Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
7et. Jugberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fienfimal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
glatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1.M 60 — einichließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen —R 75 ., einschließlich 
—24 Zustellungsgebuů hr. Die Einrückungsgebühr far die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraben aus der Pfalz 10 ,, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunst ertheilt, 135 4, Reklamen 30 A. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. * 
Deutsches Reich. 
Berlin, 8. Juni. Zum Befinden des 
88 n meldet das „Berliner Tageblatt“: 
cs in dirckt unwahr, daß der Kronprinz irgend 
zuͤche Schmerzen empfinde. Im Gegentheil veran⸗ 
ßt gerade der Umstand, daß er sich völlig schmerzens⸗ 
frei und durchaus wohl fühlt, den Kronprinzen, 
hielfach die ihm von den Aerzten empfohlene 
„chonung außer Acht zu lassen. So badet er 
aglich in der Havel und macht an jedem Vormit ⸗ 
—— welchem 
Fshäufig in so scharfem Galopp reitet, daß der 
deiiknecht ihm kaum zu folgen vermag. Auch unter⸗ 
nimmt der Kronprinz weite Spazierfahrten. Ferner 
hat er vor einigen Tagen der Hochzeit seines Ad⸗ 
udanten, des Grafen Schlieffen, beigewohnt und 
ich hierbei durchaus wohl und munter gezeigt. 
Ebenso ist auch die Mitheilung der, Debats“ direkt 
qus der Luft gegriffen, daß die Aerzte Salben und 
Jodeinpinselungen zur Hebung des Leidens anwenden. 
Rach wie vor beschränkt sich die Behandlung des 
johen Patien‘en vielmehr lediglich auf Gurgeln und 
nhaliren. 
Berlin,, 4. Juni. Der Reichstag tritt 
m Tienstag wieder zusammen und wird voraussicht⸗ 
ich am 10. Juni die zweite Lesung der Brannt⸗ 
peinster-Vorlage beginnen und damit am 11. 
zu Ende kommen. Der Schluß der Reichstags- 
session wird zwischen dem 18. und 21. zu ermöglichen 
sein, fals der Reichsstag in diesen zwei Wochen 
deschlußsähig bleibt. 
Ausland. 
Zur Arbeiterbewegung in Belgien, 
eren Abnahme man bereits signalisirte, wird dem 
„P. Ll.“ gemeldet, daß die Agitation in Brüssel 
wochst. 4000 haupistädtische Arbeiter striken be— 
rejts. Es fanden mehrere Meetings statt. Die 
Zürgergarde ist theilweise konsignirt. Das Kohlen⸗ 
dergwerk, Allianz“ bei Charleroi wurde mit Dynamit 
heilweise in die Luft gesprengt. 
Paris, 4. Juni. Aus Belfort wird berichtet, 
daß die in Altmünßerol verhafteten französischen 
Bahnbeamten wegen Mangels an Beweisen entlassen 
vurden — Nach radikalen Blättern besteht ein 
Zwiespalt zwischen Rouvier und Ferron, da 
letzterer ein Feind der Kolonialpolitik sei, doch wird 
offiziell dementirt, Ferron habe zu Clè menceau 
gesagt: Ich werde Tonkin räumen. Man dementirt 
ierner die Nachricht, daß Ferron die Fabrikation 
»ꝛes neuen Repetirgewehres habe einstellen lassen. 
„Temps“ lobt die Absicht Ferrons, das Gesetz 
über die Unterofsiziere abäuündern. um ihre Autorität 
u heben. 
Paris, 4. Juni. General Boulanger, dem 
in Commando angeboten wurde, lehnte dasselbe 
ib, indem er bat, noch eine Zeit lang zur Ver⸗— 
lügung bleiben zu dürfen. — Der „Temps“ meldet: 
der Qriegsminister wird unverzüglich einen Gesetz⸗ 
uswurf an die Kammer gelangen lassen, durch 
velche dier neue Cavallerie-Regimentert 
geschaffen werden sollen; er wird um die Bewillig- 
as noch vor dem Beginn der Ferien ersuchen. 
8 soll hierdurch die sofortige Buͤdung einer 6. 
hapallerie Dibission ermöglicht werden. Uebrigens 
oll diese Maßregel keinen hemmenden Einfluß auf 
ie Erböhnng und Starke einer Anzahl von Caval⸗ 
ieregimentern haben, die als unumgänglich be— 
chlossen worden ist, um der betreffenden Stärke 
Nachbarländer gleichzukommen. 
dandacn 2W31181 N MaArn 82 DM-— 
Montag, 6. Juni 188s13.. 
