Full text: St. Ingberter Anzeiger

Angeklagten, der einen auffallend großen Fuß hat,. 
zelenkt. Die diesbezüglich eingeleitete Untersuchung 
ergab: Ende Juni wurde dem Angeklagten auf Be⸗ 
reiben eines Gläubigers Korn gepfändet und bald 
darauf im Gemeindehause zu Bellheim durch den 
Beschäftsmann Beres ersteigert. Bei dieser Gelegen⸗ 
jeit war auch Kern zugegen und äußerte unter 
zrimmigen Geberden „der kann lange warten, bis 
er das Korn heimbringt, der kann springen“; diese 
Aeußerung führte nicht mit Unrecht zu der Annahme, 
der Angeklagte wolle aus Rache dem Beres einen 
Streich spielen mit der Vernichtung des demselben 
zugehörigen Kornes; des Weiteren wurde ermittelt, 
zaß Kern an beregtem Abende nach Hause kam, 
Zundhölzer einstechkte und sich wieder entfernte; auch 
soll er nach Angabe seiner Ehefrau nach seiner 
Heimkehr einen verdaͤchtigen Brandgeruch an sich ge⸗ 
sabt haben. Zudem wurde derselbe von Zeugen in 
der Nähe des Thatortes bemerkt. Alle diese An— 
zeichen im Zusammenhalte mit der Person des An⸗ 
zeklagten und dessen vielfach widersprechenden 
Angaben bei seiner Vertheidigung belasteten diesen 
in kiner Art gravirend, daß auf Antrag der tgl. 
Staatsbehörde durch Beschluß der Strafkammer des 
igl. Landgerichts Landau Kern wegen vorsätzlicher 
BZrandstiftung im Sinne des 8 808 Reichsstraf⸗ 
zesetznuches zur Aburtheilung vor das Schwurgericht 
zerwiesen wurde. Dem Angeklagten, der durch sein 
Benehmen und überhaupt durch sein Auftreten 
reineswegs einen guten Eindruck macht, wird von 
den Zeugen, sowie vom Herrn Bürgermeister ein 
schlechtes Zeugniß ausgestellt; er wird als ein roher, 
zefahrlicher Mensch geschildert, dem man die Ver⸗ 
uͤbung der ihm zur Last gelegten That wohl zu⸗ 
rauen koͤnne. 
Die Geschworenen verkündeten ihren Spruch, 
autend auf Schuldig der Brandstiftung ohne mil⸗ 
dernde Umstände, worauf der Gerichtshof den An⸗ 
geklagten zu einer Zuchthausstrafe von 5 Jahren 
berurtheilte und ihm die bürgerlichen Ehrenrechte 
auf die Dauer von 10 Jahren aberkannte. 
Zweibrücken, 20. Sept., Nachmittags 8 
Uhr. Verhandlung gegen Georg Joseph Wenz, 
52 Jahre alt, Tagner und Winzer von Ede s⸗ 
heim, wegen Verbrechens wider die Sittlichkeit. 
Dem Angeklagten liegt ein Verbrechen nach 8177 
R.St. G.⸗B. zur Last, begangen am Morgen des 
4. Aug. d. J. zu Edesheim in der Wohnung seiner 
Dienstherrschaft. J 
Die Geschworenen bejahten die Schuldfrage und 
erurtheilte der Gerichtshof den Angeklagten zu einer 
Zuchthausstrafe von 12 Jahren unter gleichzeitiger 
Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf die 
Dauer von 10 Jahren. 
XEV 
— Kaiserslautern, 20. Sept. Heuie 
purde auf dem Wege nach Trippstadt der zwanzig⸗ 
ährige Tagner Stadler aus Selzenberg erschossen 
aufgefunden. (Pf. P.) 
— Kaiserslautern, 21. Sept. Am 
berflossenen Samstag erschoß sich in der Nähe des 
Waldschlößchens der 27 Jahre alte Tagner Peter 
Stadler dvon Stelzenberg. Die Leiche wurde erst 
gestern gefunden. 
— Aus Landau wird dem „Schwäb. 
