Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
TA&et. Ingberter Anzeiger““ erscheint woͤchentlich fünfmal Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sountag; 2 mal wöochentlich mit Unter haltung— 
Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blanu koftet viertelijährlich 14 60 — einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1.M 78 4, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 H, Neklamen 80 B. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige beredmet. 
Moͤntag, 11. Juli 188737. — 
22. Jahrg. 
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Deutsches Reich. 
Berlin/ 9. Juli. Der „Reichsanzeiger“ 
ngirte eine kaiserliche Verordnung aus Ems 
m gestern, wonach das Pferdeousfuhrverbot mit 
verkundung dieser Verordnung außer Kraft 
In und veröffentlicht ferner die Gesetze über die 
uinderung der Gewerbeordnung und die Ver⸗ 
udung gesundheitsschädlicher Farben bei der Her⸗ 
zlung von Nahrungsmitteln. 
Aoburg, 6. Juli. Unsere Offiziosen, ob in 
zaun oder Koburg, bleiben fich gleich. So ent⸗ 
M die neuefte Nummer der offiziösen Koburger 
—R Sobranje⸗Wahl nachfolgende 
lärung: „Ueberall in den Zeitungen taucht jetzt 
Nachricht von der bevorstehenden Wahl des 
rinzen Ferdinand von Koburg zum Fürsten von 
uilgarien,“ auf. Wahr daran ist nur, daß die 
algarische Selbstständigkeitspartei Alles aufbietet, 
en Prinzen in ihre verworrenen Verhältnisse 
qneinzuziehen und ihn dadurch zu dompromittiren; 
dem gegenübher muß darauf hingewiesen werden, 
aß ein deutscher Prinz, wie es Prinz Ferdinand 
yn Koburg; unzweifelhaft ist, ohne die Erlaubniß 
ch Hauptes seines Hauses und ebenso ohne die 
änwilligung · des deutschen Kaisers, selbst wenn 
ne Krone ihm angeboten würde, fie nicht an⸗ 
chmen darf. So lange diese Erlaubniß und die 
nwilligung nicht ertheilt find, schweben diese Ge⸗ 
ichte in der Luft. Ganz zu schweigen von der 
i vorliegenden bulgarischen Falle erforderlichen 
uffimmung der sämmtlichen Großmächte.“ 
Aus laud. 
Brüssel, 9. Juli. Die Regierung unterhandelt 
u sitateaischen Gründen mit der franzöfischen 
ordbahnceselljchaft wegen Ankaufs der Maas⸗ 
senbahnlinien. 
Paris, 8. Juli. Großes Aufsehen erregen 
edem Grafen von Paris von seinen Organen 
geschtiebenen Worte, daß der Triumph seiner Sache 
che, daß alles bereit sei; für den ruhigen Ueber⸗ 
ing zur Monarchie, daß die monarchische Organi- 
nion vollsiändig sei und das neue Regime sofort 
helmäßig funttionieren · werde. Danach scheint 
d der Graf von Paris, wie es meisiens bei 
xitenden der Fall ist, starken Illusionen hinzugeben. 
Varis, 8 Juli. Boulanger ist Abends um 
dhr nach Clermont obgereist. Vor dem Hotel 
ou Loubre, von wo Boulanger nach dem Bahnhofe 
ihr, hatte eine groͤßere Menschenmenge sich ange— 
melt, welche iha mit Hochrufen empfing und 
ð zum Bahnhofe begleitete.“ Auf dem Bahnhofe 
men die; Deputirten Laissant, und Lagnerre zur 
egrühung da. Die Polizei bereitele der Kuad— 
dung kein Hinderniß. Von onderer Seite wird 
meldet: Eine“ ungeheuere Menschenmege war 
n Lyoner Bahnhof bei der Abfahrt Vomngers 
Ahen. Der Bahnhof war illuminirt, ahlreiche 
use il reviendra“ wurden laut. Due Polizei 
tfteute auf dem Bastillenplatze eine Bande, welche 
durch die großen Boulevards ziehen wollte. 
Ne Ranifestatien wor ohne ernsthaften Charatler. 
baris, 9. Juu. Gestern Abend durchog 
stthere Anzahl junger, Leute die Boiflebard⸗ 
* Are mit den Rufen: Es lebe Boulanger.“ 
oltzei derhaftete mehrere der Schreiere 
nucerm on· gerrand, d. Jun Wenndal 
* ger ist heute hier eingetroffen und auf dem 
de von einer aus mehreren hundert Personen 
n en Menge unter Hochrufen empfangen 
. Wie verlautet, würde morgen bei der 
ffiziellen Uebernahme des Armeecorps-Commandos 
ine größere Kundgebung stattfinden. 
