Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Sschuwalomw ist nicht abgereist, sondern er 
verbleibt vorläufig in Berlin. — Die „Nat.Ztg.“ 
bringt ebenfalls einen Berxicht über ein Bankett 
in Nischninowgorod, an welchem außer dem 
Bouverneur Genetal Baranow alle dortigen ofiziellen 
Persönlichkeiten zu Ehren des dort eingetroffenen 
Déroulèdes Theil nahmen und heftige Reden 
gegen den ‚gemeinsamen Ausbeuter“ Deutschland 
hielten, dessen Niederwerfung erreicht werden müsse. 
Der Bericht über das Bankett gilt für authentisch. 
Ausland. 
Brüssel, 20. August. Die Kongoregierung 
zelegraphirte an den belgischen Generalkonsul in 
Zanzibar um ausführliche Auskunft, betreffend die 
Nachrichten vom Tode Stanleys; der Generalkonsul 
antwortete unter dem 19. August, daß in Zanzibar 
selbst kein Mensch das Gerücht glaube, da kein 
direkter Bote aus Central Afrika seit Wochen nach 
Zanzibar gekommen sei. Vielmehr hält der General⸗ 
fonsul jenes Gerücht für eine böswillige Ausstreu⸗ 
ung seitens der Feinde Tippo Tipps (29); auch 
zas englische Generalkonsulat weiß nichts darüber. 
Paris, 21. August. Aus den soeben er⸗ 
assenen Bestimmungen des Kriegsministers 
aͤber die diesjährige Einstellung der Rekruten, 
also der Jahresklasse 1886, ergiebt sich, daß für 
dieses Jahr bereits die Eintheilung des Kontingents 
n die bisherige erste und zweite Klasse wegfallen 
ioll. Der Kriegsminister hofft näamlich, daß das 
neue Rekrutirungsgesetz auch vom Senat 
valdigst votirt wird, und da dann alle Welt drei 
Jahre voll dienen müßte, so will er, daß die Klasse 
1886 schon damit den Anfang machen könnte. 
Konstantinopel, 20. August. Einige 
Mächte haben in Antwort auf die Note der Pforte 
mitgetheilt, daß ein Ideen-Austausch zwischen den 
abinetten stattfinde. Rußland sucht neuerdings 
zie Pforte zur militärischen Besetzung Ostrumeliens 
u drängen, dech soll Said Pascha dem russischen 
Beschäftsträger auch gestern ausweichend geaniwortet 
zaben. Nichtsdestoweniger hat der die Türkei mit 
der Besetzung Trapezunts und Erzerums bedrohende 
Artikel der, Moskauer Zeitung“, da er als offiziöse 
Auslafsung angesehen wird, im Yldizkiosk Be⸗ 
stürzung hervorgerufen. Es heißt, Italien habe 
hier wegen der Abtretung von Tripolis sondiren 
assen, sei jeboch ablehnend beschieden worden. Die 
Begenleistung wäre nach einer Meldung der „Frktf. 
Zig.“ gewesen, ein Schutzbündniß von mehreren 
Großmächten gegen die ruffischen Uebergriffe in der 
afiatischen und europäischen Türkei. 
Philippopel, 21. August. Fürst Ferdinand 
zesuchte heute das Lager, in welches die Offiziere 
hn auf ihren Armen trugen. Morgen Abend wird 
er in Sofia einireffen 
Lockalte und pfälztiche Nachrichten. 