Merlkur“ geschrieben: „In der hiesigen Süiftskirche 
stieß ich heute hinter dem Hochaltar auf das Grab⸗ 
denkmal des Pfalzverwüsters Moniclar. Es ist dies 
derselbe Wütherich, der auf Befehl Ludwigs XIV. 
die Pfalz „niederbrannte“, ganze Länderstrecken in 
zeine Wüste verwandelte, schließlich Speyer aus 
reinem Muthwillen zerstörte und die deutschen 
Kaisergräber im dortigen Dome der Wuth seiner 
derwilderten Schaaren preisgab. Die lateinische 
Inschrift auf dem Denkmal lautet in der Ueber⸗ 
etzung: „Stehe still, Wanderer, und zürne dem 
Tode! An dieser Stelle hat der Blitz des Krieges, 
der christliche Scipio, mit Siegesbeute beladen, sich 
zur Ruhe gelegt, der edle Held von hohem Ge— 
schlechte, an Sitten vortrefflich: Joseph de Ponts. 
Baron von Montclar aus Chalos, k. Ordensritter 
mit Kette, Generallegat der Armen, Höchstkomman⸗ 
dirender der leichten Reiterei, Videkönig von Elsaß 
der imit kleiner Schaar den flüchtigen Herzog von 
Sachsen bei Hüningen über den Rhein trieb, dann 
das Herzogthum von Württemberg und die Nach— 
harländer dem König zinsbar machte und nun, 
zum ewigen Ruhmeskranz berufen, reich an Ver⸗ 
dienst im Herrn entschlief am 8. April 1690.“ 
Es spricht für den duldsamen Sinn der Deutschen, 
nie man eine derartige Inschrift eines Mannes. 
velcher so ünsägliches Elend über deutsche Landes⸗ 
heile brachte, bis jetzt duldete, ja sogar zu allem 
leberfluß neuerdings restauriren ließ, so daß fie 
edem Besucher der Kirche in die Augen fallen muß.“ 
— Maikammer. Der Portiugieser⸗Herbst 
vurde dahier auf den 28. d. M. festgesetzi. 
— In Burrweiler, Frankweiler 
ind Gleisweiler werden Mostverkäufe zu 
Mk. 12 bis 13 pro 50 Liter abgeschlossen. 
— Freinsheim, 21. Sept. Von hier aus 
iindet seit etwa drei Wochen lebhafter Versandt 
n Trauben, besonders Portugieser, statt. Die 
Preise bezifferten sich anfänglich auf 18 Pf. und 
eßzt auf 13 Pf. pro Pfund. Man glaubt sich 
vieder sozusagen in die Kirschen⸗-Ernte verseztzt, 
venn man tagtäglich die zahlreichen mit hochbe⸗ 
zackten Körben schwer beladenen Wagen der Eisen⸗ 
zahn zur Verladung der Trauben nach auswärts 
ufahren fieht. Auch in Zwetschen und Birnen 
and reges Versandtgeschäft statt und kostet der 
Feniner Mk. 9- 10. (D. A.) 
— In Neustadt feierten am Montag die 
m Jahre 1847 aus dem protest. Schullehrer- 
eminar zu Kaiserslautern entlassenen Lehrer im 
hotel „Zum weißen Lamm“ ihr 40jähriges Dienst⸗ 
uübilaum. Von 62 damaligen Zöglingen sind jetzt 
ioch 21 am Leben, 28 in der Pfalz gestorben, 8 
nach Amerika ausgewandert, 5 verschollen. Von 
den in der Pfalz noch altiven Lehrern dieses Kurses 
waren 15 anwesend. Kollegen aus dem Ober⸗ und 
Interkurs der Jubilare nahmen an dem Feste Theil. 
Nach einem gemeinschaftlichen Spazirgange auf die 
Narburg fand in obengenanntem Hotel ein Fest⸗ 
ssen statt. Toaste auf den Prinzregenten, auf 
daiser und Vaterland, den kgl. Regierungspräsi- 
zenten v. Braun,. auf die Festgäste ꝛc. würzten das 
Mahl und kürzten die Zeit. — Am Dienstag 
daren ihre katholischen Dienstaltersgenossen aus dem 
Zeminar zu Speier zu gleich löblichem Thun in 
er „Postmühle“ zu Neustodt versammelt. Bei 
orzüglicher Speise und guten Trank verfloß den 
Fesigenossen hier wie dort die Zeit allzu schnell. 
