Full text: St. Ingberter Anzeiger

xt. Jugherter Atzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der, St⸗ Jugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dieustag, Ao er. ag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
—* Sonntags mit i illustrirter Palage Das Blatt kostet viertelijahrlich 1460 einschließlich Trägerlohn; durch die Pofi bezogen 1 75 3 einschlie ßlich 
— J zZustellungsgebuhr. Die neeen ehe, fur die Tgespaltene Garmondzeile oder deren Raum belrägt bei Inseraten aus der Pfalz 10 , bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 18 H, Reklamen 30 . Bei 4maliger Eintudung wird nur dreimalige berechnet. 
—X 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 18. Olt. Der Finanz⸗Ausschuß 
er Abgeordnetenkammer genehmigte den gesammten 
silitür«Etat nach den Anträgen der Staatsregierung 
g der Höhe von 153,8382, 105 Mtk. 
Muͤnchen, 14. Okt. Die Plenarberathung 
ez Militäretats in der Kammer soll nächsten Diens— 
ag, spätestens Mittwoch, beginnen. 
Berliu, 14. Olt. Der Ausführung des 
zpiritussteuergesetzes stellen sich so zahlreiche 
zchwierigkeiten entgegen, daß man die vorbehaltene 
debision der Ausführungsbestimmungen wohl schon 
jzach einigen Monaten wird vornehmen müssen. 
Nachrichten über die Vornahme verstärkter Be— 
esügungen von Graudenz und Thorn werden in 
uterrichteien Kreisen mit dem Hinzufügen bestätigt, 
daß es sich dabei um Ausführungen eines ganzen 
Systems von Vorschlägen handle, welche vor länge⸗ 
zer Zeit die Festungsbau⸗-Kommission unter dem 
horsiz des Kronprinzen gemacht und der Ent⸗ 
deidung des Kaisers unterbreitet hat. 
Nach Meldungen aus Friedrichsruh soll Fürst 
zismarck mit dem Ergebniß seiner diesjährigen 
lissinger Kur keineswegs zufrieden sein, die alten 
deden sich vielmehr wieder eingestellt haben. Man 
vird fich indeß erinnern, daß alljährlich um diese 
zeit das Befinden des Fürsten Manches zu wünschen 
ibrig läßt und daß er gewöhnlich erst gegen Weih⸗ 
uchten wieder bei voller Gesundheit iß. Bei der 
egenwärtigen Witterung kann ein leichter Rückschlag 
uch nicht Wunder nehmen. 
Großfürst Nikslaus, der „Redselige“, ist 
nach einer Pariser Meldung der „M. N. N heim⸗ 
etufen worden und nach Rußland abgereist, wo 
onm der Standpunkt wahrscheinlich klar gemacht 
verden wird. Seine Rede ist in Rußland wenig 
belnnt geworden. Die russische Presse durfte fie 
nicht erwähnen und die betr. Bemerkungen der aus- 
ishen Presse wurden seitens der Censur ge⸗ 
wärzt. 
Ausland. 
Paris, 13. Okt. „Temps“ glaubt, die 
aeuische Regierung habe den Grenzbeamten im 
khhaß eine dersöhnliche Haltung anbefohlen, ohne 
uß zwischen Berlin und Paris Verhandlungen 
jerüher stattgefunden hätten. 
Paris, 14. Olt. Auf Antrag Wilsons ver—⸗ 
nhm der Untersuchungsrichter die Frauen Ratazzi 
und Limouzin, sowie den Baron Kreittmayr. Die 
ben erklärten in Gegenwart Wilsons, daß ihre 
Aischuldigungen gegen Wisson falsch und ledigüg 
in der Hoffnung vorgebracht seien, daß die Sach⸗ 
unterdrückt werde. — Generai Boulanger telegra— 
dhirte aus Clermont Ferrand auf die erneute Auf— 
soderung des Kriegsministers, er habe die ihm 
den Zeitungen zugeschriebene Aeußerungen 
resban. 
Paris, 183. Okt. Zwischen dem Kriegs— 
unister Ferron und dem General Boulanger isl 
zu scharfen Auseinandersetzungen gekommen. 
Ilhemein ist man der Ansicht, Boulanger werde 
ur Dieposition gestellt werden. 
Paris, 13. Olt. Ferron richtete eine zweite 
hehesche an Boulanger, worauf dieser antwortete, 
anerkenne die Richtigkeit seiner von dem Reporter 
Nedergegebenen Worte Ferron bestrafte hierauf 
boulanger mit 80 Tagen Arrest. In dem 
n Samstag stattfindenden Ministerrath wird wahr. 
beinlich die Absetzung Boulangers verfügt werden. 
