Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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xr „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich funfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungß 
Iatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1I M 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.M 75 4, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 8, Neklamen 830 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
Donnerstag, 21. April 1887. 22. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 19. April. Die feierliche Bei⸗ 
zung des Ministers der Justiz Dr. von Fäustle 
qolgie gestern Nachmittags 4 Uhr. Im Trauer⸗ 
ause hatten sich eingefunden: Die nächsten Ver⸗ 
andten, der Präsident des Landgerichts München 
FIrbr. v. Leonrod und Stiftsdechant Dr. Ritter 
en Türk. Der von zwei Pferden gezogene Leichen⸗ 
agen war auf das reichste mit Kranzen und 
zaͤmenzweigen geschmückt und trug auf beiden 
zeiten das Wappen des Verstorbenen, eine Fauff 
uf blauem Grunde und überragt von der fünf⸗ 
odigen Krone, mit Geburts- und Sterbedatum. 
Durch das plötzliche Ableben des bayerischen 
—D 
ines seiner hervorragendsten Mitglieder beraubt 
porden. Die Einführung der norddeutschen Bundes⸗ 
rseße als Reichsgesetze in Bayern, die Vorbe⸗ 
eitung und Durchführung der vielverzweigten Ge⸗ 
ezgebung der letzten fünfzehn Jahre, insbesondere 
er neuen Reichsjustizgesetze, die Theilnahme an 
en Verhandlungen des Bundesrathes, die Sorge 
it die Ausarbeitung der speciellen bayerischen 
zußizgesetzgebung, die Mitwirkung an den diel⸗ 
uchen Reformen der inneren und Finanzverwaltungs⸗ 
eseße und an der praktischen Durchführung der⸗ 
elben, die Reform der Strafanstalten u. s. w. — 
as Alles waren Aufgaben, die eine außerordent⸗ 
ich rüstige und energische Kraft erforderten und 
ine solche war Herr v. Faustle. In seiner ganzen 
dirktsamkeit trat neben strengster Rechtlichkeit na⸗ 
gzentlich das Streben nach Hebung des Richter⸗ 
andes. Befreiung desselben don laͤstigen Neben⸗ 
theiten, Vereinfachung des formalen Dienstes als 
efimmtes Ziel hervor. Unerschütterlich in Ver⸗ 
etung der Rechte der Krone und des Staates 
ahern, hat der Verstorbene wiederholt Gelegenheit 
funden, auch für das Recht des Reiches mannhaft 
nzutreten. * 
Karlsruhe, 19. April. Der seitherige Kom⸗ 
mndant von Karlsruhe, Generalmajor v. Vogel, 
unter Verleihung des Charakters als General⸗ 
eulenant pensionirt worden. Nach dem letzten 
imee⸗Verordnungsblatt wurde der Ober⸗ und 
horps. Auditeur des 14. Armeekorps. Juftizrath 
theißen, zum Vorsitzenden des Schiedsgerichts für 
inmtliche Betriebe der Heeresverwaltung im Bereich 
* 14. Armee⸗Korps ernannt. 
Dainz, 19. April. 10— 12 Sozialdemo⸗ 
uen wurden heute morgen angeblich wegen Theil⸗ 
hme an einer geheimen Verbindung verbaftei. 
Berlin, 18. April. In parlamentarischen 
wisen verlautet, Windthorst gedenke wegen vorge⸗ 
uten Alters seine Mandate für Reichsstag und 
mdtag niederzulegen. (So berichten die „M. N. 
welchen wir die Verantworiung dafür über⸗ 
vn woillen.) * 
Berlin, 19. April. Auf der Teesordnung 
n die Berathung über die Vorlage betreffs Ver⸗ 
erung des kleinen Belagerungszustandes über 
eSiadle Stettin und Offenbach a. M. Reichs⸗ 
Babgeordneter Sabor halt die über diese Siudie 
thungten Maßregeln nicht für gerechtfertigt. Er 
thaudlet, der Steltiner Tumult sei nur in Folge 
iwolatorischen Auftretens der Polizei erfolgt. 
bet Offenbach sei lediglich wegen der Naͤhe Fraut- 
iiz der Belagerunaszustand verhängt worden. 
