Full text: St. Ingberter Anzeiger

mit Ende dieser Woche mit dem Einheimsen fertig. 
Die Schaar fröhlicher Herbstleser, welche mit mun⸗ 
erem Gesange allabendlich der Stadt zuzog, lichtet 
sich täglich mehr, doch bringt das eigentliche Herbst ⸗ 
zeschäft hoffentlich noch eine Zeit lang Leben in 
unsere Stadt. Im Allgemeinen kann man sagen, 
daß die meisten Produzenten mehr geherbstet haben, 
ils fie erwartet, und auch an Kauflust hat es nicht 
gefehlt, so daß das diesjährige Herbstresultat so 
iemlich zu Jedermans Befriedigung ausgefallen sein 
dürfte. (Gw) 
— Speyer, 17. Okt. Nachdem der Stadt— 
cath in seiner Sitzung vom 6. ds. Mts. die Auf⸗ 
zjebung des Ortsstatuts über Wirthschafts⸗-Kon · 
jesfionen beschlossen hat, war seitens des Bürger⸗ 
neisteramtes eine Einladung an die betheiligten 
Bewerbetreibenden, Bierbrauer und Wirthe auf 
Samstag Vormittag 11 Uhr in den Stadisaal er— 
zangen, um ihr Gutachten hierüber abzugeben. 
Diese Versammlung war nicht zahlreich besucht, von 
Bierbrauern waren nur 2 Kleinbrauer anwesend, von 
inderen Wirthen 18. Erstere zwei sind entschieden 
lir Aufhebung, von den Anderen sprachen sich 17 
für Beibehaltung des Ortsstatuts aus. Sie glauben, 
wenn heute das Statut aufgehoben sei und ein 
Jeder wieder eine Wirthschaft anfangen könne, würden 
hre Geschäfte durch die Konkurrenz zurückgehen 
ind ihre Anwesen an Werth verlieren. Im Laufe 
dieser Woche wird nun die Bürgerversammlung 
zleichfalls mitreden, deren Beschluß voraussichtlich 
ür Aufhebung des Ortsstatuts ausfallen wird. 
— Speyer, 19. Okt. Die „Liedertafel“ hat 
gestern für ihren zurückgetretenen langjährigen Vor⸗ 
dand, Herrn Regierungsdirektor H. Wand, eine 
Reuwahl vorgenommen. Aus dieser ging Herr 
Forstrath Fromm hervor. Mit der Vorstandschaft 
der „Liedertafel“ ist bekanntlich auch die Leitung 
des „Pfälzischen Sängerbundes“ verbunden. 
(Sp. 3.) 
— Speyer, 18. Okt. Heute begann hier 
die Pfarramts-Prüfung jüngerer katholischer Geist⸗ 
ichen, welche seit ihrer Priesterweihe als Kaplan 
nn der Pfalz verwendet wurden. Zur Prüfung 
ind 29 Kandidaten erschienen. 
— An der diesjährigen Anstellungsprüfung 
für das Volksschulfach, welche gegenwärti an 
den Sitzen der Kreisregierungen im Königreiche 
Bayern abgehalten und im Laufe dieser Woche 
„eendigt wird, betheiligten sich im Ganzen 743 
Erspektanten, bezw. Exspektantinnen. Davon treffen 
nuf Oberbahern 75, Pfalz 125, Oberpfalz 71, 
Oberfanken 86, Mittelfranken 105, Unterfranken 
36, Schwaben 82. Während die Zahl jener 
Schuldienst⸗Exspektanten, welche sich der Anstellungs⸗ 
prüfung unterziehen, seit 1880 fortwährend gestiegen 
st und im heutigen Jahre ihren höchsten Stand 
rrreicht zu haben scheint, geht die Frequenz der 
Präparandenschulen und der Schullehrerseminare 
tetig zurück. So wiesen erstere am Schlusse des 
Schuljahres 1886 87 eine Schülerzahl von 1758 
zegen 2841 im Jahre 1880, letztere 1128 gegen 
1470 im Jahre 1882 auf. 
Vermischtes. 
F Saarbrücken, 20. Okt. (Sbr. Ztg.) 
