Full text: St. Ingberter Anzeiger

Operateurs gelang diese Operation. Das eine 
Auge ist vollständig als gerettet zu betrachten, 
während das andere noch theilweise Sehkraft be⸗ 
fitzt. Wissenschaft und Praxis darf auf diesen 
Fall stolz sein. Das Pferd ist wieder vollltändig 
reistungsfähig. Herr Dupraͤ ist aber dadurch noch 
mehr in der Achtung seiner Mitbürger gestiegen. 
Und hier ist der Beweis geliefert, daß die großen 
Fortschritte in der Augenheilkunde auch den größe— 
ren, werthvolleren Hausthieren zugute kommen. 
RBS8.3) 
Vermischtes. 
Die Pulberfabrik in Metz wird einer Ka⸗ 
binetsordre zufolge in diesem Monat aufgelöst, da 
die heiden anderen Pulverfabriken in Spandau und 
danau zur alleinigen Herstellung des militärischen 
Pulverbedarfes genügen. 
Aus Karlsruhe, 2. April, wird der 
„N. B. L.Z.“ geschrieben: Wie ich soeben aus 
sicherer Quelle erfahre, hat die Generaldirektion 
der Großh. Staats Eisenbahnen dem Wunsche des 
hiesigen Stadtrathes entsprochen und für den näch⸗ 
sten Sommerdienst auf der städtischen Rheinbahn 
einen neuen Zug eingeschaltet und zwar in der 
Richtung nach Maxau und umgekehrt. Der um 
5 Uhr in Maximiliansau eintreffende Pfälzer Zug 
erhält auf badischer Seite Anschluß und geht um 
5 Uhr 15 Minuten von Maxau nach Karlsruhe 
weiter. Durch diese Neuerung wird der Verkehr 
von der Pfalz zu uns herüber wenigstens in Etwas 
verbessert. Bisher ging von Naqchmittags 4 Uhr 
bis Nachts *410 Uhr kein Zug von Maxau hier⸗ 
her, gewiß ein trostloser Eisenbahn⸗Verkehr! Aber 
umgekehrt wird auch von hier nach Maxau ein 
neuer Zug eingelegt; er soll um *45 Uhr hier 
abgehen. Bis jetzt hatten wir von Mittags 2 Uhr 
55 Min. bis Abends 6 Uhr 10 Minuten keine 
Eisenbahnfahrgelegenheit nach der bayerischen Rhein⸗ 
pfalz. 
Münqchen, J1. April. Oberlandesgericht. 
Wegen Beseitigung gepfändeter Sachen war der 
Wirth G. Heid in Neupfotz vom Schöffengericht 
Germersheim zu 4 Tagen Gefängniß verurtheilt 
worden. weil er von gepfändeten ihm gehörigen 
Aeckern ca. 70 Ctr. Kartoffeln eingeheimst und 
theils für sich verwendet, theils verkauft hatte. Die 
Berufung wurde vom Landgericht Landau ver⸗ 
worfen und legte hiegegen Heid die Revision ein, 
weil sich die Beschlagnahme lediglich auf die Aecker, 
nicht aber auf die Frucht erstieckt habe und somit 
durch seine Verurtheilung Art. 46 der Subhasta⸗ 
tionsordnung verletzt sei, wonach dem Gepfändeten 
die vorldufige Benutzung des heschlagnahmten Grun⸗ 
des zustehe. Das Oberlandesgericht München als 
Revisionsinstanz erkannte jedoch auf kostenfällige 
Abweisung der Revision, indem es entsprechend den 
Ausführungen des staatsanwaltschaftlichen Guf— 
achtens annahm, daß nach Art. 8 der Subh.Ord. 
bewegliche Sachen vom Augenblick der Beschlag⸗ 
nahme an nicht mehr unter dem Verfügungsrecht 
des seitherigen Eigenthümers stehen, und daß die 
Erträgnisse der Felder mit der Beschlagnahme im⸗ 
mobilifirt werden, daß also ein z. B. am 2. Auguft 
gepfändeter Kartoffelacker von diesem Tage an nicht 
mehr dem bisherigen Besitzer zur Verfügung steht, 
indem die noch im Boden befindlichen Kartoffeln 
eben sammt dem Acker beschlagnahmt sind. 
