Full text: St. Ingberter Anzeiger

flossenen Samstag stürzte der Uhrenhändler Baher 
bon hier im Hause des Herrn Wirth Oberländer 
mit einem Fäßchen Bier die Kellerireppe hinab 
Das Fäßchen traf ihn im Genick so heftig, daß 
sofort der Tod eintrat. Derselbe hinterläßt Frau 
und ein Kind von 7 Jahren. 
— Erpolzheim, 30. Juli. Die Einwohner⸗ 
schaft der hiesigen Gemeinde befindet sich seit 
einigen Tagen in einer ganz eigenartigen, aber 
ziemlich hochgradigen Aufregung. Erpolzheim hat 
nämlich die Ehre, die Heimath eines Zuchthaus⸗ 
EXVV 
Alters von 18 Jahren doch schon ein ganz entsetz⸗ 
liches Früchtchen ist, das hier und in der Umgegend 
unter den Namen „Bambel“ zur Genüge be—⸗ 
tannt ist. Der Bursche hat bereits, eines Diebstahls 
wegen 15 Monate Gefängnis verbüßt, eine Straft 
die im April d. J. zu Ende ging. Seitdem treibt 
fich „Bambel“ wieder hier und in der Umgegend 
umher und verübt die raffinirtesten Diebstähle. Er 
führt ein ganz eigenartiges Leben; er haust und 
ist gefürchtet wie ein böser, unsichtbarer Geist; 
man weiß,. daß er hier ist, sah ihn auch zuweiler 
schori, aber erwischen kann man ihn nicht. Er 
schläft auf Speichern und Heuböden, ohne daß es 
die Leute wissen. Auf dem Heuboden einer hiefigen 
Familie hatte er sich im hintersten Winkel „wohn⸗ 
lich“ eingerichtet, hauste datelbst etwa 14 Tage, 
stahl Kleider, Hemden und Geld im Hause und 
bversorgte fich aus dem Keller mit Brod, Käse, 
Milch und Wein nach Herzenslust. Der betr. 
Hausfrau war das fortwaͤhrende Abnehmen ihrer 
Vorräthe ein unerklärliches Räthsel. Ein anders 
Mal schlich er sich am Tage in ein hiefiges Wirths⸗ 
haus und ließ sich Abends mit einschließen. Während 
der Nacht ließ er sich's am Bierfaß wohl sein 
derzehrte von den vorhandenen Vorräthen, erbrach 
das Pult, stahl das Geld und — schlief noch in 
der Stube bis gegen Morgen. So hat er schon 
wieder sechs der frechsten, raffinirtesten Diebstählt 
begangen. Erwischen aber kann man ihn nicht, 
denn er kennt hier jeden Winkel. Seit einiger 
Zeit find allnächtlich dreei Gendarmen von Dürk— 
heim hier auf der Lauer. Seit Mittwoch werden 
nun auch noch die Bürger aufgeboten, um den 
„Bambel“ einzufangen, jede Nacht 20 Mann, 
gestern Abend sogar und fuür heute wiedern 
40 Mann. Das Dorf wird umstellt, die Häuser 
durchsucht, die Umgebung ebenfalls, die Gemarkung 
theilweise begangen: Aber Alles vergebens! Bambel 
entwischt immer wieder; alle List macht er zu 
Schanden. In der Nacht auf Donnerstag schlief 
er wieder hier auf einem Speicher mitten im Ort, 
entfernte sich aber aus Furcht vor einem Ueberfall 
doch so eilig, daß er die Stiefeln zurücksieß. Und 
während am Donnerstag Abend wieder 20 Mann 
und drei Gendarmen hier auf der Wache standen, 
soll sich „Vambel“ in Dürkheim in der Bart'schen 
Wirthschaft mit einem barfüßigen, mit einem Dolch 
bewaffneten Genossen an Bier und Wurst gelabt 
haben. „Bambel“ erweist sich als einer der ab⸗ 
gefeimtesten, durchtriebensten Gauner. Es wäre 
sehr zu wünschen, daß erlendlich eingefangen würde. 