Durch das in heutiger Sitzung des Schöffengerichts 
zerkündete Urtheil betreffs Privalklage des Ham⸗ 
durger Lotterie-Kollekteurs Emil Cohn gegen den 
Redakteur der „Saarbrücker Zeitung“ wegen öffent⸗ 
icher Beleidigung durch die Presse wurde der Be⸗ 
lagte zu einer Geldbuße von 60 Mark verurtheilt 
ind dem Privatkläger gestattet, den Tenor des 
rtheils in der „Saarbrücker Ztg.“ zu publiziren. 
F München, 18. Olt. Im Juli l. J. fuhr 
der 28 Jahre alte Holzhändlter Hans Michael 
Wohlfahrt von Germersheim mit der Trambahn 
zurch die Theresienftraße und ließ seinen Hund, 
eine große Dogge, mit einem ungenügenden Maul⸗ 
lorbe versehen, neben dem Wagen herlaufen. — 
Blötzlich und ohne alle Veranlassung sprang der 
Hund gegen den den Wagen bedienenden Conducteur 
Dümmler an und biß ihn derart in den Unter⸗ 
chenkel, daß dieser an den Verletzungen 36 Tage 
——— 
arbeitsunfäͤhig war. Wohlfahrt wurde heute von 
der Strafkammer des hiesigen Landgerichts J wegen 
fahrlässiger Körperverletzung zu 500 Mk. Geldstr. 
„v. 50 Tage Gefängniß, und wegen Uebertretung 
olizeilicher Vorschriften in Bezug auf Hunde zu 
15 Mk. Geldstrafe ebentuell 5 Tage Haft ver— 
irtheilt. 
Rosenheim, 18. Okt. Die hiesige Zeifung 
der „Wendelstein“ hatte s. Z. in einem Artikel 
das Bahyerische Vaterland“ ein bayerisches Reptil 
senannt, und dem Redakteur dieser Zeitung, Herrn 
Dr. Sigl vorgeworfen, er empfinge Subventionen 
eitens des bayerischen Ministeriums. Dr. Sigl 
tellte hierauf Beleidigungsklage, welche heute zur 
Berhandlung kam, zu der der Kläger persönlich 
rschienen war. Als Rechtsbeistand Dr. Sigls 
ungirte Rechtsanwalt Wimmer⸗München, als Ver⸗ 
heidiger des Beklagten Rechtsanwalt Kollmann⸗ 
Kosenheim. Das Gericht verurtheilte den Redacteur 
des „Wendelstein“ zu fünfundzwanzig Mark Geld⸗ 
trafe und Tragung der Kosten. Der Verurtheilte 
jat zugleich das Urtheil im „Wendelltein“ kostenlos 
zu veröffentlichen. 
f Aus Lindau, 18. Okt., wird Ider „Corr. 
Zhoffm.“ geschrieben: Heute Abend 5 Uhr wurde 
‚urch Taucher aus dem gesunkenen Dampfschiff 
„Stadt Lindau“ eine männliche Leiche an das Land 
gehracht. In der Kleidung des Verunglückten 
and fich ein Notizbuch mit der Namenszeichnung: 
Wild von St. Gallen. 
F Bad Kissingen, 17. Olt. Heute wurde 
er ledige Schuhmacher Georg Grösch von Oehr⸗ 
erg festgenommen. Grösch soll an der Ermordung 
des kgl. Forstaufsehers Schmitt von Seifertshof, 
velcher zu Pfingsten l. Is. in der kgl. Staats⸗ 
valdung von Wilderern erschossen wurde, betheiligt⸗ 
ein. 
F Mainz, 18. Okt. Heute früh brach in 
»em nahen Astheim ein maͤchtiges Schadenfeuer 
us, das in kurzer Zeit zwei Wohnhäuser, mehrere 
Rekonomiegebäude und gefüllte Scheunen in Asche 
egte. 
