daß das österreichisch⸗ deutsche Bündniß dann zwecklos
sei. — Die „Opinione“ ist die einzige von allen
Zeitungen, welche mit der Rede Bismarks zufrieden
st; dennoch spricht auch sie mit auffallender Kühle von
zer Stelle über It alien. Wir müssen, schreibt sie,
ihm dankbar sein für die von ihm ausgesprochene
Anerkennung der Aufrichtigkeit unserer Politik; das
ist Alles. Da die „Opinione“ von allen Zeitungen
Zraf Robilant am nächsten steht, so ist anzunehmen,
daß diese Stelle in Bismarks Rede auch den Bei—
'all der Regierung nicht findet.
Dentiches Reich.
Mannheim, 16. Jan. Die heutige Ver—⸗
sammlung der nationalliberalen Partei war äußerst
zahlreich besucht. Es waren viele Sozialisten an⸗
vesend, welche anfangs Sprengversuche machten
und wiederholt großen Tumult verursachten; einige
Störenfriede wurden von der Polizei abgeführt.
Direktor Eckhard bezeichnete unter begreiflicher Auf⸗
regung die Signatur der Versammlung als eine
regierungstreue und brachte ein Hoch auf den
Faiser unter stürmischem Beifall aus. Die Sozia
listen remonstrierten, indem sie mit bedecktem Haupte
äitzen blieben. Hierauf wurde eine große Anzahl
derselben gewaltsam hinausgebracht. Alsdann ver⸗
tief die Versammlung ruhiger. Als Kandidat wurde
stommerzienrat Diffené aufgestellt. Rechtsanwalt
Bassermann sprach vortrefflich zur Miltitärfrage.
Zum Schluß wurde ein Zuftimmungstelegramm an
den Reichskanzler abgesandt.
München, 15. Jan. Von dem am 1. d.
M. in Wirksamkeit getretenen Flurbereinigungs⸗
Besetze wird von den Landwirthen bereits entspre⸗
hender Gebrauch gemacht. Aus Oberbayern, der
Oberpfalz, aus Schwaben und Unterfranken, dann
aus der Pfalz sind bei der Flurbereiniguugs-Com⸗
mission Anträge eingekommen, welche die Mitwirkung
der Commission zur Einleitung und Durchführung
hon ausgedehnten Grundstücks-Zusammenlegungen
und Feldweg⸗Regulirungen in Anspruch nehmen.
Weitere Projecte sind in Vorbereitung begriffen.
Die Flurbereinigungs Commission hat die vorliegen⸗
den Anträge der vorgeschriebenen Prüfung unter⸗
ttellt und bereits Commissäre Vornahme der erforder⸗
ichen Erhebungen an Ort und Stelle abgeordnet.
Krefeld, 16. Jan. Gestern Abend ist an
den Reichskanzler Fürsten Bismarck folgendes Tele⸗—
gramm abgesandt worden: „Der Ausschuß und die
Ver trauensmänner der liberalen Partei Krefelds,
zu gemeinsamer Besprechung versammelk, beklagen
tief den gestrigen Reichstagsbeschluß; sie geloben,
was auch die Zukunft in ihrem Schloße bergen
mag, in treuer, heiliger Liebe zu Kaiser und Reich
zu stehen und vertrauen rückhaltlos auf Euer
Durchlaucht dewährte Leitung der Geschicke Deutsch⸗
ands. Stadtverordneter Elfes, Vorsitzender.“
Fulda, 16. Jan. Der päpstliche Cardinal⸗
taatssekretär Jacobini hat im Auftrage des Pap⸗
stes Leo XIII. folgendes Schreiben an Bischof Dr.
Kopp von Fulda gerichtet: Hochwürdigster Herr!