22. Jahrg. 
„City of Rome“ langte gestern Abend in Liwver⸗ 
pool die Königin Kapiolani der Hawaii⸗Insel mit 
hrem Gefolge an. Dieselbe kommt nach England, 
um den Festlichkeiten zur Feier des Regierungs⸗ 
zubiläums der Königin Victoria beizuwohnen. 
London, 4. Juni. Nach einem Telegramm 
des Standard aus Newyork hat der bekannte Dy 
namitheld O'Donovan Rossa um den Schutz der 
Polizei gebeten, da sein Leben bedroht sei, wahr⸗ 
cheinlich wegen verschiedener Geldunterschlagungen. 
— Die Zahl der Fenier in New NYork wird auf 
3000 geschätzt, mit einer Einnahme von 4000 
Dellars monatlich. Mit dem Ausstoßen O'Donovan 
Rossa's soll lediglich das Publikum getäuscht werden 
und die Fortdauer der Thäthigkeit der Gesellschaft. 
GSr. 3) 
Lokale und pfäauztiche RNachrtaten. 
* St. Ingbert, 6. Juni. Am Samstag 
Abend hatte die Gesellschaft „Harmonie“ für ihre 
Mitglieder im Oberhauser'schen Saale eine Unter⸗ 
jaltung arrangirt, die recht zahlreich besucht war. 
die beiden zur Aufführung gelangten Lustspiele 
„Der Liebesbrief“ und „Papa hats erlaubt“ boten 
in ihrer vortrefflichen Darstellung so viel des 
domischen und Heiteren, daß die Lachmuskeln fast 
unausgesetzt in Thäatigkeit versetzt blieben, und nach 
dieser Seite also die „Unterhaltung“ das beste 
Fahrwasser hatte. Den Mimen gebührt darum 
nuch der beste Dank der Gesellschaft, der zwar schon 
zei vffener und geschlossener Scene durch lebhaften 
Applaus reichlich gespendet wurde, aber auch an 
dieser Stelle den verehrten Bühnenbeflissenen nicht 
vorenthalten bleiben darf. Der musikalische Theil 
der Unterhaltung lag in den Händen des als 
Violoncellospieler wohlbekannten Herrn Lehrer 
Miede! aus Kaiserslautern. Das vortreffliche, 
semüthvolle Spiel des Genannten war ganz ge—⸗ 
ignet, zur Erhöhung der Stimmung und des Ver⸗ 
znügens wesentlich beizutragen. Daß natürlich Herr 
Miedel von seiten der Zuhörerinnen und Zuhörer 
die gebührende Anerkennung fand, versteht sich von 
selbst. Ihren Abschluß erhielt die Unterhaltung 
mit einem Tänzchen, dem sich der jüngere Theil 
der Gesellschaft mit Eifer hingab. 
— Landstuhl, 4. Juni. Die heutige Ver⸗ 
ammlung pfälzischersranntweinbrenner 
prach sich für eine entsprechende hohe Nachbe⸗ 
teuerung (im Sinne der Regierungsvorlage) 
aus. Was den Reinigungszwang anlangt, 
so wurde eine Resolution angenommen, in der der 
Wunsch auf Erleichterung dieses Verfahrens zum 
AUusdruck gebracht und die Bestimmung der Regie⸗ 
ungsvorlage, daß für Kornbranntwein eine 
—R 
Fittz wurde beauftragt, nach Berlin zu reisen und 
vährend der Verhandlungen über die Brannwein- 
teuer⸗vorlage für die Interessen der süddeutschen 
Brenner zu wirken, während Herr Geitner dem 
Zerrn Finanzminister v. Riedel den Dank der 
pfälzischen Brenner aussprechen soll. 
— Kaiserslautern hatte am 31. Mai 
1887 einen Bevölkerungsstand von 33.740 Personen. 
— Auf der HundeAusstellung in 
Zür ich erhielten die Herren Krause (Trippstadt) 
und Freiherr v. Gienanth Mochstein) erste 
LPreise. 
