Full text: St. Ingberter Anzeiger

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* Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. — 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 8, Neklamen 80 3. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
C 8. .. . . Dienstag, 13. September 1887. 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 10. Sept. Legationsrath Frei⸗ 
ert d. Podewils hat den Posten des bayerischen 
Fesandten heim italienischen Hofe angenommen. 
Stettin, 12. Sept. Kaiser Wilhelm traf 
nünklich * Uhr 30. Min. hier ein, begleitet von 
er Kaiserin, dem Prinzen und der Prinzessin 
dilhelm, sowie dem Prinzen Leopold. Der greise 
Ronarch sah sehr⸗ gut aus und stieg allein aus 
em Wagen. Er schritt die Front der Ehrenkom⸗ 
agnie vom 34. Regiment ab und fuhr dann in 
angsamem Trab unter großem Inbel durch die 
tia triumphalis zum Schlosse. 2/0 Kilometer 
ang bildeter die Vereine Spalier, ebenso 17 000 
xzchulkinder und die Gewerke. Das Wetter war 
kindlichsten und lächerlichsten Ausschreitungen. Vor 
uns liegt ein illustrirtes Extrablatt des Pariser 
Journals „La Nation“, das in grellem Buntdruck 
die Brustbilder sämmtlicher französischer Korpskom⸗ 
mandanten mit dem Kriegsminister Ferron an der 
Spitze zeigt. Als begleitender Text zu den Por⸗ 
fraits dieser zweiundzwanzig höchst martialischen 
Schnauzbärte ist in der Mitte des Blattes eine 
zedrängte Uebersicht über die Stärke der französi⸗ 
chen Armee auf Kriegsfuß, abgedruckt. Daraus 
rgiebt sich, daß Frankreich, sobald seine ganze 
Armee mobilifirt ist, 45 981 Offiziere, 2212 472 
Dtann und 6000 Kanonen — auf dem Papier 
jat. Das Journal „La Nation“ hat seinen papier⸗ 
nen Mobilisirungsversuch zur größeren Ehre Frank 
reichs auch noch mit einigen blau⸗weiß⸗rothen 
Fahnen und den Bildern eines Infanteristen und 
ines Zuaven in vollständiger Feldausrüstung ge⸗ 
chmückt. Die eigentliche Pointe aber des ganzen 
Ixtrablattes steckt in zwei mit wenigen Strichen 
kizzirten Karten von Frankreich. Die eine zeigt 
zas gegenwärtige französische Gebiet, welches durch 
intensiv rothes Kolorit kenntlich gernacht ist, 
vährend der Landstrich von den Vogesen 
bis zum Rhein in hlaugrauer Schraffirung 
zehalten ist. Diese Karte trägt die Unterschrift: 
„La France actuelle“, „Das heutige Frankrteich“. 
Die zweite Karte dagegen kennt bis zum Rhein hin 
aur noch die rothe Farbe, die Reichslande sind ver⸗ 
chwunden, und mit ihnen sind auch gleich Holland 
und Belgien von dem patriotischen Kartenzeichner 
für das republikanisch rothe Frankreich annektirt 
vorden. Diese zweite Karte soll „das frühere und 
das zukünftige Frankreich“ darstellen, la France 
meienne et futuret. Lustiger kann man auf die 
Nothwendigkeit eines Revanchekrieges eigentlich kaum 
noch hinweisen, und es ist nur schade, daß diese 
indlichen Spielereien der Herren Franzosen doch 
zuuch ihren sehr ernsten Hintergrund haben. Durch 
zerlei kolorirte Albernheiten wird die ohnehin schon 
gereizte Stimmung der Franzosen mehr und mehr 
derhetzt, und fie erhitzen sich dann in so hohem 
Brade, bis der bekannte kalte Wasserstrahl ihre 
-schwärmerei wieder ein wenig abdämpft. 
Eondon, 12. Sept. JIrische Nationalisten 
ereiten eine großartige Kundgebung anläßlich der 
jeute stattfindenden Beerdigung der von der Polizei 
getödteien Personen vor. Man befürchtet neue 
Anruhen. 
In Philadelphia werden großartige Vor⸗ 
hereitungen zur Feier des hundertjährigen Bestehens 
der Verfassung der Ver. Staalen am 17. Sept. 
