Full text: St. Ingberter Anzeiger

Handels und Gewerbe⸗Gremiums des Bezirks 
Zweibrücken vom 27. vor. Mis. Das Gremium 
wird diese Angelegenheit thunlichst in nächster 
Handelskammersitzung befürwortend unterstützen, in⸗ 
dem durch fragliche Fernsprecheinrichtung eine nicht 
zu unterschätzende Erleichterung des Verkehrs 
Jeschaffen und vorausfichtlich, wenn erst einmal 
eingeführt, seitens des interessirten Publikums auch 
benutzt werden wird. Man gedenkt nun bei den 
Zweibrücker Interessenten, ähnlich wie dies in 
aiserslautern und. Speyer geschehen, eine Liste 
zum Einzeichnen in Umlauf setzen zu lafssen, jedoch 
borläufig ohne bindende Erklärung. In Kaisers 
lautern haben sich 534 und in Speyer 11 Firmen 
unterzeichnet, und man hofft auch in Zweibrücken 
entsprechende Betheiligung zu erreichen. 
— Z3weibrücken, 80. August. Bei der 
heute abgehaltenen Versamwlung pfalzischer Brannt⸗ 
weinbrenner erklärten sämmtliche Anwesenden, 30 
an der Zahl, ihren Beitritt zur Aktiengesellschaft 
für Spiritusverwerthung. Die wenigen noch nicht 
beigeiretenen pfälzischen Brenner werden unzweifel⸗ 
haft in den nächsten Tagen ihren Beitritt erklären. 
V — — 
— Am nächsten Sonntag findet in Zwei—⸗ 
bruücken die Delegirten⸗Versammlung des Ver⸗ 
bandes der pfälzischen Konsum⸗Vereine statt. Ob⸗ 
zleich die Verhandlungen der früheren Versamm⸗ 
lungen immer sehr interefjant und belehrend waren, 
so wird dieser Verbandstag dies noch in erhöhtem 
Grade sein, da auf der Tagesordnung außer der 
Erledigung von Vereinsangelegenheiten die Be⸗ 
sprechung über das Branntweinsteuers und das land⸗ 
wirthschaftliche Unfallversicherungsgesetz steht; über 
ersteres Thema hat das Referat Herr Reichsrath 
Dr. Buhl übernommen; letzteres ist für die ge— 
sammte Landwirthschaft von großer Wichtigkeit, so 
daß wegen diesen beiden zur Besprechung gelangen⸗ 
den Gegenständen ein zahlreicher Besuch durch die 
pfälzischen Brenner wie die pfälzischen Konsumver⸗ 
einsMitglieder als ficher anzunehmen ist. 
— Speyer, 3830. Aug. Die „Pfalz. Lehrer⸗ 
ztg.“ bringt in ihrer letzteu Nummer die auf ziffer⸗ 
mäßigen Rachweis gegründete Notiz, daß das pfäl⸗ 
zische protestantische Seminar (zu Kaiserslautern) 
nicht mehr in der Lage sei, eine dem pfälzischen 
Bedürfnisse genügende Anzahl von Lehrkräften für 
die Volksschulen zu erstellen. Seit 1881 ist die 
Frequenz der Anstalt stetig gesunken. Die Zahlen 
der Gesammtfrequenz find: pro 1882-83 218, 
1883-84 192, 1884 - 85 177, 1885-86 158, 
1886 -87 139. Der fünfte (Absolventen)⸗Kurs 
fiel in der Zeit von 1881 -87 von 61 auf 38. 
Ein Steigen ist angesichts der geringen Frequenz 
in den bestehenden jüngeren Kursen für die nächsten 
fünf Jahre noch nicht zu erwarten. Es wird also 
künftig noch mehr als bis jetzt auf Zuzug aus den 
übrigen Landestheilen gerechnet werden müssen. 
Derselbe beträgt gegenwärtig schon weit mehr als 
ein Zehntel der gesammten pfaälzischen Lehrerschaft. 
Es ist das offenbar eine Kalamität, denn der Schul⸗ 
dienst fordert mehr als irgend ein anderer Bekannt⸗ 
schaft mit den örtlichen und provinziellen Verhält⸗ 
nissen. Die Ursache derselben bezeichnet die „Pf. 