Alte Erinnerungen der Jugend wurden wieder auf- 
jefrischt, und bei der späteren Zeit gedachte man 
zielfoch des tröstenden Spruches: socios habuisse 
nglorum. solamen — magistris. 
Vermischtes. 
F Neunkirchen, 22. Sept. Nicht allein in 
zZliesen, sondern auch hier sind, nach der „S⸗ u. 
g1.⸗Zig.“, die Fleischpreise bedeutend gesunken, in⸗ 
dem siellenweise Rindfleisch zu 40 Pf. und Kuh⸗ 
leisch zu 28 Pf. per Pfund verkauft werden. 
FSelbstmordversuch. Vorgestern Nach⸗ 
nittag versuchte ein Einwohner von St. Johann 
n der Badeansialt in Saarbrücken beim Baden 
zurch MMufschneiden der Pulsadern seinem Leben 
in Ende zu machen, woran er jedoch durch zeitiges 
dinzukommen des Bademeisters gehindert wurde. 
F Saargemünd, 21. Sept. Ein reicher 
Nann in unserer Stadt wurde mit 100 Mk. be— 
traft, weil er den eirquartierten Soldaten nicht 
inmal das Nothwendigste gewähren wollte; außer⸗ 
dem wurde die Einquartierung auf seine Kosten 
nein Gasthaus verlegt; ähnlich erging es einem 
Virthe. der den Preis für das Bier erheblich er⸗ 
vhte. 
München. Ein Offizier der zweiten In⸗ 
anterie⸗Brigade hat mit Hilfe eines Schrittzählers 
Jefunden, daß er während der diesjährigen Herbst— 
ibungen im Dienste 740,000 Schrittie gemacht, 
ilso einen Weg in der Läange von 592 Kilometern 
urückgelegt hat, welche 158 frühern Poststunden 
leichkommen. Vertheilt man diese Leistung auf 
9 Exerzier⸗, Marsch⸗ und Manövertage, so treffen 
zuf den Tag 31 Kilometer oder etwas mehr als 
3 Poststunden; während der Zeit des Regiments⸗ 
ind Brigade-Exerzierens war die tägliche Leistung 
ine geringere, bei den Manövern eine größere. —— 
die für Papsst Leo XIII. von der Erzdiözese 
München-Freising im 1. Semester d. J. gesammel⸗ 
en Liebesgaben betragen 21,760 Mt. 70 Pf. — 
die Bocksaison im „Metropol“ hat begonnen. 
Der Stoff aus der Hackerbrauerei mundet vor— 
refflich. 
fNürnberg, 21. Sept. Eine Feuersbrunst 
m oberfränkischen Dorfe Bischofsgrün hat über 
jundert Anwesen eingeäschert. Nur die Fabrik 
Bodenschatz, Gasthof Puchler und das Gendarmerie- 
okal blieben stehen. B. hat 1500 Einwohner. 
F An der G richtstafel des Landgerichts Frank⸗ 
urt a. M. sind 12 Ausschreiben ausgehängt, in 
velcher durchgegangene Ehemänner aufgeso 
werden, zu ihten Frauen zurüchzukehren Dr 
Ehe mit ihnen fortzusetzen. di 
fF Thalheim Massau), 18. Sept. W 
dem Rh. Cur.“ gemeldet wird, ist der im 
vegriffene Thurm der hiesigen Kirche gestern Mic 
heilweise eingesturzt. wodei sechs bei dena 
meschäfligte Arbeiter mehr oder minder schwer du 
vundet wurden. Der Einsturz erfolgte wahrn 
xer Arbeit; hierdurch ist es getommen, dgn 
echs Maurer von der einstürzenden Mauer —8 
vurden. Der Bau befindet sich auf einem 
jängigen Terrain und diesem wird die Schude 
eschoben. 
In Mannheim soll dem kürzlich de 
torbenen General v Werder ein Denkmal —* 
verden; der dortige Verein deutscher Kamps 
nofsen erläßt einen Aufruf zur Sammlung 
Zeiträgen. 
