Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
t „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmalz Am Montag, Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unter haltungs 
jun und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 M 60 2 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 M 75 3, einschließlich 
0 Zuftellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I3 8, Neklamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
WMontag, 4. April 1883. 22. Jahrg. 
Deutiches Reich. 
Nürnberg, 2. April. Der Ausschuß der 
chonalliberalen Landespartei Bayerns wird den 
deiten Ostertag hier zusammentreten, um eine 
rbesprechung für die Landtagswahlen vorzunehmen. 
Berlin, J1. April. Im Laufe des Tages 
ingen dem Reichskanzler überaus zahlreiche per⸗ 
nuͤche, briefliche und telegraphische Glückwünsche 
4. Die Zahl der Telegramme allein überstieg bis 
dittag 300, darunter befanden fich solche vom 
dvnig von Rumänien und vom Köniq von Würt⸗ 
mher 
—* 1. April. Die ‚„Post“ bringt an⸗ 
zlich der Aeußerung französischer Blaͤtter über die 
in dem Beamten des französischen Kriegsministeri⸗ 
ns Egcoller angeblich dem deutschen Militärbevoll⸗ 
aͤchtigten gemachten Mittheilungen einen längeren 
stilel, worin sie ihr Erstaunen darüber ausdrückt, 
iß die Presse eines Landes, von welchem seit 
ihren ein unerhörter Spionendienst auf deutschem 
oden organisirt worden, bei einem Vorgange, den 
mmzosische Blaätter selber als jeder Bedeutung er⸗ 
angelnd bezeichneten, mit beleidigenden An⸗ 
juldigungen und maßlosen Entstellungen nicht 
wückhält. Sie verweist auf die Landesverraths 
rozesse Kraszewski. Jenssens Sarauw, Prohl und 
uf das von dem Pariser Bureau in Deutschland 
ganisirte Spionen⸗Netz, auf die Betheiligung des 
anzosischen Obersten Samuel Vincent an der 
arauw und Konsorten gestellten Aufgabe. Auf 
e von der franzöfischen Presse verlangte Abbe⸗ 
fung des deutschen Militärbebollmächtigten könne 
u mit gleichzeitiger Abberufung des deutschen 
aschafters geantwortet werden. Die „Post“ zählt 
ne lange Reihe anderer Fälle auf, wo Franzosen, 
oft höhere Offiziere, auf Spionendienst in Deutsch⸗ 
nd in flagranti ertappt, indessen aus Rücksichten 
t Versöhnlichkeit geschont wurden: Sie schließt: 
B Spionenwesen welches in französischer Phantasie 
n französischem Boden von Deuischland in's Werk 
eßt wird, wird auf deutschem Boden durch Fran⸗ 
en verwirklicht. 
Berlin, 2. April. Auf Befehl des Reichs⸗ 
ulers soll die Ausweisung des Reichstagsabge⸗ 
dneten Antoine stattgefunden haben. Die Aus⸗ 
esung erstreckt fich nur auf Elsaß⸗ Lothringen. 
ioine lätzt sich in Brüssel nieder. 
Serlin, 2. April. Der Kaiser von Oester⸗ 
J geht zum Regierungsjubiläum der Königin 
loria nach London. — Nach einer Meldung des 
berl. Tagebl.“ aus Petersburg hat Giers über 
lbw gesiegt. — In Lübeck haden gestern bei 25 
wzialisten Haussuchungen statigefunden, angeblich 
erde schwergravirendes Material gefunden. 
berlin, 2. April. Der russische Botschafter 
herlin, Schuwalow, ist heute hier, von Peters- 
bommend, eingetroffen. 
Zerlin, 8. April. Die Nationalzeitung bringt 
* Zuschrift von einer Crispi nahe stehenden 
adalichkeit, welche dieselbe ermachtigt, zu verfichern, 
n Trispi die Allianz Italiens mit den Central⸗ 
ten zur Erhaltung des Friedens billigt. 