— Aus Rheinbayern, 18. Aug. Die 
Dienst⸗ Uebungsreise einer Abtheilung des Großen 
Beneralstabes nach der Pfalz gestaltete sich beson⸗ 
ders in Kaiserslautern zu einer patriotischen Kund⸗ 
Jjebung Seitens der dortigen Bürgerschaft und der 
Presse aller Parteien. Bei einer vom dortigen 
Tasino zu Ehren der Offiziere veranstalteten Abend⸗ 
Unterhaltung hob der Gesellschaftsvorstand Hofrath 
Neumayer die Ruhmesthaten des deutschen Heeres 
zur Vertheidigung des Vaterlandes und damit zur 
zlorreichen Wiedererrichtung des deutschen Kaiser⸗ 
thrones hervor; seine Worte gipfelten in begeistert 
nufgenommenen Hochrufen auf unseren vielgeliebten 
greisen Heldenkaiser. General⸗Quartiermeister Graf 
d. Waldersee erwiderte in herzlichen Dankesworten 
ür die gute Aufnahme, welche die abgesandten 
Offiziere Seitens der Stadt und Bürgerschaft Kai— 
erslauterns gefunden hätten, und versicherte, daß 
»as deutsche Heer gewiß im Exrnstfalle wiederum 
seine volle Schuldigkeit zur Vertheidigung des Va— 
erlandes thun werde. Es lag nahe, daß diese 
Worte gerade in der Pfalz, die so schrecklich durch 
Ktriegsstürme gelitten, zündeten. Unier den com— 
mandirten Offizieren befand sich auch Major Graf 
d. Moltke, ein Neffe unseres ruhmreichen Feldmar 
schalls. Vielleicht trägt der Aufenthalt der Ge— 
geralstäbler“ in der Pfalz auch dazu bei, den sehn⸗ 
ichen Wunsch Kaiserslauterns nach einer Garnison 
der Erfüllung näher zu bringen. 
— — Edenkoben, 18. August. Das hiesige 
Schoffengericht verhandelte in gestriger außerordem⸗ 
icher Sitzung über eine etwas heikle Lisebes— 
zeschichte. Ein hiesiger Adonis hatte sich nicht 
zlos in das Herz, sondern auch in das Haus feiner 
Tiöährigen Geliehten. der Tochter einer ängesebenen 
Familie, eingeschlichen, allerdings auf Einladung 
seiner ‚Flamme“. Das „Fensterln“ blieb jedoch 
nicht unbemerkt, und eines schönen Abends erwischte 
der „Vater mit dem Sohne“ den nächtlichen Gast; 
mann scheint den jungen Mann gehörig verhauen 
zu haben, denn der schnöde Behandelte stellte Straf⸗ 
antrag wegen „Körperverletzung'. Das Resultat 
der heutigen Gerichtsverhandlung war, daß der 
VBater und Sohn zu einer Geldstrafe von je 3Mk., 
d»er Ankläger aber wegen Hausfriedensbruch zu 
einer solchen von 50 Mark verurtheilt wurde. Das 
Hericht erblickte in der seitens der Tochter erfolgten 
Einladung kein entlastendes Moment, sondern sprach 
rus, daß dem Vater die Wahrung des Hausrechts 
ind der Hausehre zustehe. 
— In der in Rio de Janeiro erscheinenden 
„Allg. Deutschen Zig.“ findet sich folgende An⸗ 
zjeige: „Vierhundert Milreis (1680 M.) Beloh— 
nung verspricht das österreichische Consulat in St. 
Louis für Beschaffung des Todtenscheines von Ro⸗ 
bert Ziegler aus Neustadt (Rheinpfalz), angeblich 
»on 1869 - 1877 in Rio de Janeiro. Meldungen 
erbeten vom kaiserlich deutschen Consulat, Rio de 
Janeiro. 
— In verschiedenen pfälzischen Staädten rüstet 
nan sich bereits zur Feier des Sedantages. 
der Stadirath von Frankenthal hat einen Zu⸗ 
chuß von 300 M. bewilligt. 
— Weitere Preise beim Frankfurter Bundes⸗ 
chießen haben folgende Pfälzer erschossen: An der 
Ztandfestscheibe „München“: Fried. Hausck-Dürk⸗ 
seim, J. Schaller⸗Speyer, J. N. Eyer Grünstadt 
rehr. Schlofser⸗-Ludwigshafen, Joh. Lutz⸗-Frankenthal, 
Fakob Burkart-Edenkoben, C. König ˖Speyer, R. 
deuter · Homburg, Gg. Feldner jun.Speyer, Ludw. 
Dacque· Neustadt, Heinr. Schwaab · Homburg. Turn⸗ 
ehrer W. Weng-Speyer, Mart. Göbel⸗Landau, 
Fug. Stumpf⸗Dürkheim, Ad. Dacque⸗Neustadt, 
Alh. Gennheimer⸗Neustadt, Ludw. Rübsamen⸗Lud⸗ 
vigshafen, M. Koch Landau. An der Standfest⸗ 
cheibe „Düsseldorf: H. Seligmann-Homburg, 
Abr. Schuler⸗Ludwigshafen, Dr. Fr. Hausck-⸗Dürk 
jeim, Fr. Krug ·Ludwigshafen, J. Boller⸗Ludwigs⸗ 
jafen, C. König Speyher, Turnlehrer W. Weng— 
Zpeyer, Ph. Meiser-⸗Edenkoben, Otto Obermaier⸗ 
rambrecht, J. L. Riel⸗Frankenthal, Ph. Lintz⸗ 
vdentohen. A. H orn⸗Edenkohen O. Back Landau. 
