Full text: St. Ingberter Anzeiger

Seutsches Reich. 
— Müunchen, 4. Nov. Die erwarteten großen 
Veränderungen im Offizierkorps haben die Geneh— 
migung des Prinzregenten erhalten und wird die 
Veroffentlichung derselben durch Armeebefehl in den 
nächsten Tagen erwartet. 
Berlin, 3. Nov. Mit großer Genugthuung 
wird in norddeutschen Kreisen die Auszeichnung 
aufgenommen, welche dem Vorsitzenden des baye— 
rischen Ministerraths, Staatsminister Freiherrn v. 
Lutz, durch seine Ernennung zum Mitglied der 
Kammer der Reichsräthe zu Theil geworden ist. 
Man erblickt darin einen neuen Beweis dafür, wie 
gefestet die Beziehungen Bayerns zum Reiche heute 
dastehen. Durch die traurigen Ereignisse des ver— 
gangenen Sommers sind die Augen Norddeutsch 
jands in höherm Grade als zuvor auf Bayern 
gerichtet worden, und mit dem Anwachsen der 
Theiinahme ging ein Anwachsen des Verständnisses 
für bayerische Dinge Hand in Hand. Man begrüßt 
in der Auszeichnung des Freiherrn v. Lutz in Berlin 
eine Sanktionirung seiner echt deutschen Politik 
durch den Prinz⸗Regenten und eine Gewähr für 
die Fortführung dieser Politik in der Zukunft. 
Man erblickt ferner darin eine Niederlage gewisser 
Kreise, deren Gebahren hier vielfach mit einem 
dielleicht zu sehr ausgeprägten Gefühle der Besorg— 
niß beobachtet wird. Die Herzliche Theilnahme, 
welche man dem gegenwärtigen Leiter der Geschicke 
Bayerns in Norddeutschland entgegenhringt, ist, 
wenn dies überhaupt möglich war, noch gesteigert 
vorden durch den Beweis hohen Vertrauens, wel⸗ 
chen der bayerische Prinz-Regent dem ersten seiner 
Räthe entgegengebracht hat, und Prinz Luitpold 
wird bei seinem bevorstehenden Besuche in Berlin 
ficherlich reichliche Gelegenheit haben, sich von der 
Achtung und Verehrung zu überzeugen, welche Berlin 
für ihn hegt. Auch die Ernennung Anton 
b. Werner's zum Mitglied der bayerischen Akademie 
hat hier den denkbar günstigsten Eindruck gemacht. 
Man begrüßt darin einen erfreulichen Beweis von 
dem engen Zäsammenhang bahyerischer und nord⸗ 
deutscher Kunstbestrebungen. (Abd. Ztg.) 
Ausland. 
Bruüssel, 4. Nov. Infolge der drohenden 
Haltung der streikenden Kohlengruben-Ar—⸗ 
beiter in Jumed, welche sich anschickten, gegen 
die großen Kohlenbergwerke in Roux sich in Be— 
wegung zu setzen, mußte, wie das „Fr. Journal“ 
meldet, schleunigst militärische Hilfe beansprucht 
werden. 
Petersburg, 4. Nov. Troz aller offiziösen 
Dementis können Augenzeugen als Thatsache ver⸗ 
sichern, daß bereits am letzten Samstaz ein Theil 
der hiesigen Gardetruppen (Artillerie, Infanterie 
und Sanitätskolonnen) in feldmäßiger Ausrüstung 
nach dem Süden dirigirt worden sind. 
Petersburg, 5. Nov. Die vom „Regier⸗ 
ungsanzeiger“ gestern veröffentlichte Mittheilung 
über Bulgarien wird von den Blättern mit der 
einstimmigen Forderung begleitet, „der Komödie in 
Tirnowa ein Einde zu machen“ und die Abreise 
aller Agenten und Entsendung eines Kommissars 
zu veranlassen, mit der Befugniß, die bulgarische 
Regierung in die Hand zu nehmen. — Unser Pa⸗ 
riser Botschafter Herr v. Mohrenheim. wird morgen 
nach Paris abreisen. 