1887 getroffen. Das Fest wird 3 Tage dauern 
and am Donnerstag, 15. Sept., seinen Anfang 
nehmen. Der Zug wird mehr als zehu Meilen 
ang sein und soll darin der in dem Jahrhundert 
in der amerikanischen Industrie bewirkte Forischritt 
dargestellt werden. Alle Gouverneure der Staaten 
verden nach Philadelphia kommen und wird ihnen 
zu Ehren ein Bankett veranstaliet werden. Praäsi⸗ 
dent Cleveland wird am Donnerstag eintreffen und 
am Freitag eine Repue über 30,000 Mann 
Bundestruppen und Milizen, über welche General 
Sheridan den Befehl führen wird, abnehmen. Von 
allen Theilen des Landes werden Kriegervereine 
ur Feier kommen. Am Samftag soll unter dem 
Vorfitz des Praͤfidenten Cleveland eine Versamm⸗ 
ung unter freiem Himmel auf dem Unabhängig⸗ 
eitsplatz statifinden und wird Richter Miller vom 
bersten Gerichtoͤhof die Rede halten. Bischof 
Vatter non Nem. Nark doer PVischof der enalischen 
ill· 
Stettin, 12. Sept. Die Stadt ist festlich 
eiymückt. Kein Haus ist ohne Guirlanden. Längs 
es Weges, den der Kaiser zurücklegen wird, sind 
ohe Fahnenstangen aufgerichtet, die durch leider 
hon vertrocknete Guirlanden verbunden find und 
uf denen die Fahnen der Stadt Stettin, der Pro⸗ 
inz Pommern, Preußens und Deutschlands wehen. 
die Denkmäler auf den Paradeplätzen sind mit 
farben der Stadt drapirt. Eine festlich gestimmte 
Nenge wogt in den Straßen auf und ab. Einzelne 
zereine mit Fahnen beginnen schon jetzt sich auf⸗ 
ustellen. Zahlreiche Neugierige versammeln sich 
uuf dem Schloßhofe, wo kostbares Silbergeschirr 
uür die Galadiners soeben ausgepackt wird. Um 
Uhr 30 Minuten wird laut „Fr. Ztg.“ der 
daiser am Bahnhofe durch die Spitzen der Militär⸗ 
ind Civilbehörden empfangen. Im Schlofse sind 
zimmer für den Kaiser von Rußland vollkommen 
ingerichtet. Von gut unterrichteter Seite wird 
nir dersichert, daß derselbe mit Sicherheit erwartet 
vird. Heute Abend findet Zapfenstreich sämmtlicher 
iier anwesenden Regimenter statt.— 
Ausland. 
Wien, 11. Sept. Fürst Ferdinand 
leibt, trotz aller Umtriebe, die Rußland ins Werk 
ezt, auf seinem Posten in Sofia. Prinzesfin 
zlemeutine von Koburg, die Mutter des 
Fürsten, hat die ihr angetragene Stelle einer Ehren⸗ 
räsidentin des DameneWohlthätigkeitsvereins in 
zhilippopel angenommen und wird demnächst 
ich zum Besuche ihres Sohnes nach Bulgarien 
egeben. 
Wien, 12. Sept. Der Statihalier von Elsaß⸗ 
othringen, Fürst v. Hohenlohe, ist zu kurzem 
lufenthalte aus Aussee hier eingetroffen. 4 
Bnudapest, 12. Sept. Der Kaiser traf gestern 
Terebes ein und wurde enthufiaftisch empfangen. 
Bei dem gestrigen Hofdiner im Andrassy'schen 
schlosse brachte der Kaiser anläßlich des Namens⸗ 
ages des Czaren einen Toaft auf das Wohlergehen 
llexandets II. aus. Die Kapelle spielte hierauf 
ie russische Nationalhymne. Tisza wird am 20. 
. b in Großwardein eine große volitische Rede 
alten. 
Amsterdam, 12. Sept. Gestern Nachmittag 
and eine sozialistenfeindliche Kundgebung auch in 
ltrecht fatt. Der Raum, wo die Sozialisten 
Uends sich versammeln wollten, wurde von Volks⸗ 
jaufen angegriffen und verwüstet. Die Bierfässer 
vurden in's Wasser geworfen, die sozialistischen 
Schriften zerrifsen. Die Polizei stellte die Ordnung 
nieder her. F 
Paris, 10. Sept. Die Frukiifizirung der 
drobe⸗Mobilisiruno verfeitet di⸗ Franzoien zu den 
22. Jahrg. 
Hofkirche, wird die Versammlung mit Gebet er⸗ 
ffnen und der katholische Kardinal Gibbons am 
Schlusse den Segen sprechen. 
