Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anmzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2 mal woͤchentlich min —E 
zlatt und Sonntags mit Bseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1.M 60 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen I.M 75 4, einschließlich 
10 ¶ Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheill,15, Neklamen 30 . Bei 4maliger Finrückung wird nur dreimalige berechnet. 
u8. 
Bolitische Uebersicht. 
Die zweite Lsunng der Militärvorlage 
im Plenum des Richstages wird, wie jetzt feststeht, 
im Dienstag beginnen und voraussichtlich mehrere 
Tage in Anspruch nehmen. Am Samstag Abend 
raf der Reichskanzlher mit Gemahlin in Ber⸗ 
in ein und an seinem Eingreifen indie Debaite ist 
wvohl nicht zu zweifeln. Das Befinden des Fürsten 
tBismarck soll ein ganz befriedigendes sein. Nach 
ffiziöser Versicherung ist man übrigens in maß 
jebenden Kreisen entschlossen, für den Fall, daß 
ine Verständigung mit dem Reichstage nicht mög⸗ 
ich sein sollte, schon vor dem Zusammentritt des 
neuen Reichstages sofort mit der Bildung der 
Fadres zu beginnen, d. h. das Militärgesetz durch⸗ 
uführen trotz mangelnder Vereinbarung mit dem 
steichstage. Die Neuwahlen würden beschleunigt 
ind dem neuen Reiwstage alsbald ein Indemnitäts⸗ 
zesetz unterbreitet werden. Sollte sich diese ge⸗ 
vchtige Nachric bestätigen, lo würde dadurch die 
Schlußfolgerung der Opposition, eine Auflösung 
»es Reichstages spreche für die Friedlichkeit der 
dage, allerdings kläglich zu Schanden. Möglicher⸗ 
veise handelt cs sich aber bei jener Nachricht doch 
nur darum, auf die gegnerischen Varteien einen 
Druck auszuuben. Der nächste Dienstag wird, dar⸗ 
iber Aufschluß bringee.. 
Die „Germania“ hebt hervor“ alle Katholiken 
reien friedfertig · gesinnt und wünschten keinen Kon⸗ 
likt mit der Regierung, also auch keine Auflösung 
R8 Reichstages. Noch sei Hoffnung vorhanden, 
nuf eine Verssäündigung über die NMilitürvorlage, 
v nn Fürst Bismard eingreife. In jedem Faile 
ei aber das Pulver trocken zu halten. — das 
zouvernementale,Deutsche Tageblatt“ warnt das 
Lennum vor Halsstarrigkeit.:Es stehe“ jetzt am 
Scheidewege und die Rgierung werde nicht siolpern 
über juristische Zwirnsfaäden in der Ausuübung ihrer 
Bfücht für die Sicherheit des Staates zu sorgen. 
Ueber das internationale Abtommen 
ür den Fall von Arbeiter Uruhen wird 
»er „Rhein. Westfäl, Ztg.“ aus Brussel geschrieben: 
bor einigen Tagen hade ich Ihnen die telegraphische 
Mitteilung gemacht, daß zwischen Deutschland, Bel⸗ 
jien, Frankreich. Holland und Luxemburg Verhand⸗ 
ungen wegen gemeinsamer Vorsichtsmaßregeln im 
Falle von Arbenerunrnhen schweben. Der Pariser 
Temps“ und das „Journal de Bruxelles“ heide 
fizwse Blatter haden merkwürdiger Weise diese 
Rachricht in Abrede gestellt, offenbat des halb, weil 
as B kanntwerden derselben den Regierungen dvon 
haris und Brüssel nicht angenehm war. Heute 
aßt fich aher dieses Dement nicht mehr aufrecht 
jalten. da der luxemburgische Justizminister Eischen 
n der Kammer ganz bündige Erklaͤrungen abgege⸗ 
en hat. Wir erfahren aus denselben, daß Anfaugt 
Dezemoer. die Vertreier Deutschlands, Frankreichs, 
Zelgiens, Hollands und Luxemburgs in der Stadi 
urxemburng zusammentraten um ein Abtommen zur 
Iuftechterhaituug der staatlichen Sichetheit in Fallen 
·on Arbeitrrunruhen zu deraihen. Naͤheres ist über 
dieses Ablommen, dessen Zustandelommen ohne die 
krllärungen des lurx⸗mburgischen Minißers wahr⸗ 
Hemlich verh⸗imlicht geblieben waͤre, nicht bekannt. 