Aus dem Eichelthale, 15. Olt. Vor 8 
Jahren hat das Bahnprojekt Buchsweiler⸗Ingweiler⸗ 
Bingen⸗Zweibrücken, mit Abzweigung von Wingen 
b, das Eichelthal hinunter bis Saaralben, dem 
bichtigen Knotenpunkt im Saarthale, bei Gelegen⸗ 
jeit eines Berichtes des Abgeordneten Köchlin im 
zandesausschuß viel von sich reden gemacht, um so 
nehr, als auch eine diesbezügliche Massenpetition, 
die wir unterschrieben haben, in unserer Gegend 
nit Namen bedeckt wurde. Was hat man damals 
illes gehofft: Eröffnung neuer Steingruben, ge— 
teigerter Verdienst während des Bahnbaues, Ver— 
auf von überflüssigen Immobilien, Feldern und 
zäusern um hohen Preis bei den praktischen. Na⸗ 
uren; Pfeifen des Dampfrosses, Getümmel und 
ẽcho in den engen Hochthälern bei den idealen 
Heistern. Doch alle diese schönen Bilder waren 
iur eine fata morgana. Jetzt indessen lebt neue 
doffnung auf. Die Nachricht, daß für die Strecke 
zuchsweiler⸗Ingweiler das Straßenbahnprojekt zu⸗ 
zjunsten einer normalen Eisenbahnlinie auf die 
Seite geschoben worden, hat uns mit großer Freude 
und erneuter Hoffnungsseligkeit erfüllt, denn was 
könnte sie andere Bedeutung haben, als ein erstes 
Glied an der großen zweiästigen Kette, an welche 
zielleicht viele unserer Ortschaften zu liegen kommen 
und die unserem vereinsamten „Ländel“ mit seinen 
zescheidenen Erzeugnissen eine Welt eröffnen soll? 
AV 
ur unsere „Ecke“, will es uns vorkommen, daß, 
venn die große Bahnverbindung, welche hinter 
Zabern mittels sechs Tunnels die Vogesen durch⸗ 
chneidet, einen Tagmarsch weiter zurück eine zweite 
rinie in Reserve hat, welcher wieder eine dritte, 
ziejenige von Bitsch, weiter landeinwärts zum 
dinterhalt dient, damit der Landesvertheidigung 
wohnen wir doch auf einen Festungsglacis, Frank⸗ 
reich zu) gewaltig Vorschub geleistet wird. Der 
Winter rückt heran, mit ihm die zu gründlichen 
Frörterungen derlei Fragen gehörige Muße: einen 
zestimmten Anhaltspunkt zu unseren Hoffnungen 
sjaben wir gewonnen; möge der Faden, den wir 
aran knüpfen und weiterspinnen werden, zum 
ächsten Jahre, bis zur Erfüllung unserer Er— 
jartung, nicht mehr abreißen. Man redet von der 
Kirb“, bis sie kommt! (Str. P.) 
»37 Berlin. Folgendes Rechen⸗Exempel ist aus 
Anlaß des am 18. d. M. gefeierten Geburtstages 
es deutschen Kronprinzen von einem Lehrer kom⸗ 
inirt worden: Subtrahitt man von der Summe 
er Todesdaten der Dichier Schiller f 1805, Goethe 
51832, Uhland 4 1862 und Wieland 7 1813, 
‚as Geburtsjahr Alexander's v. Humboldt 1769, 
erner die Geburtsjahre unseres Kaisers 1797, des 
dronprinzen 1831 und des Prinzen Wilhelm 1859, 
o ergiebt das Resultat die Anzahl der Lebens⸗ 
ahre, welche unser Kronprinz am heutigen Tage 
ollendet; subtrahirt man indessen von der oben 
angegebenen Summe die Geburtsdaten Humboldt 
des Kaisers, des Prinzen Wilhelm und endlich 3 
eigenes Geburtsjahr, so erhält man als — 
die Anzahl der Lebensjahre, welche man unn 
diesem Jahre zurückgelegt hat, resp. zurücklegen wi m 
ein hehsefataler ünfjan shrn 
Samstag Morgen einem Kommis in —8 
zu, welcher mit einem Tausendmarkschein in 
dand über die Schaarthorbrücke ging, um im u 
rage seines Prinzipals eine Rechnung zu —* 
Fin heitiger Windstoß entführte nämlich dem jungen 
Vamne pidhlich den Hut. ünwilltürlich faea 
mit beiden Händen nach der entschwundenen an 
bedeckung, wobei der Tausendmarkschein —R 
don den Lüften entführt und in das dortige dlee 
zeweht wurde. Die Bemühungen, des werthvollen 
Papieres wieder habhaft zu werden, blieben leid— 
erfolglos. 