L.⸗Zig.“ sehr treffend in dem ungleichen Wachs⸗ 
thumsverhältnisse zwischen den Dienstansprüchen an 
die Lehrer und den materiellen und sozialen Gegen⸗ 
leistungen. Der Pfälzer giebt nicht ohne Noth 
seinen Sohn in eine Stellung, die noch so sehr 
„der Aufbesserung in einer der Wichtigkeit des 
Amtes und der sozialen Stellung entsprechenden 
Weise und der Befreiung von der entwürdigenden 
und beschämenden Bevormundung und Zurücksetzung“ 
bedarf. Man sieht in betheiligten Kreisen mit 
Spannung den Maßnahmen des bayerischen Land- 
tages für Besserstellung der Volksschullehrer ent⸗ 
gegen. 
— Speher, 30. Aug. Die in Folge der 
„Lösch“⸗Tüchtigkeit der beim Harthauser Brande 
thätig gewesenen Feuerwehren entstandene Frage: 
„Wer bezahlt ?“' hat bereits ihre Lösung gefunden. 
Die Distriktskasse verwahrte sich gegen jegliche Lei⸗ 
stung, da ihr der Posten doch etwas mehr als ge⸗ 
wöhnlich erschien. Die Gemeinden beschlossen daher, 
die geforderte Summe auf die Gemeindeumlagen 
zu schlagen. Um auch jetzt noch die Geschichte 
wirksam zu erhalten, wird bekannt, daß nicht 712, 
sondern sogar mehr als 1300 Marke„verlöscht“ 
vorden seien. Also noch besser. (Pf. Vstg.) 
— Frankenthal, 31. Aug. (5F. T.) Gestern 
AÄbend ereignete sich vor dem Speyerthore ein Un— 
glückkfall, der einem jungen Manne wahrscheinlich 
das Leben kosten wird. Der 17jährige Jakob Wagner 
von hier wollte seinen Hut, der auf einen Pappel⸗ 
haum hinaufgeworfen war, herunterholen, fiel aber 
dabei so unglücklich von dem Baume in das an 
der Brücke der Isenach angebrachte eiserne Schutz⸗ 
geländer, daß ihm eine Stakete an der linken 
stüclenseite hineinging und vorn zur Brust heraus⸗ 
am, während er auf der rechten Seite des Rückens 
eine weniger schwere Verletzung davontrug. Wagner 
wurde von hinzugekommenen Leuten nach Hause 
gebracht, unterwegs aber wurde er bewußtlos. Es 
ist werug Hoffnung vorhanden, den bedauerns⸗ 
werthen jungen Mann am Leben zu erhalten. 
— Speyer, 31. Aug. Die Tagesordnung 
üür die am 17. September d. J. dahier statt⸗ 
indende Kreisversammlung des landwirthschaft⸗ 
ichen Vereins der Pfalz ist wie folgt festgesetzt: 
eree des ersten Vorstandes; 2) 
Bericht über die landwirthschaftliche Thierausstellung 
in Frankfurt a. M. und die dabei gewonnenen 
Resultate, Referent: Herr Kreisthierarzt Groß; 
3) über Flurbereinigung, Referent? Herr Kreis⸗ 
ulturingenieur Merl. f. K.) 
— Militärisches. Beim Ersatzgeschäft 1886 
wurden 80,541 Wehrpflichtige, nämlich 40, 096 
Militärpflichtige des Jahrganges 1886 und 81,445 
Pflichtige alterer Jahrgünge mililärärztlich untersucht 
und 53,557 (66,5 Proz.) als untauglrch und nur 
26,984 (33,5 Proz.) als tauglich befunden.“ Die 
meisten Tauglichen hat Unterfranken (42,8 Proz.), 
die wenigsten die Pfalz (27,9 Prozh). 1312 Mann 
vurden wegen unerlaubter Auswanderung dverur⸗ 
heilst. 1290 fanden fich wegen desselben Reates 
n Unterjsuchung. 
nleda 
Beermischtes. 
7 Saarbrücken, 31. August. Am 2. Sep⸗ 
tember, Morgens von 8 Uhr, erfolgt auf dem 
neuen Exerzierplatze die Besichtigung der 32. In⸗ 
anterie⸗ Brigade durch den kommandirenden General 
des 8. Armeekorps, Exzell. Frhen. v. Loß. — Am 
Moutag, den 5. September, wird die 32. Inftr. 
