Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Die Secretariats⸗Gehülfen der pfälzischen 
Umisgerichte werden am 18. d. M. in Kaiser s⸗ 
lautern eine Versammlung abhalten, behufs Ein⸗ 
reichung einer Petition an das Staatsministerium 
und den Landtag um GehaltsAufbesserung bzw 
Gleichstellung mit den staatsanwaltschaftlichen Secre⸗ 
tariats⸗Gehülfen. — 
— Kaiserslautern, 10. Sept. Nach 
einer der „Pf. Pr.“ zugegangenen Mittheilung 
wird mit dem 7. Oktober hierselbst eine 18 Mann 
starke Stadtkapesie gegründet. Gründer derselben 
sind die Herren L. Stöckigt und W. Fritsche, zur 
Zeit in Aschersleben bei Magdeburg. 
— Winzingen, 10. Sept. Gestern Abend 
wurde eine hiesige Frau von einem an der unter⸗ 
halb Winzingen neuzuerbauenden Bahnstrecke be⸗ 
schäftigten Arbeiter durch einen Steinwurf am 
opfe derart verletzt, daß fie schwer krank darnieder⸗ 
liegt. Der Thäter wurde verhaftet. 
—EE — 
4Saarbrücken, 12. Sept. Am Samstag 
Abend entstand im hiefigen Hafen zwischen einem 
deutschen und einem franzöoͤsischen Schiffer Streit 
welcher in eine Prügelei ausartete, bei der benach 
varte Schiffer ihrem deutschen Landsmann zu Hilf 
eilten. Schwer bedrängt und tüchtig durchgebläut 
feuerte der Franzose einen Revolver mehrmals ab 
Gendarmerie und Hafenpolizei verhafteten darau 
den Franzosen und konfiszirten den Revolder. Nach 
bestandenem Verhoͤr gestern Morgen wurde der 
Franzose nach Erlegung einer ihm durch Straf⸗ 
befehl auferlegten geringen Geldstrafe der Haft 
entlafse.— EG. Z3.) 
FDer größte Sturm des Jahrhunderts in 
Aussicht. Wolkenloser Himmel, heiße Tage, milde 
Nächte — wer mag bei solchem Weiter an Sturm 
und Ungewitter denken? Und doch wird es gut 
sein, sich mit dem Gedanken zu befreunden, daß es 
nach der Mitte September einen Aufruhr in der 
Natur geben kann. Rudolph Falb, der zu einer 
Autoritat gewordene Forscher auf dem Gebiete der 
Erdbebenerscheinungen, stellt für den 17. Septem⸗ 
ber eine atmosphärische Hochfluih in Ausficht. Es 
wird Herrn Professor Falb wahrscheinlich selbst 
interessiren, zu erfahren, daß er mit dieser Prophe⸗ 
zeiung nicht allein steht. Im Jahre 1884 bdrachten 
die meisten deutschen Zeitungen eine Notiz, welche 
lautet: „Der größte Sturm des Jahrhunderts, der 
sogenannte Saxeby Gall, wird sich am 19. Sep⸗ 
tember 1887 einfiellen, und zwar nach Berechnung 
des Astronomen des kanadischen Ministeriums Pro⸗ 
fesfsors E. Stone⸗Wiggins, welcher die Stürme 
pom 9. März 1883 und 26. Januar 1884 genau 
vorhergesagt hat. Der Saxeby Gall hat zuletzt am 
7. Oktober 1869 gewüthet und sämmtliche Wälder 
Neu⸗Englands beinahe vernichtet, für die Holzindu⸗ 
ttrie nämlich unbrauchbar gemacht. Wiggins hat 
nun ausgerechnet, daß sich dieser heftigste aller 
Weltstürme in 5461 Tagen wiederholt, welche am 
19. September 1887 ablaufen. Seine größte 
straft wird der Sturm nach Professor Wiggins 
Angabe am Nachmittag des 20. September ent⸗ 
falten und soll von heftigen Erdbeben begleitet sein, 
die um die Mitte Oktober in Kalifornien und dem 
westlischen Europa eintreten. Zwei Naturforscher 
kündigen für die Tage zwischen 17. und 20. Sep⸗ 
lember einen argen Sturm, für Mitte Oktober ein 
Erdbeben an. Das ist Warnung genug und wir 
hoffen, daß die meterologischen Seestationen diese? 
bedeutsame Sturmsignal rechtzeitig weitergeben. 
