Full text: St. Ingberter Anzeiger

Landstuhl, welcher am Bezirlsamte in Passau 
praktizirte, in die Donau gestürzt und den erfuchten 
Tod in den Fluthen gefunden. Die That soll in 
inem Anfalle von Geistesstörung verübt worden 
sein. — 
— Kriegsfeld, 1. Nov. Das zweijährige 
Söhnchen der Familie Sulz kam dem geheizten 
Ofen zu nahe; sein Kleidchen fing Feuer und ehe 
Hülfe kam, war der Kleine todt. (Pf. Pr.) 
— In dem Sickinger Weinkeller zu Ebern⸗ 
burg hat der Eigenthümer desselben vor einigen 
Tagen abermals einen interessanten Fund gemacht, 
nämlich einen antiken Becher, der anscheinend aus 
echtem Silber besteht und inwendig vergoldet ist. 
— Der Meztzger und Privatmann Jakob 
Kraus von Olsbrücken stürzte von seiner 
Scheuer so unglücklich auf die Tenne herab, daß 
er an den Verletzungen gestorben ist. 
— Mörlheim, 1. Nov. Heute wurde durch 
Herrn Bezirksthierarzt Feil aus Landau bei einer 
Jefallenen Kuh eines Gutsbesitzers von Mörlheim 
der Milzbrand konstatirt. 
— Maikammer, 1. Nob. Das Gasthous 
„Zum goldnen Schaf“, seither im Besitz von Herrn 
pᷣaul Hauck, ging heute durch Verkauf an Herrn 
Adam Kleber über um die Summe von 31.000 
Mark. 
— Speyer, 1. Nov. Sicherm Vernehmen 
nach ist die Aufhebung des Ortsstatuts auf 
Freigabe der Wirthschaften, wie solches 
zurch Stadtrathsbeschluß und stattgefundene Bürger⸗ 
versammlung beantragt war, seitens der vorgesrtzten 
Verwaltungsbehörde genehmigt worden. 
— Speyher, 2. Nov. Der ständige Aus— 
schuß der Generalsynode besteht aus den 
derten: Dekan Maurer von Bergzabern, Vor⸗ 
tzende; Dekan Dr. Leyser⸗Neustadt; Dekan 
Sturtz · Zweibrücken; dann aus den welilichen Mit⸗ 
zliedern Herren: J. Exter⸗Neustadt; Gymnasial⸗ 
zrofessor HahneZweibrücken. Für Herrn Regierungs⸗ 
ath Späth, welcher dienstlich verhindert ist, der 
Sitzung beizuwohnen, ist der Erjfatzmann Herr 
Rentner Theyson von Germersheim erschienen. 
Gf. K.) 
— Wachenheim, 31. Okt. Vor einigen 
Tagen starb hier der Gefreite Keller, der 4. Kom⸗ 
pagnie des 17. Inf.⸗Kegts. „Orff“ angehörig. 
Aus Anlaß dieses Todesfalles richtete der Haupt⸗ 
mann und KompagnieChef des Hingeschiedenen 
ein Schreiben an die Mutter des Letzteren, in 
velchem er der Aufführung und dem Verhalten 
ihres Sohnes während seiner Dienstzeit uneinge⸗ 
schränktes Lob ertheilte. Der Schluß dieses Briefes 
lautet: „Zum Zeichen, daß die soldatische Kamerad⸗ 
schaft nichi blos für das Leben geschaffen ist, son⸗ 
)ern auch den Todten ein ehrendes Andenken be⸗ 
wahrt, bitte ich Sie, werthe Frau Keller, Ihrem 
Sohne im Namen der 4. Kompagnie, k. 17. In⸗ 
anterie⸗Regiments „Orff“ am Allerseelen-Tage den 
heifolgenden Kranz auf das Grab legen zu wollen.“ 
—aAus Ludwigshafen wird der „N. B. 
