Full text: St. Ingberter Anzeiger

Zweibrücken, 17. Sept. Hager Benedikt, 
22 Jahre alt, Fabrikarbeiter von Erlenbach, Kör⸗ 
perberletzung mit nachgefolgtem Tode. II. St.Anw 
Wagner, Vertr. Rechtsanwalt Schuler. 
Die Anklage gründet sich auf folgenden ein— 
fachen Thatbestand. Am 24. Juli ds. Is. be⸗ 
gleitete der Angeklagte seine Geliebte Abends nach 
Hause. Wie er behauptet, schimpfte sie ihn auf 
diesem Wege Lump, worauf er das Messer, mit 
dem er sich gerade eine Cigarce abschnitt, ihr in die 
linke Brust stieß. Durch den Stich wurden die 
heiden Schlagadern der Achsel durchschnitten, sodaß 
der Tod rasch durch Verdlutung eintrat und diese 
Folge nur hätte gehindert werden können, wenn 
auf der Stelle ärztliche Hilfe angewendet worden 
wäre. Diese Thatsache giebt Hager unumwunden 
zu, will jedoch den Tod des Mädchens nicht ge⸗ 
wollt haben. Daß der Unmensch Reue über seine 
That empfindet, durch die er einen Vater und 
eine alte Muiter der einzigen Stütze, durch die er 
ferner sein eigenes 5 Monate altes Kind der Mutter 
beraubte, geht aus der Beweisaufnahwe nicht her⸗ 
zor. Durch dieselbe wird vielmehr klargelegt, daß 
er durch rohes, brutales und gewaltthätiges Ge⸗ 
bahren in Anwandlung von Eifersucht, die bei 
der geringsten Gelegenheit in ihm erregt wurde, 
die Getödtete schlug und ihr die Hölle auf Erden 
bereitet haben muß. 
Die Begräündung der Anhkiage durch die kgl. 
Staatsbehörde faßte sich daher in dem Satze zu⸗ 
sammen, daß es eine Ehre für den Angekiagten 
wäre, wenn man nur mit einem Worte seine 
Schuld zu beweisen versuche. Der Herr Vertheidiger 
legt es den Geschworenen anheim, wie sie die 
Frage nach mildeinnden Umständen beantworten wollten, 
jedenfalls sei jedoch bei der Strafzumessung die 
unbändische leidenschaftliche Auswallung der Jäh⸗ 
zorn des Angeklagten zu berücksichtigen. 
Die Geschworenen bejahten im Sinne des 
Herrn Staatsanwaltes die erste Frage unter Ver⸗ 
neinung der Frage nach milderaden Umständen, 
worauf der Gerichtehof den Angeklagten in eine 
Zuchthausstrafe von zehn Jahren verurtheilte 
und ihm die bürgerlichen Ehrenrechte in der wei⸗ 
teren Dauer von zehn Jahren aberkannte. Schluß 
der Verhandlung a8 Uhr. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Für die hier in Zweibrücken zu er— 
richtende Hufbeschlagschule ist im Staats⸗ 
budget ein Staatszuschuß von 4600 Mk. vorge⸗ 
sehen. 
— Pirmasens, 20. Sept. Die Bader, 
Barbiere und Friseure der Bezirke Zweibrücken. 
Homburg und Pirmasens hatten gestern hier eine 
Bersammlung, zu der etwa 17 Herren erschienen 
waren. Man vbeschloß, zu einem Innungsvberband 
zusammenzutreten, und wurden in den Vorstand 
die HH. Hoch, Däufer und Hund aus Pirmasens, 
als Beisitzende die HH Dahl von Homburg und 
Drankwalder von Mittelbexbach gewählt. 
— Edenkoben. Mostverkäufe wurden dahier 
und in Maikammer abgeschlossen. Hier wurden 
für 40 Liter 12 Mk. 30 Pf., in Maikammer 
13. Mk. bezahlt. Lesezeit innerhalb 8 bis 10 
Tagen. 
— Haßloch, 14. Sept. Gestern wurde das 
Jahresfest des hiesigen Rettungshauses gefeiert. 
