Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingabert. 
Zer „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Mountag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs— 
Blatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Veilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 1 M 60 einschließlich Trägerlohn; durch die Poft bezogen L 78 , einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I3 A. Reklamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 13. 98 Montag, 17. Januar 1887. 22. Jahrg 
Deutsches Reich. 
Darmstadt, 15. Januar. Ein Erlaß des 
Ministeriums an die Kreisämter ordnet an, daß die 
Einleitungen zur Vornahme der Neuwahlen zum 
Reichstage derart beschleunigt werden, daß die 
Wählerlisten bereits am 24. Januar aufgelegt 
werden koönnen. Dasselbe soll auch in Baden bereits 
oerordnet sein. 
Berlin, 14. Jan. Die kaiserliche Verordnung 
zetreffend die Wahlen zum Reichstag lautet: 
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden, deutscher 
Kaiser, König von Preußen u. s. w., verordnen 
auf Grund der Bestimmung im 8 14 des Wahl⸗ 
gesetzes vom 31. Mai 1869, im Namen des 
Reiches, was folgt: Die Wahlen zum Reichstag 
ind am 21. Februar 1887 vorzunehmen. Ur⸗ 
kundlich unter Unserer höchsteigenhändigen Unter⸗ 
schrift und beigedrucktem kaiserlichen Insiegel. 
Gegeben Berlin, den 14. Januar 1887. 
I. 8. gez. Wilhelm. gegengez. v. Bismarck. 
Die „Nordd. Allg. Ztig.“ fordert alle reichs⸗ 
treuen Parteien auf, im Wahlkampfe zu⸗ 
ammenzugehen, alle Eifersüchteleien zu vermeiden 
und nur das Ziel im Auge zu halten, die jetzige 
Majorität zu brechen. 
„Auch wir sind jetzt bereit, jeden Mann und 
eden Groschen zu bewilligen. Ich habe bisher 
eißzen anderen Standpunkt vertreten. Aber die 
zesammte politische Situation zwingt uns, unter⸗ 
ztordnete Meinungsverschiedenheiten zurücktreten zu 
jassen, um eine Mehrheit zu bilden über das, wo⸗ 
rüber man in der Hauptsache einig ist.“ So 
lußerꝛe sich gestern im offenen Reichstage nicht 
twa ein „nationalliberaler Kompromißmacher“, 
ondern der Häuptling des grundsazzfesten Freisinns, 
derr Eugen Richter. Soweit also, meint die 
Koͤln. Zig.“, ist er schon, daß er feierlich als 
igenes politisches Bekenniniß ausspricht, was er 
zisher den Nationalliberalen als die hassenswerteste 
Süunde vorhielt: Kompromisse machen, die eigene 
deberzeugung in minder wichtigen Dingen der 
zleichberechtigten anderer unterordnen. So etwas 
am grünen Fortschritisholze zu erleben, freut uns, 
weil die politischen Grundsätze der Nationalliberalen 
dadurch in demjenigen Punkte die thatsächliche 
Bewilligung durch die Gegner finden, welcher bis⸗ 
lang die gehässigsten Angriffe erfuhr. Der Unter⸗ 
scchied zwischen der Fortschrittͤpartei und den 
Nationalliberalen besteht heute also nur darin, daß 
erstere, um das Miiitärgesetz zu vereiteln und doch 
ine verwertbare Wahlparole zu haben, die eigene 
Meinung der des Herrn Windthorsi geopfert hat, 
vährend die Nationalliberalen einer Meinung mit 
— Wehrkraft 
zu erhalten. 
Berlin, 14. Januar. Während die Zahlung 
der Stimmen heute im Reichstage vorgenommen 
vurde, konnte auch der Reichskanzler seine Unruhe 
nicht verbergen, erregt ging er auf und ab, setzte 
ich wieder, spielte mit dem Papiermesser und als 
der Präsident das Resultat zu verkünden begann, 
chnellie er empor. Der Piasident woilte fort⸗ 
ahren: Wir kommen jeßgt zu 82. — Mit einer 
dandbewegung unterbrach ihn der Reichslanzler: 
Ich habe dem Hause eme allerhochstte Botschaft 
nitzutheilen.“ Alles erhob sich; mit lauter Stimme 
»erlas er die Auflösungsordre und erklärte die Ses⸗ 
ion für geschlossen. Ein dreimaliges Hoch auf den 
daiser — und dieser Reichstag war doruber D 
Ubschied im Foyer dauerie lange. Freund und 
Feind schüttelten sich die Hand, das Gefühl, daß 
nan einer ernsten Zukunft entgegengehe, war all⸗ 
jemein. Mancher hat heute für immer oder doch 
ür lange Zeit vom Reichstage Abschied genommen. 