L.“ geschrieben: Es ist wirklich zu toll! Man 
sonnte fast glauben, wir lebten hier im Mittelalter! 
stommt da gestern so von ungefähr ein angehender 
Bacchus⸗Jünger, der von dem Pfalzer Rebenblut 
einen Schoppen zu viel hinter die Binde gegossen 
hatte, schaut sich die ‚Drei Mohren“ an und ent⸗ 
deckt da in seinen Weindusel eine Herxe oder ein 
Bespenst im dritten Stocke dieses oͤden und ver⸗ 
lassenen Gebäudes. Ein Anderer, der einen Schoppen 
zu wenig getrunken, kommt hinzu und entdeckt 
zleichfalls die Hexe. Die zahlreichen Passanten der 
Ludwigsstraße finden es sonderbar, daß die Beiden 
zeständig nach dem Dache der „Drei Mohren“ 
chauen, fragen nach der Ursache und bleiben nach 
erhaltener Auskunft gleichfalls mit zu Berg stehen⸗ 
den Haaren dabei stehen. Nun ist der Auflauf 
fertig. In einem Zeitraum von 10 Minuten ist 
ein solcher Menschenknäuel beisammen, daß Niemand 
nehr durchkommen konnte. Die hochwohllöbliche 
Polizei ist zwar nicht so abergläubisch, daß sie an 
zer versiechten Münchener Quelle eine Biernixe ver⸗ 
nuthet, sie macht sich auf schlimmere Dinge ge⸗ 
kaßt und „so lang noch eine Faust den Degen 
zieht“ geht es munter vorwärts in die ;, Drei 
Mohren?. Die Venus von Milo, die in den „Drei 
Mohren“ durch Bierkrüge mit abgebrochenen Henkeln 
dargestellt wird, schaut verwundert ob des späten 
Besuches um sich, und glaubt nun, daß die Stunde 
wieder gekommen, wo Münchens Nektar fließe. Sie 
ist enttäuscht. Nun geht's hinauf in die oberen 
väume. auch da ist alles ruhig, keine menschlich 
Seele rührt sich. Mittlerweile steht oder vielmehr 
schwebt die gaffende Menge in Hangen und Bangen 
yb der Dinge, die da kommen sollen. Die Polizei 
ehrt mit leeren Händen, wie das bei der Jagd 
nach Hexen nicht anders sein kann. zurück. — die 
Menge ist enttäuscht — sie hätte gar zu gern eine 
— Hexenleiche gesehen. Nun schreitet die Polizei 
mergisch ein und verlangt, daß sich die Menge 
ertheile, was nur ungern geschieht. Heute Abend 
viederholt sich dasselbe Schauspiel, die Polizei mußte 
ibermals einschreiten und die Straßenkreuzung von 
deuten saubern, welche die Hexe in den „Mohren“ 
ehen wollten. So geschehen am 30. und 31 Ok— 
ober im Jahre des Heils eintausendachthundertfieben⸗ 
indachtzig zu Ludwigshafen a. Rh. 
WVermischtes. 
Reichsgerichts- Erkenntniß. Der 
Beräußerer eines von ihm hypothekarisch belasteten 
Zrundstütkks wird nach einem Urtheil des Reichsge⸗ 
tichts im Geltungsbereich des gemeinen Rechts da— 
zurch nicht von seiner persönlichen Haftbarkrit für 
die Hypothekenschuld befreit, daß der Hypotheken⸗ 
Jläubiger sich vom Erwerber des Pfandgrundftücks 
ine schriftliche Erklärung hat geben lassen. wonad 
dieser ihm gegenüber die persönliche Haftverbind- 
ichkeit für die Hypothekenschuld übernimmt. 
— Der allgemeine deutsche Sprachverein 
jat vor einiger Zeit ein Preisausschreiben 
rlassen, worin auf die beste Arbeit über das 
Thema: „Wie können Reinheit und Reichthum der 
eutschen Schriftsprache durch die Mundarten ge⸗ 
ördert werden?“ ein Preis von 1000 Ml. gesetzt 
vird. Berwerber haben die Arbeiten unter Beob⸗ 
aichtung der für Wettbewerbung giltigen Regeln 
»is zum 31. Dezember 1888 an den J. Vorsitzen⸗ 
den, Museums- Direktor Professor Dr. Riegel in 
Braunschweig einzusenden. 
Mahnung vermittelst Postkarte. 