Herr Pfarrer Hinzler⸗Vöhl erstattete den Bericht 
über die rechnerischen Ergebnisse. Die Zahl der 
Zöglinge beträgt gegenwärlig 40, 24 Knaben und 
16 Mädchen; die meisten davon auf Kosten der 
Armenkasse, 7 auf Kreisfonds und 2 als Coꝛcec⸗ 
lionäre. Das Pflegegeld, das für einzelne Kinder 
von der Armenkasse einer Gemeinde zu bezahlen ist, 
berrägt gegenwärtig 150 Mk. Die Jahresrechnung 
schließt mit einem Ueberschuß von 67,64 M ab. 
— Speyer, 17. Sept. Kreis⸗Versammlung 
des landwirthschaftlichen Vereins der Pfalz. Der 
erste Vorstand Se. Exc. Herr Regierungspräsident 
b. Braun eröffnete die Versammlung und begrüßte 
die Erschienenen. Der Herr Regierungspräsident 
führle in seiner Ansprache u. A. aus: „Weit Be⸗ 
friedigung habe ich vor Allem zu konstatiren, daß 
in den landwirthschaftlichen Verhältnissen der Pfalz 
nach keiner Richtung gegen die Vorjahre ein Rück— 
gang wahrzunehmen ist. Im Gegentheil ist eine 
immer wach sende Benutzung der durch die Neuzeil 
gebotenen landwirthschaftlichen Hilfsmittel fast über⸗ 
all nachzuweisen und mit derselben vielfach eine 
Vermehrung der Einnahmen. Die größere Ver—⸗ 
hreitung der Consumvbereine hatte eine größere In— 
anspruchnahme der landwirthschaftlichen Kreis-Ver— 
suchsstationen zur Folge, weshalb zur Anstellung 
eines dritten Assistenten geschritten wurde. Die 
Bodenkulturarbeiten nehmen einen erfreulichen Fort⸗ 
zang, so daß sich das Kreiskomite auf meine An⸗ 
regung hin veranlaßt sah, für die Bezirke Zwei⸗ 
zrücken, Homburg, Pirmasens und Kusel einen Be⸗ 
irks⸗Kultur⸗Ingenieure aufzustellen. In Bezug auf 
die landwirthschaftlichen Kredit⸗Verhältnisse hat eine 
auf Ansuchen des deutschen Landwirthschaftsrathes 
durch das Kreiskomite veranstaltete Enquete im All⸗ 
zemeinen zu nicht ungünstigen Ergebnissen geführt; 
wenn auch zu beklagen ist, daß in manchen Ge⸗ 
genden trotz ausreichender Kreditgelegenheit noch 
Beldgeschäfte wucherischer Art vorkommen. Gern 
hebe ich herbor, daß durch Errichtung von Spar 
und Hilfskafsen der Wucher ganz bedeutend ein 
geschränkt worden ist. Was die Thätigkeit des 
dreiskomites und seiner Organe anbelangt, so dars 
ich wohl auf das reiche Material des Jahresberichtes 
jom Jahre 1886 derweisen, dem Jahresberichte 
yon 1887 will ich heute noch nicht vorgreifen. 
Derselbe wird aber zweifellos gleichfalls den Nach- 
veis liefern, daß unser Wirken kein fruchtloses war 
und einen großen und wichtigen Einfluß auf die 
Fortschritte ausgeübt hat, deren sich unsere schöne 
Pfalz auf dem Gebiete der Landwirthschaft zu er⸗ 
freuen hat. Es erübrigt mir daher nur noch eine 
angenehme Pflicht, die Pflicht, Allen zu danken, 
welche die Bestrebungen des Kreiskomites so kräftig 
anterstützt haben. Besonders muß ich das verdienst⸗ 
dolle Wirken der Bezirkskomites hervorheben, die, 
vas Anregung und Ausführung von Maßregeln 
inlangt, verständnißvoll und ausdauernd vorgingen 
dassen Sie uns auch ferner einträchtig zusammen 
ttehen und weiter arbeiten, thun wir das unsrige 
sann wird der Segen von Oben nicht fehlen. — 
Ddas mit dem 1. Januar d. J. in Wirksamkeil 
jetretene Gesetz vom 29. Mai 1886, die Flur— 
»ereinigung betreffend, hat dis jetzt in der Pfalz 
zur auf Feldweg-Regulirungen Anwendung ge— 
unden. Wie es scheint, hat man sich mit dem 
Beist in den Bestimmungen ddieses Gesetzes noch 
nicht allgemein vertraut gemacht.“ — Herr Kreis— 
hierarzt Dr. Groß erstattete einen interessanten 
Zericht über die Ausstellung von Hausthieren ge⸗ 
egentlich der 1. Wander⸗Ausstellung der deutschen 
Ldandwirthschaftsgesellschaft zu Frankfurt a. M. in 
den Tagen vom 9. bis 13. Juli d. J. Herr 
reiskultur Ingenieur Merl hielt einen Vortrag 
über das am 1. Januar d. J. in Kraft getretene 
Flurbereinigungsgesetz. — Landau wurde als nächfte 
Feststadt gewählt. 