dom, 19. April. Der Papft empfing gestern 
drinzeffin Friedrich Karl von Breußen 84 
von ihrem Hofstaate und dem Gesandten Schlözer 
egleitet war. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Es scheint beim Publikum noch nicht allge⸗ 
nein bekannt zu sein, daß in dem zu errichtenden 
dreiswaisenhause für die Pfalz arme Pfälzer Wai⸗ 
en „ohne Unterschied der Religion? Aufnahme 
inden werden. Aus diesem Grunde ersucht der 
Vorstand des pfälz. Fechtverbandes um Veröffent⸗ 
ichung des 82 des Statuts der „Pfälzischen 
dreisfechtschule,“ welcher folgendermaßen lautet: 
In dem zu errichtenden Waisenhause sollen arme 
Bfälzer Waisen beiderlei Geschlechts ohne Unterschied 
der Religionsgemeinschaft, der sie angehörien. 
Pflege und Erziehung finden und neben dem 
Schulunterricht auch gründliche Unterweisung 
n dem Bekenntnisse ihrer Religionsgenossenschaft 
erhalten. 
— Forstorganisation. Der jetzige Stand der 
Forstorganisation ist folgender: Zu formiren sind 
noch 34 Forstämter und zwar in Oberbayern 8, 
Niederbahern 6, in der Pfalz 1. Oberpfalz 1 
n Oberfranken 1, Mittelfranken O, Unterfranken 
b, Schwaben 2; aufzuheben sind noch: 69 Forst⸗ 
rebiere und zwar in Oberbayern 16, Niederbayern 
12, in der Pfalz 3, Oberpfalz 2, in Oberfranken 
2, Mittelfranken 18, Unterfanken 13, Schwabden 4. 
— Die Pfalz. Bahnen haben im ersten Viertel⸗ 
jahr 1887 154,229 M. mehr vereinnahmt, als 
in dem gleichen Zeitraum des Vorjahres. 
— Das Ziuahrige Söhnchen des Ackerers 
Bhilipp Breier aus Habkirchen fiel oberhalb des 
Mühlanwesens in die Blies und konnte trotz aller 
Mühe bis jetzt noch nicht aufgefunden werden. 
— Vom Remigiusberg., 18. April. Heute 
Norgen wurde Herr Lehrer Gödel von Hasch⸗ 
ach todt aufgefunden. Gödel machte gestern moch 
erschiedene Ausgänge und ist vermuthlich von einem 
Schlaganfall betroffen worden; derselbe ist eiwa 60 
Jahre alt und wirkte seit etwa 80 Jahren ununter⸗ 
rochen als Lehrer in Haschbach. (Pr.) 
— Speier, 16. April. Nachdem das hie⸗ 
ige Hotel „Rheinischer Hof“ mit dem heutigen 
Tage seinen Befitzer gewechselt hat und voraussicht⸗ 
ich wiederum gedeihlich emporblühen wird, soll wie 
vir hören, auch ein anderes altrenommirtes Hotel, 
der „Wittelsbacher Hof“ (zur Post). demnächst in 
indere Hände übergehen und der Verlaufsabschluß 
— wir hoͤren von 100,000 Mk. — in diesen 
Tagen zu erwarten sein. (Sp. 3.. 
— Ludwigsdbafen, 18. April. Der Buch- 
halter eines hiefigen groͤßeren Kohlengeschäftes wurde 
zestern Nachmittag verhaftet und nach Franlenthal 
in Untersuchungshaft abgeführt. Wie es heißt, 
'oll die Verhaftung wegen Verdachts begangener 
Anterschlagungen erfolgt sein. 
WVermischtes. 
* Ottweiler, 18. April. Der Schreden 
ür Ouweiler, der „Holzberg,“ welcher schon seit 
Jahren in Bewegung ist und während des letzten 
Winters wiederholt bedenkliche Spuren seiner Feftig⸗ 
eit gegeben, ist zur Zeit in so gefahrdrohendem 
Rutschen begriffen, daß sich die Orlsbehörde veran⸗ 
aßt steht, vor dem Betreten der gefährdeten Stellen 
dem Gastwirth Fried'schen Eigenthun) zu warnen 
ind das Betreten gefährlichsten Stellen strengstens 
zu verbieten. 
7Müunchen. Der verstorbene Minister Dr. 
v Fäustle binterläkt eine Gattin und drei Töchter 
Von letzteren ist eine an den geheimen Sekretär im 
Staatsministerium der Justiz, Heinrich Thelemann, 
die zweite an den Banquier Herrn Finn verheirathet, 
während die dritte noch im elterlichen Hause lebt. 