ẽs ist jedoch absolut ausgeschlofssen, daß dasselbe, 
vie man hier meint, irgend weiche Bestimmungen 
zegen den Sozialismus ais solchen enthält. Denn, 
venn die Lux mourger Besprechungen zu einem 
ʒimlichen Staatsbertrage gefuhrt batten, dann wäre 
a die Einwilligung der Parlomente notbwendig 
seworden. Es handelt sich vielmehr vahrscheinsig 
Montag, 10. Januar 18853. 
22 Jahrg. 
im einzelne Vorbeugungsmaßregeln, welche das 
dinübergreifen der Unruhen auf ein fremdes Gebiet 
erhindern sollen. Offenbar übernahmen die vor⸗ 
rwähnten Staaten die Verpflichtung einer strengen 
grenzbewachung. 
Die bulgarische Deputation ist gestern von Lon⸗ 
on nach Paris abgereist. Der „Daily News? 
ufolge hätte die Depurtion sich mit einer Kandi⸗ 
atur des Herzogs von Leuchtenberg einver⸗ 
tdanden erklärt. 
Das Gerücht von der Erschießung des Herrn 
yon Villaume durch den Zaren, dessen Urheber⸗ 
chaft bekanntlich den Potsd. Nachr.“ eine Straf⸗ 
jerfolgung zugezogen hat, erfährt nun noch durch 
ein Telegramm des Petersburger Korrespondenten 
zer „Köln. Ztg.“ ein Dementi, welches auch den 
etzten Zweifel, ob in dem Gerüchte nicht doch „ein 
doͤrnchen Wahrheit? stecle, beseitigen muß. Hiernach 
'and am Donnerstag in Gatschina eine Tafel siatt, 
u welcher auch Herr von Villaume geladen war. 
Bährend derselden trat der Kaiser an Herrn von 
gillaume heran, reichte ihm sehr freundlich die 
Oand und sagte scherzend, er freue sich, ihn so 
vohl zu sehen, „nachdem er ihn erschossen habe!“ 
mordung deutscher Händler mehrere Dörfer in 
Brand steckten. Ein Eingeborener wurde getöͤtet. 
— —2 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
s. St. Ingbert, 10. Januar. Das gestern 
Abend von der „Harmonie“ veranstaltete und von 
her Zweibrücker Militärkapelle ausgeführte Konzert 
m Horst'schen Salchen nahm einen recht schönen 
Berlauf. Die Konzertierenden führten ihr reich⸗ 
jaltiges und gut gewähltes Programm recht wacker 
zurch, ja ihre Leistungen können in Anbetracht des 
ugendlichen Alters genannter Kapelle als sehr gute 
hezeichnet werden. Zum Schlufse belustigten sich 
die Anwesenden durch ein Tänzchen, an welchem 
Alt und Jung in vergnügter Stimmung theil⸗ 
nahmen. 
— Mit dem neuen Jahre gibt es auch eine 
Reuerung im Gewicht und Gemäß, die für manchen 
leinen Kaufmann und Krämer recht störend sein 
vird. Vom 1. Januar an werden nämlich keine 
Pfundsteine mehr gestempelt, welche nicht vorher 
chon einen Stempel von einem früheren Jahrgang 
ragen.“' Die Steine jedoch, welche gestempelt find, 
jaben noch Giltigkeit bis 1. Januar 1896. Ferner 
verden die */8, sre, und Nas Literbleche nicht 
nehr geaicht, wenn sie nicht schon einen Aichstempel 
zon einem früheren Jahre tragen; auch bei ihnen 
auert noch die Giltigkeit bis 1. Jan. 1896. An 
Stelle dieser Halbirungseintheilung kommt die 
dezimaleintheilung und es gibt als geues Gemaͤß 
3,2 Ujs Liter, O, 1 Aro Liter, O, ob nao 
diter, O,02 240 Litec und 0, 01 Nioo 
ziter. Diese neuen Gemäße haben auch eine andere 
Form: bei den alten stand der Durchmesser zwei⸗ 
nal zur Höͤhe und bei den neuen sind Durchmesser 
uind Hoͤhe sich gleich. *4 Liter, ijz Liter und 1 
diter bleiben vorderband unverändert. 
— Die Bevöolkerungsziffer Kaiserslauterns, 
welche am 1. Dec. 1885 laut Vollszählung 31452 
betrug, stellte sich am 1. Jan. d. J. auf 33181. 
