Full text: St. Ingberter Anzeiger

7 7 —5 
5 F —— — — —..R! —F 5 —* 5 —8 9 —8 —9 — — 
—7 * —— — —4 1 9 *4 B * 3 ——2580 9 * 
— JD — —A.BR.M. ——— —DBELAI. EF 
Anmtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
7 St⸗ Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Conntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
hiatt und Sonntags mit erne illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich .M 60 3 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bejogen 146 75 3 einschlie ßlid 
Zustellungsgebuhr. Die Einruckungsgebühr fur die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum bekrägt bei Inseraten aus der Pfalz 10 3, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 H, Neklamen 80 3. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnel. 
—— 200 Montag, 10. Oktober 188737. 
22. Jahrg 
——— — 
Deutsches Reich. 
Berlin, 8. Ott. Der Kaiser hat auch 
n diesem Herbste eine gesunde und für sein Alter 
zaunenerregende Rüstigkeit bewiesen. Sein Leibarzt 
dr. v. La uer würde wahrscheinlich noch heute den⸗ 
selben Brief unterschreiben, welchen er gerade vor 
inem Jahre, am 19. Oktober 1886, von Baden⸗ 
taden aus an einen Berichterstatter des „Newyork 
derald“ richtete und worin er wortlich sagte: „Die 
oͤrperliche Kraft hat den Kaiser bei Erledigung 
aller nöthigen und der Erledigung bedürftigen Ge⸗ 
schäfle noch niemals im Stiche gelassen. Begriffs⸗ 
dermögen, Klarheit des Berstandes, Urtheils- und 
Billenskraft sfind durchaus ungestoͤrt. Das Ge⸗ 
achtniß ist bewundernswerth, die Arbeitslust und 
Arbeitskraft find unerschöpflich; das Allgemeinbe 
fiaden des Kaisers ist munter, freundlich und wohl ⸗ 
vosllend. Im Ganzen ist der Gesundheitszustand 
des Kaisers ein solcher, daß er, wenn nicht undor⸗ 
eergesehene Zufaͤlle eintreten, hoffen läßt, daß Se 
Rajestät fich, so Gott will, noch eine Reihe von 
dahren einer lebensfrischen Thatkraft erfreuen wird.“ 
Daß die Grundzügedes Alterversorg— 
ungsgesetzes für Arbeiter bei den Regier⸗ 
ungen — genannt wurden Sachsen und Bayern 
- auf Widerspruch gestoßen sind, wird auch von 
fffiziöser Seite bestätigt. 
Nachdem die Liste der für den bischöf— 
ichen Stuhl zu Fulda vorgeschlagenen Kan⸗ 
idaten von dem Kaiser an das Kapitel zurück⸗ 
tlangt ist, ist die Bischofswahl selbst auf den 
O. Oktober festgesetzt worden. Fürstbischof Dr. 
dopp wird am 18. Oktober in Berlin zur Eides⸗ 
eistung eintreffen und sich von hier aus nach 
zresblau begeben, wo er am 20. Oktober erwartel 
rird. 
Die Landtagswahlen in Baden, über 
velche bereits einige Resultate vorliegen, haben, so 
weit bis jetzt erkennbar, eine Niederlage des Cen⸗ 
rums und ein weiteres Vordringen der national⸗ 
iberalen Partei ergeben. Die Demokratie hat ihren 
itüheren Hauptsitz Mannheim ohne Widerstand auf⸗ 
egeben, und es sind sämmiliche von den National⸗ 
iberalen vorgeschlagene Wahlmänner daselbst ge⸗ 
wählt worden. Bruchsal haben die Demokraten 
urch Hilfe des Centrums diesmal zu behaupten 
dermocht. 
seits verhinderi, daß das Mittelmeer ein russischer 
See werde. Wenn nun auch die Gefahr, daß 
Rußland über Konstantinopel und Kleinasien ans 
Diittelmeer vordringe, noch in ziemlicher Ferne liegt, 
so begegnen sich Rußland und Jialien doch an 
rinem andern Punkte, der in Folge des Suezkanals 
zum Bereiche des Mittelmeeres gehört, in Abessinien 
am rothen Meere. Russische Journale führen aus, 
daß Abessinien betreffs der orientalischen Frage 
m Allgemeinen nicht geringere Bedeutung habe 
als Wien hinsichtlich Konstantinopels im Speziellen. 
