Full text: St. Ingberter Anzeiger

Eokale und pfälzische Nachrichten. 
— Der Bericht der kgl. statistischen Bureaus 
jußert fich über den Staatenstand in der 
pfalz'im Monat Juli folgendermaßen: „Ge⸗ 
reide steht durchgehend gut. Ernte in vollem 
Bange. Stroh⸗ und Körnerertrag ist vorzüglich 
ausgefallen. Hafer ist ziemlich gut. Kartoffeln 
dersprechen einen reichen Ertrag. Klee gut, der 
zweite Schnitt verspricht sehr guten Ertrag. Tabak 
und Hopfen wurde durch ausgiebigen Regen ge⸗ 
holfen, Weingärten äußerst günstig·“·· 
— Zweibrüden, 9. Aug. Dem Vernehmen 
des Z. T. nach wird die bevorstehende Schwur⸗ 
gerichissession mehrere Wochen in Anspruch nehmen. 
Den als Geschworene ausgeloosten Herren wird 
diese Nachricht wohl nicht wie eine frohe Botschaft 
klingen. 
Lauterecken, 5. August. Heute Nacht 
ist eines der ältesten hiesigen Gebäuden, welche noch 
aus der Zeit der Grafen von Veldenz stammen, 
erschwunden. Denn es brannte das Wohnhäuschen 
des Urmachers Jakob Wol, welches an den Wall⸗ 
graben angebaut war, der einst das Schloß der 
Hrafen von Veldenz umgab, vollständig nieder. 
— GMord.) Leider haben wir wieder über 
einen Akt entsetzlicher Rohheit zu berichten, dem 
ein Menschenleben zum Opfer gefallen ist. In 
verflossener Nacht geriethen auf der Ortsstraße in 
Weilerbach der Ackerer Weißmann und der Arbeiter 
Bleich in Streitigkeit und hat bei dieser Gelegen⸗ 
Jeit der Letztere durch Schläge mit einem Stein 
dem Weißmann den Schadel zertrümmert, in Folge 
dessen der Schwerverletzte alsbald verstorben ist. 
Der Thaäter ist in Haft genommen. (K.Vztg.) 
— Aus der Pfalz. Bei dem am vorletzten 
Sonntag in Ilbesheim abgehaltenen Bezirksfeuer⸗ 
wehrverbandstag wurde zur Sprache gebracht, ob 
die Feuerwehr zu Abräumungsarbeiten verpflichtet 
sei und wer dieselben zu zahlen habe. Dieser 
Punkt rief eine lebhafte Debatte hervor und kam 
Fierbei auch in Erwähnung, daß bei dem Brande 
zer Coblitz und Waltgenbach'schen Fabrik die Stadt 
dirchheimbolanden 180 Mk. für Abräumungsar⸗ 
beiten zahlen mußte, ohne dieselben von den aus 
der Versicherung entschädigten Firmeninhabern wie⸗ 
der zu erlangen. Man sorach sich dahin aus, daß 
die Abräumungsarbeiten, wenn solche vorgenommen 
werden, von der Versicherung zu bezahlen seien 
und nur bei Nichtversicherten von der Gemeinde 
ibernommen werden sollten. Die weiteren Er— 
zrterungen wurden dadurch abgeschnitten, daß 
der Herr Vorsitzende mittheilte, der Ausschuß 
des pfälzischen Feuerwehrverbandes berücksichtigte 
nur Unterstützungsgesuche solcher Feuerwehrmänner, 
welche beim Brande resp. bis zu völligen Be⸗ 
seitigung der Feuersgefahr verunglückt sind, 
während Unterstützungen für beim Abräumen Ver⸗ 
unglückte in der Regel nicht berücksichtigt werden. 
Die Feuerwehr soll voll und ganz ihr Pflicht thun, 
um' dem Nächsten bei Feuersgefahr beizustehen, 
aber nach Löschung des Biandes sei sie zu weiteren 
Arbeiten nicht heranzuziehen. Es wurde noch der 
Wunsch ausgesprochen, daß die Entscheidungsgrund⸗ 
atze des Ausschusses des Pfälzischen Feuerwehr⸗ 
derbandes bekannt gegeben werden möchten. 