Lokale und pfeltsche Nachrichten. 
*St. Ingbert, 18. Sept. Bei der gestern 
Abend vorgenommenen Neuwahl des Turnrathes 
des hiesigen Turnvereins, wurden folgende 
Herren gewählt: * 
4. —— Weirich, Sprecher, 
2. Lud. Friedei . . J 
3. Joh. Rickel, .Turnwart, 
4. Hch. Schwar Jd. — 
s. Joh. Kuhn, Schriftwart, 
b. Jat. Meyer, Rafsenwart, 
7. Jak. Weiland, Zeugwart. 
8. Rud. Hager, „Ersatzmann. 
Der Verein zählte am Schlusse des Vereins⸗ 
jahres 109 Mitglieder. 
— Gewerbsmeister, Gehilfen oder Lehrlinge, 
velche auf Stipendien aus den Mitteln der Wit⸗ 
zelsbacher Landesstiftung reflektiren, wollen ihre 
motivirten Gesuche nebst Zeugnißbelegen in aller⸗ 
nächster Zeit bei dem Vorstande des Gewerbevereins 
einreichen. 
— Unliebsame Störung. Ein gewisser 
J. W. von St. Ingbert und die M. M. von 
dirchenarnbach beabsichtigten, sich demnächst in den 
hl. Stand der Ehe zu begeben. Ihr Vorhaben 
vurde jedoch durch die Dazwischenkunft der Land⸗ 
tuhler Gendarmerie gestört, welche den W., der 
vegen eines Vergehens der Körperverletzung in 
Unlersuchung steht und dieserhalb schon längere 
Jahre flüchng war, verhaftete und auch seine „zu⸗ 
fünftige bessere Hälfte“ in Gewahrsam nahm, weil 
dieselbe in Saarbrücken noch eine halbjährige Ge⸗ 
fangnißstrafe wegen Hehlerei abzubußen hat. 
f. Bitg.) 
— Dadie Auswanderung nach Amerika in 
diesem Jahre wieder eine stärkere als im vorher⸗ 
gehenden ist, die Verhältnifse aber, unter denen die 
rinwanderer in Amerila zugelassen werden, sich in 
neuerer Zeit erheblich geändert haben, so dürfte fich 
eine Beachtung der einschlägigen Bestimmungen be⸗ 
sonders empfehlen. Das amerikanische Einwan⸗ 
derungsgesetz vom Jahre 1882 weist u. a. die 
Bestimmung auf, daß gänzlich Mittellose (sogen. 
Paupers) und solche, welche nicht über genügende 
Mittel verfügen, von dec Landung „drüben“ aus⸗ 
geschlossen werden koͤnnen. Diese Bestimmungen, 
welche sich nicht gerade durch Klarheit auszeichnen, 
werden von den amerikanischen Behoͤrden gegen⸗ 
wartig scharfer gehandhabt als in den Jahren, die 
hald nach dem Erlaß dieser gesetzlichen Bestimmungen 
folgten. Es empfiehlt sich also die Auswanderung 
nach Nord⸗Amerila jetzt weniger als jemals früher. 
In jedem einzelnen Falle werden von der Landung 
die Verhältnifse des Einwanderers untersucht, ob 
er sich selbst erhalten kann xc. Bekanntlich kommen 
jetzt oft Auswanderer wieder zurück, welche den 
gesetzlichen amerikanischen Anforderungen nach der 
gekennzeichneten Richtung aicht genügen. Für diese 
ist die vergebliche Ueberfahrt ein herber Verlust. 
— Zweibrücken, 9. Sept. Der 19 Jahre 
alie Schuhmacher Ludw. Ullmer von Pirmasens, 
welcher angeklagt und geständig ist, den Schuh⸗ 
macher Georg Jacobi von da in der Nacht vom 
26. auf 27. Juni erstochen zu haben, wurde in 
»er heutigen Strafkammersitzung unter Ausschluß 
nildernder Umsiände zu drei Jahren Gefänanis 
Xxrurtheist