Full text: St. Ingberter Anzeiger

diese Worte sagen? Nur wenig Sterblichen ist es 
vergönnt, das Fest der goldenen Hochzeit zu feiern; 
noch seltener ist es, dasselbe in ungebrochener 
geisiiger Frische und verhältnißmäßig guter lörper⸗ 
aͤcher Küstigkeit zu erleben, wie dies bei unserem 
Jubelpaar der Fall ist. Dasselbe zählt zusammen 
44 Jahre: Herr Kahn 73 und Frau Kahn, eine 
geborene Beer von hier, 71. Sechs Kinder, welche 
sich in angesehenen und günstigen Lebe nsostellungen 
befinden, und 18 blühende Enkel feiern das frohe 
Fest mit. Doch dasselbe reicht über den Rahmen 
eines Familienfestes weit hinaus; denn an ihm 
nimmt die ganze hiesige israelitische Cultusgemeinde. 
deren langjähriger Vorstand Herr Kahn ist, den 
lebhaftesten Antheil. Aber auch bei unserer bürger⸗ 
lichen Gemeinde wird der Jubeltag des Herrn 
Kahn nicht unvermerkt vorüber gehen. Denn nicht 
allein daß Herr Kahn schon seit 26ß. Jahren thaͤ 
tiges und rühriges Mitglied der Stadtverwaltung 
jst und gleichzeilig dem Distriktsrathe als Aus⸗ 
schußmitglied angehörte und in beiden Corperationen 
stets das Beste zum Wohle des Ganzen anstrebte, 
in hochherziger Weise vermachte er dieser Tage 
aus Aniaß seines goldenen Hochzeitfestes für die 
hiesigen Ortsarmen ohne Unterschied der Confession 
das ansehnliche Geschenk von 800 Mark, die am 
morgigen Tage zu der Stunde, zu der im Gottes⸗ 
hause Herr Rabbiner Dr. Meyer den fünfzigjährigen 
Ehebund auf's neue einsegnet, vertheilt werden 
sollen. — Mancher Glüchwunsch wird in diesen 
Tagen dem Jubelpaare entgegen gebracht werden. 
Wir schließen uns den Gratulanten an, in dem 
wir wünschen, Herr und Frau möchten den 26. 
Januar noch recht oft in guter Gesundheit erleben! 
— Wir machen daranf aufmerksam, daß 8 
Pf.“ Postkarten für Druckssachen vom J. April 
nächsthin ab nicht mehr die Bezeichnung Postkarte“ 
auf der Adreßseite tragen dürfen. 
— Aus dem Wahlkreise Zweibrücken— 
Pirmasens, 22. Januar. (Pf. Pr.) Die 
Wahlbewegung in unserem Wahlkreise hat begonnen. 
Nachdem der engere Ausschuß des nationalliberalen 
Wablvereins beschlossen hatte, auch für die kommende 
Reichstagssession unseren bewährten bisherigen 
Reichstagsabgeordneten, Heirn Oskar Krämer, 
Hüttenwerksbesitzer in St. Ingbert. als Kandidaten 
der nationalliberalen Partei den Wählern zu em⸗ 
pfehlen, wurde Namens des Ausschusses eine De— 
putation an denselben abgeordnet, um sich über die 
Aufnahme der Wahl seitens des Herrn Kandidaten 
zu vergewissern. Die erfolgte Zusage wird um so 
mehr mit allseitiger Befriedigung aufgenommen, 
als umfangreiche Äenderungen in den Krämer'schen 
Hüttenwerken, welche eben im Gange sind, die 
Wiederannahme des Mandats durch Herrn Krämer 
als ein persönliches Opfer erscheinen lassen, das 
derselbe dem allgemeinen Interesse bringt. An den 
Waͤhlern wird es nun sein, durch rege Thätigkeit 
bei den Wahlen zu beweisen, daß man dasselbe zu 
würdigen versteht, umsomehr als sich Spuren jener 
im Stillen arbeitenden ultramontanen Agitation 
selbst bis in die fast ausschließlich protestantischen 
Gemeinden unseres Wahlkreises verfolgen lassen. 