— Ludwigshafen, 7. Aug. Gestern Nach⸗ 
niitag fand eine Gläubigerversammlung in der 
Konkurssache der Zuckerfabrik Friedensau statt, in 
welcher der provisorische Masseverwalter, Herr 
Julius Goldschmit, den Gläubigern Bericht erstattete. 
Rach den Ausführungen des Herrn Goldschmit 
werden die nicht bevorrechtigten Gläubiger im 
günstigsten Falle 838 000 ihrer Forderungen er⸗ 
halten, das Aktienkapital im Betrage von einer 
Million ist natürlich verloren. Herr Goldschmit 
wurde hierauf definitiv als Masseverwalter mit 
Stimmeneinheit gewählt und ihm die Herren Gustav 
Ladenburg, Bankier in Mannheim, Hermann vom 
Bankhaus Louis Daquö, Neustadt a. H., Bürger⸗ 
neister Becker von Mutterstadt, Rechtsanwalt Selb 
»on Mannheim, sowie Direktor Schudt von Fried⸗ 
derg als Gläubigerausschuß beigegeben. (G. A,) 
RVermischtes. 
Saarbrücken, 8. August. In Paris ist 
nun auch ein Saarbrücker als deutischer 
Spion dingfest gemacht worden. Auf dem Boule⸗ 
»ard des Capucines wurde am Samstag ein voll⸗ 
tändig betrunkener, 24jähriger Mann, Namens 
seynold () verhaftet, welcher eben aus dem 
Messfälischen Draconer-Regiment Nr8 (Garnison 
Zaarbrücken) entlassen zu sein vorgibt. Derselbe 
rug, wie der stets auf der Suche nach Spionen 
efindliche „Matin? berichtet, eine bedeutende 
zZumme Geldes bei sich; in seiner Wohnung fand 
nan chiffrierte Bliefe aus Köln und Berxlin. So 
neldet man dem „Berl. Tgbl.“ Wir sind neu⸗ 
sierig, was bei der Geschichte herauskommen wird. 
S. 3) 
München, 5. August. Das Kgl. Staats⸗ 
ninisterium des Innern erläßt folgende Anord⸗ 
ung: In Gemäßheit des 8 11 des Gesezzes, 
»et. die UÜnfallversicherung der bei Bauten beschäf⸗ 
igten Personen, hat jeder Unternehmer eines ge— 
verbsmäßigen Eisenbahn⸗, Kanal-⸗, Wege⸗, Strora⸗, 
Deich ˖ und sonstigen nicht unter die Bestimmungen 
des Unfallbersicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 
der unter die nach 8 1 Abs. 8 desselben vom 
zundesrath erlassenen Anordnungen fallenden Bau—⸗ 
etrieb dem letzteren nach den Vorschriften des 8 
1 des Unfallbersicherungsgesetzes innerhalb einer 
jon dem Reichsversicherungsamte zu bestimmenden 
ind öffentlich bekannt zu machenden Frist anzu⸗ 
nelden. Die Frist für die Anmeldung ist auf die 
Jeit bis zum 1. September 1887 einschließlich 
estgesetzt worden. 
'Hünchen, 5. Aug. Heute Vormittags 
Jalb 10 Uhr sollte ein Kaminkehrergehilfe die Wet⸗ 
erfahne auf dem hohen Kamin des Maschinen⸗ 
jauses im Hofbräuhauskeller herabnehmen. Mit 
ieser Arbeit beschäftigt, rutschte er aus und stürzte 
on dieser gewaͤltigen Höhe herunter auf den mit 
Asphalt gepflasterten Hausflur vor den in den 
Harten führenden Treppen. Der Kopf war total 
erschmettert und der Tod trat alsbald ein. Es 
dar ein entsetzlicher Anblick für die im Garten 
itzenden Gästen. 
