Full text: St. Ingberter Anzeiger

m in einer Nacht an das Lager ihres im tiefsten 
—* liegenden Mannes und warf diesem plötz⸗ 
n nafses Tuch über das Geficht. Der auf 
9 Weise Aufgeschreckte sprang, da er fich ange⸗ 
n giaubte, iaut Hülfe schreiend von seinem 
F auf und schlug um sich, wobei der neben 
Beit stehende Nachttisch zu Boden und die 
—* der Schwiegermutter auf den Fuß 
so doß die Fußzehen zerquetscht wurden. Außer⸗ 
* brach sie einen Finger. Die junge Ehefrau 
infolge eines Faustschlages in das Gesicht 
Verlust einiger Zähne zu beklagen. —A 
Fene spielte sich bei vollständiger Finsterniß ab. 
— Wiesbaden, 21. August. Laut Bekannt⸗ 
nachung des hies. Polizei⸗Präsidiums ist in dem 
satten des Gärtners Scheben, Walkmühlstraße hier, 
unch den Reblaussachverständigen Halberstadt ein 
deblausherd entdeckt worden. 
Die Montenegro'sche Menagerie, 
elche sich z. Zt. in Worms aufhält, hat am 
mstag Vormittag einen sehr empfindlichen Verlust 
sch die Einbuße eines brafilianischen Straußes 
itten. Ein Paar dieser nicht leicht zu erhaltenden 
ogelgattung war unmittelbar neben dem Bären⸗ 
— plocirt. Als einer der Strauße seiner Ge— 
önheit gemäß den langhalsigen Kopf durch das 
sfgginter streckte und neugierig auf allen Seiten 
mherspäte, wurde der Vogel von einem der zwei 
enachbarten braunen Bären gepackt und ihm kurz 
veg der Kopf abgebissen. Den Letzteren ließ sich 
Bär wohlgemuth schmecken, während dem 
denageriebesißer des Bären außergewöhnliche Mahl⸗ 
it auf 5300 Mk. zu stehen kommt. 
* Einer großartigen Unterschlagung hat 
q in Baden-Baden der Vertreter des englischen 
rohindustriellen Proctor, des Erfinders des neuͤen 
ampfpflugs, Oberingenieur Mayne, (dessen Ramen 
jihet nur alle Blätter mit M. andeuteten) schul⸗ 
ig gemacht, indem er durch Wechselfälschungen Ind 
uwelenkäufe sich etwa 125,000 Mark zu er— 
zwindeln wußte und dann flüchtig ging. Mit 
vechem Raffinement Oberingenieur M. auftrat, 
eweist der Umstand, daß Vertreter verschiedener 
zehörden zwanglos bei ihm verkehrten und Ein⸗ 
dungen zum Essen annahmen und erwiderten. 
)e Erregung ist größer als bei ähnlichen, in 
zaden · Baden von Zeit zu Zeit vorkommenden 
iüllen. Sein in Zürich studirender Sohn ist der 
reihilfe verdächtig und deshalb verhaftet. Seine 
au ebenfalls. Od dies den schlauen Fuchs wer⸗ 
nlassen wird, sein Versteck zu verlassen, bleibt ab— 
warten. 
(Im Münster⸗zu Konstanz), wird 
genwärtig eine Orgel mit elektrischer 
uusösung aufgestellt. Die Klaviatur befindet sich 
nden Chorstühlen, die Orgel selbst in einer der 
chellen. Das Werk dürfte bei der bevorstehenden 
tsammlung des Cäciliendereins schon Verwendung 
wen. 
Nalborn, 20. August. Kürzlich brannten 
et sechs Häuser nieder. Es hat sich nunmehr 
gausgestellt, daß ein nicht ganz zurechnungsfähiger 
densch die Häuser angezündet hai. Derselbe wurde 
chaftet, als er gerade wieder ein Gebäude in 
xand setzen wollte. F 
Der „I100jährige Kalender“ hatte 
dden 12. August Reif prophezeit. Jetzt kommen 
3 mehreren Gegenden Nachrichten, wonach der 
bdjährige Kalender diesmal Recht gehabt hat. 