Wie man allerdings den Katholiken die Opposition 
gegen die Reichsregierung mundgerecht zu machen 
versuchen wird, nachdem seine Heiligkeit der Paps 
selbst im Interesse des Friedens sich für das Sep⸗ 
lennat erklärt haben sou, bleibt abzuwarten. Es 
werden sich ja Mittel finden, um die Thatsache zu 
berschleiern, daß unter der angeblichen Maske der 
Wahrung der katholischen Interessen in Wirklichkeit 
das katholische Volk zu den welfisch-⸗partikularistischen 
Zwecken des Herrn Windthorst mißbraucht wird. 
— In Ka iserslautern haben die Sozial— 
demokraten einen Herrn Löwenberg für die Reichs⸗ 
tagswahl aufgestellt. 3 2 
gKarserslautern, 28. Jan.« Die 
Untersuchung in dem gestern mitgetheilten Raub⸗ 
mordanfalle hat ergeben, daß nicht gegen drei Per⸗ 
sonen, wie gestern angegeben, sondern nur gegen 
den Verhafleten Peter Euler von Staudernheim 
dringender Verdacht besteht. Nach der „Pf. Pr.“ 
fand gestern im Beisein des Verhafteten Ortsbe- 
fichtigung statt. Euler leugnet zwar hartnäckig 
was ihm aber in Hinsicht auf die Ergebnisse der 
Untersuchung wenig nützen dürfte. * 
— Kaliserslautern, 22. Jan. Daß 
man mit der Handhabung von Schießwaffen nicht 
vorsichtig genug sein kann, beweist folgendes traurige 
Ereigniß. Vor einigen Tagen spielten in einer 
hiesigen Mechanikerwerkstütte mehrere Lehrjungen 
mit einem Fiopert Gewehr, wobei dasselbe durch 
Unvorsichtigkeit losging und die Kugel einem der 
Lehrjungen mit Namens Peter Heigl von hier in 
die Hand fuhr. Trotz ärztlicher Hilfe konnte die 
Zugel nicht sofort entfernt werden und ist der de⸗ 
dauernswerthe Jüngling von seinem schmerzlichen 
Leiden durch den Tod, welcher infolge Starrkrampfes 
⸗eintrat, heute Nacht erlöst worden. 
— Neustadt, 23. Januar. In einer zahl⸗ 
reich besuchten Versammlung der Vertrauensmänner 
der nationalliberalen Partei des Wahlkreises Landau 
NReustadt wurde heute einstimmig Herr Dr. Alberi 
Bürklin wieder als Wahlkandidat aufgestellt und 
mit Befriedigung die Erklärung desselben, die Wahl 
annehmen zu wollen, entgegeñgenommen. Herrn 
Bürklin war auch in Karlsruhe eine Kandidatur 
mgeboten, er hat dieselbe jedoch abgelehnt, da er 
ʒei uns schon unauflödliche Verpflichtungen zu haben 
rtlärte. An sich, schreibt man der der „St. P. 
vpäre grade diese Kandidatur eine durchaus boff 
aungsreiche in Karlsruhe, wo Bürklin Jahrelang 
insässig ist und als Beamter thätig war, und zwar 
nit dem Rufe einer hervorragenden Begabung. Die 
Zandidatur für Karlsruhe ist noch ungelöst. 
— Elmftein, 21. Jan. Der junge Huf 
chmied Metz von hier hat sich am 19. Dezember 
nit einem jungen Mädchen achtbarer Familie aus 
Frankeneck, verehelicht. Die junge Frau bracht⸗ 
Jufer häuslichen Einrichtung noch bares Geld mit 
nan spricht von tausend M. Am 3. Januar ver⸗ 
ꝛbschiedete sich M. von seiner Ehefrau mit der 
Angabe: „das eingebrachte Geld auf die „Bani 
nach Neustadt zu tragen“, ohnebis heute von dieser 
Reise zurückzulehren. Zwei Tage später, am 5 
Januar ist auch der Bacerbursche Flockerzt, welcher 
u M. ein sehr intimer Freund war, verduftet. Brieflich 
eigten Beide die Reise über den Ocean aus Rotter⸗ 
dam an. Die bedauernswerthe Frau ist mit ihren 
ingebrachten Mobilien wieder zu ihrer Mutter nach 
Frankeneck zurückgekehrt. 6BP. P.) 