Brigade von hier per Bahn nach der Eifel (Bitt 
zurg) befördert. Morgen früh tritt die 16. Kaval- 
erie-Brigade ihren Marsch nach dem Uebungsge- 
ände in der Eifel an. 
fF Saarbrücken, 2. Sept. (S. 3.) Die 
Besichtigung der 32. Infanterie-Brigade seitens 
deß kommandirenden Generals, Erxzellenz p. Loẽ, 
fand heute Morgen auf hiesigem Exerzierplahz stati. 
Fine sehr große Menschenmenge hatte sich einge— 
funden, um den interessanten Exerzitien, an welchen 
nuch eine reitende Batterie des Rhein. Feldartillerie- 
Regiments Nr. 8 Theil nahm, beizuwohnen. Der 
dordere Abhang des Spichererberges sowohl, als 
alle einigermaßen höhere Punkte, waren von Zu— 
chauern besetzt und recht oft mußten sie deshalb 
—X 
Wege gehen, besonders gegen Schluß der Gefechts- 
ibung, als die Zuschauer auf dem Spichererberge, 
velche plötzlich die feuernden Soldaten in ihrer 
Mitie sahen. Um 10 Uhr wurde, die Uebuͤng 
abgebrochen und nach beendigter Kritik unter mittler- 
weile eingetretenen strömenden Regen der Parade- 
marsch in Kompagniefront abgenommen, welchen 
die reitende Batterie in Batteziefront ebenfalls mit- 
machte. Das ganze Publikum blieb bis zum Ab— 
narsch der Brigade und kehrte mit den Truppen 
zudelnaß aber fröhlich unter klingendem Spiele in 
die Stadt zurück. 
F Forbach, 31. Aug.. Am Sonniag Nach- 
nittag zertrümmerte ein junger Mensch von außer- 
jalb durch Fußtritte die Schaufenster in zwei 
Modewaaren-Geschäften in der Nationalstraße. 
Bei seiner Verhaftung gab er an, et habe Hunger 
und wolle im Gefängniß versorgt sen. 
7 Nürnberg, 28. August. Während der 
Maurer Miederer gestern an einem Neubau zu 
bener Erde beschäftigt war, fiel vom obersten 
Stockwerk ein Zimmermannsbeil so unglücklich herab, 
vaß es mit der Schneide den in gebückter Stellung 
efindlichen Maurer das Genick abschlug und der 
MAermste sofort verstarb. 
7 Frankfurt, 29. Aug. Der Billardpächter 
ines hiesigen Café spielte gestern Mittag mit einem 
zanz vorzüglichen Billardkünstker aus England eine 
Zartie auf 1000. Der ausgesetzie Preis betrug 
100 Mk. Der Pächter machte 4 Serien von 117, 
341, 268 und 170 Ballen und erzielte somit 
.000 Points, während sein Gegner nur duf 819 
dallen kam. Der interessante Kampf hatte mehrere 
zuschauer zu Wetten verlockt. 
— Frankfurt a. M., 30. August. d 
Sozialdemokrat Frohme murde nach der 9 
Ztg.“ aus Frankfurt und Umgegend —E 
f.Aus Kheinhessen, 80. Aug ünn. 
chrecliches Vorkommniß, das sich verfiossene ht 
in Mommenheim (Kreis Oppenheim) —8 
wird Mainzer Blättern Folgendes mitgetheilt * 
väre in der verflossenen Nacht auf freiem zu 
zin großer Strohhaufen verbrannt und am Mot 
sabe man in der Asche die verkohlten —* 
weier menschlicher Körper vorgefunden. enn 
ei durch Unachtsamkeit der Verbrannten das e 
in Flammen gerathen, oder dasselbe sei durch Dun 
absichtlich in Brand gesteckt worden und die an 
darin schlafenden Personen hätten so ihren Te 
gefunden. 
Der Kamerunfürst König Bell hatte dor 
inigen Monaten, wie seiner Zeit mitgetheilt, einn 
seiner Sohne mit zwei Altersgefährten nach Han 
durg entsendet, um das Zimmerhandwerk zu 
lernen. Die schwarzen Lehrlinge haben sich in 
zester Weise anstellig gezeigt und auch in den Cl— 
nentarwissenschaften gute Fortschritle gemacht. Da 
Prinz“ von Kamerun muß gute Berichte an seinen 
Bater gesendet haben, da demnächst noch 20 Lehr— 
inge von den verschiedenen Häuptlingen aus Na. 
nerun in Hamburg eintreffen werden. 