— Speyer. Das Jahresfest der pfälz. Diako⸗ 
nifsenanstalt findet am 5. Okt. statt. Hr. Pfarrer 
Walter von Karlsruhe hält die Festpredigt. Die 
Anstalt feiert gleichzeitig ihr 251. Jubiläum; 7 
Jungfrauen werden als Diakonissinnen eingesegnet. 
— Hr. H. Hilgard, der unermüdliche Wohl— 
thäter, hat der Anstalt wieder 3000 Mk. geschenkt 
— Haardt, 16. Sept. Heute kamen die in 
der Werkstätte des Meisters Hamm in Frankenthal 
gegossenen vier neuen Glocken hier an. Die 17 
Centner schwere Hauptglocke ist ein wahres Pracht⸗ 
stück in Guß und Form. Dieselbe ist geschmückt 
mit den Namen der Stifterinnen, nämlich der 
Damen: Louise Wolf, geb. Grohé, Fanny Clemm, 
zeb. Heyer, und Louise Bürklin, geb. Wotf. Der 
ꝛestliche Festzug machte an der Woll'schen Anlage 
halt. Unter den Klängen der Musik nahm unser 
Reichstagsabgeordneter Herr Dr. Bürtlin sammt 
Bemahlin und Frau Commerzienrath Clemm die 
Blocken in Augenschein. Später wohnten die Herr⸗ 
schaften auch dem Aufzug der Hauptglocke auf den 
Thurm bei. Die Jugend wurde mit Bretzeln be⸗— 
schenkt, während ein Kinderfreund, Banquier Blum⸗ 
berg aus Berlin, es sich nicht nehmen ließ, jedem 
der etwa 300 Kinder ein Zehn⸗Pfennigstück zu⸗ 
legen zu lassen. 
— Neustadt. Sonnliag, den 25. d. M., 
vährend des ganzen Tages wird im Saale des 
Stadthauses durch Herrn Dr. Röder, Vorstand der 
Augenllinik in Straßburg, wicder eine unentgeltliche 
Sprechstunde für Augenkranke abgehalten. Herr 
Dr. Röder ist schon Samsiag, den 24. d. M. 
Nachmittags im Gasihof „Zum Löwen“ vriyatim 
zu sprechen. 
— Ludwigshafen, 14. Sept. Heute 
Mittag passirten an 10 Personen aus Maxdorf 
die hiesige Stadt, um die Reise über das Meer 
1nzutfreten. 
Vermischtes. 
fF Neunkirchen (Rheinpr.), 18. Sept. Sou— 
inigen Tagen ist auf dem Gebr. — 
düttenwerk hierselbst die dankenswerthe Eintichen 
zetroffen, daß den Morgens und Abends vosn 
Schicht, resp. zu derselben kommenden Arbeiten 
auch während der Ruthhebausen, kräftiger, n, 
affiee zu dem geringen Preise von 2 Pfa. * 
3 Stück Zucker 3 Pfg.) pro ud Liler⸗Tasse, u 
wie Brod dazu für 4 und 8 Pfg. (1s resp. 
eines 83pfündigen Brodes) verabfolgt wird. G 
ʒewährt sich die Einrichtung und wird ebenso das 
»eitragen, den Schnapsgenuß wesentlich einz 
chränken. 
F Herr Bärgermeistser FalkenJagen zu St 
Johann hat am Freitag den Kronenorden 
dlasse erhalten. 
