Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
Tet. Ingberter Anzeiger erscheint wochentlich fünfmal? Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2 mal wöochentlich mit Unterhaltungs 
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F zuftellungsgebshr. —A — 
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* Zum 13. Juni 1887. 
Wenn uns ein theures Familienglied entrissen 
ac dann hüllen wir uns in Trauer und legen 
m zeichen derselden nicht ab— ehe nicht ein Jahr 
osen ist. Im Herzen freilich da ldicht nicht 
ju die Trauer aus, da bleibt eine Narbe zu⸗ 
id wenn auch die alles mildernde Zeit die blutende 
hunde scheinbar geheilt Ein solches Trauerjahr 
— heutigen Tage hinter uns, hinter der 
wien Familie des bayerischen Stammes und Volkes. 
— Jahresfrist endete unser guter Köͤnig 
Hwig II. sein Leben in den Fluthen des Starn⸗ 
mgersees — darin sein unnennbares Leid be— 
achend, aber auch Leid und Trauer in die Herzen 
Ines ihn treu liebenden Volkes senkend. 
der 18. Juni wird steis ein Tag der Trauer 
zir das bayr. Volk bleiben, ein Tag ernsten Ge—⸗ 
untens, wehmüthiger Betrachtung. Und König 
Adwig hat es gar wohl verdient, daß an seinem 
odestage seiner stets und immer gedacht, für ihn 
in ftommes Gebet gesprochen wird. Sehen wir 
d don den Mängeln und Gebrechen, die ja jedem 
dieblichen ankleben, so bleibt doch unendlich viel 
u wirklich Hohen und Großen übrig. In seinen 
unstichöpfungen und Bauten hat er sich selbst 
n Nonument gesetzt. Staunen und Bewunderung 
qüült uns bei Betrachtung derselben. Nach Jahr⸗ 
hndetten werden sie, vor allem Neuschwanstein 
dieser unberwüstliche Bau, lautes Zeugniß ablegen 
ien dem hehren Kunstsinn, von dem vollendeten 
deichmacke ihres Schöpfers, zugleich aber immer 
vicher das tieffte Bedauern mit dessen traurigem 
chicsal wachrufen, und so das Andenken an ihn 
meurrn. Wenn es nicht das Leben und Wirken 
o edlen Monarchen allein schon thäte, sein Un—⸗ 
ud würde ihm Unvergeßlichkeit und liebevollstes 
hedenten sichern. v 
—X — Jahr liegt hinter uns. Daß wir 
a trotz der harten Schicksalsschläge so glücklich über⸗ 
nden, daß das Glück nicht von unserm theuern 
iigern Vaterlande wich, wem anderst verdanken 
ut es, als unserm geliebten Prinzregenten Luit⸗ 
nold, der als rechter ganzer Mann in schwerer 
zit fich bewährend, uns in Pflichttreue voran⸗ 
ruchtet, der die Herzen zu gewinnen weiß, und sie 
pwonnen hat überall noch, ws er sich dem Volke 
peigt. Es ist Manches anderst, besser geworden 
eß dordem, es weht ein frischerer Hauch durchs 
menland, der schwere Alp der uns bedrückt und 
uatet ist von uns genommen. 
In lichten Höhen thront der verklärte Geist des 
vlendeten dessen Todestag wir heute begehen; er, 
iu allem Erdenleid entrückie, kann gewiß nur mii 
Lchlgesallen auf sein Land und Volt herabbliden. 
die Liebe und Treue, die wir nun unserm er— 
uhnin Prinzregenten erweisen, sie gilt ja ihm 
wisermaßen auch mit. 700 Jahre Jlanzt hell 
7 rein der Schiid der Wittelsbacher, datin aber, 
das schönste Juwel, die Liebe und Treue des 
en Volkes zu seinen angestammten Fürsten. 
leinem geringeren als aus, Kaiser Wilhelms 
haben wir das uns alle ehrende Zeugniß: 
7 vahern sind ein loyal⸗s Volk.“ Diese Bayern⸗ 
* hat sich in d.m nun verflossenen Trauerjahce 
en dewährt. Und wie Koͤnig Ludwig ein 
dn, ituels bacher gewesen in des Wortes bester 
—— so ist es nicht weniger unser Prinz⸗ 
9 Mit der Liebe, die wir Diesem eweisen, 
wit auch Jenen. 
