Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
a „et. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
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369. 
Deutiches NReich. ⸗ 
Rünchen, 2. April. Nach Anordnung der 
den General · Kommandos dürfen anläßlich der 
setfeiertage Beurlaubungen von Mannschaften — 
ohne Gebühren — in der Weife ftattfinden, 
zber Kompagnie ꝛc. 40 Mann auf 8- 10 Tage 
ihre Heimath entlassen werden dürfen. Je nach 
gabe der öͤrtlichen und dienstlichen Verhaltnisse 
nzelnen Garnisonen kann diese Zahl erhöht 
verringert werden. 
München, 3. April. Der künftige Nuntius 
sünchen, dessen Ernennung im Juni bevorsteht, 
o bei dem Hofe in Berlin, dem Hofe in Karls⸗ 
und noch anderen deutschen Höfen accreditirt 
en. 
darlsruhe, 4. April. Mit dem Schnell⸗ 
.1 Uhr 42 Min. traf der Großherzog und 
Großhergogin, sowie Prinz Ludwig von Berlin 
mend, hier ein. Zum Empfang der Herr⸗ 
aften hatten sich die Spitzen der Militärbehörde 
Bahnhofe eingefunden. In Begleitung des 
zherzoglichen Paares waren die beiden Söhne 
Kronprinzenpaares von Schweden. 
darlsruhe, 83. April. Die Eisenbahnvorlage 
che den Ausbau einiger im militärischen Interesse 
gtigen süddeutschen Bahnlinien (deutsche Boden⸗ 
dahn) unter finanzieller Betheiligung des Reichs 
riichlägt, soll dem Reichsstag gleich nach Wieder⸗ 
jnung det Sitzungen zugehen. Er scheint auch 
dieser Angelegenheit möglichste Beschleunigung 
twünschenswerth gehalten zu werden. Im Mai 
sich bereits eine außerordentliche badische Land⸗ 
session mit dem Gesetze beschäftigen. 
Ztraßburg, 4. April. Der Statthalter 
eit Hohenlohe ist gestern Abend hier wieder 
etroffen. 
Berlin, 2. April. Freiherr v. d. Goltz 
ischa, der mit der Deputation nach Berlin kam, 
elche dem Kaiser zu seinem 91. Geburtstag die 
lüdwünsche des Sultans zu überbringen hatte, 
ird bis zum Monat Mai in Berlin bleiben. Als 
ondere Auszeichnung ist Herr v. d. Goltz, welcher 
der preußischen Armee als Oberst⸗Leutnant fort⸗ 
nn wird, vom Kaiser zum Oberst befoördert 
nden. 
der „National⸗Zeitung“ scheint es, daß eine 
bschaft ssteuer (zu welcher auch die Des⸗ 
denten und Ascendenten heranzuziehen sein würden) 
beste Löosung der Aufgabe enthält, die wohl⸗ 
henden und reichen Klassen nach dem Maße ihrer 
iüungsfähigkeit zu den öffentlichen Lasten heran · 
giehen. „Gleichviel, ob man fie als Reichs- 
xr als Staatssteuer behandelt, man vermeidet 
durch die endlosen Schwierigkeiten, welche durch 
m Streit über den Renten-Charakter vieler Ein— 
men hervorgerufen werden, sowie das alljähr⸗ 
e Kindringen in die persoönlichen Verhältnisse, 
d tann doch das nämliche Resultat erreichen. 
nmt man 4 pCt. als den jetzt normalen Zins⸗ 
bei ficheren Anlagen an, so kommt es durch⸗ 
auf dasselbe heraus, ob man den Steuersaß, 
uther gewäͤhlt wird, altjährlich von der Reme 
einmal in 28 Jahren vom Kapital erhebt; 
rachdem anzunehmen ist, daß der Erbgang durch⸗ 
ganng in einer längeren oder kürzeren Frist als 
Jahre, eipmal eintrin, kann der Steuersah 
iindert werden. Kleine Erbschaften können, na— 
aillich soweit sie unversorgten Familien⸗Angehöri⸗ 
des Erblassers zufallen, steuerfrei bleiben. Der 
erth einer Erbschaft, ob fie aus beweglichem oder 
deweqglichem Vefitz besteht, in fast immer leicht 
Dienstag, 5. April 1887. 