Tirnowa, 5. Nov. Der russische Kapitän 
Nabokow, welcher an dem gegen den Fürsten 
Alexander bei Burgas geplanten Komplotte theil⸗ 
zenommen hatte, überfiel gestern mit einer ange⸗ 
vorbenen Truppe Montenegriner Burgas, wo 
ich eine schwache Besatzung befindet. Er zerstörte 
die Telegraphenleitung und bemächtigte sich der 
zffentlichen Gebäude. Die Regierung traf sofort 
umfassende militärische Maßregeln zur Bewältigung 
)es Putsches, was in diesem Augenblicke auch schon 
geschehen sein dürfte. Soeben findet ein Minister⸗ 
cath hier statt; man hat vollstes Vertrauen in die 
Regierung. (Burgas, welches 5000 griechische und 
bulgarische Einwohner hat, ist der einzige brauch⸗ 
hare Hafen von Ostrumelien). 
Lotale und pfälzische Rachriqhten. 
*St. Ingbert, 6. Nopb. Zur morgigen 
Kirchweih hat sich unsere Stadt aufs beste gerüstet. 
Nicht allein, daß Wirthe, Metzger und Bäcker das 
hrige gethan haben, um durstige und hungrige 
Kirchweihbesucher zu befriedigen, in jedem Hause 
sind für das Kirchweihfest entsprechende Vorberei⸗ 
sungen getroffen. Auf den Straßen und Plätzen 
st eine größere Anzahl von Buden schon aufge— 
chlagen und an anderen wird flleißig gearbeitet. 
Möge nun zur Herbeiführung eines angenehmen 
und alle befriedigenden Verlaufs zweierlei nicht 
fehlen: das nöthige Kleingeld im Portemonnai— 
und günstige Witterung. 
— Landstuhl, 4. Nov. Auf der im Walde 
des Herrn Geh. Raths Stumm abgehallene Hu— 
bertusjagd wurden 8 Rehböcke, 8 Füchse, 71 
Hasen, 2 Feldhühner und 2 Schnepfen geschossen. 
— Landau, 3. Nov. Die hiesige Gas— 
fabrik gibt für das abgelaufene Betriebsjahr 28 
Mark Dividende für die Aktie von 100 fl. Nomi— 
nalwerth. 
— Speyer, 4. Nop. Wie der „Pf. 3.“ 
nitgetheilt wird, ist die wegen Verdachts der Theil— 
nahme des betrügerischen Bankerotts verhaftete Ehe⸗ 
frau des Banquiers Möser in Kaiserslautern wieder 
auf freien Fuß gesetzt worden. 
— Aus der Pfalz. Das bischöfliche 
lerikal-Seminar in Speyer erfährt im, Münchener 
Fremdenblatt“ seitens eines pfälzischen Geistlichen 
ine herbe Kritik, weil an der genannten Anstalt 
Zustände sich eingeschlichen haben, die mit einem 
efen Schlummer zu vergleichen seien. Der Kritiker 
radelt ferner, daß höhere geistliche Stellen fast aus— 
nahmslos rechtsrheinischen Geistlichen zu Theil 
würden, wodurch beim jüngeren pfälzischen Clerus 
jedes Streben nach höherer theologischer Bildung 
chwinde. So existiren z. B. in der pfaälzischeh 
Diözese zur Zeit nur vier Doktoren der Theologie. 
Vermischtes. 
Ars a. d. Mosel, 2. Nov. Gestern 
Nachmittag ereignete sich, wie die „Metzer Ztg.“ 
meldet, auf dem Kirchhofe hier eine Demonstration 
gegen die deutsche Nationalitäi. Thäter war der 
dortige Polizeidienre Namens Roth, welcher, 
wie man annehmen kann, von anderen zu seiner 
unbedachten That gedungen war, ist heute verhafte! 
worden. 
Mainz, 4. Nov. Geheimrath Dr. R. Koch 
qus Berlin wird zur Untersuchung der Krankheits⸗ 
zälle in Finthen und Gonsenheim hierher kommen. 
Alle von Mainz-Bingen kommenden 
Züge werden in Coblenz seit gestern Nachmittag 
dor Eingang in den Mosel-Bahnhof der Besich⸗ 
tigung duͤrch eine sachverstandige Commission dahin 
mterworfen, ob keine choleraverdächtigen Personen 
»der Gegenstände mitgeführt werden. 