Bermischtes 
.Saarbrücken, 22. Aug. Morgen trifft 
das 30. Infanterie⸗Regiment hier ein und wird 
asselbe in St. JohannSaarbrücken und Masstati- 
zurbach einquartirt. 
r Forbach, 20. August. Zur Deckung un⸗ 
ibweislicher Bedürfnisse hat, wie die „F. Z.“ be⸗ 
ichtet, der Gemeinderath in seiner letzten Sitzung, 
ind zwar einstimmig, die Erhöhung des Octro 
uf Alkohol von 1150 M. auf 83 M. pro Heclko⸗ 
iter beschlossen. Gleichzeitig wurde — dem Ver— 
niehmen nach nur mit einer Stimme Mehrheit — 
der Antrag angenommen. auch das Octroi auf 
zier von 2M. auf 3 M. pro Hectoliter zu erhöhen. 
F Neunkirchen, 21. Aug. Auf der Koks— 
mlage von Lamarche u. Cie. in Dechen passierte 
jeftern ein schwerer Unglücksfall. Ein Maschinen— 
värter war dabei beschäftigt, mit einer Schmierröhre 
in tief liegendes Getriebe einzuölen, als die Röhre 
;lötzlich von dem Getriebe erfaßt und dem Wärter 
zurch die Brust gestoßen wurde, so daß das Ende 
um Rücken herausragte. Der schwer Verwundete 
atte noch die Kraft, sich die Röhre selbst aus dem 
kdörper zu reißen. Derselbe wurde ins hiesige 
dnappschaftslazareth zur ärztlichen Behandlung ver— 
zracht. — Gestern begannen die Ferien der hiesigen 
öheren Schule, denen vermuthlich am nächsien 
Zamstag die Ferien der Volksschulen folgen werden. 
— Der heutige Extrazug nach dem Rhein war 
iemlich stark besetzt: derselbe kam Abends mit ca. 
albstündiger Verspätung zurück, während der Schnell⸗ 
ug eine ganze Stunde nach der fahrplanmäßigen 
zeit hier eintraf. (S.⸗ u. Bl.⸗Zig.) 
F München, 20. Aug. Der neue Winter— 
rahrplan der bayerischen Staatsbahnen bringt die 
rstaunliche Veränderung, daß der direkte Schnell- 
ugsverkehr Wien⸗Süddeutschland so gut wie gänz⸗ 
ich aufhört, und zwar trägt hieran die österreichische 
Staatsbahn die Schuld. Sie schützt Grüade der 
S„parsamkeit vor, um diese Benachtheiligung der 
ayerischen Staatsbahn zu Gunsten ihrer Ariberabahn 
urchzusetzen. 
Die Ernte in Bahern von 1887. 
leber den Ausfall der diesjährigen Ernte außert 
ich der Generalsekretär des landwirthschaftlichen 
Vereins in Bayern, Herr Otto May, also: g 
Angaben über den Körnerertrag sind noch 8 
assig; derselbe wird, wie es den Anschein hu 
interschiedlich sein, insbesondere von Rogeen 
Berste. Weizen steht im Allgemeinen seht n 
jat volle Aehren und wird, sofern die Whn 
zur Erntezeit günstig bleibt, einen sehr besric 
»en Ertrag geben. Hafer hat durch Mangen 
echtzeitiger Feuchtigkeit gelitten und wird 
rag zurückbleiben. Hülsenfrüchte haben fich ange 
heils gut entwickelt; Frühkartoffeln haben durch 
Trockene gelitten und ist die Knollenbildung u 
zjering, für Spätkartoffeln ist die Witterung 
aächsten Wochen noch entscheidend und sind bei den 
meist guten Stand die Aussichten günstiger. * 
Scummet und dem zweiten Kleeschnitt ist mit Aut 
nahme jener Gegenden, wo noch rechtzeitige un 
ergiebige Gewitterregen das Wachsthum des Gras 
und der Futterpflanzen förderten, oder wo duc 
rünstliche Anlagen gewässert werden kann, ein ge 
ringer Ertrag zu erwarten. Für den Anbau de 
Futterrüben waren die hiefür bestimmten Felde 
ange Zeit zu naß, die verspätet in das Feld ge 
»rachten Pflanzen konnten fich wegen darauffolgente, 