estzustellen. Die Selbstdeklaration von Erbschaften 
tößt, wie u. A. das schon einmal von uns ange⸗ 
ührte Beispiel Englands zeigt, auf ungleich gerin⸗ 
jere Schwierigkeiten, als die Angabe des jährlichen 
zinkommens — bezieht die erstere fich doch auf 
ie Verhältnisse eines Todten. Endlich wird die 
Zahlung einiger Prozente von einer Ecrbschaft, die 
emanden zufällt, naturgemäß viel weniger em⸗ 
ffunden, als die Zahlung von dem jährlichen Ein⸗ 
ommen.“ Den Ertrag einer Reichs⸗Erbschafissteuer, 
ei der die Descendenten mit 1 pCt. und die 
rhegatten mit 2 pCt. besteuert würden, also bei 
Zätzen, welche mäßig find, wenn diese Steuer als 
esondere Belastung des fundierten Einkommens 
etrachtet wird, berechnet der Regierungsrat Otto 
Zacher in einer Schrift: „Die deutschen Erbschafts⸗ 
ind Schenkungssteuern“ (Leipzig. Dunker und Hum⸗ 
lot) auf rund 46 Millionen Mark. 
Ausland. 
Wien, 2. April. Die „N. Fr. Pr.“ be⸗ 
ichtet aus Rom, das Gerücht sei begründet, wo— 
zach der Vatikan sich mit dem Plane einer dau⸗ 
enden Friedens · Vermittelung trage. Bereits beim 
zeginne der Bulgarenfrage habe der päpstliche 
delegat in Konstantinopel dem Großvezier seine 
Jermittelung angebbdten. Der Papst beharre auf 
em Wunsche, als oberster Friedensstifter zu er⸗ 
cheinen. Galimberti habe in diefer Hinsicht bei 
zismarck sondirt, seine Andeutungen fanden aber 
nicht den gewünschten Anklang. — Die „Presse“ 
rhält einen Bericht aus Paris, der das Attentat 
n Gatschina vollkommen aufrecht erhält. Auf den 
romenirenden Czaren wurde im Park aus dem 
ßebüsch geschofsen. Unmittelbar darauf erfolgte 
in zweiter Schuß; beide fehlten aber. Die Schild⸗ 
vachen erschossen darauf einen der Schützen. Ein 
weiter, Officier, wurde beim Fluchtversuch gefangen 
enommen. Der Todte ist unbekannt. 
Lokele und pische »achrichten. 
*St. Ingbert, 5. April. Die Wähler⸗ 
isten für die Landtagswahlen liegen 
is zum 15. ds. bei den Bürgermeistereien zur 
kinsicht offen. Nach Ablauf dieser Frist können 
steclamationen und Einwendungen wegen Unrichtig⸗ 
eiten in den Listen nicht mehr gemacht werden. 
da bald nach Fertigstellung der Listen die Land⸗ 
agswahlen siattfinden, so empfiehlt es fich, jetzt 
achzusehen, ob sein Name in der Liste eingetragen 
st, da nur derjenige waͤhlen darf, dessen Name in 
er Liste steht. Wahlberechtigt ist jeder selbststän⸗ 
ige bayerische Staatsbürger, welcher das 21. Jahr 
urückgelegt hat, eine direkte Steuer bezahlt und 
den Verfafsungseid geleistet hat, vorausgesetzt, daß 
er keine öͤffentliche Armenunterstützung bezieht und 
die bürgerlichen Ehrenrechte befitzt. 
* St. Ingbert, 5. April. Unser gestriger 
Jahrmarkt war, wohl infolge der angenehmen Wit⸗ 
erung, sehr belebt. In großer Masse waren be⸗ 
onders Schuhwaaren zu Markte gebracht. Der 
Herkauf ging, trotz dem lebhaften Treiben, ziemlich 
lau, und groß mag der Gewinn nicht gewesen 
ein, den die einzelnen Verkäufer aus ihrer Ein⸗ 
nahme erzielten. 
— Zweibrücken, 2. April. Sicherem Ver⸗ 
nehmen nach werden diejenigen Beamten der pfaäl⸗ 
ischen Bahnen, welche zur Gala⸗Uniform den 
Regen tragen, hinfort anstatt der Dienstmütze in 
Zala einen dreieckigen Hut mit Silbercordon er⸗ 
valten. 
— Jahrg. 