Hull, 4. Nob. An Bord des Dampfers 
— E 
nittag, während die Ladung gelöscht wurde, eine 
Zesselexplosion statt, wobei sechs Personen getödtet 
und zwischen zwanzig und dreißig verwundet wurden. 
FHalle, 4. Nod. Der heute Nachmittag 
5 Uhr hier eintreffende Magdeburger Schnellzug 
jat in Köthen einen Bierwagen überfahren. Beide 
Pferde desselben und zwei Personen sind todt. Die 
Hheleise und die Maschine sind beschädigt. Der 
Zug hatte infolge dessen 2 Stunden Noripätung. 
22ααοn veran yrtlich: F. X. Deme tz. 
Wer einmal einen Versuch gemacht, wird 
nichts mehr anderes anwenden. Kaiserslantern. Hiermis 
spreche ich meinen herzlichsten Dauk aus für die gute Wirk⸗ 
ing der Apotheker R. Brandt's Schweizerpillen, welche bei 
nir gewirkt, was sie versprochen. Ich habe ein ganzes 
Jahr an Kopfschwindel, rheumatischen Schmerzen in den 
zeinen etc. gelisten und Gott sei Dank, jetzt geht es besser. 
frz. Metzinger, Spitalstr. Man achte beim Ankauf in den 
Apotheken auf das weiße Kreuz in rothem Feld und den 
Namenszug R. Brandi's 
Darmstädter 4 pCt. Stadt⸗Obligationen La. 
D. u. V. Die nächste Ziehung findet im Novbr. 
statt. Gegen den Coursverlust von ca. 4 pCt. bei 
der Ausldoosung übernimmt das Bankhaus Car! 
Neuburger, Berlin, Französische Straße 18, 
zie Versicherung für eine Prämie von 4 Pf. pro 
100 Mark. 
Wie erreicht man das höchste Lebensalter? 
Die Frage fand jüngst in der Rubrik „Sprech⸗ 
saal“ der bekannten Wochenschrift ‚Das Echo“ aus 
deren Leserkreise heraus unter Adrem folgende in⸗ 
teressante Beantwortung.“) Sir Moses Monte⸗ 
fiore, der übrigens nicht 104, sondern nur 100 
Jahre und einige Monate alt wurde, erreichte sein 
hohes Alter keineswegs infolge besondrer, sondern 
infolge natürlicher und ungezwungener Lebensweise. 
Er war sehr thätig, ertrug die Strapazen seine' 
*) Der Verlag des Echo (J. H. Schorer in Berlin 
3W., Dessauerstr. 12) sendet weitere Beantwortungen diesen 
Frage mit den betreffenden Nummern des Blattes Interes⸗ 
enten auf Verlangen gern gratis und franko zu. 
letzten Reise nach Jerusalem trotz seines hohen 
ters leicht, führte ein regelmäßiges Leben und . 