Aeder dem Spiegel des lachenden Sees, der 
Jahresfrift so Trauriges desehen. wölbt sich der 
Montag, 13. Juni 1887. 
22. Jahrg. 
laue Himmel, weiße Wöllchen umsäumen den 
Horizont, alles athmet Ruhe und Friede. Ruhe 
ind Frieden hat aber auch Der gefunden, dessen 
herz nunmehr in der Gnadenkapelle der lieben 
Bottesmutter zu Altötting, dessen Leib bei St. 
Michael zum letzten Schlaf gebettet ist. Ihm heute 
inser Fühlen und Empfinden, für ihn heute ein 
rommes Gebet. Gott erhalte, schüße und 
sjeane Banern! 
zur Einbringung der Vorlage Veranlassung gegeben. 
In sehr heftigen Ausfallen gegen die deutsche Ver⸗ 
waltung und Politik, welche diesem Gesetzentwurf 
zu Grunde liege, ergingen sich die elsässischen 
Abgeordneten Guerber, v. Dietrich und 
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eindseligste Maßregel, die je gegen die Reichslande 
rgriffen worden; es solle damit eine Strafe für 
zie letzten Reichsstagwahlen auferlegt werden. Man 
volle dem Elsaß seine Gemeindefreiheit nehmen 
und es zum deutschen „Irland' machen. Die 
heftigen Angriffe ahwehrend, führte Unterstaatssekretär 
zvon Puttkamer einige Beispiele an, welche die Folgen 
der bisherigen Praxis der Bürgermeisterernennung 
»eranschaulichten. Für den Gesetzentwurf sprachen 
der nationalliberale Abg. v. Cuny und der frei— 
onservative Hr. v. Kardorff; gegen denselben 
d)r. v. Windthorst und Schrader Ufr.). 
fin Antrag des Abg. Windthorst, die Vorlage einer 
kommission zu überweisen, wurde abgelehnt. Die 
unnahme desselben erscheint daher als gesichert. 
Berlin, 11. Juni. Der Bundesrath hat 
zestern beschlossen: Einer Eingabe wegen Anrech⸗ 
rung der vemn Studirenden deutscher Nationlalität 
uf der Universität zu Prag verwendeten Zeit keine 
Folge zu geben. 
Köln, 11. Juni. Die „Kölnische Voksztg.“ 
eroͤffentlicht wie der Fr. Ztg. depeschirt wird, den 
Wortlaut der Begründung des Entwurfs eines 
Besetzes betr. die Verbindung der Rechtsanwalti⸗ 
chaften und Notariate im Geltungsbereiche des 
cheinischen Rechts. Z 1 hebt die Bestimmung der 
Verordnung vom 25. April 1822 auf, welche den 
Notaren die Ausübung der Advokatur untersagt, 
mit der Maßgabe, daß fortan die Verbindung des 
Notariats mit der Rechtsanwaltschaft zulässig ist. 
z 2 bestimmt, in Angelegenheiten, in welchem ein 
Notar für einen Betheiligten als Rechtsanwalt 
chäthig ist oder gewesen ist, sowie in Angelegen⸗ 
heiten einer Partei, deren Generalbevollmächtigter 
der Notar ist, darf derselbe keine Handlung frei⸗ 
williger Gerichtsbarkeit vornehmen. Nach 8 3 tritt 
das Gesetz in Kraft mit dem Tage der Verkündigung. 
Straßburg, 11. Juni. Wie die „Landes⸗ 
eitung“ erfährt, bestätigt ich die Meldung betreffs 
Ausweisungsbefehl des Peichstagsabgeordneten La⸗— 
sance aus Müblhausen nicht. 
Ausland. 
Wien, 11. Juni. Es wird bestätigt, daß 
nuch in diesem Sommer eine Zusammenkunft Bis⸗— 
naicks und Kalnocky vorgesehen sei. Doch ist bis⸗ 
zer weder Zeit noch Ort festgesetzt 
Lokale und vilztiche Rachrichten. 
— Zweibrücken, 18. Juni. (3. Tgb.) 
Wie wir hören, soll heute Morgen der der Er— 
mordung des Gendarmen Bär in Pirmasens 
beschuldigte Schuster Josst in das Untersuchungs⸗ 
Jefüngniß dahier verbracht worden sein. 
Wadhrend der am Montag, heute, in Zwei⸗ 
zrücken beginnenden Schwurgerichtssession kommen, 
oweit bekannt, folgende Faͤlle zur Verhandlung: 
1) Fridolin Seiller, 21 J. a., Diensiknecht von 
Broßfischlingen, wegen täuberischer Erpressung. 
