4414 n —52 —M⸗
J. JIill Allzei
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
xer „St. Ingberter Anzeitzer“ erscheint woͤchentlich fünfmal: An Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs
latt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blait kostet vierteljährlich 1 A 60 S einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.M 75 4, einschließlich
—E Zuflellumgsgebů hr. Die Einrückungsgebühr für die A4Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Vfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 135 8, Neklamen 30 . Bei 4maliger Einrücdung wird nur dreimalige berechnet.
116.
Deutsches Reich.
München, 12. Juni. Gras Mohy, der
nerische Gesandte breim Quirinal, verläßt definitiv
iden Posten. Der Nachfolger ist noch nicht bekannt.
Nünchen, 13. Juni. Der im vorigen Land⸗
g zurückgezogene Gesetzentwurf betr. Vollzug des
18 Tit. 2 der Verfassungsurkunde wird sicherem
tnehmen der offiziösen Augsburger Abendzeitung
ufolge dem nächsten Landtag gleichzeitig mit der
zudget-Vorlage zugehen. — Der Kaiser von
)esserre ich wird Ende Juni zu kurzem Aufent⸗
alt hierher kommen. *
Berlin, 13. Juni. Das „B. T.“ schreibt:
u unserem Londoner Korrespondenten, welcher mit
xx. Morell Mackenzie, dem er auf der Heimreise
ig Oucenborough entgegengefahren war, eine Unter⸗
edung hatte, ist uns folgendes Telegramm zuge⸗
angen: Mr. Mackenzie erklärt sich vollständig
etuhigt über den Zustand des Kron—
rinzen. Nachstehende Worte sind aus Prof.
hirchows Bericht: Das zuletzt extrahirte Stück ent⸗
alt bedeutend großen krankhaften Theil patholo—⸗
ischer Struktur der Anschwellung, während der
ierst extrahirte Theil blos entzündete Produkte zu
iage gefördert hat. Die erste Probeentnahme zeigt
ur negative Resultate, während die zweite positide
nd daher höchst befriedigende Resultate ergab.
han kann daher mit Sicherheit sachgemäß erklären,
aß vollständige Heilung mit größter Bestimmtheit
rwartet werden kann, falls nicht gänzliche Aen⸗
erung in der Struktur der Anschwellung eintritt,
das jedoch höchst unwahrscheinlich ist und in der Praxis
isher ungemein selten vorkam. Es ist wahrschein⸗
ich und in solchen Fällen gewöhnlich, daß wirder⸗
olte Operationen bis zur vollständigen Heilung
othwendig sind; allein dieselben sind unbedeutend
ind ganz gefahrlos. Nur durch allzuhäufige Ope⸗
ationen innerhalb zu kurzer Zeitfristen könnte eine
zntzündung entstehen, welche vielleicht ernstere
jolgen nach sich ziehen dürfte. Virchows Bericht
ällt vier Folioseiten. Der Kronprinz wird in No⸗
ood bis Anfang Juli und dann einen Monat in
dorris Castle unter Behandlung des Doktors Morell
Nackenzie bleiben. Der zuerst ausgeschnittene Theil
atte die Größe eines Stecknadelkopfes, der zweite
ie einer kleinen Erbse; im Ganzen ist bisher un⸗
iefähr die Hälfte der ganzen Anschwellung aus-
eschnitten worden.
Leipzig, 18. Juni. Heute früh begannen
ie Verhandlungen gegen die acht Elsaß⸗Lothringer
gen Landesverraths. Die Angeklagten Köchlin
ind Genossen, erscheinen in eleganter Gesellschafts⸗
lette. Anwesend sind 30 Reporter, darunter
ingländer und Franzosen. Unter den Zuschauern
Dinden sich viele Damen. Den Gerichtshof bilden
2 Reichsgerichtsräthe in rothem Talar. Die
izung macht einen feierlichen Eindruck. Die An—
lagten sehen ruhig, ja fast vergnügt aus.
Leipzig, 12. Juni. Bei der Verhandlung
r dem Reichsgericht erkllären sämmtliche des Hoch—
reths Angeklagten, nicht schuldig zu sjein,
lehen aber, mit Ausnahme? des Angetlagien
neund zu, Beiträge zur Patriotenli ja geieistet zu
wen — Sie behaupten jedoch, in derselben nuͤr
eheoscaft zur Verbeitung und Erhöhung
3 enns und zur Gründung von Turn⸗
duenvereinen erdlidt zu haben. Die An⸗
Asen weisen auf ihre französische Geburt und
e hin. — Angeklagter Freund stellt jcde
ibindung mit der Palriotenliga in Abrede.“
Dienstag, 14. Juni 1883. 43 22. Jahrg.
