Full text: St. Ingberter Anzeiger

dem regen Verkehr mit den benachbarten Gegenden 
und Provinzen zweifellos von großem Werthe ist. 
Der Verband der Vereine, welcher jetzt fast 200 
Vereinsburedux in allen irgend erheblichen deutschen 
Städten umfaßt, ist im stetem Aufblühen und es 
ist außer dem auf Gegenseitigkeit begründeten 
Mahn⸗ und Inkassowesen von besonderer Wichtig⸗ 
keit: die Auskunftsertheilung. So bilden die Legi⸗ 
timationskarten für die Geschäftsreisenden der Mit⸗ 
zlieder, welche dieselben zur kostenfreien Einholung 
mündlicher Auskünfte bei sämmtlichen Vereinsbureaux 
herechtigen, einen wahren Segen für die Geschäfts⸗ 
welt, wie auch die Benützung jener, die bereits in 
die Zehntausende geht, unzweideutig nachweist. 
Ftwas auch nur entfernt damit in Vergleich zu 
„ringendes ist im Auskunftswesen dem Handel und 
Verkehr bisher nirgends geboten worden, so daß 
nuch die Betheiligung an der Sache in neuester 
Zeit ungeheuer zunimmt, um so mehr, als auch 
zie schriflliche Auskunftsertheilung eine Anzahl un⸗ 
rreichter Vortheile vor sonstigen Bureaux bietet. 
Es möge schließlich nicht unerwähnt bleiben, daß 
»er im vergangenen Sommer in Frankfurt a / M. 
tattgehabte Verbandstag eine neue Geschäftsord⸗ 
aung und neue Statuten beschlossen hat, welch 
etztere der demnächstigen Generaldversammlung zur 
Beschlußfassung vorgelegt werden. 
— In hochherziger Weise hat der Stadtrath 
in Zweibrücken seinen sämmtlichen Lehrern 
ohne Rücksicht auf deren Dienstjahre eine städtische 
Aufbesserung des Gehaltes um 150 Mt. bewilligt. 
Ebenso hat der Stadtrath zu Fran kenth al die 
BHehalte der dortigen Lehrer in der Art geregelt, 
»aß der Anfangsgehalt auf 1281 Mt. festgesetzt 
vurde und nach je fünf in Frankenthal zurückge⸗ 
legten Jahren sich um 120 Mk. erhöht 
I[] Die Standesregister für das Jahr 1886 
ergeben für Schnappach folgendes Resultat: 
a. Geburten: 
männl. Geschl. 25 
weibl. Geschl. 27 1 
Sa. 52 
b. Sterbefälle: 
Unter 14 Jahren Ueber 14 Jahren 
Knaben 13 männl. Geschl. 5 
Mädchen 10 weibl. Geschl. 8 
Sa. 23 Sa. 13 
Totgeburten 3. 
Es ergeben sich also 52 Geburten und 39 
Sterbefälle, was eine Mehrung von 18 Personen 
ergibt. 
Die Bevölkerungszahl betrug nach der letzten 
Zaͤhlung nahe 1400 Einwohner. 
— Homburg, 17. Jan. Gestern Morgen 
and der Metzger Herr Karl Roz von hier den 
Hüttenarbeiter Schwarz aus Bechhofen unweit 
dieses Ortes leblos im Schnee liegend. Man ver— 
hrachte den Verunglückten sofort in seine Wohn⸗ 
ung, wo derselbe nach einigen Wiederbelebungs⸗ 
nersuchen Lebenszeichen von sich gab. Schwarz, 
der am Abend vorher auf dem Wege von Sand⸗ 
dorf nach Bechhofen sich ermattet gezeigt hatte, 
var in Folge von Mudigkeit im Schnee stecken 
geblieben. 