2) Katharina Stichlmaier, Lumpensammlersehe⸗ 
trau von Winnweiler, wegen Meineids. 3) Peter 
Zuler, Steinhauer von Odernheim, wegen Straßen⸗ 
aubs. 4) Margaretha Lang, 22 J. a., Dienst⸗ 
nagd von Queidersbach, wegen Kindsmords. 5) 
Nichael Gebhardt, 29 J. a., Maurer von 
Hiederwoschel. wegnen Sifttlichkeitsverbrechens. 6) 
Deutsches Reich. 
München, 11. Juni. An der heutigen 
tönigsparade nahmen nach einem Telegramm der 
der F. Ztg. 500 Offiziere, 5000 Unteroffiziere 
und Mannschaften, 2000 Pferde und 80 Geschütze 
Theil. Dieselbe wurde vom Prinzen Arnulf kom⸗ 
mandirt. Gegen 9 Uhr erschien der Prinzregent 
und ritt die Front ab, gefolgt von den Prinzes⸗ 
innen in Galawagen. Der Vorbeimarsch der 
Truppen ließ theilweise zu wünschen übrig. 
Augsburg, 10. Juni. Den Augsburger 
„Neuesten Nachrichten“ zufolge scheint eine frühere 
Meldung, daß die Artillerie sowohl vom 13. würt⸗ 
embergischen als auch vom 14. badischen Armeecorps 
imm Jahr 1888 ihre Schießübungen auf dem Lech—⸗ 
jeld abhalten wird, sich zu bestätigen. I 
Berlin, den 11. Juni. Ueber das Befinden 
des Kassers meldet der „Reichs-Anzeiger:“ 
„Se. Majestät der Kaiser und König 
haben die letzten Tage, von krampfhaftoen 
Unterleibsbeschwerden vielfach beunruhigt. 
'ast ausschließlich im Bette zugebracht. Auch 
zat sich eine katarrhalische Reizung der Augen— 
lider hinzugesellt.“ 
Aus zuverlässiger Quelle verlautet indessen, daß 
im Laufe des gestrigen Nachmittags die 
kolikartigen Schmerzen im Unterleibe 
nachgelassen haben. Die katarrhalische Reizung 
der Augenlider soll nach dem Ausspruche der Leibärzte 
zu Besorgniseun keinen Anhaß geben. Die 
in dem Bulletin des „Reichsanzeigers“ erwähnten 
Unterleibsbeschwerden des Kaisers bestehen in 
einem Blassenleiden, welches den Kaiser bei 
Erkaltungszuständen schon wiederholt befallen hat; 
es werden dagegen Morphhiumeinspritzungen 
angewendet. Da dieselben ungünstig auf den Appetit 
des hohen Patienten einwirken, so liegt die Haupt⸗ 
nufgabe der behandelnden Aerzte dem an und für 
üch durchaus beichten Leiden gegenüber 
darin, den Kräftez ust and aufrecht zu erhalten, 
Berlin, 11. Juni. Unmittelbar nach der 
donsultation machte der Reichstanzler dem Kron⸗ 
zrinzen seine Aufwartung, um sich nach dem Be—⸗ 
inden zu erkundigen. Gutem Vernehmen nach 
reisen Prinz und Prinzessin Wilbelm am 18. d. 
M. nach England. 
Berlin, 11. Juni. Der Reichstag hat gestern 
die ganze Sitzung auf das elsaß⸗-lothringische Bürger⸗ 
neistergesetz verwendet. Dasselbe will bekanntlich 
gewisse Beschränkungen aufheben, welchen die Er⸗ 
zennung der Bürgermeister bisher unterlag, nament⸗ 
lich die Vorschrift, sie aus der Mitte der Gemeinde⸗ 
räthe zu enmmehmen, und will denselben eine Be⸗ 
soldung aus Gemeindemitteln gewähren. Der 
Regierung soll damit eine freiere Auswahl tüchtiger 
Persömichkeiten ermöglicht werden. Die beiden 
Unterstaatssekretäre Back und v. Puttkamer 
varen, ebenso wie die meiften reichslandischen Ab⸗ 
jseordneten, zu der Verhandlung hierhergelommen; 
egten in ruhiger, sachlicher Weise die bestehenden 
vchtzyerhältnisse und die Bewegaründe dar. welche