Ausland.
Rom, 10. Juni. In Livorno entstand ge—
egentlich einer Prozession ein großes Handgemenge;
die Theilnehmer an derselben wurden unter Stein⸗
jagel in die Kirche zurückgetrieben. — Vatikanische
reise sprechen von einer baldigen Einberufung
des Konzils über die Versöhnungsfrage. Kardinal
Rampolla betreibt nach den gleichen Quellen noch
eifrigst Unterhandlungen mit England. Die meisten
jiesigen liberalen Bläter betrachten die Versöhnung
nach den heutigen Erklärungen Crispis und Zanar⸗
zellis im Parlament als definitiv abgethan.
Lotkale und pfälzische Nachriaten.
* St. Ing4bert, 14. Juni. Wir wollen nicht
oerfehlen, darauf aufmerksam zu machen, daß zur
Bahlberechtigung bei der am kommenden
Dienstag den 21. Juni d. J. stattfindenden Land⸗
sagswahl die Ableistung des Verfassungs⸗
Eides Bedingung ist. Wer den vorgeschriebenen
Fid noch nicht geleistet hat, kann dies von jetzt
ib bis zum 20. Juni bei dem Bürgermeisteramte
seiner Gemeinde noch thun. Wer diese Bedingung
uinterläßt, muß als nichwahlberechtigt am 21. Juni
don der Wahlurne zurückgewiesen werden.
— Die Regelung der gesetlichen
Feiertage dürfte jetzt als eine ganz besonders
nothwendige erscheinen. Für die Juristenwelt be—⸗
tehen in der Pfalz noch die sogen. französischen
Feiertage (Fest der Geburt Christi, Christi Himmel⸗
fahrt, Maria Himmelfahrt, Allerheiligen, Neujahrs⸗
jag, zweiter Weihnachtstag, zweiler Ostertag, zweiter
Pfingsttag, Frohnleichnahm und Charfreitag) wäh⸗
rend der Geburts- und Namenstag des Königs
aicht zu den gesetzlichen Feiertagen zählen. Bei
den Verwaltungs- und Verkehrsbeamten bestehen
viederum andere Bestimmungen. Es wäre gewiß
eine dankbare Aufgabe für einen unserer Abgeord⸗
neten, diesen Mißstand an höchster Stelle anzu⸗
zegen und Abänderung zu beschaffen, auch dahin
u wirken, daß bei den Beamten die Sonntags⸗
uhe eingeführt wird, damit deren Personal in der
Woche ebenso wie der Arbeiter einen freien Tag
rhält. (Pf. V.⸗Ztg.)
— Zweibrücken, 13. Juni. In der
Schwurgerichtssitzung des IIt Quartals 1887 wurde
Fridolin Seiller, 25 Jahre alt, Dienstknecht von
Broßfischlingen, wegen räuberischer Erpressung vom
—X
dahr und 3 Monaten verurtheilt. Katharind
S3tiehlmaier, 57 Jahre alt, Ehefrau von Joseph
deithmann von Winnweiler erhielt wegen fahrlässigen
Falscheides eine Gefängnisstrafe von 6 Monaten.
— Homburg, 9. Juni. Ein Konsortium
don vier Personen aus hiesiger Stadt betrieb die
Wilddie berei in den umliegenden Waldungen
eit geraumer Zeit gewerbsmäßig, ohne daß die⸗
elben dabei ertappt werden konnten. Auf eine
igenthümliche Weise wurde man kürzlich auf das
Treiben dieser sauberen Gesellschaft und auf ihre
Mitglieder aufmerksam gemacht. Ein Mitglied der
ßande wanderte nämlich nach Amerika aus und
etzte von Antwerpen aus die hiesige Gendarmerie
jon der Sache in Kenntniß, welche nun im Stillen
die geheimen Jagdliebhaber genau überwachte.