üUndelfangen bei Trier waren am Morgen 
Wiesen voll Reif.“ Auch im Trierer Thal 
unde auf Glasscheiben über Mistbeeten Reif be⸗ 
iit. In Hohenecken sind in der Nacht vom 
zdie Kartoffeln in den niederen —X 
ffeinigen Bergen in Schlesien ist Schnee ge— 
len. Aus den meisten Gegenden Deutschlands 
in ein Sinken der Temperatur gemelven 
s.Vozu die Sonnenfinsterniß des 19. 
uugust herhalten muß, das zeigt u. a. eine Mit⸗ 
lung der S.Z. Danach hat ein Verein 
Wittenderg für den Äbendder 18. d. eine 
V Vergnůgung veranstaltet, deren Festplan 
hendermaßen lautet: „Garten⸗ Concert, Anfang 
ühr. Theater und Vorträge. Polonaise. Ge— 
snstaftliches Abendessen. Veld. Und zum Schuͤg 
algemeines Verlangen; Große Sonnenfinsterniß. 
onl“ Tage Gefangnitß füt ein Meiischenleben. 
r Vielefelder Strafkammer verurtheilte nach der 
n. Vegee inen Schaffner zu 14 Tagen Ge⸗ 
uriß, weil er auf dem Bahnhof zu Vlotho einen 
n dem Zug · Trittbrett geworfen hat auf welches 
— 
Zewegung gesetzt hatie. Der Mann gerieth unter 
in Rad und wurde sofort getödtet. Der Schaffner 
jatte eine recht eigenartige Vorstellung von den zur 
Sicherheit des Publikums getroffenen Vorschriflen 
ind recht besonderen Begriff vom Umgang mit 
Nenschen. 
F Aus Bremen wird gemeldet: Ein Mün—⸗ 
hener bät auf telegraphischem Wege unsere Polizei 
im Festnahme seiner minderjährigen Tochter, welche 
von einem Gymnasiasten entführt sei, nachdem sie 
der väterlichen Kasse 13,000 M. entwendet hatte. 
Jeider war das Paar schon mehrere Tage mit dem 
ach Baltimore fahrenden Dampfer „Rhein“ auf 
noher See, als die Meldung hier eintraf. 
F.Berlin, 18. August. Ein blutiger Massen⸗ 
rawall, an welchem sich mehr denn 300 Kom— 
attanten betheiligten und in welchem 2 Kämpfer 
odt auf dem Platz blieben und 10 schwere Ver⸗ 
vundungen erhielten, wurde heute Mittag zwischen 
2 und J Uhr zwischen Maurern und Canalisa⸗ 
ions⸗Erdarbeitern auf dem Nollendorfplatz in Berlin 
rusgefochten. Mit Hebebäumen, Latten. Steinen 
vurde aufeinander losgeschlagen. Ein Arbeiter 
Fahrich schlug den Maurer Jadow mit einem Hebe⸗ 
aume nieder und zertrümmerte ihm den Schädel. 
zwei Arbeiter blieben todt auf dem Platz; ein 
zimmermann Wrocklage wurde födtlich verwundet; 
wei Verwundete wurden durch Polizisten nach dem 
ẽlisabethkrankenhause geschafft; zehn mehr oder 
veniger Verwundete wurden von zwei Aerzten an 
Irt und Stelle verbunden. Zahlreiche Verhaftungen 
vurden später vorgenommen. i 
F Berlin, 22. August. Auf dem Neubau des 
tädtischen Hospitals an der Prenzlauer Allee löste 
ich Vormittags ein Gesims ab und ducchschlug die 
zarunter befindliche Rüstung, wodurch 6 Arbeiter 
jetödtet und 3 schwer verwundet wurden. 
(Ein Million Mark in 1000Mark 
cheinen wiegt nach Angabde von sachverständiger 
S„eite 4 Pfund, in 500. Markscheinen 6 Pfund.— 
n 100-⸗Markscheinen 26 Pfund, in 50 Mark— 
heinen 93 Pfund und endlich in 5 Markscheinen 
290 Pfund. Für die Richtigkeit der Zahlen können 
vir nicht einstehen. Wer aber die Millionen augen⸗ 
zlicklich in Kassenscheinen darliegen hat, kann obige 
Zahlen ja controlirien. 