Moͤge nun der Weg nach Konstantinopel durch 
Wien, oder wie russische Publizisten neuerdings 
behaupten, durch Berlin führen, ein stetes Bündniß 
mit dem Negus, eine russische Station in Abessinien, 
wäre das beste Mistel, die türkische Frage mit 
lebergehung Berlins wie Wiens mit Leichtigkeil 
zu lösen. Das rothe Meer bilde einen nach zwei 
Seiten hin zu verwendenden Schlüssel: er öffne 
eben so leicht das Thor nach Indien, wie das nach 
stonstantinopel.“ Aus diesen Ausführungen klingt 
dernehmbar der Rath, Abessinien unter russische 
Botmaäßigkeit zu stellen, hervor. Zu einem der⸗ 
artigen Schritt wird die russische Politik sich aller⸗ 
dings so schnell nicht entschließen. Doch je weniger 
Möglichkeit hierzu vorhanden, um so wahrscheinlicher 
erscheint es, daß die geplante Kosaken⸗Expedition 
nach Abessinien mit ihrem angeblich orthodoxen 
Zweck noch andere Aufgaben verbinden wird. Es 
lcufen auch in Rom Nachrichten ein, wonach an 
der ostafrikanischen Küste in Obock (französisches 
Schutzgebiet) fortgesetzt russische Offiziere landen, 
welche sodann nach dem abessinischen Hauptquartier 
weiterreisen. Die „Riforma“, das Organ Crispis, 
verlangt Abhilfe dagegen, eventuell die Schaffung 
des Auslieferungsvertrages. 
Kopenhagen, 8. Oktober. Zu der am 
Montage hier stattfindenden Hofjagd wird auch der 
zönig von Schweden erwartet. Die Abreise des 
Kaisers von Rußland ist vorläufig auf den 14. 
Oktober festgesetzt. 
Petersburg, 8. Oltober. Zu dem Artikel 
der „Nordd. Allg. Ztg.“ über die Zusammenkunfi 
des Fürsten Bismarck mit Crispi in Friedrichsruhe 
demerkt das „Journal de St. Petersbourg“: 
„Sicherlich wollen alle Regierungen ohne Ausnahmt 
wie die große Metrheit der Bevölkerungen Europas 
den Frieden. Der Friede aber ist basirt auf der Ach⸗ 
ung vor den Rechten Aller und ist verbürgt in den 
Verträgen, welche das öffentliche Recht der Nationen 
hilden. Jedes Werk, welches den Zwecverfolgt 
als eine neue Konsolidirung des Friedens angesehen 
zu werden, muß also einzig und allein ins Auge 
jassen, daß das öffentliche Recht auch aufrecht er⸗ 
halten und da wiederhergestellt werde, wo es ge⸗ 
zrochen war und noch gebrochen ist. Zweifellos 
cheilt auch die „Nordd. Allgem. Zig.“ diese Auf⸗ 
assung. 
4. Infanterie⸗Regiments in Metz, war am 83. 
Februar 1884 zum dritten Male von seinem 
Kegimente desertirt, ging zuerst nach Luxemburg, 
dann nach Frankreich, ließ sich dort für die Fremden⸗ 
legion nach Tonkin⸗China anwerben, machte die 
Feldzüge mit und wurde darauf erkrankt nach 
Frankreich zurückgebracht, von wo er in herabge⸗ 
ommenem Zustand nach Mülhausen kam, wo er 
in der Armenherberge aufgegriffen und an sein 
Regiment zurückgeliefert wurde. Er erhielt vom 
Militärgericht in Würzburg 5 Jahre 1 Monat 
Zuchthaus und wurde außerdem zu Zjährigem Ehr⸗ 
verlust und zur Entfernung aus dem Heere der⸗ 
urtheilt. 
— Speyer, 8. Okt. Bei Vergolder van 
Nüß bꝛach heute früh 6 Uhr Feuer aus, das, durch 
die vielen Holzvorräthe genährt, rasch um sich griff. 
Die im obern Stocke befindliche Familie konnte aur 
mit bieler Mühe durch die Fenster gerettet werden. 
Die Entstehungsursache ist bis jetzt noch nicht fest⸗ 
gestellt. 
Vermischtes. 
FMuünchen, 8. Okt. Einer in der Türken⸗ 
straße wohnenden Familie stürzte, während sie beim 
Abendtische saß, plötzlich der große Spiegel, der 
über dem Sopha hing, herunter, zertrümmerte die 
Lampe und alles auf dem Tische befindliche Ge— 
schirr und traf eines der Kinder derart, daß an 
seinem Aufkommen gezweifelt wird. 