— Ramsen, 17. Januar. Herr Lehrer 
Cloos von hier wollte in der Nacht von Samstag 
auf Sonntag in Begleitung des ihm befreundeten 
Forstgehilfen Braun von Dreisen hierher zurück⸗ 
kehren, wobei sie sich jedoch in Folge des Schnees 
im Wadde verirrten. Als der Forstgehilfe dies 
erkannte, rieth er, einen anderen Weg einzuschlagen, 
vas jedoch Lehrer C. hartnäckig ablehnte und allein 
jeinen Weg in der von ihm eigensinnig festgehal⸗ 
lenen Richtung fortsetzte, während B. den andern 
Weg einschlug und auf demselben auch wohlbehalten 
nach Hause gelangte, wogegen Lehrer C. immer 
weiter vom rechten Weg kam und zuletzt, vor Er⸗ 
schöpfung und Kälte niedersinkend, erstarrt auf einer 
Wiese in der Nähe des Bremerhofes bei Sippers⸗ 
ꝛeld liegen blied, wo er Sonntag Morgen 7 Uhr 
don Bewohnern des genannten Hofes aufgefunden 
vurde. Man stellte sofort Wiederbelebungsversuche 
in, welche jedoch selbst ohne Erfolg blieben, und 
za man vermuthete, der Aufgefundene koͤnne von 
Kamsen sein, so wurde sogleich hierher gesandt, um 
Erkundigungen einzuziehen. ob Jemand hier vermißt 
verde. Die gehegte Vermuthung bestätigte sich denn 
auch und begab sich ein Freund des Lehrers C. 
ingesaumt nach dem Bremerhof, um den Verun⸗ 
zlückten mittelst Wagen nach Hause zu bringen, 
wo er sofort äͤrzlicher Behandinng übergeben wurde, 
der es auch nach und nach gelang, den Erstarrten 
zum Bewußtsein und Leben zurückzubringen. Beide 
Beine sind indessen bis zum Knie total erfroren 
ind Hände und Arme derart geschwollen, daß der 
Arzt stellenweise die Haut entfernen mußte. Welche 
Folgen der Vorfall für den Bedauernswürdigen 
Jaben wird, läßt sich im Augenblicke noch nicht er⸗ 
messen, doch ist zu fürchten, daß eine Amputation 
nothwendig werden wird. 
— Gimmeldingen, 16. Jan. Heute 
stachmittag wurde die älteste Frau unseres Octes, 
Frau Anna Maria Weppler, Witwe, geb. Thomas, 
in dem seltenen Alter von 86 Jahren zu Grabe 
zetragen. Sie war in ihrem Leben nie krank und 
behielt ihre volle Rüstigkeit und Geistesstärke bis 
an ihr Ende bei, welches sie, ohne daß sie lange 
krank war, plößzlich ereilte. Der Verlebten ist vor 
drei Wochen eine Tochter im 56. Lebensjahre, 
welche eine zahlreiche Familie hinterließ, vorausge⸗ 
gangen. Ihr Ehemann starb schon vor 40 Jahren. 
(N. Bztg.) 
In einem Dorfe der Vorderpfalz in einer 
Wirthschaft wurde, wie die „Pf. Ztg.“ schreibt, 
ein Gespräch geführt über die Vorgänge im deut⸗ 
schen Reichstage. Ein Kaufmann sagte einem Lehrer 
gegenüber, „die Ultramontanen, das Centrum sind 
Vaterlandsverräther, sind schlechte Kech!““ Der 
Lehrer entgegnete: „Zu dieser Partei gehoͤre auch 
ch!“ worauf Jener sagte, „dann sind Sie auch 
ein Vaterlandsbverräther und schlechter Kerl.“ Der 
Andere hat bereits Schritte gethan, diesen Schimp! 
zu rächen. 
— Nächsten Sonntag findet der „N. Z.“ zu⸗ 
'olge im Saalbau zu Neustadt eine Volksversamm⸗ 
ung ftatt, in welcher Reichstagsabgeordneter Dr. 
A. Bürklin und Oberbürgermeister Dr. Miquel 
aus Frankfurt sprechen werden. .* 
— Die socialdemokratische Partei im Wahlkreise 
Speyer⸗Frankenthal will diesmal Dreesbach nicht 
mehr aufstellen, damit dieser sich dem Wahlkreise 
Mannheim-Schwetzingen-Weinheim besser widmen 
ann. An Dreesbach's Stelle soll Tapezierer Ehr⸗ 
hardt in Ludwigshafen treten. 
,i IomôœäDío 
— — 
Vermischtes. 
Metz, 18. Januar. Der „Straßb. Post“ 
chreibt man von hier: „Die Macht des Gewissens! 