daß die Neuwahlen bereits auf den 21. Februar 
Fastnachtmontag) anberaumt sind, hat allgemein 
berrascht. Man begreift nicht, wie so schnell die 
Wählerlisten aufgestellt werden sollen. Fürst Bis⸗ 
narck hat Eile. Die Norddeutsche“ bringt heute 
chon an ihrer Spitze einen Wahlaufruf, in dem 
s heißt: „Vor allem verlangt das Volk, daß jeder 
seichstag ohne Zaudern und Zagen bewilligt, was 
ur Sicherheit des Reiches nach außen und innen 
erforderlich is, und in diesem Punkte legt der 
hlichte Verstand des Wählers sicherlich höheren 
Werth auf das Urtheil Kaiser Wilhelm des Sieg⸗ 
eichen und seiner Rathgeber, als auf die Mein⸗ 
ungen herrschsüchtiger Parlamentspolitiker.“ Gleich⸗ 
eitig gibt das offiziöse Blatt die Parole aus, daß 
jon vornherein alle reichstreuen Elemente Schulter 
in Schulter stehen sollen. 
Französische Grenze bei Metz, 14. 
Januar. Das französische Kriegsministerium hat 
eschlossen, die Festungen der Ostgrenze bedeutend 
u verstärken, namentlich Toul und Verdun. So 
st kürzlich von der Garnisonsverwaltung Verduns 
nit mehreren Bau⸗ Unternehmern ein geheimer Ver⸗ 
rag abgeschlossen, daß dieselben auf demnächstige 
lufforderung hin Holzbaracken für mehrere Tausend 
Nann verschiedener Truppengattungen binnen 50 
Tagen herzustellen haben. Es sind dabei 1000fr 
Strafe für jeden Tag verspäteter Herstellung aus⸗ 
edungen. Außerdem werden mehrere in nächster 
sähe der Grenzen gelegene Ortschaften Garnisonen 
rhalten, z. B. Etain nur Jäger und wohl auch 
davallerie. Die auf diese Angelegenheiten bezüg⸗ 
ichen Schriftstücke find namentlich im Verkehr mit 
den Ortsbehörden als streng geheimzuhaltende be⸗ 
eichnet. 
Berlin, 185. Jan. Der preußische Landtag 
vurde heute Mittag von dem Staatsminister von 
Zuttkamer eröͤffnet. 
Berlin, 15. Jan. Wie es heißt, sollen auf 
Anrathen Kleist⸗Retzow's die konservativen Mitglie⸗ 
er des Herrenhauses beantragen, eine Adresse an 
en Kaiser zu richten, in welcher der Landtag sich 
ereit erklärt, die vom Reichstag verweigerten 
Nittel für die Heeresvermehrung zu bewiligen. 
den Antrag brachte ein das Herrenhausmitglied 
Salemacher und er steht morgen auf der Tages⸗ 
idnung der Fraktion. 
Berlin, 15. Jan. Der preußische Staats⸗ 
aushaltsetat pro 188788 schließt in den Einnah⸗ 
iahmen mit M. 1,288 258 307 in den Ausgaben: 
Irdinarium mit M. 1,283, 120,628, Extraordi⸗ 
iarium mit M. 33,596,684, mit zusammen M. 
,316,717,307 ab. Der Fehlbetrag beläuft sich 
uf M. 28.459.000. 
— 
Ausland. 