— Ernstweiler, 2. April. Wie wir hören, 
vurden am Donnerstag dahier sechs Kinder, von 
zenen das älteste 12 Jahre alt ist, zur Pflege auf 
gemeindekosten bei den Wenigstnehmenden unter- 
zebracht, da deren Mutter todt ist und der Vater 
iich herumtreibt, ohne sich um seine Kleinen zu be⸗ 
zümmern. (UAnd da gibt es noch Leute, welche 
gegen die Reichswaisenhäuser eifern, in welchen 
die Kinder in den weitaus meisten Fällen doch 
besser untergebracht sind, als bei solchen „Wenigst⸗ 
nehmenden“.) 
— Van der Lauter, 2. April. In der 
Nacht vom 30. auf den 31. März kam der Vorbe⸗ 
haltsmann Heinrich Jung TV. (früher Adjunkt) von 
Frankelbach auf schauerliche Weise um's Leben. 
Derselbe ging Nachmittags, nachdem er dem Brannt⸗ 
wein etwas stark zugesprochen hatte, mit der Hacke 
zur Bewässerung der Wiesen hinaus ins Feld, wo 
er gegen 6 Uhr noch gesehen wurde. Als er des 
Abends nicht heimkam, fiel dies nicht besonders auf, 
weil solches oͤfters vorkam. Als jedoch Mitternacht 
vorüber und derselbe immer noch nicht nach Hause 
zekommen war, wurde Umschau in den Wirths— 
sokalen gehalten. Da fich auch hier keine Spur 
horfand, wurden weitere Nachforschungen in der 
Bemarkung angestellt. Um 6 Uhr des Morgens 
wurde der Vermißte von seinem Neffen Johannes 
Jung auf einem Kornacker, etwa 800 Meter vom 
Drte entfernt, in bewußtlosem Zustande aufgefunden. 
Auf Zurufen und Rütteln gab er nur schwache 
Lebenszeichen vsn sich. Bis man ihn jedoch in seine 
Wohnung verbracht hatte, war er bereits verschieden. 
— Aus Dietrichingen wird dem, Land. 
Tagbl.“ geschrieben: Unser Oct hat wohl den ältesten 
Breis weit und breit aufzuweisen, Herrn Trier, einen 
HZjahrigen, derselbe hat den rusfischen Feldzug unter 
Napoleon mitgemacht, ohne selbst geschaäͤdigt zu werden, 
aber er hatte das Unglück, dabei einen Bruder zu 
berlieren. Der Veteran erfreut fich noch einer er⸗ 
ttaunlichen Rüstigkeit und voller geistiger Frische. 
Möge ihm noch ein langer freundlicher Lebens⸗ 
abend beschieden sein, und er auf den großen 
Appesi noch lange in Gesundheit warten müssen! 
— Hochspeier, 2. April. Kaum hat fich 
die Grust über dem in der ganzen Gemeinde be⸗ 
liebt gewesenen kgl. Posterpeditor Kauth geschlossen, 
und schon wieder erregt ein neuer Todesfall in 
dieser Familie die Gemüther. Doppelt schmerzlich 
ist der Verlust; denn der betrübten Wittwe wurde 
jeute ihr noch einziges Kind, ein Sproößling von 
1 Jahren, der ihre einzige Hoffnung und Trost 
war, durch einen gräßlichen Unglücksfall entrissen. 
Det Kleine gerieth nämlich unter den Wagen eines 
hiefigen Fuhrmannes und war sofort todt. Ja, 
das Ungluück schreitet schnell. Der dritte Todesfall 
st es, der diese schwer betroffene Familie innerhalb 
dreier Wochen heimgesucht. Dem Vater ging ein 
heueres Kind im Tode voran, dem Vater nach 
folgte der Witiwe Trosi. 
— Weisenheim am Sand, 3. April. 
Von hier ist ein Fall zu berichten, der gewiß in 
der Veterinärkunde (Thierarzneikunde) die größte 
Beachtung verdient. Der hiefige Ackersmann Herr 
Jakob Raab hat ein prachwolles Pferd, welches am 
Staar gänzlich erblindet war. Weil das Pferd 
noch jung und höchst werthvoll ist, wandte er sich 
deshaib an den bekannten Augenarzt Herrn Dr. 
Dupr in Frankenthal. Genannter Herr unter⸗ 
nahm nun unter Beihilfe des hiesigen Thierarztes 
die Operation, und zwar ohne Chloroformirung 
des Pferdes. Der sichern Hand des geschickten