Seit einiger Zeit befand sich ein junger Mann hier 
n Arbeit, welcher mit seinem Kostgeber zusammen 
n einem Bemte schlief. Letzterer machte bald die 
Wahrnehmung, daß derselbe des Nachts fast gar 
nicht schlafe, sich vielmehr unruhig im Bette um— 
serwälze. Dieser fortwährenden Störungen müde, 
rug der Kostgeber den jungen Mann um den 
Brund seiner Schlaflosigkeit, erhielt aber stets aus⸗ 
veichende Antworten und erst dann, als ersterer, 
velcher zu bemerken glaubte, daß sein Schlafkame⸗ 
rad etwas auf dem Gewissen habe, ernstlich in ihn 
zrang, sich durch ein offenes Geständniß von seiner 
Angst zu befreien, entschloß sich letzterer zu folgen⸗ 
em Geständniß: Vor mehreren Jahren habe er in 
Saarbrücken gearbeitet und sei als einziger Zeuge 
zugegen gewesen, als von einem seiner Kameraden 
m einem anderen jungen Mann ein Giftmord ver⸗ 
ibt worden sei; in der darauf folgenden Unter⸗ 
uchung habe er aus Freundschaft für den Thäter 
inen falschen Eid geschworen, infolge dessen die 
Untersuchung gegen denselben erfolglos geblieben sei 
Dieses Bewußtsein und der Gedanke, daß er das 
oegangene Verbrechen vielleicht hätte: verhindern 
können, quälten ihn Tag und Nacht und ließen ihn 
nicht mehr zur Ruhe kommen.“ Dieses Geständ⸗ 
niß soll bereits der zuständigen Behörde zur An— 
zeige gebracht sein. und es wird die voraussichtlich 
inzuleitende Untersuchung Licht in die Sache 
zringen. 
7 Sobernheim, 18. Jan. Ein schredlicher 
Vorfall hat sich dieser Tage in unserm Städtchen 
zugetragen. Eine junze Dame war in ein Nach- 
‚arhaus gegangen und spielte dort zum Zeitvertreib 
mit einem kleinen Kinde. Plötzlich glitt das Kind 
aus und fiel zu Boden. Die Dame griff schnell 
nach dem Kleinen, erschrack aber dabei sehr, und 
ils dieselbe sich aufrichtete, war sie — erblindet. 
Die Eltern der Ungkücklichen reisten sofort mit der⸗ 
elben nach Wiesbaden und konstatirte der dortige 
Arzt, daß ein Auge vollständig erblindet sei und 
das andere nur mehr einen Schimmer habe. 
F Homburgov. d. Höhe, 18. Jan. Die 
yor zwei Jahren aus der Homburger Gewerbe— 
ammer (e. G.) entstandene Homburger Gewerbe⸗ 
hank mit einem Aktienkapital von 1. Mill. Mark 
wovon die Hälfte eingezahlt, ist in Konkurs ge— 
rathen und spricht man von einer Unterbilanz von 
150,000 Mark. Die beiden Direktoren Schmaler 
und Kreutter sind verhaftet. Das Falliment hat 
zroße Aufregung hervorgerufen, da besonders kleine 
deute, welche ihre Ersparnisse bei der Bank depo— 
airten, stark betheiligt sind. Es sollen jahrelange 
Buchfälschungen entdeckt worden sein. 
FeFrankfurt, 17. Jan. Gestern begann 
»or der hiesigen Strafkammer die Verhandlung 
jegen die 36 Sozialdemokraten, welche im Novem⸗ 
her und Dezember v. J. verhaftet und wegen Ge⸗ 
Jjeimbündelei angeklagt wurden. Ein Antrag aus 
Ausschluß der Orffentlichkeit wurde abgelehnt. Dei 
Angeklagte Tüllgrabe räumte ein, daß in Frank 
'urt eine vollständige Organisation der Part⸗ 
bestanden habe. 