Bisher wurde ziemlich allgemein angenommen, daß 
—RV 
eidigung aufzufassen sei. Das Oberlandesgericht 
n München hat jetzt im gegentheiligen Sinne ent- 
chieden. Ein Megtzgermeister in Obernburg hatte 
in einen seiner Abnehmer eine Postkarte folgenden 
zuhalts gerichtet: „Ersuche Sie nochmals, mir Ihre 
—„chuld von 4,78 M. für bezogenes Fleisch bezahlen 
ju wollen, glauben Sie, ich bekomme mein Vieh 
jeschenkt!“ Der Adressat fühlte sich durch diese Art 
der Zahlungsaufforderung beleidigt und stellte Klage 
in, die aber in allen Instanzen als unbegründet 
zurückgewiesenwurde. 
'Nürnberg, 1. Nov. Heute fand im 
eestlich geschmückten Hörsaale des „Bayerischen Ge⸗ 
verbe⸗Puseums“ die feierliche Einführung des 
reuen Directors, Herrn Theodor v. Kramer, im 
Zeisein einer großen Zahl geladener Ehren⸗ 
äste statt. Der Vorstand des Verwaltungsraths, 
dert Commerzienrath Kugler, hielt die begrüßende 
Ansprache. 
Würzburg, 1. Nov. Pfarter Schumm 
in Arnstein. Landtagsabgeordneter für Würzburg D., 
hat sein Mandat niedergelegt, angeblich aus Ge⸗ 
undheitsrücksichten, in Wirklichkeit aber, um dem 
batriotenführer Dr. Stamminger das Feld frei zu 
machen. 
Frankfurt a. M., 81. Okt. Eine recht 
nerkwürdige Zwech- und Vernunft⸗Ehe 
zjing im März ds. Is. ein junges Mädchen ein, 
as 120,000 M. Mitgift erhalten und ihrem Manne 
ugebracht hatte. Das junge Paar nahm nach 
er Hochzeitsreise hier Wohnung und lebte an⸗ 
heinend recht glücklich. Jetzt mit einem Male 
»ermißte der Mann seine Frau und mit ihr 70,000 
Mark von dem eingebrachten Vermögen. Ein Brief 
ꝛer Entwichenen belehrte ihn, daß es mit dem 
Zlücke vorbei sein sollte. Den Rest der Mitgift, 
ilso 30,000 Mk., will sie, wie ihr Schrtiben an 
den Verlassenen besagt, gerne missen. Er soll das 
Hdeld als „Abfindung“ behalten. Sie selbst habe 
hu nie geliebt, habe ihn überhaupt nur geheirathet, 
im einer neidischen Altersgenossin zu beweisen, daß 
iie die Bevorzugte sei, aber fie habe sich stets 
inglücklich in seiner Nähe gefühlt. Den Ver— 
assenen trifft der Schlag so unerwartet, daß er 
jeute als geistesgestört unter irrenärztliche Aufsicht 
gebracht werden mußte. (Fr. J.) 
Frankfurt a. M. Ein Schneidergeselle 
ist mit seiner Meisterin, einer 56jährigen Frau, 
die über Geld verfügt, durchgegangen. Er kam mil 
ihr bis Hamburg. Dort eignele er sich ihr Geld 
an und ließ sie sitzen. 
Sensationeller Ehescheidun 
grund. Daß auf Ehescheidung wegen uͤnge 
oder sonstiger nicht ganz korrekter Haltun nr 
einen oder andern Theils geklagt wird, de 
öfters vor, daß aber der klagende Ehemann 
Ehescheidungsklage lediglich damit begründet 
ihn seine Frau uͤber ihr Alter getauscht hade, dut 
trotz Ben Akiba noch nicht dagewesen sein. 
Fau liegt aber faktisch vor und ist die Klage 
dem Frankfurter Landgerichte anhängig. Die diu 
ist nämlich 10 Jahre älter, als sie —* 
nicht 40, sondern 50 Jahre. e 
f Mainz. Ueber einen merkwürdigen Tod 
fall ist von hier zu berichten. Dieser Tage n 
hier ein junger Mann, ohne vorgängiges 88— 
sein, beim Mittagstische todt zusammen. Alen 
wurde ein Herzschlag als Todesursache angenne 
Bei der Leichenöffnung auf dem Friedhofe n 
fich, daß ein Linsengericht den Tod —* 
hatte. Offenbar durch hastiges Essen waren p 
dinsen in die Stimmritze gerathen und hatten ð 
plötzlichen Tod herbeigeführt. 
