Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
—2 
7 et. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmalz: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöochentlich mit Unterhaltungs 
—* Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 4M 60 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen IM 75 , einschließlich 
72 gzustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr für die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auslunft ertheilt, 18.8, Reklamen 80 H. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
Sonntan. ꝰ. 04 
ꝛ 
22. Jahrg. 
Besleluungen 
auf den 
t. Ingberter Anzeiger 
für das 3. Quartal 18873 
rehmen noch fortwährend an: die Postanstalten, 
Postboten, die Umträger und 
Die Erpedition. 
Anschein nach ist's sicher, daß der Bundesrath zur 
Abwicklung derjenigen Geschäfte, die auf die letzke 
Zession Bezug haben, nur noch eine Plenarsitzung 
„enöthigt, welche nächste Woche stattfindet. Wie 
ange die Sommervertagung des Bundesraths währt, 
st noch unenischieden.“ 
Ausland. 
Paris, 30. Juni. Der Ministerrath beschloß 
hatsaäͤchlich, wie man nun offiziös meldet, die Ein⸗ 
etzung einer Kommission, welche die der französischer 
Branntweinbrennerei durch das neue deutsche Brannt: 
weinsteuergesetz bereitete Lage prüfen soll. Eint 
Abordnung der Branntweinfabrikanten, die bei dem 
Uckerbauminister und bei dem Vorsitzenden der Bud 
zjetkommission, Pehtral, vorsprach, verlangte als 
Schutz gegen die Einfuhr des deutschen Brannt— 
veins eine Erhöhung des Zolles auf 60 Frs. das 
dettoliter. — Der Handelsminister hat den Ent 
vurf des Gesetzes eingereicht, das die Fabrik 
narken wirksamer, als es bisher möglich war 
schützen soll. — Heute hielt der neue päpstlich 
stuntius seinen ersten Empfang, zu dem 
ich fast alle Ministet und das gesammte diplo— 
natische Corps, ausgenommen den deutschen Bot 
chafter, der abwesend ist, und viele Senatoren 
ind Deputirie von der Rechten eingefunden hatten 
In der Deputirtenkammer brachte heute Delisse 
inen Antrag auf Erhöhung des Eingangszolls für 
Zranntwein auf 60 Frs. das Hektoliter ein. In 
»er Begründung des Antrags wies Delisse darauf 
sjin, daß das vom deutschen Reichstag beschlossene 
jeue Brannweinsteuergesetz die Ausfuhiprämie auf 
Zranntwein beträchtlich erhöhe. Daraus müsse eine, 
»em französischen Markt nachtheilige Ueberschwem⸗ 
nung mit deutschem Brannwein folgen. Der Ge⸗ 
etzeniwurf wurde an den Zollausschuß verwiesen. 
die Karamer setzte hierauf die Berathung des 
Militärgesetzes fort. 
Paris, 1. Juli. Sammtliche republikanischen 
Mitglieder des Vorstandes der Patriotenliga traten 
urück. 
Paris, 1. Juli. Der Kriegsminister Ferron 
röffnete dem General Boulanger — dessen Ver⸗ 
etzung von den meisten Blättern gar nicht mehr 
erwähnt wird — in energischer Form, daß er der 
Abschied aus der Armee nehmen müsse, falls er 
ich nicht sofort auf ˖seinen neuen Posten nach 
lermont Ferrand begeben würde. 
Petersburg, 30. Juni. Nach einem Tele 
sramm der „Nordischen Telegraphenagensur“, soll 
jutem Vernehmen nach das Verbot der Pfeide 
rusf uhr in diesen Tanen aufgehohen werden 
held mußte sich damals aus der Wirthschaft flüchten, 
onst wäre ihm von den Anwesenden die verdiente 
Tracht Prügel zu Theil geworden. Es wurde gegen 
denselben jedoch auf erfolgte Anzeige gerichtliche 
Untersuchung eingeleitet und erhielt Weber in vor⸗ 
gestriger Schöffengerichtssitzung die höchste zulässige 
Strafe, bestehend in 42 Tagen Haft. 