Es ist ohne Zweifel zu bekkagen, daß in der jüng—
tten Zeit Erdichtungen verbreitet worden sind, welche
Deine Bischöflichen Gnaden selbst gezwungen haben,
n einer öffentlichen Eiklärung Deinem Bedauern
Ausdruck zu geben; Erdichtungen insbesondere, als
»b Deine Bischöflichen Gnaden Antheil gehabt hät⸗
ten oder noch hätten an den Verhandlungen, welche
hierselbst zur Beilegung des kirchlichen Streites
zwischen dem apostolischen Stuhle und der preu⸗
zischen Regiernng geführt werden. Diese Behaup⸗
tungen find günzlich unwahr. Indeß mögen Deine
Bischöflichen Gnaden überzeugt sein, daß alles, was
Du gewiß Deines Hirtenamies und Deinen hervor⸗
ragenden Einflusses von freien Stücken, wie auch
die übrigen Bischöfe, für die Freiheit der Kirche
und die Wiederherstellung ihrer Rechte gethan hast,
ganz zur rechten Zeit und zweckentsprechend ge⸗
schehen ist. Hierdurch erwirbst Du Dir um die
zesammte Kirche Preußens, ja um die Religion
elbst die größten Verdienste. Inzwischen spreche
ch Deiner Bischöflichen Gnaden meine ausgezeich⸗
nete Zuneigung und Hochachtung aus und erflehe
ind wünsche Dir vom Herrn alles Glück und
Wohlergehen. Rom, den 4. Dez. 1886. Deiner
Bischöflichen Gnaden ergebenster Diener S. Cardi⸗
nal Jacobini.
Berlin, 17. Januar. Bennigsen und Mi⸗
zuel treten wieder in den Reichsstag ein. — Heute
erscheint der Wahlaufruf der nationalliberalen Partei.
Ausland.
Wien, 16, Jan. Das Fremdenblatt sagt
in einem inspirirken Artikel: Das Terrain für Fürst
Bismarks Friedensaktion sei in der letzten Zeit
vesentlich gebbnet worden und das Friedenswerk
ei erleichtert, weil die Erkenntniß durchgedrungen
väre, daß Oesterreich neben der Wahrung seiner
eigenen Interessen die berechtigten Interessen An—
erer berücksichtigt. — Die Wiener geographische
Hesellschaft erhielt gestern eine Depesche, daß der
Afrikareisende Dr. Oscar Lenz in Zanzibar einge—
roffen ist und nächstens nach Wien heimkehrt.
Paris, 15. Jan. Die Mehrzahl der Blätter
espricht die Auflösung des deutschen Reichstages
nit einer gewissen Mäßigung, ist aber der Absicht,
saß die Abstimmung desselben die Vergrößecung
ses deutschen Heeres nicht verhindern werde, selbst
venn der neue Reichstag gleicherweise zusammenge—
etzt sein wird. Die Regierung werde verfahren,
vie vor Sadowa. Die radikalen Blätter freuen
iich über Bismarcks Niederlage und sind überzeugt
»aß Deutschland bei den neuen Wahlen sich ebenso
venig gefügig, als der aufgelöste Reichstag zeigen,
zieselben Leute wieder nach Berlin schicken, und das
zeutsche Reich aus dieser Krisis verletzt hervorgehen
verde. Einige Blätter geben der Besorgnis Aus—
zruck“ Fürst Bismarck werde in seinem Zorn einen
drieg über Europa entfesseln! Das „Journal des
déͤbats“ glaubt dies zwar nicht, befürchtet jedoch
die Aufregung der Wahlen. Man werde die Lei⸗
denschaften und Gehässigkeiten aufstacheln. Es sei
daher ratsam, daß während dieser kritischen Periode
die Zurückhaltuung nicht vergessen und die Kalt-
hlütigkeit bewahrt werde, welche eine solche Zeit
den französischen Blättern und französischen Staats-
nännern als Pflicht auferlege — Der „Temps“
hreibt: Während der deuischen Wahlen ist zu
rwarten, daß die Gefahr eines Krieges mit Frank—
zeich erörtert wird. Das Gespennst des Erbfeindes