Trifft das immerhin bösartige Naturereigniß wirk⸗ 
lich ein, dann haben wir einen Erfolg der Wissen⸗ 
schaft zu verzeichnen, welcher nicht zu unterschätzen ist. 
F Munchen, 9. Sept. In der Nacht von 
Donnerstag auf Freitag brach in Toͤlz ein großes 
Feuer aus, durch welches das Bürgerbräu und 7 
häuser zu beiden Seiten desselben in Asche gelegt 
wurden. 36 Feuerwehren, darunter ein Zug der 
Münchener Feuerwehr mit einer Dampfspritze waren 
in Thätigkeit. 
F Der Besuch des Linderhofes, des be⸗ 
kannten Schlosses König Ludwigs V. von Bayern, 
ist noch immer sehr lebhaft. Bis 1. September 
erreichte die Zahl der Besucher nahezu 11000 und 
beziffert fich die Einnahme auf 54000 Mt. 
fF Hohenwart, 10. Sept. In der Nacht 
pom 8. auf 9. Sept. l. J. bronnte in Schenkenau 
eine Scheune ab, in welcher sich das Verpflegungs⸗ 
—X 
b00 Centner Hafer und 5000 Laib Brod zu 
Frunde gegangen. Die in der Scheune einquar⸗ 
tirten 63 Mann konnten nur das nackte Leben 
retten, denn es verbrannten deren Uniformen 
Tocnister und Gewehre. Leider wurden auch dre 
Mann so verletzt, daß fie in das Spital nach 
Pfaffenhofen verbracht werden mußten. 
FWäürzburg, 8. Sept. Den Andächtigen 
in der Augufstinerkirche wurde heute ein seltener 
noch nicht dagewesener Anblick gewährt, der nämlich 
einen pechschwarzen Neger in weißem Priesterge 
wande die hl. Messe celebriren zu sehen. Aul 
einer Reise nach Europa berührte der Bischof von 
Trapezepolis und apostolischer Vicar in Chartain 
Monsign. Francois Sagari, nebst Secretär und 
einem Neger⸗Neopresbyter unsere Stadt, wo er im 
Augustinerkloster Quartier nahm und heute bei der 
im Maria⸗Geburtsfeste üblichen Procession am den 
og. großen Stock das Allerheiligste trag, während 
in kaffeebrauner - Secretiaär und der genannte pech ⸗ 
chwarze Neopresbyter ihn begleiteten. 
Verlobung. Der General v. Alvens⸗ 
leben, an der Spiße des 13. (würtembergischen) 
Armeekorps stehend, etwa 60 Jahre alt, hat sich 
nit der 18jährigen sehr schönen Tochter des ver⸗ 
torbenen öoͤsterreichischen Rittmeifters Götz von Ber⸗ 
ichingen in Stuttgart verlobht. 
7Die erste Glocke in Kamerun wird 
aun bald ertönen; aus Eßlingen schreibt man 
dem „Schw. Merk.“: Ende dieses Monais geh! 
eine sehr praktische patriotische Gabe von hier nach 
Zamerun ab. Der dortige Lehrer, Christaller, drückte 
den Wunsch nach einer größeren Glocke aus, um 
die in den Voͤrfern zerstreuten schulpflichtigen 
schwarzen Reichsbürger leichter sammeln zu können. 
In Folge einer durch Herrn A. Brodhag veran⸗ 
dalteten Sammlung ist die Bochumer Gußstahl⸗ 
fabrik in der Lage, eine Glocke um den halben 
Preis zu liefern. Diese Schulglocke für Kamerun 
xhält als Inschrift folgende Widmung: 
Beim Glockenschall kommt Allll— 
Lernt mit Fleiß zu Gottes Preiß 
Und Deuitschlands Ruhm in Kamerun. 
Esßlingen, im September 1887. 