— Aus Ludwigshafen, 23. Jan. wirr 
geschrieben: Ueber das Vermögen des Handels 
nannes Hermann Herz hier wurde unterm 22. ds 
Mts. der Concurs eröffnet. Zum Concursver— 
valter wurde Herr Kaufmann Julius Goldschmit 
ernannt. 
— Aus der Pfalz, 28. Jan. Nach dem 
Schematismus des ärztlichen Personales vom 31. 
Dezember 1886 zählen wir in der Pfalz jetzt 184 
Aerzte. Neu eingetreten waren im Laufe des ge⸗ 
rannten Jahres 21 (7 Nichtpfälzer,) ausgewandert 
3 (G Nichtpfälzer), gestorben 4. Die Gesammtzahl 
Her Aerzte hat also wieder um 9 (bis 1871 um 
45) zugenommen. Ihren Wohnsiz innerhalb der 
Zreises verlegt haben diesmal nur 63; das Per— 
sonal scheint also doch wieder etwas stabiler geworden 
zu sein. Bezirksärzte 1. Kl. haben wir jetzt 18. 
2. Al. nur mehr 6, bezirksärztliche Stellvertreter 
11, darunter 2 mit fixen Jahresremunerationen. 
Die Zahl der Bader demrägt jetzt 273 (am Schluf 
des Jahres 1885: 277), der Hebammen 680 
686,) der Zahnärzte 15 (11). der Apotheken 78 
WVermißctes. * 
7Saarbrücen, 24. Jan. Ebr. Ztg.) 
Die auf gestern Sonntag Nachmittag in den Ton 
hallensaal einberufene Vertrauensmänner⸗Versamm⸗ 
ung der vereinigten reichstreuen Parteien war von 
a. 360 Vertrauensmänner aus allen Teilen unseres 
dreises besucht. Eröffnet wurde dieselbe durch 
derrn Justizrat Boltz, welcher in zündender Rede 
die parlamentarische und die hohe Bedeutung der 
nächsten Wahlen darlegte und dann mitteilte, daf 
ver seitherige Abgeordnete des Kreises, Herr Geh 
gergrat Pfähler sich dankenswerter Weise bereit 
erkläͤrt habe, eine Wiederwahl anzunehmen. Herr 
Pfaähler wird darauf durch einm itiges Erheben der 
ẽrschienenen von den Sitzen zum Kandidaten der 
vereinigten reichstreuen Wähler erklärt. Bevor zur 
Bildung des Wahlkomitss geschritten wurde, sprachen 
unter Beifall verschiedene Herren über die Reichs⸗ 
agsauflösung und charakkerisierlen das Verhalten 
der Opposilionspartei und ihrer Führer Richter 
und Windhorst. Es folgt hierauf die einstimmige 
Wiederwahl des seitherigen geschäftsführenden Ko— 
nitoͤs und ebenso werden, da aus allen Bürger⸗ 
neistereien Wähler erschienen waren, sofort die Lo⸗ 
ealkomitoͤs gebildet. Die erste allgemeine Wahler⸗ 
bersammlung soll am Sountag den 30. Januar 
nrachmittags 3 Uhr in Saarbrücken im Tonhallen⸗ 
aal statitfinden. Weitere Versammlungen an 
inderen Orten des Kreises, wobei den Wünschen 
der Lokalkomits6s durch Entsendung von Rednern 
moͤglichst Rechnung getragen wird, sollen s. Z. b 
kannt gemacht werden. Herr Bolz schließt di 
Bersammlung mit der Mahnung, alles aufzubieten 
um unseren Wahlkreis der reichstreuen Sache 3 
erhalten und nicht nur zu siegen, sondern glänzen— 
zu fiegen und so die gegnerische Bestrebungen z 
nichte zu machen. Nach einem dreimaligen 6 
geistert erwiderten Hoch auf Se. Majestät d 
Zaiser endete die Versammlung. 
fMentz, 24, Jan. Der Notat Gandar 
Remily, Miiglied des Bezirkstages hat seine Zab 
ungen eingestellt. Der Volksmund spricht — ho— 
sentlich in übertriebender Weise — von 4 Millione 
Pasiva gegen 2 Millionen Aktiva. Gandar ha 
sich selbst zur Haft gestellt und wurde hier eingebrae 
Die Einhorn-Apotheke am Speisemarkt 
Mannheüem ging um den Preis von 390,00 
Mark von Herrn Apotheker Hirt in den Besitz de 
herrn Apoiheker Dr. Heintz über. 