der Fortbestand des reichsländischen Staathal⸗ 
often in den Händen des Fursten Hoheniohe 
nde an letztentscheidender Stelle beschlosfen 
Petersburger Nachrichten bestätigen, daß' der 
a sich weigert, zwischen Giers und Katkow eine 
diedene Wahi hudreffen Fur Giers ist ein 
nen Gunstzeichen des Gzaren in Aussich 
en 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* 
*St. Ingbert, 4. April. Die gestern 
stachmittag bei Oberhauser stattgehabte General⸗ 
ersammlung des Obstbauvbereins war leider 
iur schwach besucht. Nach Eröffnung erstattete zu⸗ 
rächst der Rechner, Herr Stadteinnehmer Alt, 
Zericht über den Stand der Kasse. Der Verein 
ählt gegenwärtig 144 Mitglieder. Die Einnahmen 
m Jahre 1886 betrugen 1399 Mk. 99 Pf., da⸗ 
zei ein Anlehen bei dem hiesigen Vorschußverein in 
der Höhe von 700 Mk. und ein Beitrag der Stadt 
nit 100 Mk. Die Ausgaben beliefen sich auf 
1357 Mk. 79 Pf. Es verblieb demnach der Kasse 
in Aktivcest von 42 Mk. 20 Pf. Nachdem die 
dersammlung dem Rechner Decharge ertheilt hatte, 
vurde der bisherige Ausschuß per Aklklamation 
vieder gewählt. Derselbe besteht demnach aus 
olgenden Herren: Pfarrer und Distriktsschulinspektor 
Fercke!: J. Vorstand, Kaminfeger Adt: II. 
Zorstand, Stadteinnehmer Alt: Rechner, Organist 
Voll: Schriftführer, Bäckermeister J. Fries, 
zauptlehrer Hagenbucher und Bahnmeister 
enerr: Beisitzer. Nach Erledigung der innern 
gereinsangelegenheiten ergriff Herr Wanderlehrer 
Fischer aus Zweibrücken das Wort zu einem 
reiviertelstündigen Vortrage, in dem er die Feinde 
»es Obstbaumes aus dem Thierreiche Revue passi⸗ 
en ließ und zugleich recht praktische Rathschläge 
ur Bekämpfung derselben ertheilte. Zu bedauern 
dar nur, daß der lehrreiche Vortrag keine zahl⸗ 
eichere Zuhörerschaft gefunden hatte. Mit dem 
Bunsche, daß die von dem Vereine gebotene Ge⸗ 
egenheit zur Anpflanzung von Obstbaͤumen auch 
erner von den Mitgliedern eifrig benutzt werden 
nöge, schloß der Vorstand gegen 7 Uhr die Ver—⸗ 
ammlung. F 
— Kirchheimbolanden, L. April. 
lus Nord⸗Amerika kommt abermals eine Todes⸗ 
rachricht, die namentlich im nördlichen Teile der Pfalz 
zroße Theilnahme erwecken wird. In Buffalo ip 
nämlich vor einigen Tagen Herr Dr. Franz C. 
Zzrunck, Bruder unseres ehemaligen Landtags⸗ 
ibgeordneten Herrn Friedrich Brunck. im 67. 
Lebensiahre gestorben. 
— Wal dsee, 30. März. Am Samstag den 
26. März sollte der Amtsverweser des kgl. Gerichts⸗ 
yollziehers Keller in Speyer, Herr Keck, eine Pfän⸗ 
»ung bei Thomas Dattinger, Tagner dahier, vor⸗ 
iehmen. Behufs dessen begab sich Herr Keck in 
Begleitung des Polizeidieners Karl Kochner dahier 
n die Wohnung des genannten Dattinger, wo je⸗ 
voch Riemand zu Hause war, als dessen verheirathete 
ind bei ihren Eltern wohnende Tochter Frau Grill 
tachdem die beiden Herren constatirt, daß hier 
nichts zu pfänden sei, wollten sich dieselben ent⸗ 
ernen und waren schon im Hofraum, als wüthend 
ind mit zurückgeschlagenen Hemdärmeln der Ehe—⸗ 
naun Grill erschien. Dieser riß von einer Um— 
äunung einen Prügel los, schlug damit Herrn 
deck nieder und überfiel den Polizeidiener. Dies 
lles war das Werk eines Augenblicks. Die so 
inverhofft Ueberfallenen hatten sich jedoch schnell 
jefaßt und gingen dem Attentäter, welcher inzwischen 
ine Holzaxt ergriffen hatte, gehörig zu Leibe, 
vorauf derselbe sich in seine Behausung zurückzog. 
Am 29. d. Mts., Morgens 5 Uhr, wurde Grill 
purch zwei Gendarmen verhaftet und in Unter⸗ 
uchungshaft abgeführt, derselbe ist in Hanhofen 
⸗eheimathet und ein vielbestraftes Individuum 
Syp. Z3ta.) 
— Ludwigshafen, 1. April. Se. kgl. 