Die schwarze Schülerzahl Cristallers beträgt zur 
Zeit dreißig im Alter von sieden bis fuünfzehn 
Fahren. Nach seinen jüngsten Mittheilungen fingen 
ie mit Eifer schon: „Ich hatt' einen Kameraden.“ 
f Frankfurt a. M. Ein Vater mehrerer 
zinder verlor kürzlich sein Jüngstes an der Diph⸗ 
heritis. Er war untröstlich und konnte sich gar 
nicht trennen von dem aufgebahrten Kinde. Noch 
im Tode herzte und küßte er es. Da erfaßte auch 
hn die tückische Krankheit und zwei Tage später 
'olgte er seinem Liebling in's Grab. — 
Auch ein Pfandobjekt. Aus Frank 
urt am Main wird dem „W. Illustr. Extrabt 
zeschrieben: Ein junges Ehepaar aus der Umgebung 
oupirte diese Woche in einem Weinrestaurant. Al— 
4 Zeit zum Aufbruch und zur Zahlung der Zeche 
var, vermißte der Ehemann seine Börse. Der 
Wirth glaubte, wie schon öfters, einen Zechprelle 
or sich zu haben, es kam zu einem argen Auf. 
ritt; der Restaurateur wollte das Pärchen absolut 
nicht ziehen lassen. Da nahm ihn die junge Frau 
auf die Seite und bat um eine Unterredung unter 
bier Augen. Im Privatkomtoir des Wirthes bol 
ie nun ihr goldenes Gebiß, das fie aus dem 
Munde nahm, als Pfandobjekt an, was den Mann 
so rührte und zugleich beschämte, daß er das Paau 
ohne Umstände ziehen ließ. Schon am anderen 
Tage erhielt er mit bestem Dank den Betrag der 
Zeche eingesandt. 
FEine gute Schwiegermama. Ein 
mehrmals verkrachter Kaufmann in Frankfurt a. M. 
dem es in den letzten Jahren nicht sehr rosig ging 
veil er es nicht über das Herz bringen konnte 
'ich mit seiner Schwiegermutter zu versohnen und 
elbst aus Haß sich von deren Beerdigung feruhielt, 
st zu seinem nicht geringen Erstaunen von ihr zum 
Universalerben ernannt worden. Er kommt dadurch 
mit einem Schlag zu zwei hypothekfreien Häusern 
ind zu einem Barvermögen von über 312000 Mk. 
rFAus dem Elsaß. Die Str. P.“ ver⸗ 
offentlicht Auszuge aus einem kürzlich erschienenen 
Werke, betitelt „Lebenserinnerungen des Grafen 
Durckheim“. Besonders interessant ist der Zeit⸗ 
abschnitt der Johre 18340 - 1844, während dessen 
Braf Dürckheim Unterpräfelt in Weißenburg war 
In die Zeit dieser Amtsthätigkeit fiel eine Ver⸗ 
ordnung des französischen Ministeriums, wonach 
der Clerus den Religionsunterricht in den Schulen 
in franzöfischer Sprache ertheilen sollte. Anknüpfend 
hieran schreibt der Verfasser: F 
Der Bischof Msgr. Raes, die Cantoncig 
lichen und die protestantischen Konsistorien r 
diese Zumuthung entschieden zurüch, indem si 
tiärien, es ser nicht möaguh, den Kindene 
französischer Sprache einen so wichtigen — 
zu ertheilen. Die Antwort des biedern —— 
auf die Aufforderung des Präfekten enthiel J 
bedeutenden Schlußworte: Schließlich erklate 
daß es meinem Gewissen widerftrebt, die erften d 
zriffe der Religion und der Moral den Kine 
n Leiner andern als in ihrer Muttersprache da 
bringen zu wollen. In demselben Sinne schrietn 
mir auch die Geistlichen, an welche ich das minislerieh 
Circular zur meinem größten Bedauern schie— 
mußte. Sehr pikant ist es aber⸗ daß heute di— 
selben Herren im Reichstag in Berlin, wie m 
Landesausschuß in Straßburg allgemein die deutsqh 
Verwaltung beschuldigen, den elsasser Kindern d 
ranzöfische Muttersprache rauben zu wollen: Je 
ist also plötzlich auf Kommando des Chauvinig 
die Muttersprache umgesprungen, aus der deusch 
die franzoͤsische geworden! O schweigt alle, dh 
Arrangeurs der elsassischen Sache! Unsere Kime 
find deutsche Kinder, die ihr Vaterunser ftets un 
heirrt in deutscher Sprache gebetet haben und« 
so fortbeten werden, so lange der Rhein thalab— 
parts fließt. 