7 Gie Pickelhaube.) Die N. N.“ melden aus 
München, 1. April: Auf dem Haupte unserer 
Offiziere glänzt seit heute in und außer Dienst die 
neue Pickelhaube; auch die Mannschaften werden 
nach Verbrauch der alten Bestände allmählig nach— 
folgen. Der neue Helm ist geschmackvoll und 
tleidet sehr gut; der Preis des Offiziershelms 
ttellt sich auf 21 Nk. und ist demnach bedeutend 
billiger als der bisherige Raupenhelm. (Die Offi⸗ 
ziere der Garnison Landau trugen am 2 88. eben⸗ 
talls die neue Kopfbedeckung.) 
F (Dr. Hans v. Bülow) eröffnete am 1. ds. 
Mts. in Munchen einen Conzert⸗Cyklus (Beetho⸗ 
ven). Ueber den Abend schreibt das M. gIrdbl.“ 
Der Conzertveraustalter wurde stür misch empfangen, 
nach jedem Satze und jeder Nummer erhob fich 
enthusiastischer Applaus, wie er im Museumssaale 
selten gehört wird. Vor den Variationen über das 
russische Tanzlied präludirte der Künstler und wie 
in Berlin ließ er die Töne: „Will der Herr Graf 
ein Tänzchen wagen ꝛc.“ erklingen. Demonstrativer 
Beifall. der lange anhielt, unterbrach das Präludium. 
Der Applaus trug überhaupt oft den Charakter 
einer Demonstration, doch er war vom Kunststand 
puntt aus berechtigt und wohlverdient. Dem Con— 
zerte wohnte Herzogin Amalie an und das Audito⸗ 
rium war ein sehr distinguirtes. 
fF Kaiserswerth, 2. April. Der Minister 
des Innern hat der hiesigen Diakonissenanstalt die 
Erlaubniß ertheilt, zum Besten der gedachten An⸗ 
ttalt im Laufe dieses Jahres eine Ausspielung be⸗ 
veglicher Gegenftände zu veranstalten und die zu 
derselben auszugebenden 14000 Loose a 50 Ppffg. 
im ganzen Bereiche der Monarchie zu verkaufen. 
F(Tod eines Mondsüchtigen.) Ein junger 
dellner in der Langenstraße zu Frankfurt am 
Main, welcher in der Nacht vom Mittwoch auf 
Donnerstag in einer Anwandlung von Mondsucht 
aufs Dach geklettert und dann herabgestürzt war, 
ist am Samstag Mittag verschieden, ohne daß er 
zur Besinnung gekommen wäre. n 
F Frankfurt, 2. April. Die Königl. Re⸗ 
gierung hat die Erlauhnis zur Vornahme der vor⸗ 
gesehenen Arbeiten des Umbaues des Röomer in allen 
hren Theilen genehmigt. 
F Kissingen, 31. März. Im Orte Sulz⸗ 
thal verübte eine Braugehülfenfrau, Mutter von 
sieben Kindern, in einem Anfalle plötzlicher Geistes⸗ 
törung eine schreckliche That. Sie erstickte ein 
Zjähriges und ein 4jähriges Kind in einem Ge⸗ 
fäße mit Speiseabfällen und würde auch ihrem 
iebenjährigen Knaben dasselbe Loos bereitet haben, 
venn sie desselben habhaft geworden wäre. Nach 
dem entsetzlichen Vorgange begab sie sich zum 
Bürgermeister und sagte: „Die Leute gönnen mir 
meine Kinder nicht, darum habe ich zwei schon 
weggeschafft!“ 
FMainz, 2. April. Ein ehemaliger Soldat 
der hiesigen Garnison, ein gewisser Burkard, wurde 
. Z. von einem Vorgesetzten derart mißhandelt, 
daß der Unglückliche aus dem Militärstande aus⸗ 
cheiden mußte und außerdem zu jeder anderen 
ürgerlichen Beschäftigung untauglich wurde. Der 
hemalige Soldat, der förmlich zum Krüppel miß⸗ 
jandelt worden war, strengte nun gegen den Reichs⸗ 
nilitärfiskus, und zwar bei dem hiesigen Landge⸗ 
richt, eine Klage auf lebenslängliche Unterstützung 
an. Schon bei der ersten Verhandlung aber be—⸗ 
tritt der Vertreter des Reichsmilitärfiskus die Zu⸗ 
tändigkeit des Landgerichts Mainz und behauptete, 
zaß diese Angelegenheit nur von den Gerichten zu 
Berlin verhandelt werden könnte. Diese Einrede 
des Fiskus ist nunmehr in letzter Instanz, und 
war durch Erkenntniß des Reichsgerichts vom 29. 