— Am 10. Juni d. J. hat Anna Wallauer, 
Tochter des Bürgermeisters Wallauer in Oden⸗ 
dach, das in den hochangeschwollenen Glan ge⸗ 
'allene und in demselben fortgetriebene 4 Jahre 
alte Kind des dortigen Mühlsteinhauers Heinrich 
Wagenblatt mit eigener Lebensgefahr vom Tode 
des Ertrinkens gerettet. Für diese muthvolle Hand⸗ 
lung wird derselben von der igl. Regierung die 
lobende Anerkennung öffent lich ausgesprochen. 
(Pf. K.) 
— Wie hochangesehen die pfaälzische 
Fisen Industrie ist, geht mit am Besten daraus 
serbdor, daß den Herren Gebr. v. Gienanth in 
dochstein“ die Lieferung für eine ganz großartige, 
neu im Bau begriffene Baumwollspinnerei in Lin⸗ 
denau (einem Vororte Leipzigs) übertragen wurde. 
M. B.3.) 
-Der Vorstand des Pfäl zischen Schli tze n⸗ 
bundes hat beschlossen, die Bundesfahne 
zum Festzuge nach Frankfurt am Main zu 
entsenden. 
— Landau, 29. Juni. Dem zur Schieß⸗ 
ichule nach Lager Lechfeld kommandirten Unter⸗ 
»ffizier Johann Schraml der 1. Kompagnie 
18. Infanterie Regiments ist gestern Vormittag 10 
Uhr ein großes Unglück zugestoßen. Derselbe war 
als Aufzeiger bei den Scheiben kommandirt und 
wollte sich gerade das Resultat der Schüsse ansehen, 
um es alsdann zu melden, als ihm ploͤtzlich eine 
Fugel (wahrscheinlich ein Aufschläger) durch das 
eine Ohr hinein und zum andern wieder heraus⸗ 
ging. Der Bedauernswerthe war sofort todt. 
— Lambrecht, 29. Juni. Heute Morgen 
fiel der 18 Jahre alte Handlanger Joh. Schönung 
von Lindenberg von dem eiwa 30 Meter hohen 
Fabrikschornstein der Maschinenfabrik Hemmer in 
Neidenfels herab und war sofort todt. Ein Fehl⸗ 
tritt warf ihn kopfüber inwendig herab, so daß er 
sich nicht mehr an den Klammern heben konnte, 
vielmehr an ihnen sich noch äußerlich verletzte. 
(N Zig.) 
— Grünstadt, 30. Juni. Herr Studiosus 
der Theologie Weber von hier wurde, wie die 
„Gr. Zig.“ aus sicherer Quelle erfährt, mit dem 
ansehnlichen Utrechter Stipendium von ca. 1300 
Mark bedacht. 
—Z 
Seutsches eich. 
Müunchen, 29. Juni. Dem Vernehmen nach 
egidt fich Finanzminister Dr. v. Riedel Ende 
iser Woche zur Inspeltion der fränlischen Bäder 
ach Kissingen 2c. Die Reise hängt angeblich mit 
zudgetfragen zusammen. 
Munchen. Das Gesammtwahlergebniß in 
yen acht Kreisen Bayerns stellt sich nun endgiltig, 
vie folgt: 
Oberbahern: 5 Liberale, 20 Ultramontane, 3 
FJ Rittler⸗Bucher (Rittler, Ruppert und Baron 
doden J)J. 
Niederbahern: 15 Ultramontane, 4 Gruppe 
ziitler Bucher (Bucher, Schramm, Fellner, v. Ow), 
Gemaͤßigt⸗ Conservativer. 
Oberpfalz und Regensburg: 3 Liberale, 13 
ramontane. 
Oberfranken: 14 Liberale, 1J Gemäßigt⸗Con⸗ 
erdatiber, 2 Ultramontane, 1 Gruppe Bucher 
hridatier Müller⸗Bamberg). 
Mittelfranken: 14 Liberale, 3 Hochconservative, 
Altramontaner, 1 Demokrat. 
Anterfranken: 5 Liberale, 13 Ultramontane. 
VBurzburg J steht noch aus). 