Trockenheit und Hitze nicht entwickeln und win sit 
der bedeutende Ausfall an Runkelrüben füt d 
nächste Winterfütterung sehr nachtheilig gelten 
machen. Flachs und Hanf, namentlich —— 
sind größtentheils im Wachsthum sehr zurückge 
2lieben. Aus der Pfalz wird berichtet, daß de 
Tabaf in die Höhe zu wachsen anfängt, anstal 
»aß die Blätter größer werden, was wohl aut 
Arsache sein wird, daß in jüngster Zeit bei starker 
Nachfrage der Preis für Tabak etwas gestiegen is 
hopfen steht im Allgemeinen befriedigend und i 
zünstige Witterung vorausgesetzt, ein Mittelerna 
ind bessere Qualität als im Vorjahre zu erwatken 
Biel versprechend sind die Aussichten fuͤr ein gutel 
Weinjahr und zwar in quantitativer und qualita 
tiver Hinsicht. Weniger gut sind die Aussichter 
ür Obst, nur Birnen scheinen einen befriedigend⸗ 
krtrag zu geben. 
F Aus dem Algäu, 19. Aug. Das kea 
ierische Wetter hat die Temperatur dedeutend ab 
zekühlt. In unseren Bergen hat es zum größlen 
Schrecken der vielen Sommerfrischler wacker geschnei 
Nach Berichten aus Oberschwaben soli sig 
bei dort in landwirthschaftlichen Anwesen ausgebro⸗ 
henen Bränden mit Gewißheit ergeben haben, doß 
ieselben durch Selbstentzundung des Heues her— 
norgerufen worden sind. Wenn diese Nachrich 
nuch auffallend erscheinen muß, da doch die Heu 
ernte in diesem Jahre meist trocken eingebrach 
werden konnte und Selbstentzündungen gewöhnlich 
nur bei nassem Heu vorzukommen pflegen, so dürft 
iich doch für die Landwirthe aus der obigen Nach 
richt die Mahnung ergeben, ihre Heuvborräthe einer 
jelegentlichen Revision zu unterziehen und bei con— 
tatirter starker Etwärmung die entsprechenden Ge 
jenmaßregeln — Umsetzen des Heues oder Her— 
dellung von Luftschächten — zu ergreifen. 
f Nürnberg, 20. August. Kurz nach It 
Uhr wurde die mittelfränkische Gartenbaugussftellung 
vom Protektor Freiherrn v. Hermann durch ein 
rurze Ansprache eröffnet, die mit einem Hoch au 
den Prinzregenten Luitpold schloß. Die Ausstellung 
st reichlich beschickt und ausgezeichnet arrangirt. 
GGtxn35) 
F Velocipedisten als Feuerretter. In Schwa 
jach bei Nürnberg ist seit Kurzem die Tinrichlung 
getroffen worden, daß die Velocipedisten von dem 
reiwilligen oder Pflicht⸗Feuerwehrdienste entbunden 
und mit ihrem Einverständniß verpflichtet worden 
ind, sich bei einem ausgebrochenen Brande sofor! 
der Feuerwehrkommandantschaft zur Verfügung zu 
tellen, um, wenn es nothwendig werden sollte 
nöglichst schnell die benachbarten Feuerwehren zu 
allarmiren und zur Hilfe herbeizurufen. Die be— 
reffenden Radfahrer sind zu diesem Zwecke mit 
ꝛiner Legitimationskarte versehen und weitet ih 
angeordnet worden, daß immer zwei Velocipedister 
den Feuerretterdienst nach einem bestimmten Orb— 
zu übernehmen haben. Diese Einrichtung ist neu 
leicht durchführbar und dürfte auch in anderen 
Städten bald Nachahmung finden. 
FDer erschreckte Schnarcher ode? 
„Weh“und „Ach!“ Die junge Frau eines Frank— 
urter Kaufmannes, welcher das Jaute Schnarchen 
hres Ehemannes mit der Zeit unerträglich geworder 
war, beschloß durch Anwendung einẽs energischen 
Mittels ihren Gatten von dieser Untugend 
turieren. Unter Beihülf⸗ ihrer Muflter Ülich si