Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slimmenmehrheit vor. Sodann wurden folgende 
Anträge eingebracht: 1. von Herrn Heydenreich: 
Neuorganisafion der pfälzischen Immobiliar-Feuer ⸗ 
versicherungsanstalt betr. 2. von Herrn Görg: Die 
Errichtung einer Postverbindung von Enkenbach über 
Neukirchen, Mehlingen und Baalborn nach Otter 
berg betr. Beide Anträge werden dem V. Aus- 
schusse zur Berichterstattung überwiesen. Herr Dekan 
rieger eignet sich eine Eingabe der Gemeinde 
Winnweiler um Erhöhung des Kreisfondszuschusses 
für die Lateinschule daselbst an, welcher dem IV. 
Ausschusse üherwiesen wurde. Eine Eingabe von 
dem Gewerbeverein Kaiserslautern als Vorort des 
pfälz. Gewerbevereins-Verbandes, „de Kollektiv⸗ 
ausstellung der Pfalz und München betr.“, ange⸗ 
eignet von Herrn Görg, wird ebenfalls dem V. 
Nusschusse überwiesen. Nächste Sitzung morgen 
Nachmittag 4 Uhr. Tagesordnung: Lateinschulen 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 11. Nov. Beim Heran⸗ 
nahen der Weihnachtszeit, wo jeder Familien- 
dater mit sich zu Rathe geht, wie er seinen Ange⸗ 
jörigen eine unverhoffte Freude bereiten kann, halten 
wir es für unsere Pflicht, das Publikum auf die 
Pfalzischegnussteuer⸗Anstalt aufmerksam zu 
nachen. Diese Anstalt, welche durch Se. Exc. Hrn. 
Regierungspräsidenten v. Braun in's Leben gerufen 
wurde, hat sich zum Zweck gesetzt, die Verheirathung 
und Gründung einer selbstständigen Existenz für 
Mädchen und junge Männer dadurch zu begün⸗ 
stigen, daß sie den Theilhabern auf dem Wege 
einer alljährlich zu veranstaltenden Verloosung für 
den Fall der Verheirathung ein kleines Kapital 
don 300 Mk. zur Verfügung stellt. Dies soll in 
folgender Weise erreicht werden: Jedes Mitglied 
zahlt jährlich einen Beitrag von 3 Mk. Aus 
sämmtlichen Beiträgen werden nach Abzug der un ˖ 
hedeutenden Verwaltungkosten Gewinne von je 300 
Mark gebildet, so daß auf je 100 Theilnehmer 
darchschnittlich ein Gewinn von 300 Mark trifft. 
Um jedoch den Zweck, welchen die Anstalt sich ge⸗ 
setzt hat, auch wirklich zu erreichen, zahlt sie diese 
Gewinne nicht sofort aus, sondern deponirt sie bei 
einer öffentlichen Sparkasse mit Zins und Zinses⸗ 
sins, bis die Person, welche den Gewinn gemacht 
hdat, sich verheirathet oder das 40. Lebensjahr er⸗ 
reicht hat. Es können also alle Unverheirathete, 
welche noch nicht 40 Jahre alt sind, an der An⸗ 
stalt Theil nehmen. Die Verloosung der Gewinne 
findet an Weihnachten statt. Anmeldungen nimmt 
in unserer Stadt Herr kal. Steuereinnehmer 
Acker entgegen. 
L. Aus dem Garten- und Obstbau⸗ 
Verein. Der Ausschuß genaanten Vereines 
zlaubt den Dank seiner Mitglieder zu verdienen, 
indem er denselben einen zur Winterdüngung der 
Obstbaäume geeigneten künstlichen Dünger anbietet. 
Herstellung und Verkauf der Mischungen, bei wel⸗ 
her auf unsre Bodenverhältnisse Rücksicht genommen 
ist, hat Herr Michel Fries (Hirtenech übernom⸗ 
nen. Möge niemand diese Gelegenheit unbenützt 
lassen! Ebenso hat auf Veranlassung des Aus- 
schusses Herr Fery den Klebleim hergestellt, 
der zur Vertilgung des schädlichen Ungeziefers so 
zute Dienste leistet. Jedes Ausschußmitglied ist 
erbötig, über die Anbringung der Klebringe Beleb— 
ung und Anleitung zu geben. 
