Full text: St. Ingberter Anzeiger

Berlin, 14. Mai. Folgender Vorgang 
zur allgemeinen Warnung dienen: Der 
ee es hiesigen Kommetzienrathes war wegen 
nin Betruges zu 10 Mark Geldstrafe verur⸗ 
au orden, weil er die auf den Namen eines 
unn ausgestellte Saisonkarte zur Jubildums—⸗ 
u ung benutzt hatte. Infolge dieser Ver— 
8 wurde ihm die Berechtigung zum ein⸗ 
e itigen Militärdienst entzogen. 
Breslau, 13. Mai. Der Doltor der 
—* und der Philosophie, Privatdozent an der 
n Universität Gustav Joseph, angesehener 
vnn medizinischer Autor, berühmter Briefmarken ⸗ 
—* wurde gestern angeklagt wegen Diebstahls 
hener Marken, uach achtstündiger Verhandlung auf 
ihm gebilligten Antrag seines Vertheidigers 
gerenanstalt zu Leubus zur Beobachtung üdber 
sen. Der Fall erregt hier peinliches Aufsehen. 
Einen interessanten Sanitätsbericht über die 
utschen Heere im Kriege gegen Frankreich 1870 
1871 hat soeden das internationale Komitee 
Gesellschaft vom roten Kreuz in einem Bulletin 
aausgegeben. Es haben deutscherseits während 
g Krieges 33,101 Offiziere, Militär⸗Aerzte und 
ntuonäre, sowie 1,113,254 Soldaten die fran⸗ 
sische Grenze überschritten, während 9319 Offiziere 
ind 8388.,788 Soldaten als Reserve Armee in 
Juhschland zur ückblieben. Von der altiven Armee 
uden nicht weniger als 98,283 Mann tötlich, 
wer oder leicht verwundet, und zwar entfielen 
J diese Zaht 1796 Verwundungen mit der blanken 
haffe und 96,437 auf solche von Feuerwaffen. 
chhiere vetteilen sihh wieder auf Flinten- und 
olberkugeln, die Y1,6 pBt., und auf Artillrie— 
Jchofse, die 8.4 pZt. für sich in Anspruch 
chmen. Merkwürdig ist auch die Zusammenjtell- 
ig von der mörderischen Wirkung der einz lnen 
dlachten während des Feldzuges Zu den om 
nigsten gesfährlichen gegört die Schlacht bei Sedan, 
iider von den Komdattanten 3,8 pBZt. getötet 
det verwundet wurden. Noch gnädiger ging es 
Le Mans und Amiens zu, wo nur 2,4 respektive 
7 pzt. fielen oder verwundet wurden. Die 
ͤrderischste Schlacht des ganzen Feldzuges war 
e bei Mars-la-Tour am 16. August 1870 mit 
6b,88 pgt. Verlust von 83,567 Kombaitanten. 
ebrigens belehrt uns eine den vorstehenden Ziffern 
igefügte Zusammenstellung, daß viele Schlachten 
früheren Kriegen noch weitaus schrecklicher waren. 
o verloren die Preußen 1757 bei Kolin 40 pZt., 
ie Oesterreicher bei Aspern 30 und die Franzosen 
ott sogar 530 pZt. In der Schlacht bei Leipzig 
etlor das York'sche Korps in dcei Stunden 25 
ud das von Kleist in zwei Stunden 30 pgt. 
einer Leute. 
Der Hypnotiseur im Löwenkäfig. 