Schwaben und Neuburg: 9 Liberale, 9 Ultra⸗ 
nontane, 1 Hocheconserdativer. 
Pfalz: 20 Liberale. 
München, 30. Juni. Die „N. N.“ er⸗ 
ahren, der Landtag werde wegen der Brannt— 
deinsteuer einberufen werden. Von anderer unter⸗ 
ideter Seite wird behauptet, die Einberufung 
tolge nicht vor dem 15. September. Bestimmt 
ubisher nichts. 
Berlin, 30. Juni. Der Kaiser fährt gemäß 
n nunmehrigen festen Bestimmungen am 6. Juli 
uch Ems. Der Aufenthalt dorf wird nur 14 
Tahe danern, weil der Kaiser am 28. in Gastein 
iintteffen will, um dort mit dem Kaiser von Oester⸗ 
cich zusammenzutreffen. In Konstanz wird eine 
lmerbrechung der Reise eintreten, die dann wahr⸗ 
winlich über die Arlbergbahn (also nicht uber 
—X fortgesetzt wird. — Der Bundesrath wird 
ith am 10. Juli vertagen und Anfang September 
ehufs Ausführung des Branntweinfteuergesetzes 
ieder zusammentreten. 
Berlin, 30. Juni.' Der Bundesrath hat in 
aner heutigen Sitzung einige vom Reichsschatzamit 
g& Uebergangs-Bestimmungen betteffend das 
ranntweinsteuergeseß genehmigt, darunter eine Er⸗ 
nuchtigung der obersien Landesbehörden, Ueber⸗ 
LPatsbestimmumgen zu treffen und die Ausfuhr- 
ung für Liqueure aufj das Dreifache zu er⸗ 
— 1. Juli. Die National-⸗ Zeitung 
Intn auschließend an den Bericht über die gestrige 
nderrathantzung, in welcher uünter anderm den 
nlabtilantn eine dreifache Vergütung des 
etigen Satzes beim Export vom J. Juli bis 
Sedtemhbere d. Ig gewährt worden: „Allem 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Jugbert, 2. Juli. Heute schon traf 
die angekündigte Menagerie des Herrn Böhm« 
dahier ein. Dieselbe ist auf der Wiese des Herrn 
Ph. Munzinger in der Kohlenstraße aufgestillt. 
* St. Ingbert, 2. Juli. Vor einigen 
Tagen wurde ein junger Bursche von hier (St 
Ingberter Grube) wegen eines Sittlichkeitsbergehent 
)erhaftet. Es ist dies srit kurzem schon der zweite 
erartige Fall dahier, weshalb strafgerichtliche Unter— 
uchung eingeleitet wurde. 
— pirmasens, 30. Juni. An dem un— 
„üchseligen Abend, als das traurige Ende des be— 
jebten Gendatmen Bär in der Stadt bekannt 
wurde, aäußerte sich ein Individuum, der Tagner 
Michael Weber aus Muünchweiler, in einer hiesigen 
Wirthschaft dahin, daß dem betr. Wildschützen für 
eine That ein Orden gehülre. Der rohe Maunl— 
Vermischtes. 
f Nürnberg, 29. Juni. Der Prediger der 
freireligiössen Gemeinde, Herr Scholl, ist ein Geg⸗ 
ner des Impfzwanges und daber schon wiederholt 
— erst wiederum kürzlich — wegen Nichwornahme 
der Impfung seiner Kinder gerichtlich verurtheilt 
worden. Inzwischen ist er wiederholt zur Vornahme 
der Impfung unter Strafandrohung aufgefordert 
worden. Er hat nun jetzt eine Eingabe an den 
Magiftrat gerichtet, worin er darzulegen sucht, daß 
—XO 
holt Strafe ausgesprochen werden kann, und ge⸗ 
heten, die Sache auf sich beruhen zu lassen, bis 
teine Petition an den Reichstag betreffs des Impf⸗ 
wanges entschieden sei. Der Magistrat hat jedoch 
mit Rücksicht auf oberstrichterliche Entscheidungen 
dos Melsuch abgewiesen.