März, verworfen worden, so daß nun dieser inter⸗ 
ssante Prozeß in der Hauptsache vor dem hiefigen 
Ldandgericht zur Aburtheilung kommen wird. 
FRüdesheim, 2 April. Der regelmäßige 
Betrieb auf der Niederwaldbahn ist gestern wieder 
röffnet worden. Vorerst fahren täglich zwischen 
10 Uhr 40 Minuten vormittags und 5 Uhr nach⸗ 
nitiags fieben Züge bergauf und bergab. Im Mai 
erhöht sich die Zahl der Berg- und Thalfahrten 
jäglich auf 12 und vom 29. Mai an auf 18 oder 
19. Von Aßmannshausen fahren die Züge 
e nach Bedarf. 
F Velozipede im Dienste der Armee. 
Die Erfindungen des letzten Jahrzehntes auf dem 
Bebiete der Velozipede veranlaßte das Kriegs⸗ 
ninisterium. unter Kommando des preußischen 
Majors Herrn v. Rognes, das Velozipedhaus Hein⸗ 
rich Kleyer zu Frankfurt a. M. letzten Sommer 
mit der Einübung von 50 Unteroffizieren und 
Mannschaften im Kasernenhof des 1. Hess. Infant. 
Regiments Nr. 81 zu Frankfurt a. M. im Zwei⸗ 
und Dreiradfahren zu beauftragen. Die Ergebnisse 
dieser Probeübungen fielen so zufriedenstellend aus, 
daß durch kriegsministerielle Verordnung vom Januar 
1887 das genannte Regiment Weisung erhielt, für 
die Festungen Köln, Straßburg, Koͤnigsberg und 
Posen eine größere Anzahl Zwei⸗ und Dreiräder 
bdei der Firma Kleyer zu kaufen und den Gouverne⸗ 
ments zu übersenden. Bereits Ende Januar konnten 
die Fahrräder mit kompletter Ausrüstung, Taschen, 
Hlocken, Lampen, und speziellen schriftlichen In⸗ 
truktionen geliefert werden. 
F Köln, 1. April. Die Stadt Köoln schreibt 
Preise von 2000 und 1000 Mt. für Entwürfe 
ju einem neuen Volksgarten aus. Derselbe soll 
uuf ausgedehntem Texrain im südwestlichen Theile 
»er Neustadt errichtet werden, ein großes Restau⸗ 
rations⸗ und Konzert⸗Gebäude mit Terrafssen, von 
enen die Anlagen des Gartens zu übersehen sind, 
inen Fahrweg, eventuell eine Reitbahn, Wohnung 
ür den Gartendirektor, eine Wiese für Kinder⸗ 
und Volksspiele, einen Platz zur Aufstellung eines 
Denkmals, einen Teich von 1bis 194 Hektar Grh 
nit Springfstrahl, Felsen, Grotten u. s. w. enthals 
Das Preisrichteramt werden die Herren 
jartendirektor Mächtig in Berlin, der Konigli 
Zartendirektor Niepraschk in Koln, Sicdvennn 
xaesen, Stadtbaumeister Stübben und —E 
meister Becker in Köln ausüben. 
Einen interessanten Fund machte dieser Ta 
der Bauer Ickler zu Hof Ertzebach bei Kasf 
Er fand nämlich auf seiner Wiese, nicht sehr ig 
in der Erde, einen Topf mit einigen hundert din 
filbernen Münzen, sog. Bakteaden, geschlagene de 
münzen, welche im 12. und 13. Jahrhunden 
Stelle der damals noch nicht bestehenden Min 
bertraten. Die Stücke sind sehr gut erhalten und 
zeigen 4 verschiedene Wappen, drei davon mit da 
Aufschrift: „Hersfeld.“ 
F Das Geschlecht der Hohenzollery 
regiert in diesem Jahre — genau am 20. Apti 
— in Brandenburg 472 Jahre. Am 30. Apti 
1415 trat Kurfürst Friedrich J. die Regierung n 
Auf jeden der aufeinwanderfolgenden 18 Hoͤhen 
zollern Regenten kommen im Durchschnitt 26 — 
2 Monate 20 Tage. Diese Durchschnittszahl de 
Regierungszeit erreichte der Kaiser als König don 
Preußen (vom 2. Januar 1861 an gerechne ge. 
nau an seinem 90. Geburtstage. 