— Zu den vielen Bahnprojekten in der 
Pfalz hat sich noch ein neues hinzugesellt. Von 
Bredach aus soll nämlich eine Sekundär⸗Bahn über 
Böchingen, Eschringen, Neumühl Ormesheim. OVm⸗ 
mersheim, Heckendalheim, Oberwürzbach bis Würz⸗ 
„ach als Actienbahn gebaut werden. Daß es mit 
dem Projekte ernst ist, geht daraus hervor, daß 
man bereits beschäftigt ist, die Linien abzustecken. 
— Auf Anregung des Herrn Direktors Spatz 
hom Pfälzischen Gewerbemuseum werden sich die 
ofälzischen Gewerbebereine durch eine Collectiv⸗ 
Ausstellung an der Münchener Kunstgewerbe⸗ 
Ausstellung hetheiligen. Wenn auch die Anmel⸗ 
dungen hierzu bis jetzt nicht gerade sehr zahlreich 
eingelaufen sind, so steht doch jetzt schon fest, daß 
das Kunstgewerbe unserer Provinz auf der Aus— 
ttellung würdig vertreten sein wird. Ihre Bethei— 
igung haben bereits Kaiserslautern, Neustadt, Lud⸗ 
wigshafen, Frankenthal, Dürkheim und Zweibrücken 
zugesagt; doch steht zu hoffen, daß sich noch andere 
ofälzische Städte anschließen. 
— Das k. statistische Bureau veröffentlicht so⸗ 
eben den Saatenbericht für den Monat Oktober. 
Wir entnebmen demselbhen folgende Ergebnisse., so⸗ 
veit sie die Pfalz betreffen: Winterweizen größten- 
heils gesäet. Winterroggen ist infolge des kalten 
Wetters sehr schwach bestockt. Reps gut. Kar⸗ 
offeln sehr gut; infolge Regenmangels trat die 
seife zu spät ein, so daß bei dem Frost vom 27. 
Oktsber viele erfroren sind. Zuckerrüben mittel⸗ 
näßig. Die junge Kleesaat leidet hie und da etwas 
urch Mausefraß. Wein mittelmäßig. Was noch 
nicht geherbstet, litt eiwas durch die Frostnächte 
om 26. und 27. Oktober. 
— Kaiserslautern, 9. Nov. Herrn Bür⸗ 
jermeister Hohle wurde die hohe Auszeichnung zu 
Theil, auf heute Nachmitiag 4 Uhr zum Diner bei 
Sr. K. Hoheit dem Prinz⸗Regenten befohlen zu 
verden. Herr Hohle befindet sich z. Z. in München, 
im für den Bahnbau Kaiserslautern-Biebermühle 
zu wirken. 
— Vom Roßberg, 8. Nov. Ein dem Brannt⸗ 
vein ergebener Maurer Namens Adam Bayer von 
Becherbach ermordete gestern Nachmittag sein fast 
reijähriges Stiefkind auf brutale Weise. Der Un— 
nensch, der seine Familie siatt zu ernähren miß 
sandelte und dem Bettel überließ, wurde ver haftet 
ind dem Untersuchungsgerichte überwiesen. — An 
demselben Tage war das Untersuchungsgericht in 
Roth wegen eines Sittlichkeitsvergehens, dessen der 
Lumpensammler Georg Mattera von da beschuldigt 
ist. Derselbe wurde am letzten Samstag bereits in 
Untersuchungshaft nach Kaiserslautern abgeführt. 
(Pf. Pr.) 
— Neustadt. Der Direktor der deutschen 
Seewarte, Geheimer Admiralitätsrath Dr. Neu⸗ 
mayer, weilt zur Zeit bei hiesigen Verwandten zu 
Besuch. 
— Neustadt, 9. Nov. Der frühere Ge— 
chäftsmann Philpp Franz Anton von Neustadt 
zrhielt durch Urtheil des Schöffengerichts wegen 
Betrugs 14 Tage Gefängniß und durch Urtheil 
esselben Gerichts vom 14. Dezember 1886 wegen 
Betrugs und Unterschlagung 2 Monate Gesammt— 
jefängniß. Die von demselben eingelegte Berufung 
jatte zur Folge, daß das erstbesagte Urtheil auf⸗ 
sehoben und Appellant als nicht überführt freige⸗ 
prochen wurde, während die Strafe, welche er durch 
as letztgesagte Urtheil erhielt, auf einen Monat 
hefängniß herabgesetzt wurde. — Eine Kommission 
zegab sich nach Deidesheim zur Befichtigung des 
Bades; ein solches soll auch für Neustadt vroiek— 
irt sein. 