Kreuznachk. Das Ergebniß des die 
jährigen Weines im Nahethal hat man als Gege 
ftück zu dem 10 Jahre älteren „Schipka“ kun 
Schnäbele“ getauft und ihn also besungen: 
„Das 87er Weinerle, 
Das will mir nicht recht scheinerle, 
Zu trinken wär's ein Wonnerle, 
Doch fehlte ihm das Sonnerle; 
Dann kam dazu ein Fröstele, 
Und gab ihm noch das Resterle; 
Die Beeren, hart wie Klickerle, 
Hhaut auf man mit dem Pickerle, 
Und thut sie dann ins Kelterle, 
Mit einem derben Schelterle: 
„Komm' her, Du kleiner Lumperle. 
Ich hali' Dich unter's Pumperle, 
Dann kriegst Du etwas Zuckerle, 
Und durchgebläut das Puckerle, 
Du unschuldvolies Tränlerle, 
Wir wollen Dich nicht zänkerle, 
Kannst Deutschland nicht benebele, 
Drum nennen wir Dich Schnäbele!“ 
F Kreuznach. Man geht hier und in Münß— 
a. St. mit dem Plan um, auf der Ebernburg 
mittelalterliches Volkstheater zu errichten, um du 
Bungert'sche Festspiel „Hutten⸗ Sickingen“ gle 
dem Devbrienl'schen Luther Festspiel in Jena 
moͤglichst regelmäßigen Zwischenräumen zur Auf 
fühtung zu bringen. Baumeister O. Masch an 
Worms, der Erbauer des dortigen Volkstheater 
wird in diesen Tagen hierher kommen, um m 
den sich für die Verwirklichung des Planes interessur 
den Herrn Berathung zu pflegen, ebenso wird 
Verfasser des Festspiels, der letzteres diesen Somm 
in leinem kleinen Kreise hier vorgelesen hat, 
diesen Tagen wieder hier erwartet, um das Feftt 
in einer größeren Versammlung, zu der auch Freun 
der Sache von auswärts geladen sind, vorzutrag 
TGodes berg. Eine eigenthümliche Berühnt 
besißt unser Ort, nämlich einen Schlosser, dut 
fehlende linke Hand durch eine eiserne erseßteh 
Dieser Ritter der eisernen Hand mah 
in unliebsamer Weise von sich reden, da er hun 
mit seiner eisernen Faust d'reinschlug und, wo 
sraf, schwere Verletzungen antkichlete. Rath 
verschiedentliche Bestrafungen nichts gefruchtet heh 
ist er nunmehr wegen schwerer Mißhandlung 
der letzten Strafkammersiung zu Bonn zu 
Jahren Gefängniß verurtheilt worden; auch wur 
die Einziehung seiner eisernen Hand angeorduet 
Herford, 31. Okt. Ein lustiges St 
lein giebb zur Zeit der guten Stadt Herford 
zu lachen. Der „Koln. Volksztg.“ berichtet m 
darüber Am Dounerfiag hieit unser WMagst 
eine Sitzung, die sich in langen Debatten bis ju 
spüten Äbend hinzog. Man war erst zu bn 
als die städtischen Veamten das Rathhaus lun 
verlassen hatten; der Letzte schloß, wie gewöhnh 
die Räume des obern Siocks von dem un 
trennende Flurthüre ab; er mochte denken, die Sti 
väter saßen längst bei Mutterg vder beim Ab⸗ 
irunk. Da saßen die Vertreter der Stadt gewan 
in der Klemme. Zwar dersuchte man durch Ttamp 
auf den Fußboden den im Kellergeschoß wohnem 
Kastellan auf die Bedräugniß aufmerlsam zu san 
ber der Vrave hoͤrte die Nothsignale nicht. 
Antrag, durch das Fenster an der Mauer br 
zukletlern, wurde als lebensgefährlich mit g 
Majorilai abgelebnt. Auf der am Rathhaun 
bafsshrenden. fast immer verkehrslosen Straßt