Auch die Londoner Blätter protestieren jetzt 
jegen die Fremdenhetze in Frankreich. John Bull 
jat bekanntermaßen ein dickes Fell, aber jetzt ist's 
uch ihm zu arg geworden. 
Tirnowa, 8. Juli. Prinz Ferdinand von 
doburg hat auf die Anzeige von seiner Erwählung 
Folgendes geantwortet: 
„Empfangen Sie meinen Dank für die er⸗ 
habenen Worte, die Sie an mich gerichtet haben 
zei der Anzeige von dem Beschluß der großen 
Nationalversammlung und von meiner Erwah⸗ 
ung auf den Thron von Bulgarien. Ich bin 
bereit, dem bulgarischen Volke meine Dankbar⸗ 
eeit zu bezeigen, indem ich ihm mein Leben weihe. 
Ich rechne auf Euren Eifer, Eure Umficht, Eure 
ẽkrgebenheit, mich in dem Bestreben zu unter⸗ 
lützen, das Glück des Landes zu sichern. Sobald 
neine Erwaählung durch die hohe Pforte be⸗ 
tätigt und von den Maͤchten anerkannt ist, 
verde ich dem Rufe des bulgarischen Volkes 
ntfprechen/ indem ich mich in seine Mitte be⸗ 
zebe. Prinz Ferdinand von Sachsen ⸗Koburg.“ 
Diese Erklärung des erwählten Fürsten wird 
ahin aufgefaßt, daß, wenn der Versuch, die Ge⸗ 
iehmigung aller Mächte zu erlangen scheitern sollte, 
der Fürst dennoch auf Genehmigung oder Anrathen 
iur einiger Mächte aach Bulgarien kommen würde. 
ach bulgarischer Auffassung müßte hierüber spätestens 
n vier Wochen die Entscheidung fallen. Die an 
jen Prinzen von Koburg abgeschikten Dankestele⸗ 
zramme tragen die Aufschrift: Sr. königlichen 
doheit dem Fürsten Ferdinand von Bulgarien. 
Zrinzen von Koburg ·Gotha. 
Philadelphia, 7. Juli. In allen Theilen 
det Vereinigten Staaten wird darüber discutirt, 
velche Maßregeln ergriffen werden könnten, um die 
rinwanderung zu beschrünken und namentlich So— 
ialisten, Anarchisten und andere unliebsame Leute 
rnzuhalten. J 
San Fraucisco“ 7. Jul. Hier hat fich 
ine Partei mit folgendar Programm gebildet: 
lufhebung der gegenwärtigen Naturalisationsgesetze, 
lusschließung unerwünschter Einwanderer, Verbot 
on Ankauf von Land durch Ausländer, Nichtein⸗ 
nischung der Kirche in das Schulwesen. 
Loselne und pesfaische Rachrichten. 
— Zweibrückem 6. Juli. In dem Wohn⸗ 
ause der Wwe. H. Graitel in der hinteren Ir⸗ 
eimerstraße stürzten gestern Vormittag aus dem 
weiten Stockwerke zwei, den Familien Launinger 
ind Dimpelfeld gehörende Kinder im Alter von 
z und 8 Jahren, glücklicherweise ohne erheblichen 
—„chaden genommen zu haben. — Die Gebühren 
»es Fruchtmarktes beliefen fich im abgelaufenen 
zahre auf nur 218 M., ein Beweis, daß auch der 
siesige Markt das Schicksal der übrigen pfaälzischen 
diendetie nämlich nicht beschickt zu werden, 
eilt. 
ingen⸗Westerburg (Neu-Leiningen) im 63. Lebens⸗ 
ahre. Der Verflorbene hatte bekanntlich noch kürz⸗ 
iich mik seiner Gemahlin, sowie mit dem Herrn 
Brafen Karl Emich zu Leinigen⸗Westerburg; Pre⸗ 
mier⸗Lieutenant im 14. preuß. Husaren ⸗Regiment 
in Kassel, längere Zeit hier verweilt, um für seine 
leidende Gesundheit Stärkung und Heilung zu 
uchen, welche er jedoch leider nicht mehr finden 
ollte. Der Verewigte war Oberstlieutenant in 
bayerischen Diensten und zuletzt Commandeur des 
3 Chevanxlegers-Regiments. Auf besonderen Wunsch 
des Verledten wurde dessen Leiche zum Zwecke der 
Feuerbestattung nach Gotha übergeführt. (D. A.) 