— Siebeldingen, 2. Juni. Hert Adjunkt 
ind Wirih Rebholz dahier hat einen jungen 
Rirsch, welcher sich ganz pomadig durch einen Hund 
augen läßt. Das seltene Vorkommnik kanr 
X b6bo ad α 
— Edenkoben, 1. Juni. Nach der „Ggt.“ 
hat Herr Emanuel Kern gegen das Urtheil des 
igl. Landgerichts Landau Redision zeingelegt. 
— Neustadt, 3. Juni. Am Sonntag den 
12. d. M. findet dahier um 11 Uhr die 20. Jahres⸗ 
»ersammlung des Vereins pfälzischer Gymnasial— 
ind Studienlehrer statt. Für dieselbe sind folgende 
Anträge angemeldet: 1) von Herrn Studienlehrer 
Dr. Mehlis (Dürkheim) über „die Ergehnisse der 
Ausgrabungen zu Obrigheim“ (mit Demonstrationen) 
)) von Herrn Studienlehrer Dr. Keiper (Zwei— 
rücken) über „den gegenwärtigen Kampf gegen die 
Fremdwörter und den Gymnafialunterricht.“ Um 
Uhr findet ein gemeinsames Mittagessen im Saal⸗ 
»au statt. Der Nachmittag soll geselliger Vereinig⸗ 
ung gewidmet sein. FF 
— Ludwigshafen, 3. Juni. Wie der 
„G.A.“ hört, hat sich der katholische Fabrikrath 
dahier wegen Errichtung einer zweiten katho— 
tischen Pfarrei (auf dem Hemshof) bereits an 
das kgl. Bezirksamt gewandt. 
Vermischtes. 
Saargemünd, 4. Juni. Das durch den 
Regen eingetretene Hochwasser hat in der Nacht 
um Freitag die eben fertig aufgeschlagene Militär— 
chwimmschule fortgeschwemmt und durch die Wucht 
einer Gewalt das städtische Waschschiff leck gemacht. 
Dasselbe sank nach der Sg. Ztg. nachmittags 
zwischen 4 und 5 Uhr ganz plötzlich, und nur 
mit großer Mühe konnten die sich darauf befind⸗ 
lichen Wäscherinnen retten. Manch schönes Wäsche⸗ 
fück ging in den Fluten verloren, ja ganze Körbe 
voll sah man davoneilen. 
F Darmstadt, 4. Inui. In Zwingenberg 
st vergangene Nacht infolge andauernden Regens 
ein Haus eingestürzt. Eine Frau ist getödtet, zwei 
dinder schwer verletzt. — 
München, 8. Juni. Der Mörder des 
Hendarmen Behringer, Placzok, kommt nun doch 
noch vor das nächste Schwurgericht, obwohl er den 
Termin der Verhandlung dadurch hatte hinaus—⸗ 
chieben wollen, daß er Zeugen angab, die aufzu⸗ 
uchen, lange Zeit eifordert hätte. 
p'München. Zwei Electrotechniker, Mestern 
und Helldobler, haben eine Art Telephon erfunden, 
velches das gesprochene Wort und Säztzee direct in 
eigenthümlicher Schrift auf chemisch vrävparirtes 
bapier überträgt. 
f Berlin. Viel besprochen wird die Thatsache, 
daß die Gesellschaft Cockerill in Belgien bei der 
letzten SchienenSubmission der pfälzischen 
Bahnen 4500 Tons Schienen erhalten hat. Die 
Belgier sind, abgesehen von den günstigen Trans⸗ 
voriVerbindungen, deren sie sich erfreuen, haupt⸗ 
achlich infolge der niedrigen Löhne und absoluten 
Mangels von Leistungen für Krankenund Unfall- 
dersicherung in der Lage, unsere deutschen Werke 
zu unterbieten. Wie man hört, steht demnächst 
wieder die Vergebung größerer Posten von Schienen 
und anderem Eisenbahn⸗-Material für die vom Reiche 
zu subventionirenden Bahnen und zwar in nächster 
Zeit in Württemberg bedor. Es bleibt dringend 
zu wünschen, daß bei diesen Vergebungen die deutsche 
Industrie den Vorzug erhält und daß Offerten des 
Iuslandes nicht blos von dem ausschließlich sinan⸗ 
iellen Standpunkt aus beurtheilt und gewürdigt 
verden. 
Pest, 3. Juni. Die Theiß⸗Schleuje-Mis⸗ 
risza ist vollständig weggerissen. 4000 Mann 
haen an der vefährdeten Stfelsen Man hofft.