Full text: St. Ingberter Anzeiger

Ze gehort zu den etwa 150 Riesentannen des 
sderges, die, bis 50 Meter hoch, üder 800 
alt sein mögen und als Ueberbleibsel des 
—8 sorgsam geschont werden. 
vor dem Schoͤffengericht zu Magdeburg 
pielie ch in diesen Tagen eine Verhandlung ab, 
p auch dem Ernstesten ein Lachen entlocken konnte. 
Zeugin erschien ein reizendes Backftschchen, er⸗ 
mhei⸗e zůchtig und wies dann verschamt mit den 
nern auf den Angeklagten B., einen Herrn in 
3 bierziger Jahren. „Ich dachte erst,“ flüsterte 
er haͤtte sich nur einen schlechten Scherz ge⸗ 
Adh, j zt aber weiß ich, daß er eine ganz ehrdare 
ngt hatte. Ich bitte deswegen, sprechen Sie den 
—* ftei.“ — „Das wird sich finden.“ erwiederte 
* Vorfitzende, „einstweilen muß ich Sie ersuchen, 
dem Zeugenzimmer so lange zu verweilen, bis 
ir Ihrer bedürfen.“ Das Batkfischchen tänzelt 
naus und der Angeklagte wird aufgefordert, seine 
gangene Missethat zu bekennen. Er soll dadurch 
roben Unfug verübt haben, daß er dem Backfisch 
den undersehens einen Kuß auf die rothen Lippen 
sorucit dat. — „Das stimmt,“ erwiederte Herr 
aber ich glaubte mich hierzu in vollem Rechte!“ 
Wine Ihnen ganz fremde Dame zu küssen? 
ug waären doch neue Sitten!“ „Allerdings, und 
ch würde mir dies nie gestattet haben, aber ich 
efand mich in einem verzeihlichen Irrthum. Ich 
onme namlich an gedachtem Tage mit der Bahn 
m Berlin hier an. Als ich abstieg, bemerkte ich 
jößlich eine junge Dame, in der ich meine Nichte 
ennie. Ich bin freudig überrascht, springe auf 
je umarme und küsse sie — und glaube zu Stein 
u werden, als sie auf einmal laut aufschreit 
nd mich von sich stößt. Ein Schutzmann war 
leich zur Stelle und so bin ich zum Unfugstifter 
ewotden. — „Ein schönes Märchen. Sie wer⸗ 
en doch Ihte Nichte kennen?“ — Der Ange⸗ 
lagte lächelt. „Auf diesen Einwand war ich vor⸗ 
ereitet,.“ erwiederte er. „und deshalb habe ich 
neine Nichte mit zur Stelle gebracht. Greichen, 
mm' doch mal 'rein!“ Ein junges Mädchen tritt 
mden Saal, und wenn sie nicht andere Kleider 
rüge, würde man fie für das Backfischchen halten, 
as dorhin für den Angeklagten gebeten hat. Noch 
rappanter aber wird die Aehnlichkeit, als man die 
eiden jungen Damen einander gegenüberstellt. 
Unter diesen Umständen,“ erklärt der Amtsanwalt 
muß ich die Freisprechung des Angeklagten bean⸗ 
ragen. Ein Kuß in Ehren soll bekanntlich Nie⸗ 
nand wehren und Hert B. hat offenbar in vollig 
hrenhaftet Absicht gehandelt.“ Die Freisprechung 
rfolgt nun selbstverstaändlich und Herr B. verläßt 
n der Mitte der beiden Doppelgängerinnen den 
zaal. Hert B. ist noch ein sehr hübscher Herr, 
eine Nichte derlobt und wer weiß ... 
fBremen, 29. Juni. Die „Wes. Zig.“ 
neldet: An Bord des Dampfers „Fulda“, Kapt. 
dingk, welcher vorgestern von Newyork auf der 
Weser anlangte, brach 5 Tage nach der Abfahrt 
von Newyork unter der Ladung Feuer aus. Dem 
dernehmen nach sind 20 Kisten Tabak und 40 
dallen Baumwolle über Bord geworfen worden. 
die betreffende Abtheilung, in welcher das Feuer 
musbtach, mußte theilweise voll Wasser gelassen 
verden, um die Flammen zu bewältigen. 