F Die bedauerlichen Vorgänge im Hafen don 
Ostende werden aller Wahrscheinlichkeit nach zu 
einem diplomatischen Notenwechsel zwischen England 
und Belgien Anlaß geben. Die Klagen gegen die 
Engländer mehren sich täglich und die eingeleitet 
Untersuchung hat ergeben, daß die meisten davon 
gerechtfertigt find. So find haäufig Falle vorg 
kommen, daß englische Fischer den Belgiern die 
Netze abgeschnitten haben. Ueberdies zeigen fich 
die englischen Seegerichte den britischen Fischetn 
gegenüber sehr mild, während das Seegericht von 
Oftende gegen die Belgier sehr streng vorgeht 
Dieser Zustaud bedarf einer dringenden Abhülfe 
welche nar auf dem Wege einer neuen Konvention 
mit England erzielt werden kann. 
f Posen, 29. Aug. Der Hauptmann Bartel 
bvom 40. Inf.Regiment, einer der verdientesten 
und tüchtigsten Offiziere des Regiments, übte sich 
der „Staatsb. Z.“ zufolge mit andern Offizieren 
auf dem Schießstande des Kernwerkes im Pistolen- 
schießen. Im Begriff den letzten Schuß abzugeben 
erhob er den Revolver, da entlud sich derselbe vor⸗ 
eitig, der Schuß traf ihn in den Kopf, daß er 
jofort todt war. Hauptmann Bartels hatte vorhet 
noch in heiterster Stimmung mit den Kameraden 
dinirt und stand im Begriff, einen längeren Un— 
laub anzutreten. 
4 Freigesprochen. Der Gastwirth Joh 
Jellinek aus Brezina, Bezirk Platzan, stand an 
Zamstag zum drittenmale vor dem Geschworenen 
serichte in Tabor wegen versuchten Gattenmordes 
Im Jahre 1881 wurden gegen denselben die Arr 
lage erhoben, er habe seine Gattin Anna Jellige! 
su vergiften versucht, um dieselbe aus dem Weg 
zu schaffen, weil sie seinem Verhältnisse, dase 
nit dem Dienstmädchen Katharina Hanka unterhielt 
im Wege stand. Er wurde vor das Geschworenen 
gericht gestellt und auf Grund der von seiner Gatti 
zrotoksllarisch abgelegten und bei der Verhandlunt 
dlos verlesenen Äussage zu lebenslänglichem Kerhe 
derurtheilt. Dieses Urtheil wurde aber von den 
obersten Gerichtshof als Kassationshof kassirt, wer 
die Gattin— der Verurtheilten nicht personlid 
»or 'dem Gerichte vernommen wurde. Illinet 
wurde dann neuerdings vor das Gericht gestell 
und trotzdem sich seiner Gattin der Zeugen 
chaft entschlagen hane, zu L6jähriger Kerkerstreh 
»rurtheili. Mitilerweile ist Aung Jellinek nad 
Amerita ausgewandert. Im Jahre 1885 hat si 
por dortigen österrichischen Consulateihre ur 
prungliche eidlich abgelegte Aussage widerrufen 
ind angegeben, sie habe selbst Gift in die Nahrung 
ingemischi, um auf diese Weise den Verdacht au 
hren Mann und dessen Geliebte zu werfen und 
iich für ihr vernichtetes eheliches Glück zu rächen. 
Auf Grund dieser Aussage wurde die Wiederauf 
ahme des Strafderfahrens. bewitligt. Vad 
ziertägiger Verhandlung wurde Jellinek von der 
Beschworenen mit 6 gegen 6 Stimme freigesprocher 
und sofort auf freien Fuß gesetzt. 
Der Berlin-Kölner Kurierzu 
traf in der Nacht zum Montag mit einer Verspatun— 
hon fast einer Stunde in Beriin ein, da demjelbe 
hei der Eisenbahnstation Gr. Behnitz eine n 
Befahr gedroht hat. Nach der Durchfahrt durch di