vird mit schrecklichen Erinnerungen und den auf—
egenden Drohungen wieder auftreten, es werden
ie hitzigen Leidenschaften des germanischen Patrio—
ismus entfesselt werden. Wir wissen aber im
Loraus, welche Mufik mon aufspielen lassen wird
ind weßhalb wir das Geschrei des deutschen Chau⸗
inismus nicht für vorbedachte Herausforderung
segen uns nehmen werden. Wenn die Gefahr in
er Aufregung in Deutschland liegt, so wird
in wenig Vorsicht und Kaltblütigkeit unserseits
genügen, um- die Gefahr zu beschwören. — Die
Roͤpublique Francaise“ ist über „Bismarcks Nieder
age“ keineswegs erfreut. Bismarcks Sieg würde
eine Wolke zerstreut haben, seine Niederlage ziehe
eine Wolke zusammen. Es sei außer Zweifel, daß
Fürst Bismarck das letzte Wort behalten werde,
vie zurzeit, wo er die Größe Preußens noch nicht
uwege gebracht hatte. — Der „Rappel“, das Blatt
»es Handelsministers Lockroy, erklärt: es werde
nit lebhaftem Interesse dem Zweikampf'eines
Hannes mit einem Lande zuschauen; das letzte
Wort werde aber der Mann behalten. Wenn der
steichstag die Zustimmung zu Bismarcks Forde⸗
ungen nicht erteile, werde er ohne dieselben vor—⸗
zehen. Deutschland habe 1870 an Gebiet zuge⸗
nommen, aber nicht an Freiheit. — Die klerikal⸗
rohyalistische „Gazette de France“ erteilt der Op⸗
position im Reichstag ihre Zustimmung. Sie
hsabe der Knechtschaft der katholischen Kirche ein
ende gemacht und entschlossen dem Fürsten Bis—
narck, dem Grafen Moltke und dem Kaiser die
Stirn geboten. Die, Gazette“ wünscht, die franzö—
ische Opposition möge diesem Beispiele folgen. —
Die „Liberté“zbedauert Bismarcks Niederlage wegen
der Aufregung während des Wahlkampfes, und
ordert zur Klugheit auf, damit zu keinen Auf⸗
ceizungen gegen Frankreich Anlaß gegeben werde.
Luch der „Francais“ außert sich in diesem Sinne.
Sorale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 18. Januar. Die wieder⸗
jolte Ziehung der Jubiläums ⸗Auskell⸗
ingsVLotterie ist am Samstag Vormittag im
angen Saale der Akademie in Berlin ohne Unfall
ind ohne „Defizit“ glücklich zun Abschluß gekom⸗
nen. Der Notar konnte ruhigen Herzens sein Pro⸗
okoll unterzeichnen, und die 28662 Gewinner
jaben kein Mißgeschick mehr zu befürchten. In
em großen Rade mit den Loosnummern hatte, wie
ins geschrieben wird, die Ziehung kaum bemerk—
‚are Spuren zurückgelassen; fast so gefüllt wie am
ersten Tag, enthielt es nicht weniger als —
171348 Nieten! Die Gewinnlisten werden en
Eende dieser Woche zur Einsicht offenliegen.
— Der Staatsanwalt am Oberlandesgeric
Zweibrücken v. Jan wurde zum J. Staats
anwalt am Landgericht Zweibrücken ernannt.
— Kaiser slautern, 16. Jan. (P. Vol.
So viel wir bebbachten, haben schon verschieden,
Hläubiger des in Liquidation befindlichen Bankhauset
dehr es bedauert, der Vereinbarung beigetreten zu sein
Ddie Hoffnungen auf 80 — 86 Prozent sollen bedeuten
m Kurse sinken, und man will sich schon mit 50
bis 60 Prozent begnügen
— Landgerichtsrath Eduard Heintz in Landa
vurde zum Oberamtsrichter in Neustadt un
dandgerichtsrath Dr. Gg. Rud. Krell in Kaisets
autern zum, Staatsanwalt am Ober⸗Landesgerich
Zweibrücken ernannt.
— In Landau hat die Gemeinde Versamm
lung die Aufnahme eines Anlehens von 600,000
Mark beschlossen, aus welchem u. A. die Kosten
einer Wasserleitung bestritten werden.