Hoheit Prinz Luitpold, des Königreichs Bayern 
Verweser haben Allergnädigst geruht, zu Mitgliedern 
des Verwaltungsrathes der Pfälzischen Eisenbahnen 
in widerruflicher Weise zu ernennen: 1) den 
dandtagsabgeordneten Dr. Eugen Buhl in Deides⸗ 
heim, 2) den Landtagsabgeordneten Kommerzienrath 
Dr. August Clemm in Ludwigshafen, 83) den Vor⸗ 
tand der kgl. Filialbank Ludwigshafen kgl. Ober⸗ 
hdeamten Benedict Lochmüller in Ludwigshafen. — 
Ferner haben Se. kgl. Hoheit Allergnädigst zu ge— 
nehmigen geruht, daß die in Erledigung gekommene 
Funktion eines stellvertretenden Direktors der Pfäl⸗ 
zischen Eisenbahnen dem in der Vorschlagsliste des 
Verwaltungsrathes an erster Stelle genannten Di— 
rektionsrath Karl Becker in Ludwigshafen übertragen 
verde. (Pf. K.) 
Vermischtes. 
FEineneue Steuer. In einer kleinen, 
jauptsächlich vom Tabacksbau lebenden Stadt ver⸗ 
jandelten, die Gemeindevertreter über Steuerange⸗ 
legenheiten. Man hatte über Gewerbe⸗ und Per⸗ 
onal⸗, über Einkommen⸗ und Grundsteuer gesprochen, 
derührte nun die Branntwein⸗ und Brausteuer, so⸗ 
vie die Kirchen⸗ und Hunde⸗, Wechsel⸗ und Stempel⸗ 
tdeuer, um sich zuletzt eingehender mit Tabakssteuer 
zu beschäftigen. Ein Redner schien schlecht orien⸗ 
irt, denn er wurde von seiten des Vorfitzenden 
nit einer Bemerkung ‚zur Steuer der Wahrheit“ 
interbrochen. Das war einem der Herren Stadt⸗ 
zerordneten, denn doch zu viel; ohne um das 
Wort zu bitten, schrie er in die Versammlung: 
„Gewiddadunnakeil: Mer hawwe schon genug 
Steier, und jetzt kumme se schon widda mit aner 
Wahrheits⸗Steier. Besteiert doch liewer die Leit', 
wvo lüge!“ 
F Kreuznach, 31. März. Das mittelrheinische 
Turnfest wird in diesem Jahre hier abgehalten; für den 
Barantiefonds sind bereits 13000 Mk. gezeichnet, 
velchen man auf die Summe von 30000 Mt. zu 
dringen gedenkt. 
F Vom Prinzregenten. München, 2. 
April. Wie es erst unlängst vorkam, daß ein den 
Prinzregenten nicht erlennender Soldat denselben an⸗ 
prach und nach einem Bäcker fragte, so ist neuer⸗ 
ich laut Münchener Neuesten Nachrichten ein ähn⸗ 
iches Vorkommniß zu verzeichnen. Der Prinz⸗ 
egent machte dieser Tage in Zivilkleidung einen 
Spaziergang durch die Ludwigsstraße und hinter ihm 
iing der Oberst eines Infanterie Regiments. Die⸗ 
er bemerkte, daß ein des Weges kommender Soldat 
eines Regiments der Prinz⸗Regenten zwar ansah, 
iber nicht grüßte, weßhalb der Oberst durch Hand⸗ 
bewegungen bemerklich zu machen suchte, der Soldat 
ollte Honneur machen. Der Soldat mißverstand 
aber diese Zeichen und hielt den Regenten mit 
den Worten an: „Sie, bleiben's ein wenig stehen, 
der Herr Oberst möcht Ihnen was sagen!“ 
F München. An den deutschen Reichs— 
kanzler ging vom „Bürgerlichen Brauhaus Mün⸗ 
chen“ anlaßlich dessen 72. Geburtstages ein 
Faß extrafeinen Bieres ab. 
F Die Ziehung der Haßfurter Kirchen— 
bau⸗Lotterie, welche auf den 830. März an⸗ 
gesetzt war, ist auf den 10. Mai verschoben worden. 
F Köoln, 31. Maärz Nach einer ministeriellen 
Verfügung sollen im ganzen preußischen Staate 
vierteljährlich einmal die zu Militärtransporten ge⸗ 
eigneten Eisenbahn-Waggons auf allen Stationen 
gezählt werden. Am leßten Sonntag hat diese