— Ludwigshafen, 8. Novb. Eine hier 
ingelangte Nachricht aus München meldet, daß 
zie kgl. Staatsregierung sich in Bezug auf die 
Frrichtung einer zweiten katholischen Pfarrei hier 
elbst ablehnend verhält, im Gegensatz zur Diözesan 
zehörde in Speyer, die die Errichtung warm befür— 
vortet hatte. Die Staatsregierung ist der Ansicht, 
»aß ein unaufschiebbares Bedürfniß vorerst sich 
niicht fuhlbar mache, da der Pfarrer drei Kapläne 
esitze; auch müsse zuerst die Frage der Erbauung 
ines Pfarrbauses geregelt sein 
Vermischtes. 
Der 9. November ist für das baye rische 
deer ein seltene Ehrentag. Vor 17 Jahren 
janden nämlich bei Coulmiers 15,000 Bayern 
30,000 Franzosen gegenüber und leisteten helden— 
nüthigen Widerstand bis zur hereinbrechenden Nacht. 
AV 
iur noch einer im Dienst, der eigentliche Held des 
Lages, der jetzige Commandirende des 2. Armee⸗ 
Forps, General v. Orff, dessen meisterhafte Taktil 
amals das kleine Häuflein vom Untergang rettete 
F Neunkirchen, 9. Nov. Vor einigen 
Tagen ist auf dem hiesigen evangelischen Kirch— 
jofe ein Vandalismus sondergleichen verübt worden, 
undem von fünf an der nördlichen Mauer befind⸗ 
ichen Familien⸗Denkmälern die Kreuze abgeschlagen 
ind. (S. u. Bl.Ztg.) 
F Forbach, 8. Nob. Der Auszug aus dem 
siesigen Standesamts-Register für den verflossenen 
—QX 
ame Erscheinung. Im Monat Oktober sind hier 
echs Knaben und einundzwanzig Mädchen geboren 
vorden. Das ist eine Vermehrung des weiblichen 
geschlechts, welche fürsorglichen Familienvätern 
ür die Zukunft ernstlich bange machen kann. 
F München, 8. Novd. Heute Nachmittags 
im 3 Uhr ist in der fünften Lateinklasse Abthei⸗ 
ung B. des k. Ludwigsgymnasiums wäbhrend deil 
Freipause beim Lehrerwechsel der musterhafte 
—chüler Streck, ein Sohn des Geheimen Rechnungs⸗ 
aths Streck, von einem Mitschüler aus Unacht— 
amkeit durch einen Revolberschuß derart in das 
inke Auge getroffen worden, daß die sofort hud 
zerufenen Aerzte nur noch den alsbald * 
retenen Tod konstatiren konnten. inge! 
München. In den Einlauf der Abgeotd 
tetenkammer gelangte die Bitte des Herrn Cun 
ofarrers Lewerer in Dürkheim ꝛc. im Namen 
zrotestantischen Pfarrer III. Kl. der Pfalz um d 
vährung von fünf Alterszulagen bis zum 8* 
Dienstjahre unter Belassung des zustehenden Prac 
duums. 
F Würzburg, 7. Nov. In Wörth am Mair 
am bei der am Samstag stattgehabten Gemrinde 
wahl der gewiß seltene Fall vor. daß der seitherige 
Bürgermeister in der Wählerliste nicht eingetragin 
war, sodaß er zurückgewiesen werden mußte und 
weder wählen noch gewählt werden konnte. 
Würzburg, 8. Nov. Die Verhandlun 
in Sachen des praktischen Arztes Dr. Fuun 
Schuler von Aschaffenburg wegen Versuchs da 
Beihilfe wider das Leben wurde heute früh for— 
Zesetzt. Das Urtheil lautete auf Freisprechung. 