F Trier, 8. Sept. Wie der „Germ.“ g 
meldet wird, ergiebt die Bilanz der Einnahn⸗ 
und Ausgahen des Katholikentags einen Ueberschu 
pon mehr als 5000 Mk. Die Ausgaben hebe 
20000 Mk. betragen. 
Ein theurer Hahn. Am Diensie 
vporiger Woche wurde der Wirth Z. aus Bretmnad 
pon dem Kaiserlichen Schöffengericht in Busendor 
wegen Thierquälerei zu 8 Tagen Haft und 16 
Mk. Geldstrafe verurtheilt. Derselbe hatte vo 
inigen Wochen Sonntags während der Messe n 
seinem Garten einen Hahn gefangen, demselben d 
Federn und den Schwanz ausgerissen, dann no 
die Krallen und die Zunge abgeschnitten und ihr 
in diesem Zustande wieder laufen lassen. Moöt 
diese Strafe Andern zur Warnung dienen. 
—7 Folgende Warnung vrangt an den⸗ 
Fcken des Stadthauses in Sul z a (Sachsen⸗-Weimat 
„Es ist verboten, den Marktplatz in Hemdsärmeh 
zu überschreiten!“ Nobles Sulza! 
xF. Einen unverwüstlichen Humor 
cheint Herr Hexmann Ziliack in Leipzig zu be 
itzen. Derselbe erläßt nämlich in Gemeinschef 
mit seiner Ehefrau im „Leipziger Tageblatt“ folgend 
Anzeige: „Meinen vielen Freunden und Bekannter 
zur Nachricht, daß der Wunsch, das halbe Shhot 
»oll zu machen, in Erfüllung gegangen; am! 
September, Abends *49 Uhr, wurde uns dutd 
Bottes Gnade ein munteres Mäödchen, das 80 
Zind bescheert. Leipzig, den 2. September 1887 
dermann Ziliack, —ãe— geb. Friedemann 
F Die hohe Gefahtr des allzusstarker 
Bähnens wird durch folgenden Fall illuftritt 
Zu einem in Nordwesten Berlins wohnenden Anz 
'am vorgestern eine Frau, welche den Mund wei 
nuf gesperrt hatte und denselben trotz aller Anstrengunget 
nicht wieder zu schließen vermochte. Der Arzt er 
mittelte eine Verrenkung der Kinnlade, welche di 
Frau sich beim starken Gaähnen zugezogen hoatt 
Frst mit Hilfe eines andern Arztes gelang es, di 
sinnlade einzurenken, was fur die Frau nicht obr 
zroße Schmerzen abging. 
Die Berliner „Kreuzztg.“ schreibt: „Unte 
Zreuzband erhielten wir ein französisches Blat 
„La Tribune“ zugesandt, in welchem die überraschend 
stachricht enthalien ist, daß ein Mittel zur Au— 
ottung der Reblaus gefunden und in der Ge 
meinde von Beynost (Ain) seit geraumer Zeit um 
Frfolg angewendet worden ist. Als Erfinder wi 
ein Chemiter M. E. Cheteill genannt, welchet di 
Reben mit dem von ihm ˖ erfundenen Stoffe de 
handelt und die Reblaus vollständig und dauern 
dertilgt. haben soll. Man darf jedenfalls au 
Naͤheres hierüber sehr gespannt sein.“ (7) 
7 bamburg; 12. Sept. In WMonteriden 
hobt ein furchtbarer Orkan. Ein brasilianische 
Dampfer sank mit 200 Personen, die umlamen 
Der Katastrophe scheint eine Meuterei porauda 
gangen zu sein. rtted 
FoOamburg. Ein internationaler Kamp 
tand neulich Abends in der großen Vergitch 
wischen fünf Negern und einer Anzahl englishe 
und norwegischer Seeleute statt, wodei auch o 
Messer Gebrauch' gemacht wurde. Erheiternd 
der Szene war das Benehmen eines Negers. ve