.F Mit Beginn der längeren Abende tritt die 
Betroleumlampe, die in den meisten Haus- 
altungen während der Sommermonate außer Ge⸗ 
rauch gesetzt wird, wieder in Benutzung. In 
Beranlassung des Umstandes nun, daß die meisien 
Zetroleum⸗Explofionen bei der Wiederbenutzung 
ängere Zeit außer Gebrauch gesetzter Lampen eni— 
tehen, ist die Mahnung am Platze, vor der Wieder⸗ 
nenutzung der Lampen das in denselben befindliche 
Jdetroleum wegzugießen, auch den alten, inzwischen 
ilzig und dadurch zum Brennen untauglich ge—⸗ 
vordenen Docht durch neuen zu ersetzen. Durch 
das monatelange Stehen erzeugt sich nämlich in 
dem Oelbassin Petroleum-Naphta, welches viel 
eichter entzündlich ist als Petroleum, denn während 
Petroleum etwa bei 52 Grad Hitze erplodirl 
*xplodirt das Naphta schon bei kaum 30 Grad. 
Ein neuartiges Gefährte wird in 
venigen Wochen durch die Straßen Wiens rollen, 
— ein Veloziped in Form einer Kutsche, dem 
essen Erfinder, Herr Johann Matzek, eine große 
Jukunft verspricht. Das Model hat Raum fuͤr 6 
Jersonen von denen vier an den vier Ecken auf 
keitfitzen plazirt sind, die ähalich wie auf dem 
teitrad die Fortbewegung mit Hebelübersetzung zu 
esorgen haben, während zwei Personen bequem 
m gepolsterten Wagenkasten sitzen. Das Modell 
vird mit zwei und vier — die vorne rechts und 
inks angebrachten Lenkräder eingerechnet, mit drei 
ind fünf Rädern ausgeführt. Ob sich dieser neu⸗ 
artige Wagen bewähren wird, bleibt natürlich erst 
ibzuwarten. 
f Die Unart einer älteren franzö— 
ischen Jungfrau ist' in den österreichischen 
Zergen gebührend bestraft worden. Wie aus Salz- 
zurg berichtet wird, bestieg eine französische Familie 
»en Schafberg. Die eine der Französinnen giaubte 
hrem Deutschenhasse in dem aufliegenden Fremden⸗ 
uche Ausdruck geben zu dürfen, indem sie ihrer 
Unterschrift die unpassende Bemerkung hinzufügte, 
aß sie zwar die Berge, nicht aber die Deutschen 
iehe. Die herausfordernde Bemerlung der Fran⸗ 
jösin rief bei den übrigen Gasten allgemeine Ent— 
üstung hervor; man machte den Franzosen klar, 
aß sie damit ihr Gastrecht verwirkt hätten, sie 
nurden gezwungen, die schmähenden Worte aus⸗ 
ulöschen und mußten beschämt von dem deutschen 
Berge abziehen, während die anwesenden Reichs⸗ 
deutschen mit den Deutschösterreichern, die sich ihres 
Deutschthums so wacker angenommen hatten, ein 
VBerbrüderungsfest feierten. Die Mitglieder des 
Wiener Bergsteigerklubs und die bayerischen Sänger, 
velche sich dabei zusammengefunden hatten, werden 
noch lange an dieses schöne Zusammensein zurück— 
denken. Aber im Fremdenbuche auf dem Schaf⸗ 
bderg steht seit der Zeit, inapp hinter dem großen 
zleckse, der die Stelle bezeichnet, wo die über⸗ 
müthigen Fremden ihre Namen eingetragen hatten, 
ein Gedicht, das die Thatsache mittheilt und in 
kräftiger Sprache die Kritit dazu liefert. 
FGOer junge Mann)) Unter dieser Spitz⸗ 
marke wird der „W. 3.“ Folgendes geschrieben: 
Es giebt im Leben öfters Situationen, in denen 
nan fich gar nicht anders, als durch eine soge⸗ 
iannte Nothlüge hetfen kann. In dergleichen Fallen 
uchen wir den uns geltenden Zorn auf eine andere; 
intergeordnete Person abzulenken, wie wenn z. B. 
