Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Ipuherfer Meiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
78t. Jugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wochentlich mit Unterhaltung— 
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̊ 164. 
Deutsches Reich. 
München, 19. August. Der Prinzregent 
ird nach seiner Hierherkunft, welche am 28. d. 
dis. erfolgen dürfte, über einzelne Theile des 
udget · Entwurfes fur die nächste Finanzperiode, 
zelche bei seiner Abreise zu den Jagden noch nicht 
ugearbeitet waren, sich Vortrag erstatten lassen 
iad einer Sitzung des Staatsrathes präsidiren. 
Berlin, 10. August. Der Kaiser wurde in 
zolge des plötzlichen Witterungsumschlags von einer 
frlͤstung befallen, welche sich hauptsächlich durch zeit⸗ 
zeise auftretende rheumatische Schmerzen äußert. 
zei der gestrigen Fahnenweihe wurde der Kaiser 
urch die Kaiserin, nicht durch den Prinzen Wil⸗ 
elm vertreten. 
Ausland. 
Rom, 18. August. In der Umgegend von 
atania sind in Folge der Cholerapanit zahlreiche 
suütige Aufnkände ausgebrochen. 
Eine Friedenbstimme aus Rußland. 
Anter dem Einfluß der die russische Presse be⸗ 
extschenden Fanfaronaden sind vernünftige Be⸗ 
achtungen über internationale politische Angelegen⸗ 
eiten in der russischen Publizistik sehr selten ge⸗ 
horden. Mit um so größerer Genugthuung ver⸗ 
ichnet man deshalb jede Kundgebung, die gegen 
se verderbliche Hetzerei Front macht und energisch 
r Frieden in Europa und Freundschaft mit 
eutschland eintritt. Der „Westnik Jewropy“, 
t, Bote Europa's“, der in der Reihe der russischen 
lonatsschriften die erste Stelle einnimmt, wendet 
ch in der eben ausgegebenen August Lieferung in 
harfer Weise gegen die Freunde und Verfechter 
mes „russisch-französischen Bündnisses“, welches er 
iz eine „internationale Illusion“ bezeichnet. Eine 
Annüherung an Frankreich sei Englands wegen, 
egen welches Rußland und Frankreich im Orient 
huliche Interessen zu verfechten haben, wünschens⸗ 
verth; aber, erlläri der „Westnik Jewropy“ ent⸗ 
hieden, diese Annäherung darf unter keiner Be⸗ 
ingung den Charakter eines gegen Deutschland 
erichteten Bündnisses tragen.“ 
ẽs heißt dann weiter: 
Wir konnen aus der bestehenden Nebenbuhlerschaft 
wischen England und Frankreich große Vortheile ziehen; 
dber wir haben mit den Franzosen im Falle ihres glück⸗ 
hen Kampfes gegen Deuischland keinen Gewinn zu theilen 
nd deutsche Länder brauchen wir nicht, wahrend wir, 
xnn wir Frankreich helfen, Elsaß und Lothringen sich zu 
rringen, uns erbitterte und mächtige Feinde dicht neben 
zs schaffen, die sich zur Rache gegen uns rusten würden, 
iin Syflem von Blut und Eisen würde sich für lange Zeit 
ber unser politisches Leben ausbreiten und ihm eine vet⸗ 
arbliche mit den friedlichen Interessen des Volkes unver⸗ 
inbare Richtung geben Mehr als je würden wir von 
iner günstigen Losung der orientalischen Krise entfernt sein, 
deil wir eine feindliche europaische Koalition gegen uns 
jaben würden. Und weßhalb dies Allen? Frantreich lann 
ms nicht einen einzigen Soldaten gegen Oesterreich oder 
ingland senden, welche uns im Orient gegenüberstehen. 
die Franzosen können nichts oder so gut wie nichts für 
me im Falle eines allgemeinen europäischen Krieges thun, 
benso wie wir bei den Ereignissen am Rhein keine aktive 
heilnahme gewähren könnten in Folge der feindseligen 
dalung Oesterreichs. Eine russisch⸗deutsche Feindschaft fuhrt 
u Folgen, welche fur Deutschland wie fur Rußland gleich 
nerderblich sind, ohne wesentlichen Nutzen fur Frankreich.“ 
Der von französischer Seite aufgestellte und von 
issischen Pubiizisten gierig aufgegriffene Grundsatz: 
Ider Gewinn Deuischlands ist ein Verlust flur 
zußland' wird im „‚Westnik Jewropy“ als etwas 
biurdes bezeichnet. Deutschland hade viel durch 
neuen kolonialen Erwerbungen gewonnen, 
Kußland quch nur den geringsten Schaden 
*1E 
Sonntaa, 21. Auaust 1887. 