München, 7. August. Schöffendienst) 
die Ministerien der Justiz und des Innern geben 
Folgendes bekannt: Gemäß 8 33 Ziff. 4 und 
I88 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes sollen 
u dem Amte eines Schöffen und eines Geschworenen 
Zersonen, welche wegen geistiger oder körperlicher 
Hhebrechen zu diesem Amte nicht geeignet sind, nicht 
ʒerufen werden. Demungeachtet werden in die 
Arliste häufig die Namen von Personen eingetragen, 
velche nach ihren Gesundheitsverhältnissen langan⸗ 
auerndes Sitzen in geschloöñenem Raume nicht 
etragen können. Da' sich hieraus mannigfache 
5törnngen ergeben, so erging der Auftrag, bei 
»erstellung der Urlisten die Gesundheitsverhältnisse 
ler Betressenden sorgfältig zu würdigen und Per—⸗ 
sonen, welche hiernach für den Schöffen— und 
Heschworenendienst nicht geeignet find, in die Urliste 
richt aufzunehmen, oder, wenn sie zwar für den 
—chöffendienst, nicht aber für den Geschworenendienst 
zefähtigt sein sollten, dies in der Spalte „Bemerk⸗ 
ingen“ hervorzuheben. 
F. Mainz, 8. Aug. In Lorchhausen brach 
gestern Mittag ein großes Feuer aus. Dicht an 
zer Eisenbahn brannten 6 Häuser und außerdeni 
das Pfarrhaus und eine Anzahl Scheunen ab. 
FIn Mannheim, wurde ebenfalls eine 
zroße Hammelschlächterei errichtet, um die hohen 
ranzösischen Eingangszölle auf lebendes Vieh durch 
Hersendung geschlachteter Thiere zu umgehen. 
Mannheim, 6. Aug. Das Dienstmädchen, 
velches unlängst beim Feueranmachen Petroleum 
erwandte und sich dabei jämmerlich verbrannte, 
st an den Folgen dieser Verletzungen heute gestorben. 
.Mehz, 8. August. Gestern Abend um 6 
Uhr fand die feierliche Einweihung des Denkmals 
tatt, welches der Turn⸗ und Kriegerverein den 
1870 in Metz gestorbenen 283 deutschen Kriegern 
nuf dem Militärfrie dhofe errichtet haben. Alle 
Militär⸗ und Civilbehörden wohnten der erhebenden 
Feier bei. 
Markirch, 4. August. Ein junger Elsässer 
ging dieser Tage nach Frankreich. Er hatte etwas 
leichlich französischen Patriotismus und wohl noch 
mehr Wein im Kopse. Im französischen Grenz⸗ 
zxte angekommen, musterte der Polizeikommissar 
hn und gab ihm zu verstehen, wenn er seiner 
Sprache nach auch wohl ein Elsässer sei, so lönne 
er ihn doch nur dann über die Grenze lassen, wenn 
er ihm seine Papiere vorzeige. Diese hatte er nun 
leider nicht bei der Hand. Als nun dem Mar—⸗ 
kircher der Eintritt in das gelobte Land verwehrt 
wurde, geberdete er sich wie ein Rasender und 
chimpfte gehörig. Dies brachte ihm 24 Stunden 
nachdenkens in Nummer Sicher ein. Am nächsten 
Tage über die Grenze zurückgebracht, antwortete 
r rinem Bauern. welcher ihn Taas zuvor hatte 
vinübergehen sehen, auf die Frage, warum er 
ieeeZe himeri heh ich nimmhtt sdb. 
4 Coblenz, 4. Aug. Heute Morgen wih 
zie Kleider eines jungen Mannes aus n 
igen Geschafte in der Nähe der öffentlichen di 
Hadestelle gefunden. Das Hemd war zerrissen osel. 
zlutig, und liegt mit Bestimmtheit ein — 
or, der im Augenblick, als der junge a 
nuskleiden oder anziehen wollte, vollführt nb 
die Leiche ist noch nicht gefunden; wehischn 
st dieselbe in die Mosel geworfen worden, 
unge Mann ist zuletzt mit zwei Unbekannten g 
) 2 Uhr in der Nähe der Badestelle gesehen 
»en. Geld und Uhr fehlten, und es scheint — 
dem zerrissenen Hemd zu urteilen, ein ernillih 
dampf stattgefunden zu haben. Die Kleider ung 
ur Polizeibehörde gebracht und in der * 
Rocktasche ein Briefumschlag mit der Adresse J 
Herschwundenen gefunden. Eine Untersuchungaln 
nission hat sich heute Vormitiag au den Thabe 
»egeben. Die seit 7 Uhr von der Polizei —* 
en Ermittlungen, welche mit allem Eifer —* 
ntzt werden, lassen die Befürchtung, daß ein sig 
iges Verbrechen begangen worden sei, noch mih 
zegründet erscheinen, bieten aber auch bereits wn 
yolle Verdachtsumstände. 
