Full text: St. Ingberter Anzeiger

Fentner schweres Schwein aus dem Stall holte. 
hoffentlich wird dem Langfinger der Braten ver⸗ 
alzen, indem man ihn noch vor dem Verzehren 
eines Raubes ausfindig macht. 
Bermißees. 
4 Seit einigen Tagen macht in süddeutschen 
Blättern die heimnißvoll klingende Rachricht die 
Runde, es sei bei Metz wiederholt ein Luftballon 
gesehen. Diese Meldung wird nun von der „Augs⸗ 
hurger Zeitung“ in folgender Weise ergänzt: Der 
seit einer Woche über den Forts von Meztz in be⸗ 
rächtlicher Höhe beobachtete Luftballon, der zeit⸗ 
weilig elektrische Strahlenbündel ausschoß, wurde 
von einem aus Berlin hierher dirigirten Kommando 
der Luftschiffer⸗Abtheilung seit dem 1. April wieder⸗ 
holt aufgelassen. Der Ballon soll lenkbar und Elek⸗ 
crizität die treibende Kraft sein. Nach vollständiger 
Erprebung soll in Metz ein fländiges militärisches 
Luftballon⸗Detachement stationirt werden. 
FStraßburg, 9. April. Der Reichstags⸗ 
abgeordnete für Stroßburg, Kabls ist am Donners⸗ 
tag Nachmittag gestorben. Das Begräbniß fand 
heute unter großem Andrang von Leidtragenden 
ind Zuschauern statt. Im Zuge gingen zuerst 
die Mitglieder der Familie, dann die elsaßloth⸗ 
ringischen Reichsstagsabgeordneten, sämmtliche Mit⸗ 
zlieder des Gemeinderaths, den Bürgermeister in⸗ 
zegriffen; fie waren jedoch im Leichenzuge nicht 
als Körperschaft vertreten. In der evangelischen 
Jung Sanct Peterskirche und am Grabe sprachen 
die Pfarrer in deutscher Sprache. Andere Reden 
hatten die Behörden nicht zugelassen. (Kablé war 
ichsn seit längerer Zeit lrank und hat auch den 
Winter in Nizza verbracht, von wo er zur letzten 
Wahl ein Manifest an die Wähler erließ. Kablé 
var am 7. Mai 1830 in Brumath geboren und 
var zuletzt Versicherungsdirekter in Straßburg. Er 
hertrat seit 1878 Straßburg im Reichstage und 
gehörte zur „Protesipartei'). 
(GSDie Armee der Reichslande.) Gegen 
franzöfische Ueberraschungen ist Elsaß⸗ Lothringen 
ietzt sicher gestellt. Seit Errichtung der neuen Re⸗ 
gimenter stehen im Reichsland 59 Bataillione In⸗ 
anterie, 44 Schwadronen Caballerie, 21 Batterien 
Feldartislerie, 7 Bataillone und eine Kompagnie 
Fußartillerie, 2 Bataillone Pionire und 1 Train⸗ 
Bataillon, zusammen nahezu 2 Armeekorps. 
München, 8. April. Se. kgl. Hoheit der 
Prinz ⸗Regent hat nach Nizza 1000 Mark zum Auf⸗ 
au der durch das jüngste Erdbeben zerstörten 
xxotestantischen Kirche gespendet. In Nizza weilen 
orzüglich zur Zeit der Saison stets viele Bayern, 
zekanntlich starb dort auch König Ludwig J. 
4Tbeodor Wachtel, der berühmte Teno⸗ 
risi, hat das schlimmste einer langwierigen Krank⸗ 
heit unter einsichtiger ärztlicher Hülfe überstanden. 
Jetzt gedenkt Wachtel bald nach Baden-Baden zu 
rꝛeisen und dort längere Zeit zu bleiben, um da⸗ 
elbst seine vollständige Wiedergenesung zu erlangen. 
Ob er indeß jemals wieder öffentlich auftreten kann, 
das bezweifelt er selbktt. 