Denn die Aufreguung und die Furcht vor 
„Bambel“ ist groß und auch für den Bürger ist 
es nichts weniger als angenehm, wenn er, nachdem 
er sich den Tag über auf dem Feld müde gear⸗ 
beitet hat, nun auch die Nachtruhe opfern soll, um 
solch' elenden Strolch einzufangen. (K.) 
— Speyer, 30. Juli. Die Rechnungs⸗ 
Ergebnisse der protestantischen Pfarrtöchter-Kasse 
der Pfalz pro 1886 sind folgende: Einnahmen 
21,875 M. 91 Pfg. Ausgaben 18,885 M. 4 Pfg 
Der Vermögensstand beträgt 139,6605 M. 33 Pfg 
und hat sich in 1886 um 6428 M. 86 Pifg. 
vermehrt. (Pf. K.) 
— Aus der Pfalz. In Folge Auftretens 
des Koloradokäfers im Regierungsbezirke Merse— 
burg hat sich die k. Regierung der Pfalz veran⸗ 
laßt gefunden, auf die einschlägige Regierungsent— 
schliezung hinzuwerfen, deren Art 2 lautet: „Die 
Grundbesitzer sind zur sorgsamsten Ueberwachung 
ihrer Kartoffelpflanzungen, sowie zur unverzüglichen 
Anzeige von dem Auftreten des Insectes in jedem 
einzelnen Falle an die Ortspolizeibehörde durch 
öffentliche Bekanntmachung auszufordern. Es ist 
anzunehmen, daß Jedermann dieser Aufforderung 
nachkommen werde. Uebrigens ist auch die dienstliche 
Mitwirkung des Feldschutzpersonats in dieser Richt⸗ 
ung in Anspruch zu nehmen.“ 
— Grünstadt, 30. Juli. Heute Vormit—⸗ 
tag wurde eine bei dem Oekoöonomen Raab in 
Broßkarlbach bedienstete Magd zur Unter⸗ 
suchungshaft gebracht; dieselbe ist beschuldigt, 
einen Mordversuch an ihrem früheren Geliebten 
einem Knechte, welchem sie aus Rache geftern 
Vitriol in den zum Vespertrunk bestimmten Wein 
goß, qemacht zu haben. * (Pr.) 
Vermischtes. 
Muünchen. Herr Abt Zenetti von St— 
Bonifalz feierte gestern, 1. August, sein 40jähriges 
Priesterjubilaum. Geboren im Mai 1821 zu 
Speyer als Sohn des nachmaligen Ministers, tra 
Zenetti als einer der Ersten in das von Konig 
dudwig J. neugegründete Kloster Si. Bonifaz, 
wurde bald Prior in Schäftlarn und nach der 
Ernennung des Abtes Haneberg zum Bischof von 
Speyer, zum Abt von St. Bonifaz gewählt, als 
welcher er seit 16 Jahren segensreich wirkt. 
7 Ingolstadt, 27. Juli. Gestern Nach— 
mittags ertranken unterhalb der Eisenbahnbrücke 
der 20 Jahre alte Ludwig Rusch von Abensberg 
und der 17 Jahre alte Philipp Falter von Nie— 
derhausen (Pfalz) beim Baden. Beide waren Bä 
tergehilfen. 
Fe Ehrenschuld nationaler Dank— 
barkeit.“ Unter diesem Titel ist im Verlage 
yon Karl Liebich in Stuttgart ein Gedenkblatt zu 
Ehren des Dichters der „Wacht am Rhein“ Mar 
Schneckenburger, erschienen, dessen Reinertrag dem 
Denkmalfond für diesen zufließen soll. Der Preis 
ür das Blatt beträgt nur 20 Pfg., welcher sich 
hei größeren Bezügen sogar noch ermäßigt; der 
Inhalt besteht aus einer kurzen, aber trefflich 
geschriebenen biographifchen Skizze unseres Frei— 
Jeitssängers, dem Text der „Wacht am Rhein“ 
mit der Musik von Karl Wilhelm, einem gemüth 
vollen Gedicht von Diakonus Gotthold Knapp und 
einer Mitheilung über die bisherigen Erfolge des 
Denlmalkommitees; außerdem ist das Gedenkblatt 
nit zwei Illustrationen, der Germania auf der 
Wacht cim Rhein und dem Porträt von Schnecken⸗ 
yurger geschmückt. 
f Frankfurt, 1. Aug. Gestern, Sonntag, 
kurz vor der Ueberfahrt über die Eisenbahnbrücke 
—XXK— 
des fahrplanmäßigen Mainzer und eines Bebraer 
Vergnügungszuges statt. Ein Bremser wurde ge— 
jödtet und vier Personen theils schwer verletzt. 