F Frankfurt a. M. Zu dem ausgeschriebenen 
Besellengesuch eines Schreiners meldeten sich nich 
weniger als 120 arbeitslose Schreiner, darunte 
auch ein leicht, aber gut gekleideter Mensch, de— 
Uhr mit Kette trug. Er klagte sehr über seine nu 
schon seit zwei Monaten dauernde Arbeitslosigkeit 
Als er von dem Meister darauf aufmerksam gemach 
vurde, daß es ihm doch nicht sehr schlecht gehen 
könne, wenn er eine Uhr trage, traten dem jungen 
Manne Thränen in die Augen; er erklärke unter 
Vorzeigen eines Pfandscheines, daß er erst am Tage 
vorher seinen Paletot versetzt habe, aber von der 
Uhr sich nicht trennen könne, denn es sei dies das 
einzige Erbstück von seinem verstorbenen Vater 
Diese Pietät bestimmte den Arbeitgeber, den junger 
Mann nicht allein einzustellen, sondern ihm auch 
die Mittel zum Auslösen seines Paletots — 
geben. 
* München, 17. Jan. Gestern Abene 
—VV 
fanale am Viktualienmarkte eine ältere Frauens 
person noch lebend herausgezogen, welche an de 
niegegend mit einem Striche umwunden war. 
Diese Person wurde sofort in das allgemeine Kranken⸗ 
haus gebracht und konnte bis jetzt weder über ihr 
Personalien noch darüber vernommen werden, o 
ein Selbstmordversuch 'oder eine Vergewaltigun 
vorliegt. 
FStraubing, 18. Jan. Eine ernst 
Mahnung richtete der Präsident gestern bei Begin 
des Schwurgerichts an die Geschwornen, indem e— 
u. A sagte: Der unverantwortliche Leichisinn mi 
welchem selbst in ganz unbedeutenden Sachen Mein 
eide geschworen werden, die große erschreckliche Rohei 
mit welicher bei der gering fügigsten Veranlassun— 
das Messer gehandhabt wird und der das Lebe 
eines Menschen nicht mehrgilt, als das eine 
Wurnes, und endlich die immer häufigeren Angriß 
auf die weibliche Geschlechtsehre werfen ein schlimme 
dicht auf die betreffenden Bevölkerungsklassen. E 
erscheint als Nothwendigkeit diesen Pestbeulen de 
nenschlichen Gesellschaft mit aller Energie auf de 
deib zu rücken und dieselben auszurotten. Un 
dieses Ziel aber zu erreichen, möchten die Herte 
Heschwornen mit der Zuerkennung mildernder Um 
ffände nicht zu freigebig sein, da ja in den meiste 
Fallen bei Annahme mildernder Umstände die Stral 
nicht mehr den verbrecherischen Handlungen em' 
prechen koͤnne. 
Halle, 19. Jan. Bei der Fahrt über der 
gefrorenen Sjssen⸗ See bei Eisleben brachen gester— 
dier Gespanne aus Wormsleben ein. Nur eir 
Fuhrer konnte gerettet werden. GEsrkf. 3.) 
Fabrikbrand. Die große Eickhoff'sch 
Tuchfabrik zu Heinrichsthal bei Minden ist voll 
dandig niedergebrannt. 130 Arbeiter sinb brodlos 
Koöln, 18. Jan. Schriftsteller Koch vor 
hier und Redakteur Saul der „Frankfurter Ztg 
wurden von der Anklage, den Amtsrichter Schmöl 
der beleidigt zu haben, freigesprochen. (Schmölde 
jatte bekanntlich die naive Aeußerung gethan, der 
enige Redakteur, welcher den Namen des Verfassert 
eines starfbaren Actikels zu nennen sich weiger 
sei gleich dem Hehler, der gestohlenes Gu 
erheimliche.d Koch brachte die Aeußerung mi 
Blossen in der „Frankf. Ztg.“ zur Sprache.) 
Berhin, 35. Jan. Wie fich eine Frar 
aus dem Volke die „Auflösung des Reichstages 
denkt, darüber giebt folgende. der „Nat. Z.“ mit 
jeteilte, kleine Scene Aufschluß. Standen de 
jestern Mittag zwei einfach gekleidete Frauen an 
Zönigsplatz und betrachteten die ersten Anfäng 
um neuen Reichstagsgebäude. „Schade, daß d 
Janze Arbeit umsonst ist; nun können sie All— 
vieder einreißen“ — sagte die Eine der beide