In der Berliner und Münchener 
Dofgesellschaft wird eine pilante Affaire gegenwärtig 
biel besprochen. Schon vor Wochen fanden sich in 
Münchener Blättern geheimnißvolle Andeutungen 
über einen Skandal in dem Kreise der Herzogin 
von Alengon. Die Herzogin wurde urplötzlich 
durch ihren Herrn Gemahl an die Riviera (Mittel⸗ 
meerküsie) versetzt, nachdem ihr Verhältniß zu einem 
dortigen Arzte derart offenkundig geworden, daß 
dessen Gattin, eine Baroneß Lotzbeck, die Wohnung 
des Gemahls verließ und den Scheidungsprozeß an⸗ 
ttrengie. Die Geschichte ist in München in Aller 
Munde und wird um so mehr besprochen, als die 
Herzogin von Alengon schon gelegentlich ihres 
Brautstandes mit Ludwig II. dem Publikum man⸗ 
hen Stoff zu allerhand Betrachtungen gegeben. — 
Es handelt sich um die Prinzessin Sophie, eine 
Schwester der Kaiserin von Oesterreich, welche mit 
dem jungen König Ludwig verlobt war. Der Kö 
nig hob indessen die Verlobung auf — so wurde 
damals erzählt — als er von seiner Braut erfuhr, 
daß sie einen Anderen, den Photographen H., liebe. 
Spaäter heirathete die Prinzessin der Herzog von 
Alengon, einer der orleanistischen Prinzen. 
F Die Eisenbahnkatastrophe am 
Faulenberge bei Würzburg wird demnächst 
ihren gerichtlichen Abschluß finden. Das kgl. Land⸗ 
jericht in Würzburg hat den Termin für die Ver⸗ 
handlung auf den 21. April cr. angesetzt. Allge⸗ 
mein neugierig ist man auf das Urtheil der Sach⸗ 
verständigen. Sicher ist, daß in der Verhandlung 
nanchen Kreisen unangenehme Dinge zur Sprache 
ommen werden. Die Verhandlung wird das Gute 
saben, daß man endlich einmal die Würzburger 
Zahnhofverhältnisse gründlich studiren und bald 
yessern wird. 
(Sechs Finger.) Dieser Tage wurde einem 
ꝛohnkutscher in Abensberg ein Knabe geboren, 
velcher an beiden Händen je sechs Finger und an 
sen Füßen je sechs Zehen hat. 
FEltville im Rheingau, 5. April. 
durch Herr Grubenbesitzer A. Reuß in Geisenheim 
vurde in dem 4 Stunde von hier gelegenen Wall⸗ 
ahrtsorte Kiedrich eine Salzquelle erbohrt. Die 
ZQuelle hat 170 Round liefert pro Stunde ca. 
5.000 Liter Wasser, welches äußerst reich an 
kohlensäure ist. Schon jetzt wird dasselbe von den 
gewohnern von Kiedrich und Umgegend sehr gern 
um Trinken benutzt. Die vorläufige Analyse des 
Bassers ergab, daß es sich seiner Zusammensetzung 
ach als Heilmittel eignet. Die Bohrungen werden 
veiter fortgesetzt, hauptsächlich wird darauf gesehen, 
ine Quelle von noch großerer Wärme aufzufinden, 
seren Wasser sich auch zum Baden eignet. 
FKrefeld, 7. April. Vor einigen Tagen 
rschienen vier Ehemänner mit ärztlichen Attesten 
ersehen, bei der Polizei, um Strafanträge gegen 
hre Frauen zu stellen. Zwei von ihnen waren 
on ihren „besseren Hälften“ gar übel zugerichtet 
vorden. Einem war der linke Daumen beinahe 
ibgebissen. 
F Voneinem heiteren Spaß, der in 
gerlin zwischen einem Studenten und einem Drosch⸗ 
enkutscher passirte, erzählt eine dortige Zeitung. 