7 Am Sonntag Abend 7 Uhr fand in den 
Feller der Bahnhofs . Restauration zu Saarbrüde, 
eine Gasexplosion statt, bei welcher leider der Ra 
taurateur, Herr Müller, nicht unerhebliche Bramd— 
vunden davongetragen hat; im Keller sebst sind 
zurch die Gewalt der Erplosiyn einige Thüren zer 
rümmert und sonstiger Schaden angerichtet worden, 
F. Ottweiler, 18. Sept. Gestern Abend 
nach 7 Uhr feuerte ein junger Bursche aus Hau⸗ 
hersweiler von dem Wege nach der Giershütte aus 
nuthwilliger Weise 6 Revolverschusse nach der Hauph 
traße ab und traf dabei den vor seiner Thuͤrt 
jantirenden Wirih Müller (Fremdenverkehr) in der 
dals. Die Kugel, welche im Fleische stecken blieb 
nußte durch den Arzt entfernt werden. M. erlitt 
einen starken Blutverlust, es scheint aber außet 
zroßer Schwäche keine weitere Gefahr vorhanden 
zu sein. Der frevelhafte Schütze suchte, als map 
Lärm schlug, das Weite; er soll, nach der S.u 
Bl.Ztg.“, im Besitze einer ganzen Menge vor 
Revolver· Patronen gewesen sein, welche er vorhet 
einem hiesigen jungen Manne zeigte. 
tf München, 19. Sept. Behufs Gründung 
einer ersten Arbeiterkolonie in Bayern hat da 
„Verein für Arbeiterkolonien“ die Simonshöfe in 
Unterfranken um 100,000 Mk. erworben. 
f Ehescheidung. München, im Sptember 
Die Ehe des durch sein Verhältniß zur Herzogin 
von Alencon bekannt gewordenen Dr. Glaser is 
nunmehr durch Richterspruch entgiltig geschieden. 
F Würzburg. Der 41jährige Dienstknech 
Kilian Schneider von Karlbach, der zum arbeiten 
zu faul, wurde „Wunderdoktor“ und zwar kuriert 
er mit Sympathie, Verordnung von Wallfahrten, 
Gebeten, Opfern und außerdem gab er seinen Kranken 
eine wunderthätige Salbe“, die für alle Gebrechen 
gut war. Er stand sich sehr gut bei seinem 
Geschäfte, doch kam er, als er die Leute ger zu 
sehr ausbeutete, mit dem Gericht in Konflikt. In 
der Verhandlung that Schneider mit seiner Kunf 
und seinem „7. Buch Mosis“ groß, worauf ihm 
der Herr Richter treffend erwiderte, er besitze dat 
Strafgesetzbuch, das jedenfalls noch bessere Wirkun— 
thue. Schließlich kam Schneider mit drei Woche 
Gefängniß davon. 
F Bamberg, 12. Sept. Gestern kam de 
vermögenslose, aus Embermenil (Frankreich) al 
Deutscher ausgewiesene Papiermaché-Arbeiter Jo 
hannes Schneyer aus Eisfeld mit Frau und sech: 
Zindern dahier an und erhielt zum Uebernachten, 
sowie heute zur Weiterreise eine Unterstützung. 
F Der k. württembergische Regierungs⸗Assessor 
Dr. Wilhelm Platz in Stuttgart — gebürtig au 
Offenbach bei Landau — wurde zum k. Regierung 
rath an der Centralstelle für Handel und Gewerb 
in Stuttgart befördert. 
F Stuttgart, 18. Sept. Im Ludwigs 
hospital entstand vergangene Nacht Feuer. Es ge 
jang, sämmtliche in chirurgischet Behandlung befind⸗ 
liiche Kranken aus deu Gebäude zu enifernen. 
Frankfurt a. Main, 16. Sept. Eine 
dayerische Modistin hatte sich in Gesellschaft einet 
hrer Gehilfinnen nach Fcanksurt begeben, um hier 
ztößere Einkäufe zu machen. Sie führie ziemlich 
viel Geld mit sich. Als sie sich vorgestern Abend 
nachdem sie zu Nacht gegessen, nach ihrem Zimmen 
begab, woselbst ihre Gehilfin sie bereits erwarten 
'ollte, war letztere verschwunden. Sie hatte mi 
dem Geld ihrer Herrin das We'te gesucht. 
Frankfuürt. Ueber eine interessante Tages 
eistung einer Anzahl Sonntagsjäger berichtet b 
„Frankfurter Beobachter.“ Fünf Jäager erlegten 
reldhühner und schossen dabei zwei Kühe und einer 
ilckerzmann, der sich nebst Kübhen vor weiterem