fZürich, 26 Juni. Eine große Feuers⸗ 
runst hat vergangene Nacht hier gewüthet. Die 
Neue Zuricher Zeitung“ berichtet: Nachts unge⸗ 
ahr 10 Uhr wurden die Bewohner Zurichs durch 
die Feuersignale aufgeschrect. Im Zahringer⸗ 
zuartier stieg eine große Röthe zum Himmel und 
feuerwehr und Publikum, die beide in großer 
lnzahl und rasch zur Stelle waren, sahen, daß 
—AIDV— 
dreuzgang des alten Predigerklosters umgebende 
toße Hauserviereckk, welches mit seiner Südseite 
die Predigerkirche anlehnt, auf drei Seiten 
NRerd, West und Ost) im Dachboden brannte. 
das Feuer währte die ganze Nacht. Die Prediger⸗ 
he und die im Chor geborgene Kantonsbiblio⸗ 
hel wurden gerettet. Eiwa 80 Familien sind 
bdachlos geworden. Große Gefahr fur Publilum 
ind Feuerwehr brachten die zerreißenden und mit 
stoßet Wucht auf die Siraße hinabschnellenden 
delephondrahte; mehrere Verletzungen wurden durch 
dieselben herbeigeführt. 
g vVaris. Vor einigen Tagen fanden die 
der im Park von Vincennes die gegen einen 
n gelehnte Leiche eines Mannes. Dieselbe 
nelt in der Rechten einen Rebolder, in der Linken 
inen Feldhlumenstrauß. In letzterem steckte ein 
usammengefaltetes Billett, das die mit Bleistift 
jeschriebenen Worte enthielt: „Bevor ich sterbe, 
zuise, pflücke ich für Dich diesen Strauß mit Früh⸗ 
ingsblumen, den ich in der einen Hand halten 
berde, bebor der Revolver in meiner anderen Hand 
eine Schuldigkeit gethan hat. In diesen armen 
zlumen lege ich meine letzten Tränen und meine 
etzten Küss⸗ nieder, bevor ich die Bekanntschaft der 
inderen Welt mache. Ich wünsche daß man Dir 
iesen Strauß sende und den Revolver Bewahre 
ie zum Andenken an mich. Fräulein Luise .... 
haris.“ Man befolgte den letzten Willen des Un⸗ 
— * und übersandte der Betreffenden Blumen 
ind Revolber. 
FParis, 28. Juni. Ueber einen neuen 
eherfall auf der Eisendahn, welcher vor einigen 
Tagen verübt wurde, herrscht heute noch das größte 
dunkel. Auf der Station Courcelles entdeckte einer 
er Schaffner des Abends nach 10 Uhr in einem 
Wagenraum erster Klasse der Gürtelbahn einen 
ungen Mann mit fürchterlich zerschlagenem Gesicht, 
)et besinnungslos dalag. Seine Personlichteit 
vurde leicht festgestellt und er nach der Charité 
zebracht. Seitdem ist er wieder zur Besinnung 
jsekommen und scheint vollkommen zu verstehen, 
vas um ihn her vorgeht. Sobald aber das Ge⸗ 
präach auf sein Abenteuer gelenkt wird, schließt er 
zie Augen und sstellt fich schlafend. Nur so viel 
st sicher. daß er zwischen Batignolles und Cour⸗ 
elles, also auf einer Strecke, welche die Gürtel⸗ 
hahn in drei Minuten zurücklegt, so übel herge⸗ 
ichtet worden war und daß der Angreifer dort 
jen Wagen verlassen und sein Billet abgegeben 
hatte. Man nimmt an, es sei ein eifersüchtiger 
diebhaber oder ein beleidigter Gatte; wer dieser 
bet sein mag, davon hat die Polizei keine Ahnung 
ind der Verwundete scheint es ihr nicht gestehen 
u wollen. 
F Paris, 29. Juni. Gewitterverheer— 
ungen im Departement Var (Provence) haben 
die Getreide⸗ und Weinernte im Distrikt Beauvoir 
zänzlich vernichtet; in den Dipartements Lot und 
lriege ist die ganze Mais-, Tabak- und Getreide⸗ 
ente durch Hagel zerschlagen. die Wege sind meisi 
mpassierbar. auf den Eisenbahnstrecken kamen ver⸗ 
chiedene Dammbrüche vor. Aehnlich litten Theile 
»es Departements Dordogne; in Serins schlug 
der Blitz ein, tödtete drei Personen und verwun⸗— 
dete zwoͤlf Personen schwer. 