Varis,. 14 Siꝰ Mon san. Boulaßger woi— 
Sonntag, 16. Oktober 1887. 
22. Jahrg 
gegen die über ihn verhängte Strafe protestiren 
und zurücktreten. Eine Versammlung radikaler 
Deputirter bei Clemenceau beschloß gestern Abends, 
dem General, wenn er das Heer verläßt, den De⸗ 
zutirtensitz des Seine⸗Departements anzubieten, den 
Dr. Villeneufe noch inne hat, obwohl er seit Jahren 
im Irrenhaus ist. Die Presse billigi das Vorgehen 
des Kriegsministers, „Justice“ findet die Strafe 
übertrieben, „XIX. Siecle“ prophezeit ein Wachs⸗ 
hum von Boulangers Popularität. 
Die „Agence Havas“ bezeichnet die Meldungen 
der „France“, wonach der Ministerpräsident Rou— 
dier sich des Falles Caffarel bediene, um Boulanger 
bloßzustellen und den Abgang Grevys herbeizuführen, 
und zu diesem Zwecke zahlreiche Depeschen mit 
Ferry gewechselt habe u. s. w., als müßige Er⸗ 
findungen. Rouvier habe sich ganz und gar nicht 
in die Angelegenheit gemischt und überlasse der 
Polizeipräfektur, sowie der richterlichen Behörde volle 
ind ganze Freibeit für ihr Vorgehen. 
Brennereien) nicht contingentirt werden, sondern 
sammt und sonders ohne Rücksicht auf das von 
hnen erzeugte Quantum lediglich 50 Pf. Ver— 
hrauchsabgabe zu entrichten haben. 
fF Närnberg, 10. Olt. Das Schwurgericht 
sprach über die Taglöhnerswittwe Maria Gackstatter 
von Rothenberg o. T. wegen Ermordung ihres mil 
ihr in Unfrieden lebenden 79jährigen Hausgenossen. 
des Schuhmachers Müller, die Todesstrafe aus. 
FMan schreibt aus Oberlauringen (Unler⸗ 
ranken), 8. Okt.: Auf dem 20 Minuten von hier 
entfernten Sandhofe hat sich ein gräßliches Ungiüd 
zugetragen. Gestern Nachmittag fuͤhrten die Söhne 
des Gutsbesitzers Fellmann drei Füllen auf die 
Weide. Der eine Knabe verwickelte sich in das 
Leitseil. Auf sein Hilferufen galoppirten die Pferde 
Juerfeldein und schleiften den Armen zu Tode. 
Der Körper war, nachdem die Pferde stehen blieben, 
nur noch ein blutender Klumpen. 
F Allmersbach, OA. Marbach, 9. Olt. 
Heute Vormittag wurde auf dem Wege nach Groß⸗ 
aspach der 68 Jahre alte Krämer Christian Lutz 
von hier todt aufgefunden. Derselbe war am Tage 
zuvor in Backnang, gerieth auf dem Heimweg in 
den Bach, aus welchem er sich herausarbeitete und 
legte sich ohne Zweifel erschöpft zu Boden, wobei 
et alsbald erfror, da das Thermometer in dieser 
Nacht Grad 2 R. unter Null zeigte. 
F Auf dem 19. Verbandstag der rheinisch⸗ 
westfälischen Bildungsvereine behandelte Direktor 
Fiasterbusch ⸗· Mülheim a. d. R. die Frage: „Was 
können die Bildungsvereine für die Weiterbildung 
der aus der Schule entlassenen weiblichen Jugend 
thun?“ und machte dann am Schlusse seines Vor⸗ 
trags folgende Vorschläge: „Es müsse das Mädchen 
in ähnlicher Weise wie der Knabe, der zuerst Lehr⸗ 
bursche, dann Geselle und hierauf Meister werde, 
herangebildet werden. Zunächst sei ein zweijähriger 
Lehrkursus bei einer und derselben Hausfrau durch⸗ 
zumachen, vNach dessen Beendigung ihm ein Dienst 
buch eingehändigt und die Freiheit gegeben werde, 
sich einen Dienst zu wählen. So werde aus dem 
Lehrmadchen ein Dienstmädchen. Die Gesindeordnung 
sei dementsprechend zu andern. Kein Mädchen 
dürfe ferner sich verheirathen, ohne Nachweis einer 
zweijahrigen Haushaltungslehrzeil. Auf solche Weise 
würde das Dienstboten⸗ und Arbeiterfrauenelend im 
Broßen und Ganzen beseitigt.“ — Die Versamm⸗ 
lung erklärte sich mit den Ausführungen einver⸗ 
standen, hielt aber seine Vorschläge zur Zeit un⸗ 
ausführbar. 