F Die Geschäftsführung der 90. Versammlung 
deutscher Naturforscher und Aerzte in 
Wiesbaden beginnt soeben mit der Versend- 
ung der Programme. An sämmtliche Aerzte 
Deutschlands gelangt das Programm durch Ver— 
nittelung des ärztlichen Centralanzeigers. An die 
Vertreter der Naturwissenschaften an Universitäten 
Polytechniken, landwirthschaftlichen Hochsch'ilen, 
Bersuchsstationen, in der praktischen Pharmacie und 
in der Industrie wird das Programm unter Streif⸗ 
hand verschickt soweit sich die Adressen mit Hilfe 
der Universitätskalender ꝛc. ermitteln lassen. Nicht 
in allen Fällen wird dies möglich sein. Diejenigen 
Interessenten, welchen etwa das Programm nicht 
zugehen sollte, werden deshalb gebeten, sich wegen 
Zusendung an die Geschäftsführung in Wiesbaden 
Kapellenstraße 11) zu wenden, welche jedem 
Anfragenden das Programm gerne unentgeltlich 
zuschickt. 
F Mainz, 29. Juli. Gestern Morgen wurde 
in unserer Stadt ein angeblicher preußischer Offi⸗ 
zier Namens Neuhaus, auf Veranlassung der 
belgischen Polizeibehödde in Spaa, durch einen 
hiesigen Kriminalschutzmann verhaftet. Neuhaus 
lebte seit dieser Badesaison in Spaa und zählte 
dort zu den gefeiertsten Kurgästen, denn sowohl 
durch seine feinen Manieren als auch durch seine 
Sprachkenntnisse wußte er Jedermann zu fesseln. 
In Spaa verlobte er sich mit der Tochter eines 
der russischen Aristokratie angehörigen ehemaligen 
hohen Staatsbeamten, bis es plötzlich ruchbar wurde, 
daß man es nicht mit einem Offizier, sondern mit 
einem Hochstapler zu thun hatte. Als Neuhaus 
von diesem Gerüchte Kenntniß erhielt, verschwand 
er plötzlich mit seiner Braut aus Spaa, nachdem 
dieselbe aber noch einen Griff in die Kasse ihres 
Vaters gemacht hatte. Die Eltern des Mädchens 
ließen sofott das Paar verfolgen, die Mutter aber 
reiste in Begleitung eines belgischen Polizeikommis⸗ 
järs dem Paare nach und dasselbe wurde gestern 
in einem hiesigen Hotel ersten Ranges ermittelt, 
vorauf die Verhaftung des Neuhaus durch einen 
riminalschutzmann erfolgte. Die bereits einge— 
eitete Ectmittelung hat ergeben, daß Neuhaus nicht 
allein Hochstapler, sondern auch ein bekannter 
faͤngnißsträfling ist, welcher seiner Zeit in 7 
wegen Diebstahls vier Monate im Gefängniß ehse 
gebracht hat. Neuhaus diente früher aiß unn 
sazaretgebiife in Wiesbaden und war später pi n 
bahnkondukteur in Düsseldorf; in Spaa , 
fich fuür einen höheren preußischen Offfsier nn 
Armee aus. 