F Von einem furchtbaren cyhklonar— 
igen Orkan wurde am Abend des 25. Juni 
‚egen 7 Uhr Stockholm heimgesucht. Nach einem 
iemlich klaren Tage überzog sich der Himmel zu 
zer genannten Zeit sehr schnell mit dunklen Wolken⸗ 
nassen, so daß es ganz finster wurde. Plötzlich 
rauste dann ein ungeheurer Wirbelwind, begleitet 
on strömendem Regen, daher, der auf seinem 
Vege furchtbare Verwüstungen verursachte. In 
en Straßen fielen die herabgerissenen Dachsteine 
n großer Menge, zahllose Fensterscheiben wurden 
erschlagen, die stärksten Bäaume entwurzelt und 
imgestützt. Im Tiergacten wurden zwei Frauen 
on umstürzenden starken Eichen erschlagen. Schreck 
ches Unglück richtete nach der „Voss. Ztg.“ der 
Ickan aber auf dem Wasser an. Bei Dyon 
enterten mehrere Boote, wobei 12 Personen er⸗ 
ranken. Bei Kaknäs ertranken zwei Damen, welche 
nit einem Boote auf den Strom hinausgerudert 
varen, bei Beckholmen zwei Kinder, die sich gleich⸗ 
alls in einem Boote defanden. Bei Radmansö 
ourde ein Fischerboot vom Winde umgeworfen und 
zie darin befindlichen drei Fischer wurden ein Opfer 
»er Wellen. Im Karlsbergskanal kenterte ein 
Zegelkutter, dessen drei Insassen abecr durch 
dilfe mehrerer Seekadetten gerettet wurden. Bei 
zikdalen kenterte ein Segelboot, in welchem sich 
ine, Gesellschaft von 12 Personen befand, die 
purlos in den Wellen verschwand. Von verschie— 
»enen Dampfern wurden uech im letzten Augen⸗ 
zlick viele Menschen gerettet. Der Umfang der 
Wirkungen des Orkans ist heute noch gar nicht zu 
zbersehen, denn von den äußeren Schären, dem 
ieblingsaufenthalt der Stockholmer während des 
zommers, find noch keine Nachtichten eingegangen. 
fLondon, 27. Juni. Bei dem großen 
dinderfeste im Hydepark erhielt jedes der 
ierzigtausend Kleinen eine Schachel mit Roastbeef, 
Ibst. Backwerk, Limonade, und ein kleines Flaͤsch⸗ 
hen Wein. Für die unter den Kindern befindlichen 
Israeliten und Israelitinnen hatte man tausende 
zöllig gleicher Schachteln vorbereitet, welche in 
Volddruck die Bezeichnung koscher“ trugen. Diese 
Anordnung stammte von der Prinzessin von Wales, 
velche bei einer Komite⸗Sitzung die Meinung aus⸗ 
jesprochen, daß es vielleicht frommen Israeliten- 
Familien nicht angenehm sein werde, wenn deren 
dinder am Festtage sonst ungewohnte Kost ver⸗ 
peisen würden. 
7Odessa, 26. Juni. Der füuͤr Rußland 
rnannte japanesische Gesandte ist ein Pechvogel; 
achdem er beim Scheitern der „Oder“, auf wel— 
hem er die Reise von Japan nach Europa machte, 
ein ganzes Gepäck mit Ausnahme von 2 Kisten 
erloren hatte, sind ihm diese beiden Kisten hier. 
inmittelbar nach seiner Landung auf russischem 
gZoden — gestohlen worden. So erzäaͤhlt der 
totrespondent der Daily News“. 
FEamerunneger als Lehrlinge!) 
Nach dem Hamb. Korr. wurden in Kamerun vier 
Sjahrige Knaben, darunter ein Sohn des Konigs 
gell, von einer Hamburger Holzbearbeitungsfabrit, 
velche das Regierungsgebäude für Kamerun geliefert 
Jat, als Lehrlinge engagirt. Der betreffende Kontrakt 
vurde durch den Kaiserlichen Gouvecneur Herrn v. 
Soden, vollzogen. Hin⸗ und Herfahrt trägt die 
Firma ebenfalls und die jungen Leute sind bereits 
n Hamburg eingetroffen und in Thatigkeit getreten. 
Nur Alfred Bell kann etwas lesen und schreiben. 