Bei dem unbedeutenden Gewitter der vorigen 
Woche wurde in der Nähe von Nördlingen 
ein Dienstmädchen auf offenem Felde vom Blitz 
erschlagen. 
FAbgewiesenes Gnadengesuch. In 
den Berliner studentischen Kreisen erregt es Auf⸗ 
sehen, daß das Gnadengesuch des s. Z. wegen 
Duells mit tödtlichem Ausgang zu 5 Jahren Festung 
derurtheilten Studiosus Oehlke abschlägig beschieden 
vorden ist. Oehlke sitzt bereits mehrere Jahre in 
Blatz und wird nun seine volle Strafzeit abzubüßen 
haben. — 
7r7Personen⸗-Verkehram Osterfesi 
in Berlhin. Die Stadt⸗und Ringbahn befoörderte 
am ersten Feiertag 129,203 Personen; am Mon⸗ 
jag schnellt diese Ziffer gewaltig in die Höhe — 
das ist der von Alters her zu den Ausflügen ge⸗ 
heiligte Tag — nicht weniger als 197,613 Per⸗ 
onen wurden von hier an diesem Tage befördert. 
Am Dienstag finkt die Ziffer um mehr als 100,000 
Zersonen zurück — sie beträgt nur 92,313 Per⸗ 
onen — und man mag daraus ermessen, wie schwierig 
die Verwaltung eines Unternehmens ist, bei dem in 
der Ziffer der zu bewaͤltigenden Massen ein Spiel⸗ 
aum von 100,000 zwischen zwei Tagen liegt 
Im Ganzen also beförderte die Stadtbahn 419,829 
Personen. Von der großen Berliner Pferdebahn 
wurden befördert am Sonntag 316,118 Personen, 
am Montag 864,585 Personen und am Dienstag 
335,000 — zusammen an den Ofstterfeiertagen 
1,016,191 Personen, gar nicht soweit entfernt von 
der Gesammtziffer der Berliner Bevölkerung. 
F Wo sind die Milliarden geblieben? Ein 
summarischer Nachweis, wo die seit 1871 von 
Frankreich als Kriegsentschädigung bezahlten 5 
Milliarden geblieben sind, darf wohl auf einiges 
Interesse rechnen. 5 Milliarden Francs sind be⸗ 
kanntlich genau gleich vier Milliarden Mark, und 
soll daher letztere Summe zu Grunde gelegt werden. 
Wir wollen mit dem erfreulichsten Theil beginnen: 
Nahezu den vierten Theil oder eine Milliarde be⸗ 
fitzt das deutsche Reich noch gegenwärtig in 5 Fonds, 
dem Invalidenfonds, welcher allein mit 561 Mil⸗ 
lionen dotirt ist, dem Reichs ⸗Festungsbaufonds, dem 
Reichs⸗Eisenbahnbaufonds, dem bekannten Kriegs⸗ 
schatz im Juliusthurm in Spandau (120 Millionen) 
und dem Fonds fuür das Reichstagsgebäude (24 
Millionen), wozu stets die beträchtlichen, seit 1873 
aufgelaufenen Zinsen treten.) Die zweite Milliarde 
ist lediglich durch die Hände des Reiches gegangen, 
indem mit derfelben sofort die drei Kriegs⸗-Anlehen 
bon 120 Millionen, 100 Millionen und 120 Mil⸗ 
lionen preußische Thaler — 1020 Millionen Marl 
getilgt worden find. Von den beiden letzten sind 
etwwa 114 Milliarden verwandt zum Ersatz der 
direkt durch den Krieg erwachsenen Schaden; wir 
rennen nur die Hauptrubriken;: für die Wiederher⸗ 
zellung der gesammten im Feldzuge verschlissenen 
deeresausrustung (das sogen. Retablissement) 820 
Hiislionen, die Vergütung sämmtlicher Kriegsschäden 
in Elsaß⸗Lothringen und Baden (Kehl), saͤmmtliche 
Schäden der deutschen Rhederei durch die Kaperei, 
die Entschädigung der aus Frankreich derjagten 
Deutschen, die Erstattung sammtlicher Kriegskoster 
der deutschen Gemeinden (Einquartierung, Fuhrea). 
—öAXLVV 
rung sämmtlicher Truppen. Vorräthe, Gefangenen