— Essingen, 12. Jan. Vor Kurzem kan
»ein Bärentreiber aus Bosnien mit Familie hier
an. Wegen des tiefen Schnees konnte er nich
veiter. Nun begab es sich, daß ihm vor einige
Tagen eine junge Bosnierin geboren und von dew
tatholischen Ortsgeistlichen getauft wurde. D.
Bärentreiber-Familie bekennt sich zur griechischkatho
lischen Religion. Die hiesigen Frauen versorgte
die auf einem Bündel Stroh in einem erbärmliche
steisewägelchen liegende Wöchnerin reichlich m
Zuppen, während ihr Herr Gemahl derselben Brat
vürste gekauft bat. Die Kindtaufe wurde gleie
nit den griechisch katholischen Weihnachten, etwa Is
Tage später wie die unseren, gefeiert und dabe
ür 5 M. Speck und ein Quantum Bier um
granntwein verzehrt. (Pf. Post.)
—
Bermischtes.
F Neunkirchen, 16. Jan. (S. u. Bl. 3
derr Geh. Kommerzienrath Stumm tritt morge
ine Reise nach dem Orient an, von welcher der
elbe erst Ende April zurückzukehren gedenkt. Her
Stumm läßt sich im allgemeinen leine Briefe nach
enden und richtet an solche Personen, welche ihm
»ringende Mittheilungen zu machen haben, di—
Bitte, diese Mittheilungen direkt an Herrn Rent—
neister Neumeyer zu Halberg gelangen zu lassen,
welcher ihm von Zeit zu Zeit darüber Bericht er
tatten wird. — Die Vertretung des Herrn Stum—
in der Leitung der Geschäfte der südwestdeutsche.
Fisenberufsgenossenschaft, sowie der südwestliche
Bruppe des Veceins deutscher Eisen- und Stahl
ndustrieller wird Herr Generaldirektor Seebohm *
Zurbach, die der Handelskammer Herr Kommerzien
rath Haldy und die des wirthschaftlichen Verein
hderr E. Wagner in Saarbrücken übernehmen.
F Nürnberg, 12. Jan. Eine originell
Art von Postdiebstahl kam hier zu Enddeckung
Zwei junge Bursche, Kaufmannslehrlinge, wurden
»abei ertappt wie sie aus dem Nachtbriefkasten de
Bostgebäudes die Briefe herausfischten, um dieselber
hres Inhaltes an kleineren Banknoten und Brief
narken zu berauben oder falls sie einen solchen nich
Jatten, wenigstens die aufgeklebten Marken loszu
ösen und sich anzueignen. Die beraubien Brief
zernichteten sie eutweder oder steckten sie ohne Marken
infach wieder hinein in den Kasten. Schon wieder
jolentlich waren in den letzten Monaten bei der
hiesigen Post Reklamationen nach Briefen eingelaufen
aber lange konnte man hinter die Sachen nich
kommen, bis endlich eine sorgfältige Ueberwachuns
eenes Briefkastens zur Entdeckung führte. Die junge
Diebe hatten das Herausziehen der Briefe aus den
dasten in der Weise bewerkstelligt daß sie Abendẽ
zleich nach der letzten Leerung eine Art von Papier⸗
»eutel, der an Bindfaden befestigt war, in denselber
zineinließen. In diesem Beutel singen sich die in
in den Kasten hineingeworfenen Briefe, woraus das
derausziehen keine weiterea Schwierigkeiten machte.
Die Angelegenheit ist den Gerichten übergeben.
F Vilshofen, 13. Jan. Die Gütlersehe⸗
rau Münch von Haidenburg hatte den Plan ge⸗
'aßt, ihren Mann, mit welchem sie erst drei Wochen
erheiratet ist, zu vergiften. Sie mischte unter
»en Kaffee Gift und setzle ihn dem nichts ahnen—
en Gatten, sowie dessen Vater vor. Ersterer nohn
as Getränk zn sich, letzerer jedoch ließ den Kaffe—
vegen des sonderbaren Geruch's unberührt. De
rhemann ist dem Tode nahe, die Frau wurde ver
aftet und heute in die hiesige Frohnveste einge
jefert.