Koln, 8. August. Heute am Jahresia 
er Siege bei Spichern und Wörth habenn 
Militärgebäude geflaggt. 
Duisburg, 8. August. Auf der Lin 
orfer Strecke bei Duisburg fand ein Zusammenso 
wischen einem Güterzug Lahnstein-Duisburg un 
inem Kieszug Hochfeld⸗Burgsteinfurt ftatt. Zwe 
dokomotiven und 28 Güterwagen sind zertrümm⸗ 
2 Beamte verletzt. 
Neues Stahlwerk. Nach einer Meldun 
des Berl. „Act.“ wird die Gewerkschaft Grillo 
Funke in Schalke dei Gelsenkirchen ein große 
Stahlwerk errichten und Stahlblöcke und Luph 
ür eigenen Bedarf herstellen. 
Aus Gelehrtentreisen wird dem „Berlin 
Tageblait“ geschrieben: Ein Erdbeben⸗Paroxyzm 
serborragendster Aut hat in den Tagen, wild 
ich unmittelbar der Mondfinsterniß des 3. Aug 
inschlossen, die Erde befallen, — genau zu du 
Termine, welcher als kritisch nach der Fluth . Theor 
m Voraus bereits wiederholt hervorgehoben ur 
etont worden ist. Seit dem 23. Februar h 
aur Eine Katastrophe — die von Werny — si 
gefunden; doch in solcher Häufung, wie umd 
z. August, find Erderschütterungen im Laufe de 
Jahres nicht aufgetreten. Wir haben hier, m 
ur Zeit der Sonnenfinsterniß vom 29. Aug 
886, zunächst zwei Katastrophen, die von Cudun 
Ecuador) am 2. und von Laghonat (Algerien) w 
3.; dann außerdem heftige Stöße in Kentuer 
Tenessee, Indiana und am östlichen Missouri 
erzeichnen; ferner einen Stoß in Temesvar g 
. und am nämlichen Tage in Lembach (esterteihh 
Iuch diese merkwürdige Bestätigung der Falb'shn 
Thedrie dem Falle zuzuschreiben, wie dies seh 
jach dem Erdbeben an der Riviera von — 
iniger (allerdings sehr vereinzelter) Hypersophift 
zeschah, wäre bereits mehr als unwissenschaftlid 
8 wäre einfach widersinnig. 
Falschmünzer entdedt. Nach ein 
gekannimachung der Koniglichen Staatsanwalljche 
u Tilsit befinden sich dafelbst mehrere Personenü 
daft, die falsche Zehnmarkftücke angefertigt hahen 
Hie Falschstücke sind sehr gut nachgemacht; s 
interscheiden sich von dem echten Gelde dunt 
eichteres Gewicht und mattem Klang; haben en 
chwache nur aus Strichen bestehende Randberzu 
ing und tragen das Bild des Königs Albert en 
Sachsen mit der Jahreszahl 1874 und dem Pir 
eichen A. während das richtige Reichsmünzʒeihe 
es Konigreichs Sachsen der Buchstabe B. ist 
uUeder das Leben Kaiser Wilhelus 
BZast ein schreibt man: „Die Schwäche 
velcher der greise Herrscher im vorigen Ih 
heimgesucht war, ist wverschwunden. In geislt 
nnd kbiperlicher Frische durchlebt der hohe he 
seine Tage. Mit der zunehmenden Kraft mehn 
und verlangern sich die Fußpartien. Es, war 
Tage, als der Kaiser die Badeschloßstufen him 
schritt, um seinen Morgenspaziergang zu m 
Auf diem ersten Treppenabsatze stand eine hunn 
léahrige Deutsch Amerikanerin, welche Tag 
Jer mit ihren Eltern in Gastein eingenogen 
nd nunseit frühem Morgen bis zur 10. 
nittagsstunde auf diesem vorgeschobenen 
parteie. um ia nur den Kaiser zu sehen.