— Ludwigshafen, 8. Juli. In der 
zestrigen Versammlung der Gläubiger der Zu der⸗ 
fabrik Friedensau“ wurde durch eine kleine 
Ninoritat eine weitere Stundung verweigert, so daß 
zie Eröffnungdes Konkursesbevorsteb' 
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Vermischtes. 
fHeiße Sommer. Im Jahre 627 war 
die Wärme in Deutschland so stark, daß die Quellen 
erfiegten und eine große Menge Menschen vor 
Durst starb. 870 mußten die Feldarbeiten längere 
Zeit der Hitze halber eingestellt werden· 903 waren 
m Sommer die Wiesen wie vom Feuer verbrannt. 
1000 verfiegten die kleinen Flüsse, die Fische faulten. 
es entstand eine Pestilenz. 1022 und 1132 war 
die Hitze sehr arg, der Rhein trocknete im letzteren 
Jahre im Ober⸗ und Mittellauf fast aus. 1189 
Jatte Italien kLine schreckliche Trockenheit zu bestehen. 
1260 fielen in der Schlacht oon Bela mehr Men⸗ 
chen durch die Hitze als durch die Waffen. Die 
Sommer von 1277, 13083 1304, 1615, 1705 
varen enorm/heiß. 1718 war gewaltiger Wasser⸗ 
nangel. Es regnete den ganzen Sommer keinen 
Tropfen. 1779 starben in der Gegend von Bo⸗ 
ogna viele Personen vor Hitze. 1793 wurde im 
Fuͤli die Hitze unerträglich, die Pflanzen verdorr⸗ 
sen, die Baumfrüchte vertrockneten. Fleisch faulte 
nnerhalb einr Stunde. 1822, ein Erdbebenjahr, 
amentlich für das Elsaß, herrschtegroße Hitze. 
832 war die Hitze, von der Cholera begleitet, 
welche namentlich in Westdeutschland und Frank⸗ 
reich viele Opfer forderte, in Paris allein 20,000. 
Seitdem find wohl warme, aber keine übertrieben 
Jjeiße Sommer zu verzeichnen gewesen. Die größte 
ditze brachten die Sommer von .1816, 1859, 
1860, 1870, 1874. 
Karlsruhe, 6. Juli. Kürzlich verschwand 
der jugendliche Ausldufer der Benzinger'fschen Eis⸗ 
abrik und mit ihm 143 M., welche derselbe im 
Auftrage-des Geschäftes einkassirt hatte. Gestern 
lehrte der Ausreißer vom Frankfurter Schützenfeste 
vieder hierher zurück, nachdem er das Geld bis auf 
5 M. 70 Pf. durchgebracht hatte. 
F Frankfurt, a. M. Der Finanz⸗Ausschuß 
st in der glücklichen Lage, bereits einen namhaften 
eberschuß zu verfügen. — In der bayerischen 
Bierhalle auf dem Fesiplatze wurde bis zum 7. d. 
M. bereits der Tausendste Hectoliter Bier verzapft. 
Da von jedem Hectolitet 25. Mk. abzugeben sind, 
so ist dies eine Einnahme des Comite's von 
25.000 Mt. 
4 Munchen, 8. Juli. Auffälliges Sympton. 
In betheiligten Kreisen wird die Thatsache be⸗ 
sprochen, daß Ernteurlauber der Regimenter der 
diesigen Garnison theils mit dem Antritt des 
Arlaubes verzögert werden, theils auch wieder 
Rückberufungsordre erhielten. So mußten gestern 
JSoldaten des Leibregiments, die schon ihre Eiden⸗ 
— Die Doctor⸗Würde in der medicinischen 
Facultät fzu Würzburg hat sich erworben der pralt. 
Arzt Raab aus Zweibrücken. 
— Busenberg, 7. Juli. Gestern Abend 
derstarb hiet Der. 20jährige Alb. Levi an Blut⸗ 
dergiftung. Vor ca. 8 Tagen wurde derselbe 
on einer giftigen Fliege in die Backe gestochen. 
S. W.) 
— Dürkheim, Y9. Juli. In Kassel verschied 
am 7. d. M. Se. Erl. Thomas Graf zu Lein⸗