St. Jugherter Atzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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der „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich funfmal: km tontag⸗ Dienstag, Donnerstag, Samstag wid Sountag; 2 mal wochenilich mit Unterhaltungt⸗
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 14 60 ⸗ einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1A 78 4, einschließlicqh
0 ⸗Zufstellunggebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum betragt bei Inseraien aus der Pfalz 10 ⸗, bei außerpfalzischen uund solchen
auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, 13 , Reklamen 30 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet.
M 22. I Sonntag, 30. Januar 1887.
22. Jahrg.
2 Session zusommengetreten. Einen Hauptgegenstande!
Abonnements der Berathungen des Unterhauses werden die von
für die Monate er 38 vorgeshlagwen Wenbenmürh V
3 die irische Ägrarbewegung bilden und wird si
Fehruar und Mãr⸗ ierbei zeigen, inwieweit das reconstruirte Cabinet
auf den Zalisbury noch einen Rückhalt am Parlamente
St. Ingberter Anzeiger —IA a. In 'den nachsten Tagen sollen auch die Ver⸗
ehmen alle Postanstalten, die Zeitungsträger, sowie andlungen zwischen den Gladstonianern und einem
ie Expedition entgegen. theile der un Unionisten über de ge
— — ——— — czrage wieder aufgenommen werden und falls iese
»alilische Lebersitht. hersändigung zwischen den feindlichen Brüdern
Es ist eine alte Erfahrung, daß in boch noch zu Stande kommt, wird das Ministerium
olitisch erregten Zeiten Sensationenachtichten, Zalisbury im Unterhause einen harten Siand er⸗
elbst wenn sie den Stempel der künstlichen Mache dalten.
zuf der Stirn tragen, eine außerordentlich rasche Im Oberhaus sagte gestern Lord Salisbury
Herbreitung und leider auch Glauben in den wei. dei der Adreßdebatte üͤber die deutsch⸗ französischen
esten Kreisen finden. So war es mit der beruch⸗ Beziehungen: Die Regierung durfe unmöglich die
igt gewordenen „Mordgeschichte“ des Herrn von lugen verschließen gegen die Gefahr, welche dem
Hillaume, so ist es in der Folge mit einer zanzen Frieden durch die zunehmenden Rüstungen drohen.
steihe anderer allarmirender Gerüchte gewesen, bis üllen, welche dieser Lawine nahe wären, sei Wach⸗
un endlich die „Daily News“ in diesem mihr als amtkeit nothwendig, diese könnte jedoch zum Ver⸗
weifelhaften Spiele gewissermaßen den höchsten dacht führen und der Verdacht endlich den Zusam
Friumph darauf gesetzt haben, indem sie meldeten, nenstoß veranlassen. Seit dem Amtsantritt Salis ˖
aß Deuischland bei Frankreich wegen der Truppen⸗ vury sei indessen nichts geschehen, was andeute,
usammenziehungen in den französischen Ostdeparte⸗ daß die Gefahr jetzt größer als früher wäre. Die
nenis anfragen wolle — warum schreibt da das nglischen Botschafter in Paris und Berlin meinten,
dondoner Blait nicht gleich, daß Deutschland deme die Situation sei gegenwaͤrtig nicht kriegerisch, eher
ächst mobil machen werde?! Glücklicherweise ist ei sie friedlich.
diese tendenzidse Nachricht, die jedenfalls nur ge⸗
vissen Börsenzweden dienen sollte, von offiziöser
eutscher Seite sofort mit dem wünschenswerthen
Noachdrucke dementirt worden und auch in Paris ist
nan loyal genug, die erwähnte Meldung der
Daily Rews? als eine Schwindelnachricht zu er⸗
lären. Bei der noch immer unsicheren politischen
Lage wird es aber voraussichtlich auch weiterhin
nicht an ähnlichen allarmirenden Grerüchten fehlen,
denen gegenüber das Publikum immerhin auf der Hut
ein mag. Es würde daher auch nicht verwunderlich
erscheinen, wenn sich das nunmehr veroͤffentlichte
Verbot der Pferdeausfuhr aus dem deutschen Reiche,
welches mii dem 25. Januar in Kraft getreten
ist, wieder neue beunruhigende Gerüchte knüpfen.
AIllerdings mag nun zugegeben werden, daß eine
erartige Maßregel für die obwaltenden Zeiwer⸗
zältnisse immerhin symptomatisch ist, aber es darf
hr auch keine übertriebene Bedeutung beigelegt
verden. Bereits im Jahre 1878, also zu einem
Zeitpunkte, zu welchem die eurspäische Lage noch
nicht so gespannt erschien, wie heutzutage, wurde
om Bundesrathe ein Pferdeausfuhr⸗Verbet erlassen,
ediglich um verhältnißmäßig starken Pferdeankäufen,
welche damals auswärtige Händler ebenfalls in
Deutschland machten, zu begegnen. Es handelte
ich aiso 1878 wie jeht für Deutschland nur um
ine Maßregel zum Schutze seines Pferdebestandes
und somit iann man das Verbot an und für sich
auch diesmal nicht als ein besonders beunruhigendes
Zeichen betrachten.
Der direkt aus dem Vatikan informirte Korre ⸗˖
pondent des „Luzerner Vaterland' meldet: Das
Abkommen zwischen Preußen und dem Vatikan
st nunmehr definitiv abgeschlossen. Preußen macht
m puncto Maigesetzrevision viele (den Katholiken)
refreuliche Konzessionen. Eine vollkommene Redi—
ion ifi noch nicht zugestanden.
Die französische Börse ist foriwährend
matt, da die Baissiers die noch immer umlaufen⸗
den beunruhigenden Gerüchte ausbeuten.