n Felden der Tafet vicht abhold Dehen 
gemeinten Ratbhschläge Hufelands und andrer p 
den allerdings niemand schaden, doch auch an 
seits sicher nicht allein ein langes Leben heuete 
führen im stande sein. Leben heißt fün den 9 
chen: hwatig sein, umpfen, streben Wonng 
geistige Lebensbedingung fehlt, fehlt der —* 
zur Verlängerung des Seins. Wer nichis * 
hofft, wünscht, erstrebt, wer nur noch von a 
nerungen oder nur noch in seinen Kindern leh 
der fühlt sich alt und überflüssig und jede geumn 
Ursache kann den Lebensfaden eines solchen vig 
tierenden Daseins zerreißen. Wo Thätigkeit un 
Streben freiwillig sind, der Neigung entspreq 
und nicht nur dem Zwecke dienen, Subsistenzmin— 
zu erringen, da wurde immer und wird noch heu 
das höchste Lebensalter erreicht; (s. v. Ram 
Lesseps u. q.) Wo einseitige Thätigkeit nurd 
Foige der Gewohnheit ist. wo die Fähigkeit, 
einem andern, resp.“selbstgewählten Gebiete q 
eigener Anregung zu schaffen, verloren gegange 
ist, da tritt, sobald jene Gewohnheitsthätigkeit sot 
fällt (wie bei zahllosen verknöcherten Beamten 
der Pensionirung), gewöhnlich bald der Tod ein 
Eine nützliche, selbstgewählte Thätigkeit erscheint m 
daher als die wesentlichste Bedingung für ein hohe 
Alier. Aus derselben entspringt von selbst en 
geregelte und entsprechend mäßige Lebensweß 
Wenn aber eine solche Thätigkeit und Lebenswen 
dann und wann durch einen vergnügten Abep 
unterbrochen wird, so ist dies nicht nur schadlih 
sondern nützlich. Unter den deutschen Universilätz 
professoren befinden sich 137 im Alter zwische 
70 und 90 Jahren, von denen 122 noch Vorle 
ungen halten und mancher vergnügte alte Kna 
ist unter diesen. Auch haben die Mäßigkeitsapoh 
in der letzten Zeit viele harte Schläge erlitten.e 
starb vor einem Jahr im 106. Lebensjahre Mr 
Nancy Riggins, die stark rauchte und trank undi 
den letzten 80 Jahren nie ohne einen kleinen Raufs 
zu Beite gegangen sein soll. Ich bin sehr gene 
anzunehmen, daß sich durch ängstlich berechner 
Mäßigkeit allein kein langes Leben erzielen liß 
daß jede ernste Thätigkeit dann und wann dur 
fröhliche Stunden unterbrochen werden sollte, ur 
daß auch die Angriffe der Mucker gegen das Tri 
ken meist der moralischen und menschenfreundlicht 
Basis entbehren. In Beziehung auf das Trink 
hat jedenfalls einer meiner amerikanischen Freum 
recht, der da behauptet: „It is not the drinbtin 
hhät hurts à man; it is thhe drinking betwee 
Jrinkæ“ 
DASs ECcHuO * 
— 
BStimeen aus allen Parteien) NRbN 
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ist unbestritten die beste 3 —* 
zeitung, das interessanteste * —e* 
Blatt der Gegenwart. 23* 
AS EchO bringt an- 3 
vschentlich in unterhalten -· 2* 
der Form Berichte uber alle ⁊ 
politischen, wirtachastlichen, wis- * * — 2 
venschaftlichen und gesellschait - 8 83 
lichen Vorgange, welche sich in 32 
Deutschland und im Auslande ab- 8 * 
spielen. — 
DAS ECHRO isat x0In; Parteiblatt, o 
z2ondern es làsst die interessantesten o v/ 
Stimmen aller Parteien 2u Worte Kommen. ι 
DAs ECHO vidmet ausserdem dem u 
Leben der hohen Kreise eingehende Ausmerk - 
rambx eit. 
DAS ECHO bringt in jeder Nummer ein oder zwei il 
ceschlossene Novelletten, Errzahlungen etc. aus der Fede 
hewahrter, z2eitgenõssischer Schriststeller. 
DAs ECHO nhalt die Rubrik Sprechs a at“* sut 
lie Mitarbeiterschaft seiner Leser ofsen, um Fragen 
les aligemeinen Interesses vor das Forum der flent 
lsichk eit 2u ziehen. 
DASs FCHO bietet somit jedem Gebildeten, gleich· 
„iel velchen Standes oder Berufes, eine hochinter 
assante fast unentbehrliche Lektore- 
Stimmen der Presse: 
Norda. Aiig. ztg.: Das reichhaltige 
— Programm, velches sich da⸗ 
* Blatt gestellt, ist in den bis 
her erschienenen Nummern 
in ansprechender Weire 
durcehge fuhrt. 
Fau. Mau-Gazone. The 
German review Das Bcho 
admirably edited by Hugo 
Herold, publishes eic 
Daliy-Novwa: Das Echo 
is an excellent journal, giv-· 
ing in a complete and con- 
eise ahape the entire political 
tterary, artistic and scienui· 
ße naαα of each week 
* * XC A Probenummore arali 
Ain in. und srankea. A