F Bonn, 18. Okt. Der „Bonner Zeitung“ 
zufolge trafen hier die Bischöfe von Salisbury und 
Lickfield, Dr. Wordsworth und Dr. Mac⸗Lagan 
ein, um mit dem Bischof Reinkens über die Be⸗ 
ziehungen zwischen der anglikanischen und der alt⸗ 
katholischen Kirche zu konferiren. 
F In Berlin hat sich am Mittwoch eine auf 
Anregung des deutschen Koloniclk⸗Vereins ins Leben 
gerufene Gesellschaft zur Erwerbung von Landereien 
in Brasilien zum Zweck der Ansiedelung von Land⸗ 
wirthen definitiv konstituirt. 
FKottbus, 9. Olt. Heute begingen die 
Maurer Grabein'schen Eheleute hierselbsi das sehr 
seltene Fest der ehernen Hochzeit, d. i. das 70jaͤhr. 
Ehejubilaum. Der Jubilar steht im 90., die Ju⸗ 
bilarin im 87. Lebensjahr. 10 Kinder sind ihrer 
Ehe entsprossen, von denen noch 5 leben. Von 
den übrigen Nachkommen sind noch 18 Enfel und 
14 Nrenfkes am Nohen 
Lokeole und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 15. Oki. Ein mit blühenden 
reifen und unreifen Brombeeren überladener Brom— 
beer-Zweig wurde uns heute morgen als Seltenhei 
in dieser vorgerückten Jahreszeit übersandt. 
-35 pfalzische k. Waldwärter haben be 
der Abgeordnetenkammer eine Bitte um Gehalts 
Aufbesserung eingereicht. 
— Die „Pollichia“, naturwissenschaftlicher Ver— 
ein der Pfalz, hält ihre Generaiversammlung am 
80. Oktober im Stadthaussaal zu Dürkheim ab 
— Wegen ungenügenden Loosabsatzes ist die 
Ziehung der Lotterie der israelitischen Kuliusgemeind 
zu Kaiserslautern bis 24. Dezember d. Is 
perschoben worden. 
— Speyer, 12. Okt. Gestern fand hier die 
diesjährige Sitzung der pfälzischen Aerztekammer 
datt. Vor Beginn der Berathungen hatten die 
Mitglieder der Kammer eine läugere Audienz bei 
Sr. Exc. dem Herrn Regierungspräsidenten von 
Braun, wobei fich derselbe mit den Delegirten über 
einzelne sanitäre Fragen und Angelegenheiten des 
Kegierungsbezirks in eingehender Weise erging 
Zum Vorsitzenden der Kammer wurde Dr. Zollen 
»on Frankenthal, zum Sekretär Dr. Kaufmann in 
Dürkheim gewählt. Die Verhandlungen betrafen 
Jauptsächlich die Reviston der Arznei⸗Taxe, sowie 
die Schulhzgiene, namentlich die Reinigung der 
AI 
Dißstände zur eingehenden Erörterung. Als Dele⸗ 
zirter zum Obermedizinal⸗Ausschuß nach München 
wurde Dr. Zöller gewählt. 
— Speyer, 12. Olt. Dieser Tage wurde 
hier ein Maurerlehrling verhaftet. Sein Komplize, 
ein Geselle, hat sich dem gleichen Schicksale einft⸗ 
weilen durch die *— entzogen. Beide haben 
zelegentlich ihrer Beschäftigung im deutschen Schul 
jause wahrend der Herbstferien die Schränke er⸗ 
zrochen und gegen zwanzig Diebstähle ausgeführt. 
dauptgegenstand ihrer Suche waren die Schulkassen 
im Durchschnittsbetrag von eiwa einer Mark, die 
der Geselle an sich genommen haben soll. Der 
dehrling will mit Hallern und Bleistiften zufrieden 
gewesen sein. 
Vermischtes. 
F.Muünchen, 13. Okt. Zur Ausführung 
des Branntweinsteuer-Gesetzes ist neuestens ein 
söchster Erlaß ergangen, wonach die der Material⸗ 
teuer unterworfenen Brennereien (Obst. und Tresler