FHamburg, 19. Okt. Gestern wollte sic 
ein Dienstmädchen aus Holstein, in Dienst da 
einem Kaufmann in der Steinstraße, vergiften 
Arglos begab sie sich deswegen zu einem in da 
Nähe wohnenden Krämer und verlangte ein — 
Bieitelpfund Arsenik. Der Krämer wog ihr, ohne 
dabei eine Miene zu verziehen, ein Viertelpfund 
gestoßenen Zucker ab, womit sich sodann die de 
Jensmüde entfernte. Um ganz gründlich todt zu 
terben, löste sie nach und nach den gesammtin 
Zucker in Wasser auf und trank ihn für todt— 
hringendes Gift. Da sie einmal gehört hatte, duß 
Arsenik süßlich schmecke, fiel es ihr gar nicht ein 
daß fie anstatt des Giftes Zucker erhalten haben 
önnte. Nach etwa einer Stunde stellten sich be 
ihr als Folge des übermäßigen Zuckergenusses hef⸗ 
rige Leibschmerzen ein, daß sie laut zu jammern 
unfing. Zugleich fing sie auch an, die That zu 
zereuen, indem bei ihr die Lebenslust erwachte. 
Zie entdeckte sich wehklagend ihrer Herrschaft, die 
zann sofort zu einem Arzt schickte. Demselben war 
es mit dem bdesten Willen nicht möglich, Vergif 
ungssymptome festzustellen, wußte aber sosort, 
voran er war, als ihm das Mädchen von dem 
Biertelpfund Arsenik erzählte, welches sie vom Krämer 
geholt habe. Eine Erkundigung bei demselben er⸗ 
gab sofort den richtigen Sachverhalt. Als man 
dem Mädchen seine Dummheit klar machte, brach 
es in Freudenthränen aus; auch waren die Schmerzen 
ehr bald verschwunden. Das Motiv zu dieser 
schrecklichen? That war Liebeskummer. 
Sturm in der Nordsee. Der Sturm, 
der eben in der Nordsee herrschte, hat, wie man 
rus London, 16. Oktober schreibt, der Yarmouthet 
Fischerflotille beträchtlichen Schaden zugefügt, der 
ruch mit empfindlichem Lebensverlust verbunden 
var. Außer den fünf Fischern der Schmade 
Louise“ wurde auch von dem „Atlas“ und dem 
„Sea King“ je ein Mann durch die hohe Se— 
iber Bord gespült. Die Lloyd'sche Agentur in 
zowestoft meldet gleichfalls mehrere Schiffsunfälle. 
So wurde u. a. das auf der Fahrt von Christiane 
riach Ostende befindliche Schiff „Venskabet“ in 
inkendem Zustande in der Nordsee verlassen; die 
Fischerschmacke ‚,Sepherd“ aus Lowestoft wurde von 
jnem dem Namen nach unbekannten dänischen 
Schiffe in den Grund gebohrt, wobei der Kapitän 
ind ein Schiffsjunge der Schmacke ertranken. 
Fbenso mußte der Schooner „Caroline“ am Diens⸗ 
zag in der Nordsee verloren gegeben werden, und 
der mit einer Haferladung von St. Petersburg 
nach Kopenhagen bestimmte Schooner „Penair' 
trandete bei Helgoland, wobei zwei Seeleute ums 
Leben kamen. 
F Gefahr auf der Gotthardbahn. Wi 
der „Neuen Fr. Presse“ aus der Schweiz berichtet 
vird, drohte dem Goithard⸗Schnellzuge vom letzten 
Freiiag Abends eine große Gefahr. Zwei jung— 
Zurschen im Alter von 20 bis 28 Jahren stürzten 
n grenzenlosem Leichtsinn eine große Anzahl von 
Irößeren und kleineren Steinblöcken auf den Schienen⸗ 
veg. Rechtzeitig bemerkte der Bahnwärter diese 
dindernisse. Ohne sein Dazwischenkommen wäre 
zer Zug, der um halb 12 Uhr Brunnen verlassen 
haite, in der Rähe dieser Station über die gähnende 
Felsenwand in die Fluihen des Vierwaldstäter-Sees 
estürzt. Die Thäter, welche außerdem noch auf 
hrem Wege eine Menge von Ruhebänken und 
Zaͤune zeritümmerten, würden dingfest gemccht. 
FVer Sieg Krupps in Brüfsel. Man 
chreibt den , M.N. R.“ aus Brüssel: Der Fet 
Htonaten mit Erbitterung geführte Kampf der na⸗ 
onalen Industrie Belgiens, für die sogar au⸗ 
nurtenzaeid gegen Veutschland die fraͤnzöfisch