— In dem zur Ausgabe gelangten 8. Ver⸗ 
zeichnis der beim Reichstage eingegangenen Peti- 
ionen ist unter anderen eine solche von Mahla zu 
dandau und Genossen, welche um Erlaß eines 
Gesetzes bitten, worin die Herstellung von Wein 
— die sogenannte Fabrikation auf kaltem Wege 
— verboten und der Verkauf veränderten Weines 
aur mit der ausdrücklichen Bezeichnung dieser Ver⸗ 
inderung gestattet wird. Ueberxeicht wurde dieselbe 
X 
— Der Staatszuschuß zu den Pfäaͤlzifchen 
Bahnen berechnet sich für das Jahr 1886 auf 
797106 Mt. 
—— 
Deches Reich. w 
Murchen, 9: Januar. Der Prinz⸗ Regent 
hjat den Generalen der Infanterie von Pape, von 
Poigts“⸗ Rhetz und dem Gouverneur von Metz, 
Zeneral · Lieuienant · von Berken das Großkreuz des 
Nilitarverdienstordens, dem Direltor des allgemeinen 
riegsdepartements im Kriegsministerium General⸗ 
dieutenant v. Hanisch und dem Prasidenten der 
Artilletie ⸗Prüfungskommission Generalmajor Sall⸗ 
hach das Großkomihurkreuz, dem Kommandanten 
yon Metz, Generalmajor von Laue, und dem Ab⸗ 
heilungschef für das Remontewesen im Kriegs ⸗ 
ainisteriumn, Oberst Freiherrn von Troschke, 
»as Komthurkreuz und weitern andern Oifizieren 
der preußischen Armee Ritterkreuze desselben Ordens 
verliehen. 
Ausland. 
Wien, 7. Jan. Fürst Alexander soll beab⸗ 
ichtigen, eine große Reise anzutreten, um sich allen 
volitischen Combinationen zu entziehen. In diplo⸗ 
natischen Kreisen verlautet, das Verhältniß zwischen 
Betersburg und Wien sei andauernd in der Beffer⸗ 
ing begriffen, jedoch noch nicht bis zur Eröffnumg 
neuer Verhandlungen wegen der bulgarischen Frage 
jorgeschritten. 
Wien, 9. Jan. Auch Kalnoky's „Fremden⸗ 
zlatt“ bezeichnet in einer offiziösen Note die Meld⸗ 
mng der „Budapester Korrespondenz“ über Anhäuf⸗ 
ing. von Verpflegs· und Monturs⸗Artikeln in den 
Stenz⸗ Territorien als erfunden. Das Blait sagt: 
Die von uns angest Iten Nachforschungen haben er⸗ 
jeben, daß dieser Artikel keiner autoritativen Quelle 
ntstammt. da in maßgebenden Kreisen keine neuer⸗ 
ichen Nachrichten vorliegen, welche die Hoffnung 
zuf Erhaltung des Friedens beeinträchtigen knnten. 
Paris, 8. Jan. Behufs Herfiellung des 
bleichgewichts jim Budget beschloß der Minisierrath 
mter Anderem porrübergehend die Zuckersteuer 1887 
m 20 Prozent zu erhoͤhen. Vom 1. September 
887 wird die den Zuckerfabrikanten bewilligte 
dzrämie herabgesetzgßt. 
London, 8. Jan. Einer Reutermeldung aus 
zrisbane vom 7. Jan. zufolge landete der deuische 
ere uzer „Adler“ Matrosen in New⸗Icland, weiche 
ie Insel durchzogen und zur Strafe für die Er⸗ 
Vermischtes. 
Der Mainzer Carneval hat am Freitag 
seinen offiziellen Anfang genommen. Beim Be⸗— 
reten der Narrenhalle leuchten dem Eintretenden in 
zroßen Buchstaben folgende zwei, nicht mißzuver⸗ 
tehende Sprüche entgegen: 
„Wer nie betreten die Tribüne, 
Der darf ein schiefes Maul nicht ziehen !“ 
und weite::: 
„Den Kritikus, den Strengen, 
Soll bei Geburt man hängen!“ 
fFrankfurt a. M, 8. Jan. In der gesiern 
sachmittag hier statigefundenen Versammlung der 
Faconeisen · Konvention wurde nach der Fr. Zig. 
ine sogleich in kraft dretende Erhoͤhung des Grund⸗ 
„reises von 87 Ml. auf 95 Mk. pro Tonne unter 
geibehaltung der früher festgesetzten Ueberpreis⸗