Fin zu tollen Streichen stets aufgelegter Student 
zestieg in einer der letzten Nächte eine Droschke und 
ieß sich nach seiner Behausung fahren. Unterwegs 
nachte er die Entdeckung, daß ihm das Geld fehlte, 
zem Kutscher die Fahrt zu bezahlen. Er fand einen 
riginellen Ausweg. Als der Kutscher am Ziel 
ingelangt war, stieg unser Bruder Studio aus und 
agte zum Kutscher mit besorgter Miene, daß er in 
zer Droschke ein Zwanzig ⸗Markstück verloren habe, 
zasselbe aber ohne Licht nicht finden könnte. Er 
verde sich in seine Wohnung begehen, und eine 
derze herunterholen. Der Student schritt auch zur 
dausthür, schloß dieselbe auf, legte die Thür an 
ind wartete nun einige Augenblicke. Was er er⸗ 
vartet, geschah. Er hörte die Droschke eiligst da⸗ 
on fahren, sprang hervor und rief dem Kutscher 
ach. Doch dieser fuhr unbekümmert weiter. Lachend 
ing der Schlaukopf zur Ruhe; er freute sich sehr 
m Stillen, welches enttäuschte Gesicht der Kutscher 
nachen werde, wenn er nach dem Goldflück in seiner 
Droschke suchte, das der Student weder verloren 
och — besessen hat. 
FAuf einem Bahnhof ließ sich unlaͤngst ein 
steisender ein Seidel Bier geben, fand es aber 
ingenießbar und das Glas ungewöhnlich klein. 
„Wieviel kostet das Seidel?“ fragte er den Wirth, 
er am Ausschank stand. — „20 Pfennige!“ 
autete der Bescheid. — „Und wieviel verdienen 
AD 
— „Zwanzig Pfennige!“ klang es abermals zurück. 
Jener glaubte nicht recht gehört zu haben, indeß 
der Wirth wiederholte, was er behauptet. — „Wie 
eht denn das zu?“ forschte der Fremde und er⸗ 
sielt sofort die Auskunft: „Das will ich Sie sagen. 
zor 5 Pfennige spritz ich, um 5 Pfennige ist das 
Zeidel kleener, als andere, 5 Pfennige krieg ich für 
edes vom Brauer und vor 5 Pfennige Bier lassen 
die Gäste merschtendehls stehen!“ 
F Ueber die Rache einer Sitzenge⸗ 
liebenen berichtet man aus Ilmenau: Einer 
ungen Dame passirte im vorigen Sommer hier 
zas Mißgeschick, auf einer Reunion hartnäckig von 
llen jungen Herren sitzen gelassen zu werden. Und 
zas kam so: Eine ihrer Freundinnen tanzte mit 
inem Handlungslehrling, behandelte ihn aber nicht 
illzu freundlich und motivirte dies damit, daß er 
in „Pulidrücker“ sei, und die ersterwähnte junge 
dame habe geäußert, mit Pultdrückern könne man 
ich nicht amüsiren. Dafür nahmen nun die Jün- 
jer Merkurs ihre Rache. Die Sitzengebliebene 
ber verklagte ihre Freundin wegen Verleumdung, 
ind richtig wurde die Schwatzhafte zu 75 Mt. 
Zeldstrafe verurtheill. Die hiesige Strafkammer 
etzte indeß die Strafe auf 50 Mk. herab. 
F Freiburg i. S., 9. April, Die hiesige 
Nitroglycerinfabrik, der Dynamit Trust⸗Compagnie 
zeehörig, ist in die Luft geflogen. 
4 (Auch eine Variante.) Eine herumziehende 
Theatergesellschaft führte in Gnesen den W 
eter von Säkkingen“ auf. In der lezlen 
tellung vor der Abreise nach Posen fingt vr 
Sanget der Tilelrolle, Behin Vich Gon ve 
jo schön in Gnesen, Behüt' Dich Gott, wie —* 
in Posen sein?“ 
F Ein nach allen Regeln verabredetes ame 
tanisches Duell zwischen zwei 16jährigen ga 7 
ereignete fich in Warschau. Die Knaben 
und L. hatten den Einfall, sich in eine undd 
selbe Dame zu verlieben, ohne daß dieselbe r 
den todeswüthigen Gefühlen ihrer Anbeter 
nur eine Ahnung hatte. Die Nebenbuhler u 
heschlossen, das Loos entscheiden zu lassen, 
pielten drei Partien auf dem Damenhreit 
Zein und Nichtsein. Wer zwei Partien — 
var verpflichtet, sich das Leben zu nehmen. 
verlor, nahm ein Päckchen Phosphorzündholza 
chabte den Phosphor von den Zündkopfen, bereien 
ich einen Trank und genoß ihn wirklich in d 
Absicht, seiner übernommenen Verpflichtung neh 
ukommen. Glücklicherweise bemerkten die Elte 
rechtzeitig die heftigen Symptome der Vergifun 
ind ließen einen Arzt kommen, dem es gelan 
zie Gefahr zu beseitigen. In einem Bücherschrn— 
jand sich ein Brief vor, worin der Knabe Viu 
zeihung erbittet. Die beiden Väter haben den 
derren Söhnen wohl den „schlagenden“ Bewen 
Jelehrt, daß derartige Scherze in Zukunft zu ume— 
lassen seien. 
