 
Gemüthlichkeit“, sowie durch musitalische Vorträge 
er gesammten Bergkapelle verherrlicht wird. Ver 
chiedene Vereine, so der Kriegerverein, Gemüth⸗ 
ichkeit u. a. haben ihre Mitwirkung bereits zuge⸗ 
agt, und verspricht die Feier eine des Festes 
pürdige zu werden. Der Eintritt zu dem Bankett 
st jedermann freigegeben. 
* St. In gbert, 19. Marz. Ueber die 
der N. Bad. Landesztg. in Mannheim entnommene 
Ilarwirende Nachricht von einer sehr ungünstigen 
VPendung in dem Befinden S. M. des Königs 
Itto, wird der „Pf. Pr.“ aus München geschrieben, 
aß nach eingezogenen Erkundigungen an wohl⸗ 
interrichteter Stelle die fragliche Meldung voll⸗ 
tändig aus der Luft gegriffen sei, daß in dem 
Zustande Seiner Majestät eine Wendung zum 
Schlimmern nicht eingetreten ist, der Zustand sich 
nielmehr gleich bleibt. 
* Si. Ingbert, 19. März. Die vergan⸗ 
jene Nacht war die kälteste in diesem Winter. 
Im 8 Uhr gestern Abend zeigte das Thermometer 
1u/39 R. Kalte, um 12 Uhr 00, heuie morgen 
im Jl Uhr 100 und um 8 Uhr 110 R., um 4 ühr 
jatten wir 10 und um 5 Uhr noch 90 Kaälte. 
Ausland. 
Haris, 17. März. Herr v. Lesseps wird von 
steren Blättern wegen der Widmung, die er 
m französischen Vizekonsul Brandt in Köln auf 
ine Photographie geschrieben hat, heftig angegrif 
.Er erklärte einem Redakteur des „Voliaire“, 
dwer den Wortlaut der Widmung vollständig 
stecht halte. Alles weise Frankreich auf ein 
ammengehen mit Deuischland an. Wenn Frank⸗ 
Deutschiand zu Anfang des Jahrhunderts und 
uhchland Frankreich jehzt besiege habe, so fei es 
n Grund, daß das so weilergehen müsse. We⸗ren 
nen Rachbarschaft und der gemeinfamen Interessen 
n beide Nationen nalürliche Freunde. Auch 
mland sei ein Freund Frankreichs, sicher aber 
nnatürlicher Freund. Fuͤrst Bizmarck habe ihm 
sgt Wenn wir unsere Kräfte vereinigen, 
dwit die Herren der Welt Riemand wird 
en. fich an uns zu vergreifen, und gemeinsam 
d ohne Hintergebanken würden wir an dem 
ahshtin der Cidiisanon arbeiten lonnen In 
wa auf den gleichfalls angegriffenen Vizekon— 
enerkt Herr von Lesseps, daß Herr Brandt, von 
mnaität ein Deutscher, gegen iyn sowie auch 
Vermischtes. 
F St. Wendel, 17. März. In seiner 
VPohnung in Marpingen beging der frühere Berg⸗ 
nann und Knappschaftsälteste Peter Brill heute 
dachmittag einen Doppelmord. Mit der Jagd⸗ 
linte schoß er seiner Frau eine Schrotladung durch 
»ie Brust, worauf ihr Tod sofort erfolgte, legte 
ich dann zu Bette und machte durch einen zweiten 
„chuß aus der Flinte auch seinem Leben ein Ende. 
ducch Trunksucht nach und nach herabgekommen, 
nißhandelte der früher so geachtete Mann häufig 
eine Frau, weßhalb er s. Z. eine zweimonatliche 
gefängnißstrafe zu verbüßen hatte. 
München, 16. März. Wegen eines 
bfennigs hat dieser Tage der Tapeziergehilfe 
„tadtler den Spenglergehilfen Riedl geloͤdtet. 
ẽrsterer verlangte von Letzerem zur Ergänzung 
)es Betrages für eine Maaß Bier einen Pfennig, 
oas dieser verweigerte. Darauf entstand eine 
stauferei, in deren Verlauf Riedl todtlich ver⸗ 
vundet wurde. 
F Aus dem Wettbewerb um das 
reisslied, das am Kommers zur Feier des 90. 
zeburtstages des Kaiser gesungen werden soll, isf 
err stud. theol. Johannes Przygode in BVerlin