»on der Frau die Suppe versalzen ist, das verliebte 
Dienstmädchen die Schuld haben muß. Keir Mensch 
iber muß mehr auf sich nehmen, als der aus 
Zureaur und Comptiors, in Läden und Werkstätten 
»eschäftigte junge Manu, der wie der geheime 
Agent in dem gleichnamigen Hackländer'schen Lust⸗ 
piel, eigentlich gar nicht existirt, dafür aber alle 
Begehungs; und Unterlassungssünden tragen muß. 
kiner der einfacheren Fälle, der dem jungen Mann 
zur Last gelegt wird, ist, wenn der Prinzipal ver⸗ 
Jessen hat, einem Geschäftsfreunde den Empfang 
ines Geld⸗ oder sonstigen Briefes anzuzeigen. 
rerner, wenn ein Handlungshaus auf ein anderes, 
»as ihm nicht schuldet, einen Wechsel ausgestellt 
‚at. Auch wenn bereits abgestellte Waaren dennoch 
zersandt werden, so wird es immer heißen: mein 
unger Mann hatte die Waagre schon eingepackt und 
»hne mein Wissen abgesandt. Auf dem Bureau 
eines Rechtzanwaltes geht es ähnlich zu. Wenn 
vergessen wurde, dem Gerichtsvollzieher zur rechten 
Zeit das Mandat einzuhändigen, oder wenn ein 
Schuldner bezahlt hat, und die Pfändung wird doch 
'origesetzt, so ist immer der junge Mann darau 
schuld. Eine noch größere Rolle spielt der junge 
Mann in den Dötailgeschäften, wo es leichter vor⸗ 
'ommen kann, daß etwas vergessen wird. Da hat 
er den Posten nicht gelöscht, den der Kunde bezahlt 
hat, da hat er vergessen, eine Sendung zu maͤchen 
oder abzuhslen, da hat er vergessen, fehlende Num⸗ 
mern zu ergänzen. Weiter ist er daran schuld, daß 
ein zweifelhaftee Kunde keine Waare erhält, obgleich 
dex Prinzipal thun muß, als wäre er empöri darüber. 
Aehnliche Fälle kommen in den Werkstätten vor. 
urz, es ist ein Glück, so einen jungen Mann zu 
jaben, auf den man solche Sünden adschütteln 
'ann. Unglücklich ist derjenige aber, der keinen 
ungen Mann hat, auf ihm selbst bleibt dann alles 
—V— 
ich bald so verqgrößert, daß er sich einen jiungen Mann 
zalten kann. 
F (GDie „hetzte Kanone“.) In Balde 
vird es keine Kanonen mehr geben. Nicht weil 
»as Reich des ewigen Friedens anhricht, sondern 
veil sie durch neuere Mordwerkzeuge abgelöst werden. 
Der „Gaulois“ wenigstens meldet aus Baltimore, 
ein Amerikaner daselbst habe ein Kriegsgeräth ent— 
»eckt, neben welchem die Kanonen von Krupp eine 
raurige Rolle spielen werden. Es ist eine elekt⸗ 
rische Batterie, die von sechs Leuten in Betrieb 
zesetzt wird und auf ein Kilometer Entfernung 
janze Regimenter „niederblitzt.“ Der Erfinder 
hat in Gegenwart mehrerer Kapitalisten sein Probe⸗ 
tück an einer Heerde von 200 Ochsen gemacht, die 
augenblicklich getödtet waren. 
F Englische Blätter erzählen das folgende Ge⸗ 
schichtchen aus dem Familienleben des serbischen 
Zdönigspaares: Königin Natalie von Serbien 
hat die Gewohnheit, ihren Gatten im Gespräche 
mit dem Kronprinzen nur immer „der Dicke“ zu 
nennen. Zufälliger Weise hörte König Milan, 
wie sein Sohn der Mutter vor einigen Tagen zu— 
rief: „Ich komme gleich, Mama, ich muß mich 
nur bei dem Dicken verabschieden!“ Aergerlich 
wandte sich der König um und sagte: „Ueberlege 
wohl, bevor Du Redensarten annimmst, ob dieselben 
auuch hübsch und — artig sind.“ Blutroth im 
Gesichte rannte der kleine Prinz aus dem Saale, 
und die Königin schmollte wieder ein paar Stunden 
lang mit ihrem Gemahl.“ 
F Die Kosten der bevorstehenden Vermählung 
des Haisers han Ehing sind aif noße 0 —