22. Jahrg. 
jugefügt zu haben; andererseits habe Deutschland 
vieder und wieder erklärt, daß es keine Interessen 
nn Bulgarien habe, welche den russischen entgegen⸗ 
esetzt seien. Es sei ein Verbrechen am friedlichen 
ussischen Volke, dasselbe in einen Bund hinein⸗ 
uzerren, der für Rußland nur zwecklose blutige 
IOpfer und schwere Folgen naqh sich ziehen könne, 
hne daß es auf irgend einen Gewinn zu rechnen 
jätte. Und wenn „patriotische“ Schreier, wie jener 
russische General“ (General Bogdanowitsch) in 
ber Broschüre „De l'Alliance franco-russe“ ver 
ichern, „Millionen von Russen“ seien der Ansicht, 
»aß gute deutsch⸗russische Beziehungen ‚mit den 
Zefühlen des russischen Volkes in Widerspruch 
jänden“, so werde durch solche unerwiesenen leeren 
Behaupiungen die politische Presse Westeuropas 
jon eitlen Phantasten nur in die Irre geführt und 
etrogen. Das russische Volk wolle Frieden mit 
einem Nachbar haben, nicht Krieg mit ihm um — 
Frankreichs willen! 
Solcher Art sind die bemerkenswerthen Aus⸗ 
ührungen der in den gebildeten Kreisen der russi⸗ 
chen Gesellschaft hochangesehenen Monatsschrift, 
iber die sich der verstorbene Katkow oft geärgert 
at, der er aber trotz aller Infinuationen niemals 
at beikommen können. 
im Laufe der Woche die nuothigen Vorbereitungen 
hierzu getroffen; besonders aber haben unsere Wirthe 
Züche und Keller aufs beste bestellt, um alle 
Wunsche der Gäste in bezug auf des Leibes Aßzung 
hefriedigen zu können. Hoffentlich macht zuguter⸗ 
letzt die Witterung keinen Strich durch die Rech⸗ 
nung und stellen sich die Gäste aus Bayern und 
Preußen recht zahlreich dahier ein. 
— In Kaiserslautera gerieth am Don⸗ 
nerstag Nachmittag, wie die „Pf. Vlksztg.“ mit⸗ 
heilt, der Bahnarbeiter Karl Wiedemann 
veim Rangiren zwischen die Puffer und erlitt eine 
chwere Quetschung des Brustkorbes, an der er im 
staäotischen Hospital gestern Abend 7 Uhr leider 
—5 Der Verunglückte hinterläßt Frau und 
ind. 
— Kaiserslautern, 18. Uugust. Die 
Bibliothek des pfälzischen Gewerbemuseums hatte 
siich neuerdings einer höchst werthvollen Bereicherung 
zu erfreuen, welche fie der Güte des Herrn Land⸗ 
lagsabgeordneten Dr. Eugen Buhl in Deidesheim 
zu verdanken hat. Es find dies die zunächst er⸗ 
schienenen sieben Bände des hochbedeutsamen Werles: 
v. Hefner⸗Alteneck, Trachten, Gerathschaften und 
Kunstwerle des Mittelalters und der Renaissance. 
In diesem Werke hat der als langjähriger Leiter 
des Baherischen Nationalmuseums bekannte Ver⸗ 
fasser seine grundlegenden Forschungen auf dem 
Gehiete der Kostumkunde und Kunstwissenschaft zu 
einer abschließenden Darstellung gebracht und mit 
dieser Publication hohe Anerkennung in allen sach⸗ 
derstandigen Kreisen fich erworben. Das Werk 
ist außer seiner textlichen Gediegenheit auf's Reichste 
mit zum Theil prächtigen chronolithographischen 
unstblättern ausgestattet, aus denen ein bis in's 
fleinste Detail eingehender Ueberblick der hervor⸗ 
ragendsten Kunstschöpfungen und damit des jewei⸗ 
ligen Kulturstandes vom frühen Mittelalter bis 
zum Ende des 18. Jahrhunderis entnommen wer⸗ 
den kann. 
— Ludwigshafen, 18. August. Auf die 
ausgeschriebenen zwei Lehrerstellen dahier hatten sich 
15 Bewerber gemeldet. Gewahlt wurden die Herren 
sKarl Kleeberger, Lehrer in Mechtersheim, und Oito 
Eschmann, Lehrer in Lambsheim. 