Frankfurtser Neuigkeiten vo 
22. Jan. Der Krach der Homburger Gewerb⸗ 
bank hat auch hier wohnende Leute, die theils vo— 
domburg hierher übergezogen sind, theils mit der 
selben, namentlich Bauhandwerker, in Verbindu 
ttanden, in Mineidenschaft gezogen, deren Folgt 
noch nicht abzusehen sind. Der Krach des Hon 
hurger Bank⸗Instituts sindet wohl nur sein⸗ 
Bleichen in dem der Frankfurter Hilfs⸗ und „Chan 
pagner⸗ Casse“ deren Concurs noch nicht brend 
ist. Mit Ungeduld erwarten die zahlreichen Glö 
biger der Letzteren das Ende derselben, in d 
Hoffnung, noch einige Procente zu erhalten. 
Der Ausläufer eines hiesigen Geschäftes har 
leinem Herrn 1500 Mk., die er für einen Wech 
empfangen hatte, unterschlagen. In Mainz wur 
er verhaftet. — In einem großen Weingeschäft 
der Reisende unter Mitnahme von Mk. 100 
inkassierte Kundengelder durchgegangen. 
FStuttgart, 22. Januar. Oberbürg 
meister Dr. Miquel wird auf Einladung der der 
schen Partei in nächster Woche hier zu einem Vo 
trage über die politische Lage erwartet. 
FWürzburg, 20. Jan. Nach Mittheilu 
hiesiger Blätter ist dem Personale des hiesig 
Bahnamts per Circular den Werkstätte-Arbeite 
durch Anschlag strenge Mittheitung zugegang⸗ 
Mittheilungen über Vorkommnisse im Bahnht 
gehe im zu halten, insbesondere ist jede M 
heilung an Angehörige der Presse verboten word 
7Muünchen, 22. Jan. Ein Jahr profiti 
Ein Mädchen, das nie anderes wußte, als 
sein Geburtstag der am 29. Januar 1860 gewe 
und das sich demgemäß 27 Jahre alt hielt, ers 
gestern anläßlich einer Gerichtsverhandlung 
feiner großen Freude, daß es gerade 1 Jahr 
2 Tage spater auf die Welt gekommen sei. 
Passau, 21. Jan. Bischof Franz J 
der unermüdliche Wohstäter der Armen und 
derer alles Gemeinnützigen, hat der Cretinen⸗Anh 
Straubing 15,000 M. geschenkt. 
7 Halle, a. S., 21. Jan. Der gemeln 
Unfall auf dem Süßen See bei Eisleben, woe 
4 Gefährte mit Kutscher und Pferden im 
eingebrochen sein sollten, hat sich als Ersind' 
herausgestellt. 
fFHalle, 22. Januar. Gestern Abend 
wie die „Frkf. Ztg.“ herichtet, ein Abkommen ; 
schen Nationallberalen und Konservativen hier 
geschlossen worden. Die Nationalliberalen prä 
sirlen als Kandidaten, den Oberbergrath Täglie 
beck⸗Halle, der auch angenommen wurde. Die F 
innigen stellen den bisherigen Abgeordneten 
Alex. Meyer auf. 
F Essen a. d. R. 20. Jan. Die „Rhein' 
Westphälische Zeitung““ meldet: In der gestri 
Vorstandssitzung der zweiten Sektion der Kna 
chafts⸗Berufsgenossenschaft in Bochum, welche 
Jesammten Oberbergamtsbezirk Dortmund um'— 
wurde das Verbot des Schwarzpulvers und 
offenen Lampen auf allen Steinkohlengruben, 
schlagende Wetter auftreten, mit allen gegen 
Stimme gutgeheißen, und zwar mit der Maßo 
daß die betreffenden Vorschriften nach erfolgter 
nehmigung durch das Reichsversicherungsamt in 
treten. 
F(EEin Potsdamer Bankiery) ver 
letzthin auf der Eisenbahnfahrt nach Berlin 
Brieftafche mit 9000 Mk. Wertinhalt. Dem 
—I 
Tasche zu finden, wurden 900 Mk. Belob 
gezahlt.