London, 14. Jan. Ein Pariser Correspon⸗ 
sent berichtet die nachstehende Aeußerung eines der 
ntimsten Freunde des Grafen von Paris über die 
»olitische Lage in Frankreich. Derselbe sagte: 
„Der Eindruck, daß, wenn ein zu conservativen 
Brinzipien zurückgekehrtes Frankreich wiederum eine 
nonarchische Regierung herstellen sollte, deren Sou⸗ 
erain Deutschland bekriegen würde um sich Popu⸗ 
arität zu erwerben und seine Stellung zu kräftigen, 
t durchaus irrig. Das französische Volk hat von 
kriegen so viel gelitten, daß in Frankreich nichts 
j 
unpopularer ist, als eine kriegerische Politik, eine 
olche Politik ist für immer in einem Lande ver— 
irtheilt, wo das allgemeine Wahlrecht mit der all⸗ 
zemeinen und compulsorischen Militärpflicht verbun⸗ 
den ist. Eine monarchische Wiederherstellung wird 
Frankreich die Stellung in Europa wiedergeben, 
zu der es berechtigt ist, weil Frankreich seine Nach⸗ 
varn mit Vertrauen erfüllen wird. Die Monarchie 
vird somit die Bürgschaft des Friedens sowohl 
ür Frankreich, wie für Europa sein (7) und wird 
jestrebt sein, sich dadurch zu kräftigen, daß sie dem 
Lande jenen Frieden und jene Sicherheit gibt, 
velche es bei dem gegenwärtigen Zustande der 
Dinge vergeblich sucht“ — Der Pariser Lügen⸗ 
Forrespondent der „Times“ erklärt, daß Fürst 
Bismarck im Jahre 1876 einen Plan entwarf, der 
darin bestand, Frankreich eine Contribution von 10 
Milliarden, zahlbar in 20 Jahresraten von 500 
Mislionen, und mit Garnisonen als Bürgschaften, 
nufzuerlegen. Er fügt hinzu: „Wenn in dieser 
Weise nach dem Verlaufe von 12 Jahren die 
—AAV 
jabe) niedergelegten Planes auftauchen, dann ist es 
augenscheinlich, daß die Deutschen nicht weniger 
als die Franzosen gegen diejenigen, die sie be— 
schuldigen, Rachegedanken zu hegen, von neuer 
stevanche träumen, und zwar von einer ganz be⸗ 
onderer Art.“ Wers glaubt? 
Petersburg, 15. Jan. Bei dem Neujahrs⸗ 
mpfang des diplomatischen Corps sprach sich Kaiser 
Alexander mit großer Zuversicht über die Erhaltung 
)»es Friedens aus. Dem deutschen Boischafter be— 
onte er besonders sein unwandelbares Vertrauen 
u Kaiser Wilhelm und zu der Politik des deutschen 
Reiches. Der Empfang dauerte länger als sonst. 
Eokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 17. Jan. Vei der Ab— 
timmung über die Heeresvorlage im Reichstag hat 
im Freitag der Pfälzer Abgeordnete Herr Gro hé 
ür dreijährige Bewilligung der gesammten Regier⸗ 
ingsforderrng gestimmt. die übrigen Herren Ab⸗ 
seordneten aus der Pfalz, Hüttenbesizer Rrämer 
guhl, Bürklin, Brünings und Groß, 
jaben dagegen gestimmt. Die Letzteren waren für 
ine siebenjährige Bewilligung. 
* St. Ingbert, 17. Jan. Bei einem 
jestern in Neunkirchen abgehaltenen öffentlichen 
Tonzert de Harmonie wirtte auch Herr Seiter 
jon hier mit. Die „S. u. Bl. Zig.“ schreibt 
szierüber u. a.: Rauschenden Beifall ernteten die 
Vorträge des Herrn Seiter aus St. Ingbert, 
der sich mit bekannter Liebenswürdigkeit dem Verein 
zur Verfügung gestellt hatte. In der That ist die 
Stimme des genannten Herrn twroß seines Alters 
noch jugendlich klar und voll. 
— i— Niederwürzbach, 16. Januar. 
Eine große Gesellschaft Damen und Herren aus 
St. Ingbert stattete heute Nachmittag dem Würz⸗ 
bacher Weiher ihren Besuch ab, um sich dem Ver⸗ 
mügen des Schlittschuhlaufens hinzugeben, und 
anden sich hiezu außer diesen ‚Milbürgerinnen“ und 
Mitbürgern“ des Herrn Weiher⸗ und Mühlen⸗ 
nesitzers Beer noch sehr diele Damen und Herren 
‚on Blieskastel und Zweibrücken ein. Alsbald ent⸗ 
altete sich ein reges, munteres und buntes Leben 
vovon Jeder, auch wenn ihm die Kunst des Schlitt⸗ 
chuhlaufs fremd, seine wahre Freude haben mußte. 
kin Genuß ist es aber auch, sich auf dieser weiten 
nehr als 1 Kilometer langen Eisfläche des von 
andschaftlichen Reizen umgebenen Würzbacher