Der Denunziant hatte in seinem Briefe den Ort
der Zusammenkunft, die erwählten Jagdgebiete, den
Uufbewahrungsort der Gewehre und die während
»er Jagd getragenen, zur Unkenntlichmachung der
Bilddiebe dienenden Kleider beschrieben, und wäre
⸗»8 dadurch der Gendaäarmerie an sich schon nich
ischwer gefallen, der Thäler in kurzer Zeit habhaf
zu werden, wenn nicht ein Zwischenfall die In—
haftnahme derselben noch beschleunigt hätte. Auf
einem Dienstgange stieß nämlich der kgl. Förster
Lehn von Erbach auf drei Wilddiebe, von denen
einer bei der Aufforderung, die Gewehre abzalegen
und stehen zu bleiben, einen Schuß auf den Ge—⸗
nannten abgab, ohne ihn jedoch zu treffen. Der
zenannte Förster gab seinerseits auch sofort Feuer
und glaubte einen der nun Fliehenden getroffen zu
haben. Der Verdacht lenkte sich nun auch sofort
auf die drei bekannten Personen und wurde als—
hald zu deren Verhaftung geschritten. Bei einem
derselben wurden dann auch wirklich Wunden kon⸗
tatirt, welche derselbe als von einem ihm durch
eine Frau mit einer Gabel zugefügten Stiche her—
rühcend bezeichnete, während der kgl. Bezirksarzi
in den Wunden einen Theil einer Schrotladung
ntdeckte. Die Verhafteten, zwei Fuhrleute und ein
Zimmermann, sämmilich Familienväter, von denen
einer eine Frau mit acht kleinen Kindern zu er⸗
nähren hat, sehen nun ihrer Bestrafung entgegen,
welche unter den gegebenen Verhältnissen nicht ge—
ring ausfallen wird.
— Pirmasens, 10. Juni. Gestern kursirten
dahier die verschiedenartigsten Gerüchte betreffs
neuer Entdeckungen, welche die Polizei in der
Mord⸗Affaire gemacht haben sollte. Man sprach
pon' einem Reh, das von der Polizei ausgegraben
wurde u. s. w. Es ist sehr zweifelhaft, ob etwas
Wahres daran ist; dagegen weiß die hiefige Zei—
tung mitzutheilen, daß ein Rehfell von der Polizei
beschlagnahmt worden sei. Außer Jost, Diener
und Kirchhöfer, die hier als die wahren Thäter
angesehen werden, sitzen noch sechs Mann in Unter⸗
suchungshaft. In einer Unterredung. die Schreiber
dieses gestern mit der Braut des Ermordeten hatte,
befragte er dieselbe, ob sie denn nicht im Stande
gewesen wäre, die drei Männer zu erkennen, welche
ihr und ihrem Bräutigam kurz vor der That be—
gegneten. „Das schon, war die Antwort. aber ich
will doch vorsichtig sein und keinen Unschuldigen
nennen.“ Aus diesem und weiteren Fragen konnte
der Berichterstatter wohl schließen, daß sie ihre Leute
cchon kenne und vielleicht auch schon einen oder alle
dentifizirt hat, daß ihr aber durch die Polizei der—
artige ausweichende Angaben zu machen anbefohlen
murden.
— Kaiserslautern, 9. Juni. Heute
Nachmittag halb 3 Uhr traf auf dem hiesigen
Dauptbahnhofe ein Zeugfeldwebel aus Mainz mit
220 Brieftauben ein. Derselbe fuhr mit seinen
heflügelten Begleitern mit nächstem Zuge nach
Zauptstuhl weiter, woselbst die Tauben morgen
früh aufgelassen werden sollen. Die Brieftaube
ist bekanntlich berufen, bei künftigen Belagerungen
eine bedeutende Rolle zu spielen und es ist in
ämmtlichen Festungen ein Briestaubendienst einge—
richtet. (Pf. Pr)
— Oberottekbach, 6. Auni. Wie groß
»ft bei alten Leuten der Drang nach der Heimath
stt, möge Folgendes beweisen: Herr Ecker, Mit—
zlied der Sanitätsabtheilung des Turnvereins in
Boston, verbrachte gestern den 82jährigen Greis
Johann Göltz nach seinem Heimathsorte Oberotter⸗
zach, weil letzterer Verlangen hatte, in seiner Heimath
zu sserben. Auf dem Rückwege wird Herr Ecker
den in Leipzig wohnenden Julius Reichard, einen
gseborenen Amerikaner, welcher denselben Wunsch
vegt, nach Boston mitnebmen. (8W..)