F Geschenke zum Jubiläum Leo XIII 
Der Kaiser hat dem Papste eine überaus kostbare 
reich mit Edelsteinen besetzte Mitra, und die 
Kaiserin ein prachwolles Meßornat zum 
Geschenk gemacht. Beide Gaben repräsentiren den 
Werth von über 70000 Francs. Der Prinz⸗ 
Regent Luitpold von Bayern läßt zum Jubildäums⸗ 
tage zwei kolossale Fenster in Glasmalerei anfertigen, 
von denen das eine den Papst Gregor den 
Broßen in großem Ornat, das andere den Papfl 
Leo den Großen darstellen wird. Diese Fenster 
werden in der Scala regina des Vatikans ihren 
Platz finden. Die Königin Carola von Sachsen 
hat durch den Münchener Nuntius ein kunstvoll ge⸗ 
acbeitetes Weihwasserbecken aus Meißener Porzellan 
übersenden lassen, in welchem eine Spende von 
mehreren tausend Francs in Gold enthalten war. 
Die Kaiserin Elisabeth von Oesterreich 
bersandie dem heiligen Vater eine Tiara, deren 
Werth man auf 340 000 Fl. schätzt; dieselbe ifl 
über und über mit kostbaren Edelsteinen geschmückt. 
7 Altmünsterol, 7. Okt. Der indische 
Prinz Baroda mit Gefolge und Dienerschaft, in 
Stärke von etwa 580 Personen, durchfuhr gestein 
Abend kurz nach 11 Uhr auf seiner Reise von 
Luzern nach Paris mitiels Sonderzugs die hiesige 
Station. In dem Sonderzuge befand sfich auch 
eine groͤßere Anzahl seiner Frauen, von denen zwei 
Europäerinnen find. 
F Trier, 8. Olt. Wie die „Triersche Zeit⸗ 
ung“ meldet, ist Domkapitular Heinrich Feiten zum 
Weihbischof der Didzese Trier ernannt worden. 
FEtwas viel auf einmal. Ein boses 
Omen pflegt man es zu nennen, wenn am Hoch⸗ 
jeitstage nicht Alles nach dem Schnürchen geht. 
Das mußte am Mittwoch ein in der Nähe von 
Munster wohnendes Brautpaar erfahren. Als am 
Vorabend der Hochzeit die neuen Betten ankamen, 
onnten dieselben nicht über die frisch gestrichenen 
Treppen transportirt werden und mußten für die 
Nacht unten bleiben. am andern Morgen war⸗ 
Ausland. 
Paris, 8. Olt. Dem „Soir“ zufolge haben 
it Panzerschiffe „Courbett“ und „Destrees“ 
en Befehl erhalten, nach Tanger in Marolko 
zugehen. 
Auf Andrängen des Kriegsministers Ferron, 
net soeben eine Inspeltionsreise an der französisch- 
lalienischen Grenze beendet hat, wurde die Errich⸗ 
ung eines verschanzten Lagers bei Nizza beschlossen. 
hicht alle Minister sollen mit dem Plane einver⸗ 
anden gewesen sein, einige sollen verlangt haben, 
uß das Lager auf dem Wege nach Lyon und nichi 
zufern von dieser Stadt errichtel werde. Zwed 
esez Lagers würde gewesen sein, ein ital ien i— 
chhes Heer, nachdem es die Grenze überschritten 
at, zu verhindern, fich mit einem deutfschen 
Here zu vereinigen, also auf Lyon loszumarschiren. 
dlein der Kriegsminister habe auf diesen Plan 
unchaus nicht verzichten wollen. Den Zustand der 
Ipenbefefigungen soll der Kriegẽminister für he⸗ 
tiedigend erklärt haben. 
Der italienische Ministerpräsident Crispi dußerte 
a jeiner bekannten Unterhallung mit einem Korre— 
dondenten der Frtf. 30. SNRaslien müsfe feiner⸗ 
Lok⸗le und pfälzische Nachrichten. 
— Wie man dem „P. A.“ berichtet, tritt ir 
den nächsten Tagen eine Pirmasenser Kunstlerin“ 
die Riesendame Frau Ohr, eine Kunstreise nach 
Amerika an. In ihrer Begleitung befindet sich das 
erst 8 Jahre alte Wunderkind Julchen Hicke, das an⸗ 
zeblich 168 Pfund wiegen soll. Das Blatt bemerkt 
)azu, daß nicht allein die Pirmasenser Schuhe 
sondern auch die Pirmasenser Künstler über die 
Grenzen Europas hinaus bestens bekannt sind. 
— Dreimal desertirt. Der ledige Eisen⸗ 
neßer O. Scherer aus HNaiserslautern Soldatf des 
—