Die Wittwen von Mailand. di 
sungen Wittwen von Mailand trauern und klagen 
und das Resultat ihrer Klage war ein allerliebsta 
Brozeß, der ein Dutzend dieser Grazien vor da 
dorrektionsgericht geführt hat. Die Hauptwerson 
ieses Wittwenprozesses en gros war ein hülbsche 
22jähriger Mann, Namens Ochner. Der Galgein— 
zrick hatte es verstanden, eine Reihe der reichse 
Dtailänder Wittwen zu ködern, sich ihnen als Off 
ier und Heiratscandidat vorzustellen und ihnen 
chließlich — das Ende vom Lied — nahmhaft 
Beldsummen abzuschwindeln. Mehrere der interessen 
en Opfer, die der Mailänder Aristokratie angehören 
jaben sich nicht zu melden gewagt. Ochner, desser 
Fintritt ein herzbrechendes Klagestöhnen seitens sämm 
licher schnell versöhnter Wittwen begrüßt, wird 
drei Jahren Gefängniß verurtheilt. 
Dsie Feste von Florenz. Der Glanj— 
zunkt der Feste bei Einweihung der neuen Dom— 
agade in Florenz wird ein riesiges Turnier in 
Stil des 14. Jahrhunderts bilden. Das hierz 
cbaute Amphitheater auf der Zecca Vecchia ent 
zält außer den Hoflogen ꝛc. nicht weniger eh 
15,000 Sitz⸗ und Stehplätze. Die an dem Turnie 
heilnehmenden Reiter bilden vier Quadrillen umre 
dem Kommando von Reiteroffizieren des Regiment 
Aosta. Die Hauptleitung des Turniers iß der 
Brafen Marazzani anvertraut. 
F Wien, 7. April. Die Flachsgarnspinnert 
von Gebrüder Rotter in Tampel (Oberhohenelbe) 
velche bei 8000 Spindeln 400 Arbeiter beschäftigt 
st abgebrannt. Funf Arbeiter werden vermiß 
das Eiablissement war mit fl. 270, 000 verficher 
— Der bekannte Cellovirtuose Dawidoff ho 
vie dem .N. Wiener Addbl.“ mitgetheilt win 
»on dem Grafen Wielohorsky ein seltenes Violon 
rello zum Geschenke erhalten. Dieses Instrumen 
ist eine Arbeit des berühmtesten Geigenbaueu 
Antonius Stradivarius, und ist von demselben 
der gläu zendsten Epoche seiner Schaffenszeit, numle 
im Jahre 1712, vollendet worden. Graf Wier 
horsth erwarb dasselbe vom Grafen Apraxin unt 
jolgenden Bedingungen: Er gab diesem ser 
igenes Violoncel eine Arbeit Guarneris, welte 
inzwischen in den Besitz des Großfürften Konstantn 
ines Oheims des Zaren, übergegangen ist, fern 
10,000 Franks bar und das schönste Pferd eu 
seinem Gestüte. Nebenbei gesagt war Guarnen 
dessen Violoncello um so dieles geringer dorn 
vind, der Lehrer des Stradivarius im Geigenben 
4Vonder Großnichte Mozarta 
richtet das , Wiener Tgoͤl.“: In einer durftite 
Zammer eines fernen Vorstadthauses lebt ein 
sime alle Frau. Zu Nolh und Slend hat sich 
ʒer lehten Zeit die Kranthen geseit und wit.h 
in dobpelt chwetes Ungida heraufbeschwoten. * 
deiden machie die Bedauernswerthe arbeitsunfch 
und beraubte sie ihrer letzten Ersparnisse. —— 
vo sie zur Herstellung ihret Gesundheit am dringen 
ten eines Ichtpfennigs bedurfte, ist sie allet Buu 
nittel entbößt, naht sich ihr keine hilfreiche yn 
And die so einsam und verlassen ist. vordi—