PIn Würzburg wurde am Dienstag iner 
ener „Menschenfreunde“, Hirsch Hilders vor 
Zeidingsfeld, welche den Studenten gegen hoh— 
Zrozente aus finanziellen Verlegenheiten zu helfer 
dereit sind, wegen Wuchers zu 4 Monaten Ge— 
jängniß uxd 1000 Mk. Geldstrafe verurtheilt. 
Ft Stuttgart, 8. Nowp. (Allgemeine, 
deutscher Versicherungs-Verein. In 
Monat Oktober 1887 wurden 311 Schadenfäll 
ingemeldet und zwar 284 äußere Verletzungen und 
27 innerl. Erkrankungen. Von den Unfällen hanen 
2 den sofortigen Tod und 22 eine gänzliche oder 
heilweise Invaliditat der Verletzten zur Folge. Von 
den Mitgliedern der Sterbekasse starben in diesen 
Monat 28. Neu abgeschlossen wurden im Monag 
Rttober 1364 Versicherungen über 5678 Personen. 
Alle don dem 1. Jutli 1887 eingetretenen Schäden 
nkl. der Todes- und Invaliditätsfälle sind bis aus 
die von 25 noch nicht genesenen Personen vollständie 
ceguliert. 
F Frankfurt, 7. Nob. Eine thatkrättige 
Braut. Ein Frankfurter Berichterstatter weiß nach 
stehendes Pikante zu berichten: „Der Leser estsinnt 
ich vielleicht, welche Wirkung es hat, wenn di⸗ 
ungfräuliche Königin Elisabeth ihrem Günstling 
Braf Esser auf der Bühne eine Ohrfeige giebt. 
Das schallt so dramatisch und macht einen Haupp— 
effekt. Jedermaun bedauert den unglücklichen Grafen, 
welcher leider nicht im Stande ist, für die gewordene 
lönigliche Handschrift dankend zu quittiren. An 
diese berühmte Ohrfeige des seligen Laube müssen 
vir denken, wenn wir folgendes vernehmen: Di⸗ 
Tochter eines hiesigen Kaufmanns war mit einem 
ungen Kaufmann aus Mainz verlobt. Vor einigen 
Tagen entstand zwischen den Brautleuten ein kleinen 
Streit. wobei die Braut ihrem Zukuünftligen eint 
Ohrfeige versetzte, so daß der Mißhandelte dadurch 
»as Gehör verlor. Er hob nun die Verlobung 
auf und verlangt eine Entschädigung von mindesten⸗ 
20,000 Mark, deren Auszahlung jedoch verweiger 
wird. Der betroffene Bräutigam kann froh sein 
Nach der Heirath wären die Hiebe der thatkräftigen 
Amazone vermuthlich noch etwas wirksamer aus, 
gefallen. 
pFrankfurt, 9. Nov. Die Bilanz des deutschen 
Zchützenfestes schließt mit einem Ueberschuß dvon 
34,930 Mk. 97 Pf. ab. 
FFrantfurtsa. M., 9. Nob. Bankkhassie 
Wernbach wurde der Unterschlagung in 30 dFällen 
iür schuidig erkannt und zu 2 Jahren Gefänani⸗ 
nerurtheilt. 
F Eine Riesentraube hat der Zie gelei 
esitzer Böhlet in Anselfingen im badischer 
Ddoͤhgau gepflückt. Dieselbe ist mehr als 1 duf 
ung, hat Beeren in der Größe von Taubeneierr 
ind wiegt 878 Gramm. Die Riesentraube (blau 
Amerikauer) ist noch ganz frisch erhalten und jeß! 
m Besitz des Posthalters in Engen. 
pPare ugna ch! Ein Prozeß, bei dem es sih 
im die Herausgabe von 20 Millionen Franker 
Jandelt, int gegen die französische Regierung ange 
trengt worden und wird, wie den Betheiligten 
harunter Frau Leusentine, geb. Schmoll v. Eisen 
verth, hierselbst, in diesen Tagen aus Paris be⸗ 
ichtet worden ist, im nächsten Monat auch in der 
ranzosischen Kammer zur Sprache gebracht werden 
die Sache verhält sich wie soigt: Am 16. Febtue 
1645 erschien in der Schreibstunde des Noan 
Zan ctomida in Korfu, einer Stadt im Venetianischen 
in Mann und erklärte. vor Notar und Zeugen jein