die Vertreter der Pariser Presse waren am letzten 
fitiwoch Nachmittags zu einer Vorstellung in dem 
zaale der Folies ⸗Bergere geladen, wo den Gästen 
in seltenes Schauspiel geboten wurde. Ein junger 
oͤre, „Romulus“, und zwei Löwinnen „Saĩda“ 
id „Sarah“, waren aus einer Menagerie von 
un Lebkuchenmarkte der Place du Trone mit 
wrem Bändiger, dem 20jährigen Italiener Gia⸗ 
ometti, hereingebracht worden. Die Fahrt hatte 
ie beiden Weibchen aufgeregt und sie schienen noch 
yilder als sonst, während ‚Romulus“ grimmig in 
inet Ecke lag. An ihren Zwinger wurde ein 
zakafig gestoßen, in welchem der Magnetiseur de 
Ach eine Somnambule, Mlle. Lucia, hypnotifirte 
ind ihr dann befahl, ihm in den Löwenzwinger 
ufolgen. Hier ließ er die Schlafende verschiedene 
Atelungen einnehmen, und Giacometti zwang die 
Fesfien, fie zu umkreisen, über sie hinweg zu 
dringen ꝛc. Der Haupieffekt bestand aber darin, 
aß man Lucia den Kopf in den offenen Rachen 
et Löwin „Saida“ legen ließ. Dann stand das 
üdchen wieder aufrecht wie eine weiße Siatue 
nter den Thieren, indeß diese, von einer, Sonne“, 
alche Giacometti schwang, in Wuth versetzt, die 
ühändigsten Sprünge machten, deren einer Lucia 
Boden warf. Sie fiel, wie die Zuschauer ver⸗ 
dhern, wie ein lebloses Ding hin, erwachte aber 
olge der Erschütterung und erhob sich schlaf⸗ 
nken, dem Winke Corcys, die gefährliche Gesell⸗ 
daft zu verlassen, folgend. 
Mademoiselle Mars, die berühmte franzö— 
teschauspieletin, geht im Tuileriengarten spozieren. 
an junge Gardes du corps machen spottische 
imerkungen und sprechen ganz laut den Namen 
et Künsilerin aus Diefe wendet sich um und 
ragt: „Nun, was hat Mars mit den Gardes 
iu corps zu thun?“ 
7 Brüssel, 15. Mai. Ein Syndikat von 
zelgischen, russischen und deutschen Financiers, dessen 
Zitz in Brüssel ist, übernahm den Eisenbahnbau 
»on Teheran nach „Schah Abdul Azim,“ sowie 
zie Herftellung der Linie, welche das kaspische Meer 
nit dem persischen Meerbusen verbinden soll. 
Eine Jubilaums-Haube.) Königin 
Biktoria von England feiert, wie bekannt, am 20. 
Juni d. J. ihr fünfzigjähriges Regierungsjubiläum, 
uind das Fest wird entsprechend seinem seltenen 
Borkommen mit internationalen Sympathie⸗ und 
khrenbezeigungen begangen. Unter den der jubi⸗ 
lirenden Koönigin dargebrachten Geschenken wird 
nuch eine Wittwenhaube figuriren, die der mit dem 
Wittwenstaud längst vertrauten englischen Königin 
jon einer jungen Wittwe, der Königin Christine 
on Spanien, verehrt wird. Diese Wittwenhaube 
st denn auch eine Spezialität, die ihren eigenen 
Ziographen fordert. Die Haube baut sich auf aus 
ostbaren spanischen Spitzen mit gestickten Schleiern, 
ne bis zum Fußboden wallen. Der Stirntheil ist 
nit einem perlengestickken Diadem geschmückt, einer 
»andarbeit der Königin Christine. Das Ganze ist 
inem altspanischen Modelle nachgebildet, das die 
königin auf dem Porträt einer vor vielen hundert 
Jahren verstorbenen Königswittwe in der Bilder⸗ 
jalerie ihres Palastes entdeckt hat. Dem Geschenke 
st ein eigenhändiges Schreiben der Regentin bei⸗ 
egeben, in welchem sie sagt, sie habe sich in ihren 
chweren Stunden stets nach dem leuchtenden Vor⸗ 
zi!de ihrer Schicksalsgenossin auf dem englischen 
Throne gerichtet. Ueberbringerin der Haube, zu— 
leich Vertreterin der Königin Christine auf dem 
Faste in London, ist Prinzessin Eulalia. 
London, 14. Mai. Bei Torquay (zwischen 
Bortland und Plymouth) sprang der Dampfkessel 
ines unter vollem Dampf befindlichen Torpedos. 
die Bemannung flog mit in die Luft. 