Straßburg, 20. Sept. Der Fabrilo 
hast, Schwiegersohn des früheren Ministeipu— 
identen Buffet, wurde ausgewiesen. 
Deutz, 20. Sept. In der Nacht von Sonm— 
ag auf Montag soll nach der „Köl. Z.“ auf din 
gahnhofe in Remagen ein frecher Einbruchsdiebfiah 
wnusgeführt worden sein. Diebe stiegen, wie 
seißt, in die Bureaurdume ein und erbrachen di 
ztationskasse. Man spricht von 50,000 Mt. d 
»en Spitzbuben in die Hände fielen. 
. Dresden. Ein lenkbares Luft 
chiff ist am letzten Sonnabend einem Kreis 
on Auserlesenen in der Nähe des Waldschlößchen 
orgeführt worden. Der Erfinder dieses Lush 
chiffes Dr. Wölfert beabsichtigt demnächst eint 
ffentliche Auffahrt zu veranstalten. Wie da 
Dresdn. Anz.“ derichtet, haben die Theilnehme 
in jener Probefahrt ein Protokoll unterzeichnet, i 
velchem Herrn Dr. Wölfert der Erfolg derselbe 
estätigt wird. 
7 Ein vorsichtiger Vater. Im kommen— 
»en Semester wird der Prinz von Sparta, Kry— 
zrinz von Griechenland, in Leipzig die Reqhi 
tudiren. Der König will nun dort für seinen 
Zehn nicht erst einen eigenen Haushalt einrichte 
ind hat den Auftrag ertheilt, für denselben wo— 
noͤglich im Hause eines Professors Unterkunft p 
uchen, in dessen Familie jedoch keine — erwachsenen 
Töchter sein dürfen. Die letztere Bedingung nu 
zereitet einige Schwierigkeitlen; es giebt nämlich in 
deipzig keinen halbwegs reputirlichen Professor, de 
eine erwachsenen Töchter hätte. 
f Einer der ältesten Berliner Graveure, da 
20 Jahre alte Herr C. L. Schmidt, hat das ganz 
Vater unser“ auf eine Stanze, in der Größ 
ines kleinen, silbernen Zwanzigpfennigstücks, geu 
zirt. Von dieser hat die königliche Münzdirektion 
Niniatur-Medaillen, die auf der Vorderseite du 
Porträt des Kaisers und auf der Rückseite de 
hebet zeigen, in Gold und Silber geprägt, un 
riebhabern die Anschaffung dieses Miniatur-Meiste 
verks zu ermoͤglichen. 
F Wien, 22. Sept. Zalewski wurde ein 
timmig schuldiggesprochen und zu acht Jahte 
derker verurrheilt. JFohanna Nathanson wun 
einstimmig freigesprochen. 
f Zurich, 22. Sept. Das Schwurgerih 
verurtheilie 5 Fälscher russischer Noten zu je 82 
Jahren Zuchthaus. 
die in der Genossenschafts- Druckerei j 
Zürich, ohne Benennung des Herausgebers od 
Herlegers gedruckte Broschüre Thüringer Klänge 
i. Folge, wurde auf Grund des Sozialisten⸗Gesen 
derboten. 
F Luxemburg, 20. Sept. In den lezu 
Tagen der vorigen Woche ist auf der Eisenbeh 
wischen Arlon und Fouches wiederholt der Versut 
jemacht worden, die Personenzüge zum Entgleise 
u bringen. Das eine Mal hatten sich die Uedeh 
häter um einige Minuten in ihrer Berechnung 
rrt und statt des Personenzuges stieß ein 10 Ni 
auten vorhergehender Güterzug auf mehrere Schwellen 
zie quer über den Schienenstrang gelegt waren 
In der Donnerstag Nacht wiederholte sich der ou 
zrecherische Versuch, doch die auf den Schiene 
angebrachten Hindernisse wurden von der Locm⸗ 
side des Schnellzuges zur Seite geschleudert, ohr 
daß eine Entgleisung stattfand. Die offentiich 
Neinung ist durch diese verbrecherischen Versuch 
Lr erregt; die Gerichte fahnden auf die Uede 
hater und seitens der Bahnverwaltung ist laut de 
L. Z.“ eine strenge Ueberwachung der Streck an 
tordnet.