— Die Festsetzung der Preise auf der Stand⸗ 
scheibe ‚Heimath“ beim deutschen Bundesschie⸗ 
zen in Frankfurt a. M. ist fertiggestellt. Aus der 
Pfalz erhielien Preise: Kolsch⸗Neustadt, Lenz Lud⸗ 
wigshafen, Fahrer⸗Ludwigshafen, Rübsamen⸗Lud⸗ 
wigshafen, Remmele⸗Ludwigshafen, Dacqué Neu⸗ 
stadt, Gennheimer⸗Neustadt, Doll Edenkoben, Kilian⸗ 
Neustadt, Meiser:Edenkoben, Burlkhard; Edenkoben 
und Back Landau. 
Lokale und pfalzische Nachrichten. 
* Hasssel, 20. August. Gestern Nachmittag 
wischen 4 und 5 Uhr zog ein schweres Gewit⸗ 
er über unsern Ort. Während desselben schlug 
er Blitz in das am Bache isoliert stehende 
Pohnhaus des Bergmannes Karl Unbehend 
in und zündete, so daß bald der Dachstuhl in 
Flammen stand. Das Feuer fand an den auf 
sem Speicher lagernden Futtervorräthen gute Nah⸗ 
ung und war, trotzdem die Feuerwehr bald zur 
Ztelle war und thätig eingriff, nicht eher zu 
ämpfen, bis Futter und Dachstuhl vollständig ver⸗ 
zrannt waren. Leicht hätte das Unglück groößere 
ind bedauerlichere Folgen haben koͤnnen. Denn 
ur Zeit der Katastrophe befand sich in dem Hause 
ine größere Anzahl Menschen: außer der Frau 
ind den Kindern des Hauseigenthümers noch 8 
Mädchen von hier im Alter von 12 bis 17 Jahren, 
zie daselbst vor dem Unwetter Schutz gesucht hatten. 
Pon diesen letzteren waren 8 im Hausgange ver⸗ 
zlieben, während sich die ührigen 5 in die Wohn⸗ 
tube begeben hatten. Diese 5 letzteren nahmen 
einen Schaden und auch die Hausfrau, die mit 
hren Kindern in der Küche beschäftigt war, kam 
nit dem Schrecken davon. Schlimmer dagegen 
ollie es den 3 Mädchen ergehen, die im Haus⸗ 
jange verblieben waren. Sie wurden vom Blitzt 
— zhum Glücke nicht lebensgefährlich — getroffen 
ind bewußtlos aufgefunden. Während das eine 
Jald wieder zum Bewußtsein gebracht werden konnte, 
nußten die beiden andern bewußtlos vom Platze 
jetragen werden. Auf Anregen des Herrn Guts⸗ 
esitzers Dörr von Trippscheid wurde fur dieselben 
Asbald ärztliche Hilfe von St. Ingbert geholt. 
den betrofsenen Madchen wurden durch den elek⸗ 
rischen Schlag die Kopfhaare versengt; weitere 
Spuren sind uußerlich an denselben nicht zu be⸗ 
nerken. Den verhaältnißmäßig meisten Schaden 
cheint die 14jährige Tochter des in Folge einer 
Zrubenexplosion erblindeien Christian Kausch ge⸗ 
iommen zu haben. 
x Schnappach, 20. Aug. Morgen und 
m Montag begeht die Schnappach ihr jährliches 
kirchweihfefi. In jedem Hause dahier wurden 
Vermischtes. 
F Saarbrücken, 19. August. Von den 
heute Mittag eingetroffenen Herren Offizieren des 
Broßen Generalstabes sind nur 6 Offiziere sowie 
39 Mann mit 46 Pferden in Saarbrücken ein ˖ 
juartiert. Die höheren Offiziere haben alle in 
St. Johann Wohnung genommen, der Chef des 
Generalstabes, Herr Generalquartiermeister Graf 
von Waldersee, im Hotel Köhl. 6. Z.) 
Mittenwald, 19. August. In den Ti⸗ 
oler Bergen gab es in der letzten Nacht flarke 
Schneefälle. 
6Gedenktafel für Scheffel.) 
Der Odenwaldklub und Freunde desselben hatten 
jor einiger Zeit beschlossen, in der Ruine Roden⸗ 
dein, welche Viktor v. Schefiel durch seine Roden⸗