Auch das englische Parlament ist in
esen Tagen, am 27. dz. Mts., zu seiner neuen
heizupflichten, welche die Billigung aller Großmůachte
inde. Die Pforte verständigte England, Rußland
wolle den Herzog von Leuchtenberg als bulgarischen
Thronkandidaten aufstellen.
Newyork, 27. Januar. Der „Rew Yort
Herald“ berichtet über eine Unterredung mit einem
ürzlich von Rußland angekommenen Nihilisten,
welchet nach seiner Angabe in der legten Zeit sich
in der Umgebung des Czaren befunden hat. Er
sagt, daß die Nihilisten häütig und gut organifirt
eien und der Czar nach sechs Monaten ein todter
MNann sein würde.
Vermischtes.
Meg, 27. Januar. Die „Meßer Zeitung
schreibt: Gerüchte und nichts als Gerüchte. Die
driden verflossenen Tage waren in unserer Stadt
über die Maßen fruchtbar an aufregenden und
durchweg sehr dunkel gefärbten Gerüchten, welche
von Mund zu Mund liefen, bald auch zu angeb⸗
ichen Thatsachen anwuchsen und bei Alt und Jung,
zei Reich und Arm, bei Alt⸗ und Neumezern ernste
teunruhigung hervorriefen. Wenn wir hier in
Metz, ohne uns deshaib dem mindesten Gefühle der
Nengstlichkeit zu überlassen, als die der franzdsischen
Zrenze zunächst gerückten Reichslandsbewohner diel⸗
eicht etwas nervoͤser angelegt find, als weiter rück⸗
vaärts situierte Städtebevölkerungen, so mag das
zielleicht verzeihlich sein. Nachdem nun aber neue⸗
zens aus Berlin die bündigsten Versicherungen ein⸗
gelaufen find, daß die Wahrscheinlichkeit eines bal⸗
zigen Kriegsfalles keineswegs vorliegt und selbst
zas an fich ja bedenklich genug erscheinende Pferde ⸗
Ausfuhrverbot lediglich als Schutzzmaßregel, nicht
n herausforderndem, angriffslustigem Sinne zu
deuten ist, möchte es an der Zeit sein, auch unser⸗
eits zu einer kaltblütigeren Auffassung der Tages⸗
zreignisse zurückzukehren, als dies in der ersten
dalfte dieser Woche der Fall war. Gs ist dies
im so wünschenswerther, als sich im hiesigen Ge⸗
schäfisleben bereits ein empfindlicher Druck geltend
ju machen anfing, dessen Foridauer herbeizuwunschen
man in Metz am allerwenigsten Ursache hat.
Freiburg ei. B., 27. Jan. Bei zwei hie⸗
gen Sozialistenführern fand heute Haus⸗
uchung statt. Darauf erfolgte, nach dem F. J.
heren Verhaftung.
Leipzig. Wie das „Leipz. Tagbl.“ mel⸗
det, versuchte kuürzlich ein siebenjühriger Knabe in
Hiebichenstein sich zu erhüngen. Der Kleine hatte
ich einen an dem Tische befestigten Strick um den
dals gelegt, wurde aber von Angehoͤrigen vor dem
Tische kinieend, mit dem Kopf in der Schlinge, noch
rechtzeitig aufgefunden. Ueber sein Vorhaben be⸗
fragi, ertlärie das Kind, es habe sich dadurch dem
jerneren Schulbesuch entziehen wollen. —
In Hagen i. Westf. tritt der schneidige
preußische nationalliberale Landtagsabgeordnete
d. Eynern der Kandidaiur Eugen Richters
entgegen Herr v. Eynern hat um so mehr Aus-⸗
icht dort gewählt zu werden, als Richter bei der
eyten Wahl nur mit einer geringen Wajorität
durchgegangen und der nationalliberale Kandidat
im dortigen Wahlkreise eine bekannie Persönlich⸗
leit ist.
Danzig, 27. Jan. Gestern Abend wur⸗
den hier 12 Sozialisten, darunier auch der
ür die Reichstagswahl aufgestellte Jochem, nach⸗
em bereits am Montag zahlreiche Haussuchungen
tattgefunden hatten, wegen Theilnahme an einer
zeheimen Verbindung verhaftet.
Aukßland.
London, 27. Jan. Die heute bei der
Karlamentseröffnung verlesene Thronrede be—
eichnet die Beziehungen zu allen Mächten als
reundliche. Die Konigin befürchtet nicht, daß aus
ꝛen noch nicht beigeleglen Streitfragen wegen Bul⸗
ariens irgendwelche Siörung des Friedens Europa's
jervorgehen werde. Die Aufgabe der Regierung
n Eghpien ist noch nicht vollendet; aber es ist
in wesentlicher Fortschritt zur Sicherheit der äuße⸗
ten und inneren Ruhe gemacht. Die Thronrede
veist alsdann auf den systematischen Widerstand
der Pächter in Irland gegen die Zahlung des
Pachizinses hin und kündigt Vorlagen zu wirk—
amer Handhabung des Strofgesetzes in Irland an.
London, 27. Jan. Dem Liverpooler Han⸗
)elsblatt zufolge, so läßt sich das „Fr. J.“ tele⸗
graphiren, kaufen deutsche Händler auf dem Liberj
dooler Markte alle Vorräthe von präservirtem
australischem Fleisch auf. Die franzoͤsische Re—
sierung bestellle, dem gleichen Blatte zufolge, 58
Millionen Pfund geräuchertes Fleisch bei einer
Thikagoer Firraa.
London, 28. Jan. Dem „Fr. J.“ wird
epeschirt: Die „Times“ erfährt, die britische Re—
ierung habe die Betheiligung an der Botschaf—
er⸗Konferenz betreffs der bulgarischen Frage
bgelehnt, sich jedoch bereit erklärt, einer Lösung