(Revanche.) „Sie haben um meine Hand 
ingehalten, mein Herr, ich habe abgelehnt und will 
Ihnen nur sagen, daß ich gar nicht begreife, wie 
nan in Ihrem Alter dran denken kann, ein junges 
Mädchen zu heirathen.“ — ‚Ja, sehen Sie, mein 
rFräulein, ich dachte, wenn Du schon in den sauern 
üpfel beißt, soll er wenigstens rotbäckig sein.“ 
F Eine ergötzliche Geschichte passierte 
inem Bauer, der mit Heu zur Hernolserlinie bei 
Wien hereinfuhr. Der hochbeladene Wagen hielt 
um Schranken und der Finanzwächter stellte die 
idliche Frage: „Nix Steuerbares?“ — „Gar nix“, 
agte der Bauer. In diesem Augenblicke kam aus 
)er Tiefe des Wagens ein verdächtiger Laut. — 
Oi“, grunzte es heraus. Der Finanzwächter 
tutzte. — „Oi — oi — oi“, grunzte es wieder. 
— „Ich werd' Ihnen geben, eine Sau hereinzu⸗ 
chwärzen“, rief der Aufseher und führte einen 
SZtich in das Heu. Ein Wehegeheul des getroffenen 
Thietes antwortete. Trotzdem betheuerte der Bauer 
veinend seine Unschuld und stammelte allerlei vom 
Teufel und seinen bösen Künsten. — „Abladen!“ 
jerrschte ihn der Finanzwächter an. Dies geschah 
m Beisein einer großen Menschenmenge“ Endlich 
ällt die letzte Schicht — aber kin Schwein ist 
u sehen. Sporachlose Verdlüffung; selbst der 
Finanzausseher weiß nicht, was er sagen soll. Da 
vill ein Herrt, der sich an dieser Szene weidet, 
ohne Aufsehen von dannen schleichen. Aber schon 
jaben ihn einige Zuseher erkannt und lösen das 
janze Räthsel durch den Ruf: — „Ahan, der 
zauchredner Donner!“ — Dieser Künstler hatte 
as unsichtbare Schwein geschaffen 
Marktberichte. 
Zweibrücken, 80. Juni. (Fruchtmittelpreis und Vik. 
ualienmarkt.) Weizen. 0O M. — Pf. Korn 0O M. —- Pf⸗ 
Zerste zweiteihige d M. — Pf. vierreihiged M. — Pf. 
Spelz oM. — Pf., Spelzlern — M. — Pf., Dinkel 
— M. — Pf., Mischfrucht O M. — Pf. Hafer 0 M., 
— Pf., Erbsen dO M. — Pf. Wicken 0O M. — Py, 
deu2 M. 80 Pf., Stroh J.Qual. 2 M. 70 Pf., II. Qual. 
2 M. 40 Pf., Kartoffeln 3 M. 10 Pf. Weißbrod Lß Kilo 
50 Pf., Kornbrod 3 Ktilo 60 Pf. Gemischtbrod 3 Kilo 
75 Pf., paar Weck 100 Gr. 6 Pf. Rindfleisch J. Qual. 
A s.. TOQuel. 48 Pf galbfleisch 50 Pfy Hammel- 
leisch 50 Pf., Schweinefleisch 50 Pf. Wein 1 Liter 80 Pf. 
ier 1 Liter 24 Pf., Buttere!/ Kilogr. O M. 95 Pt. 
Homburg, 29. Juni. (Fruchtmittelpreis und Vik— 
uañenmarkt, Weizen — M. — Pjf., Korn d M. 00 Pf., 
„pelzkern — M. — Pf., Spelz.O M. — Pf., Gerfte 
reihige O M. — Pf., Gecste Kreihige O M. -- Pf., 
dafer 6 M. 02 Pf., Mischfrucht 8 M. 00 Pf., Erbfen 
M. — Pf. Wicken 0 M. — Pf., Bohnen 0 M., 
— Pf. Kleesamen — M. — Pf., Kornbrod 6 Pfund 
32 Pf. Gemischtbrod 6 Pfund 75 Pf., Ochsenfleisch — Pf. 
stindfleisch 50 Pf. Kalbfleisch 50 Pf. Hammelfleiftd — Pf. 
Schweinefleisch 50 Pf. Butter 1 Pfund & M. 99 Pf., 
dartofseln ver BSentner W. nn mnse 
ec hischer Schiffsbericht 
der „Red Star Linie“ Antwerpen. 
New-Pork, 29. Juni. — Der Postdampfer 
Noordland' der „Red Star Linie“. welcher am 
18. Juni von Antwerpen abging, ist heute wohl⸗ 
dehalten bier aqzgekowmen 
Pro ar cher Gottesdienst. 
Sonntag den 3. Juli, vorm. Oi/2 Uhr: 
kerxt: 2 Mos. 3. 12515;3 Lied Nr. 334. 
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Für die Nedaktion verantwortlich F. De⸗em 
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