FMainz, 28. Juli. Wie in anderen 6 
nisonsstädten, so werden jetzt auch hier u 
Mannschaften des 2. Nass. Infanterie⸗Regim er 
Nr. 88 Versuche mit Fischspeisen gemacht 
Man steht bereits mit einer Hamburger én 
handlung in Unterhandlung wegen wöchenis 
dieferung von Seefischen. Das halbe Kilo ur 
ische würde sich inck. Verpackung und Fracht 
damburg nach Mainz auf etwa 13 bis 14 z 
sellen. Sollte fich die Fischspeise auch dir 
wahren, woran angefichts der Erfahrungen in w 
übrigen Garnisonen nicht zu zweifeln ist, so⸗ 
sie bei sämmtlichen hiesigen Truppentheilen einge 
führt werden und zwar derart, daß wochenn 
einmal jeder Soldat zum Mittagstisch ein Pfun 
Fisch erhält. Man hat bei dieser Neuerung, welss 
von höchster Stelle aus befürwortet wird, — 
eine bessere und abwechselndere Verpflegung di 
Soldaten im Auge, sondern es wird damit aud 
eine Hebung der deutschen Seefischerei bezwedt 
f Baden-Baden. Der Küchenchef eine 
hiesigen Hauses hat kurzlich bei der Ziehung d 
Pariser 500 Francs⸗Loose einen Gewinnbo⸗ 
150,000 Francs gemacht. 
Alarmvorrichtung für Eisen— 
hahnen. Die Erhöhung der Sicherheit des Eisen 
»ahnbetriebes bezweckt eine Erfindung von 9 
Merzbach in Offenbach, und S O. Eisclen 
Frankfurt am Main. Es ist dies eine Jelbstthüti 
wirkende Alarmvorrichtuna, welche einen Zusamme 
oß zweier Züge dadurch unmoͤglich macht, deh 
sobald zwei Züge zwischen zwei Nachdarjtatione 
das Geleise nur berühren, auf elektrischem Wegt 
auf beiden Lokomotion sowohl, wie auf den Stationn 
kräftige Signale ertönen. Die Vorrichtung verbinde 
aber auch einen fahrenden Zug mit der vor und 
ücwärtsliegenden Station telegraphisch und trif 
omit den Zugtelegraphen von Phelps und Edison 
uin die Seite. Es können sogar Depeschen an 
Reisende übermittelt werden; auch kann sich de 
Bahnhofsvorsteher zu jeder Zeit vergewissern, ob daß 
Beleise frei ist ohne deßhalb auf der Nachbarstation 
anfragen zu müssen. 
F Mälhausen, 29. Juli. Der bekannilis 
vegen Weinfälschung vor 193 Jahren zu mehrert 
Jahren Gefängniß verurtheilte Weinhändler Eduar 
Nithart ist aus dem hiesigen Bezirksgefängniß ens 
vichen. Trotz Nachforschens hat man den Flücht 
ing nicht wiedergefunden. 
F Koblenz, 29. Juli. Die hiesige Strau 
kammer sprach 9 Metzgermeister, welche als Zusu 
zjur Fleischwurst Kartoffelmehl verwendet hatten 
don der Anklage der Nahrungsmittelfälschung, enb 
gzegen der vielen in anderen Städten ergangene 
Verurtheilungen frei und legte dem Staat di 
stosten auf. In den Ergänzungsgründen wurd 
nusgeführt, daß keine Täuschung des Publikum⸗ 
dorliege, das Kartoffelmehl sei nur um deßwille 
angewendet worden, um ein Bindemittel zu erzielen 
veil das Schweinefleisch wegen der Mästung m 
unstfutter sich sonst zur Wurstfabrikatinn nit 
igne. 
F Köln, 30. Juli. Die dritte Verbaud 
dersammlung der Thierschutzvereine Deutschland 
vurde gestern Abend im Raͤthhause hierselbst et 
zffnet. Dem Verbande sind 21 neue Verein— 
deigetreten, wonach demselben jetzt 90 Vereine m 
50,000 Mitgliedern angehören. Zum Vorsitzende 
ür 1887 bis 1800 wurde Otto Hartmann Kölr 
wiedergewählt. Heute Morgen 10 Uhr beganndi 
erste öffentliche Versammlung im Isabellensaale de 
Bürzenich. Die bedeutenderen Stadte Deutschland 
sind vertreten. Bürgermeister Thewalt begrüßt 
die Anwesenden und die Versammlung trat darau 
in die Berathung der umfangsreichen Tagesord 
aung ein. (Fr. Ztg.) 
f Zur Fremdenbuch-Poesie liefertde 
auf dem Inselsberg in Thüringen aufliegem 
Buch nachstehenden heiteren Beitrag: 
Ich steige nur zum Berg hinauf, um meinen Duti 
mal aufzufrischen 
Und mir mil gutem, nassen Stoff die troan— 
Därme auszuwischen;