Die Meininger Hofschauspieler haben ba 
ihren Gastspielen im Berliner Viktoriatheater mit 
den fünfundfünfzig Aufführungen der „Jungfrau 
pon Orleans“ 237000 Mark eingenommen, als 
eine Durchschnitisseinnahme von über 4300 Man 
odro Abend erzielt. 
4 Ein überaus frecher Diebstahl ist bei einen 
Juwelier in der Friedrichstrate in Berlin verüb⸗ 
worden. Die Diebe drangen durch den Keller in 
den Laden und stahlen für ca. 10,000 M. Werth— 
achen. — Auf dem Bahnhof Friedrichstraße wurde 
ꝛinem durchreisenden Engländer seine Umhängetasche 
mit 300 Pfund Sterl. Inhalt gestohlen. 
F Ein origineller Vorschlag in Bezu auf die 
proktische Art des Grußes wird in dem Organ 
der deutschen Reichsfechtschule gemacht. Von der 
Anficht ausgehend, daß die seitherige Art des 
Brüßens durch Abnehmen der Kopfbedeckung un⸗ 
praktisch und lästig, im Winter sogar gesundheiß— 
schädlich ist, schlägt der Einsender die militärisch 
Form des Grußes durch Anlegen der Hand an 
die Kopfbedeckung vor. Dieser Gedanke ist nun 
keineswegs neu, wohl aber jener, daß das Recht 
zu dieser Art des Grußes durch Beitritt zu einem 
Hut⸗Nichtabnehmungs⸗Verein erworben werden soll, 
dessen Beiträge zur Unterstützung der Armen Ver⸗ 
wendung finden sollen. Die Mitglieder des Ver—⸗ 
eins würden durch ein kleines Abzeichen am Hute 
selbst kenntlich gemacht. Der Gedanke selbst zwar 
ist recht schön, aber für durchführbar halten wir 
ihn nicht, so lange es Leute giebt, welche ihret 
Devotion durch recht tiefes Schwenken ihres Hutes 
an den Tag legen zu müssen glauben. Auch dit 
Huitmacher werden einem Vereine Opposition machen, 
in dem sie nicht ohne Berechtigung eine schwert 
Schädigung ihres Geschäftes erblicken würden. 
f Zur Lage der Eisenindustrie wird 
der „Berl. Boͤrs.⸗Ztg.“ geschrieben: „Die deussche 
Fisenindusterie, welche infoige großer Ueberproduktion 
zegen Mitte des vorigen Jahres eine Krisis zu üher 
winden hatte, welche in den letzten Jahrzehnien, 
aamentlich inbezug auf den Tiefstand der Preise 
poch nicht erreicht wurde, vermochte im Herhf 
dorigen Jahres durch Konventionen der Werke ir 
den einzelnen MontanindustrieBezirlen, durch Ein⸗ 
schränkung der Produktion und durch Feststellunz 
von Minimalverkaufspreisen sich nicht nur zu erholen 
jondern sie konnte auch ganz naimhafte Preisauf— 
desserungen durchsetzen, was ihr um so leichter ge 
ang. als die Lager bei den Kosumenien und 
Zwischenhändlern durchweg geräumt waren. Die 
leuesten Berichte aus Rheinland uno Westfalen 
zeigen wieder eine zuversichtlichere Stimmung, und 
man sieht daselbst einem weiteren Aufschwunge mi 
Iroßer Bestimmtheit entgegen. — Diese Zuverficht 
chkeit wird durch den Umstand, daß die schlefischen 
and rheinischen Werke noch für mehrere Monah 
mit Besiellungen besetzt find, thatkräftig unterstühl 
und man darf hoffen, daß nach dem diesmaligen 
anganhaltenden Winter das Frühjahrsgeschäft sehr 
hald neue größere Ordres den Werken zuführer 
wvird. — Auch der ausländische Eisenmarkt verhart! 
— mit Ausschluß des Glasgower Roheisenmarltes 
welcher von der Spekulation stark beeinflußt wird 
— in fester Haltung, und find sogar in neuester