Im Jahre 1886 sind in London 40 Per⸗ 
onen Hungers gestorben. 
7 Wien, 13. Mai. Heute wurde der Leich⸗ 
iam der ermordeten Rosa Ferenczy in Preßburg 
jeländet; dieselbe wurde am 29. Dezember 1883 
hon dem Mädchenmörder Hugs Schenk ermordet 
ind in die Donau geworfen. 
PKonstantinopel, 5. Mai. Während 
»es vergangenen Bairamfestes überfielen fünf Stu⸗ 
enten der hiesigen Medresseh (mahomedanisch-theo⸗ 
ogisches Seminar) Schezadeh Baschi ihren Pro— 
essor Ali Effendi, der sie bei einer Prüfung hatte 
urchfallen lassen, in seinem Studirzimmer und er— 
tachen ihn sammt seinem Diener, der seinem Ge— 
ieter zu Hülfe geeilt war. Gestern standen nun 
ille fünf Angeklagten vor dem hiesigen Criminal« 
gericht, das die drei Hauptschuldigen derselben. 
Achmed und Mehemed Tschausch und Omar Hama— 
ur, zum Tode durch den Strang, den vierten, 
Ali Chara, zu zehnjähriger Festungshaft verurtheilte, 
den fünften dagegen, Naamann, gänzlich freisprach. 
Der Repräsentänt des Kaisers 
Wilhelm. Aus Konstantinopel wird dem 
„W. Frobl.“ folgender interessante Zwischeufall 
jemeldet: Bei einem der letzten Selamtiks waren 
juch die durchreisenden indischen Prinzen zugegen. 
SZir Drummond Wolff hatte den Rajas Ehren⸗ 
lätze angewiesen und diese fanden sich auch in 
hren mit Diamanten verzierten seidenen Gewändern 
vort ein. Als nun der deutsche Gesandte Baron 
stadowitz bei seinem Eintreten in den Kiosk keinen 
reservirten Platz fand, von dem er den Zug des 
Jadischahs hätte anschauen können, beschwerte er 
ich beim Kämmerer des Palastes, welcher Sir 
)rummond leise einige Bemerkungen zuflüsterte. 
der englische Diplomat näherte sich seinem deutschen 
dollegen mit den Worten: „Es thut mir unendlich 
eid, Baron: aber was wollen Sie, die Rajas sind 
)oheiten!“ — „Und ich, Monsieur“, erwiderte 
rocken Baron Radowitz, „ich bin der Reprä— 
entant des Kaisers Wilhelm.“ — Und 
nit diesen Worten verließ er ostentativ den Kiosk. 
lber nach Schluß der Zeremonie wurde er vom 
Zultan in Privat⸗-Audienz empfangen, der sich in 
fFreundschaftsbetheuerungen für Kaiser Wilhelm und 
einen Vertrelter erschöpfte. 
F (Deutsche Frauen in Ostafrika.) 
Am 12. Mai verließ Fräulein Frida v. Bülow 
zZerlin, um sich nach Zanzibar zu begeben. In 
Zanzibar will Fräulein v. Bülow, dem Anttage 
»es deutschnationalen Frauenbundes gemäß, das 
este HKHrankenbaus des Frauenbundes errichten. 
F Berühmte Sänger reisen heutzutage mit 
einem Gefolge, wie man es in früheres Zeit nur 
bei fürstlichen Persönlichkeiten kanate. So führt 
der italienische Tenor Masini, der soeben die Reise 
hon Mailand nach Buenos Aires zu einem dortigen 
Engagement angetreten hat, einen Leibatzt. einen 
Pribatsekretär und zwei valets de chambre mit 
sich, außerdem reist ihm ein Courier voraus, der 
allerorts für die Unterkunft des hohen Reisenden 
und seiner Begleitung zu sorgen hat. Besagter 
Tenor kann sich diesen Luxus gestatten. Für ein 
50maliges Auftreten ist ihm die Summe von 600,000 
Mark garantirt. Sänge er jeden Abend, so würde 
das ein Jahreseinkommen von mehr als 4 Mil⸗ 
lionen Mark ausmachen. Ein Sänger kann aber 
selbstverständlich nicht jeden Tag auftreten, und 
so sollen die 50 Abende sich auf einen Zeitraum 
von 3 Monaten vertheilen. Ein monatliches Ein⸗ 
kommen von 120,000 Mark bleibt indeß immer⸗ 
hin eine schöne Sache. 
FNew⸗Orleans, 8. Mai. Während 
eine Anzahl Negerkinder heute nach baptistischer 
Weise im Flusse getauft wurden, stürzte ein Ge⸗ 
länder an der Werfte, wo die Feierlichkeit siatt⸗ 
fand, ein und mehrere Hundert Personen fielen 
in's Wasser. Zehn Personen, meistens Kinder, 
ertranken. 
7 Melbourne, 12. Mai. Auf der Brighton⸗ 
Fisenbahn fand heute Abend ein Zusammenstoß 
wischen dem nach Brighton unterwegs be— 
indlichen Expreßzuge und einem anderen Zuge 
tatt. Der Lokomotivführec und Heizer, sowie 3 
Passagiere des Expreßzuges wurden auf der Stelle 
getödtet, und 50 Personen trugen Verletzungen 
zavon, zwei darunter so schwere, daß an ihr Auf⸗ 
kommen gezweifelt wird. 
Fe„J dank schön, bester Herr, für das schöne 
Almosen. Ja, bei so einem Herrn Wohlthäter, 
vie Sie, da kriegt Unsereiner erst die rechte Auf⸗ 
nunterung, die rechte Lieb und Lust zum Betteln!“ 
— Musikalisches. Kapellmeister: „Ja, wie blasen 
Sie denn eigentlich?“ — Mußsiker (ich entschuldi⸗ 
gend): „Ich blas so schön hinein, ich weiß nicht. 
worans liegt, daß es so garstig herauskommt.“ 
— Einem sehr alten Manne starb die 60jährige 
Tochter. An ihrem Sarge jammerte er: O 
dimmel, wie unglücklich bin ich! Jeztzt hab ich 
das Mädel aus dem Gröbsten heraus und nun 
tirbt sie mir! 
(Nicht das ganze Alphabet. A: Aber 
derr Baron, ich werde irre an Ihnen! Warum 
voslen Sie denn die Verlobung mit Fräulein v. 
Zraunfels aufheben? Sie haben doch A gesagt und 
verden nun auch B sagen müssen. 
B: Alles, was Sie wollen, mein Lieber. Ich 
werde B sagen, auch allenfalls noch C und D; 
aber niemals — Eh'! (Schalk.) 
(In die Falle gegangen.) „Mein Fräu—⸗ 
lein, ich liebe Sie ...!“ 
„Ader ich habe keinen Heller Vermögen!“ 
„Ja, Sie ließen mich vorhin nicht aussprechen. 
Ich liebe Sie nicht!“ 
„So? Ich wollte Sie nur prüfen! Ich habe 
nämlich ein Vermögen von 60 000 Mark!“ 
„Ja, Sie haben mich vorhin wieder nicht aus⸗ 
sprechen lassen. Ich liebe Sie nämlich nicht ihres 
Beldes wegen!“ 
„Nun, das freut mich! Das mit den 60 000 
Mark war nur ein Scherz!“ 
Kindermund. Der kleine Karl (beim Spielen 
von „Schwarzen Peter“): Nicht wahr, Mama, in 
Tamé«run spielen die Kinder doch weißen 
Veter? (Hum. Vl.) 
Für die Redaktion verantwortlich F. X Demetz. 
Ruxkin und Noupeauté's für Herren⸗ 
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franco. 
ayer ch⸗Pfaͤlzische Rorddahn⸗Prioritäten von 
1880. Die nächste Ziehung findet Ende Juni 
tatt. Gegen den Coursverlust von ca. 4 p&Et. 
ꝛei der Ausloosung übernimmt das Bankhaus Carl 
Neuburger, Berlin, Französische Straße 13, die 
Bersicherung für eine Prämie von 6 Pf. pro 100 
Martk.