Full text: St. Ingberter Anzeiger

zestament machen zu wollen. Er war der Schiffe- 
igenthümer und Großhändler Johann Thiery aus 
im Bisthum Rheinau. Er gab u. A. an: Seine 
milie sei vor 120 Jahren aus Lothringen nach 
er Champagne gezogen; ein anderer Zweig wohne 
Basel, ein dritter noch in Lothringen. Er sei 
ung von Haus weg und in die weite Welt ge— 
angen, um sein Glück zu suchen. Zunächst sei er 
nn Wirthsjunge in der Stadt Brescia ge⸗ 
desen; dort habe ihn ein griechischer Kaufmann 
hamens Athanasius Thypoldi gefragt, ob ec mit 
ihm reisen wolle; das habe er gethan und dem 
richen kinderlosen Herrn getreulich im Geschäft ge- 
holfen; der habe ihm sein ganzes Vermögen, 800,000 
Fenetianische Thaler, vermacht. Durch glückliche 
zpeculationen habe er, Johann Thiery, sein Ver— 
nögen vermehrt und nun wolle er sich zur Ruhe 
ehen und in Venedig seine Tage beschließen. Der 
oͤtar nahm das Testament auf; Thiery, der ohne 
zamilie war, vermachte alle seine Schätze seinen in 
er Champagne lebenden Geschwistern; falls die 
»amilie Thiery in der Champagne ausgestorben 
jei, soll das Vermögen auf die Baseler Linie über— 
»ehen, und, falls auch diese ausgestorben, der Linie 
a Lothringen zufallen. Auch für gute Zwecke be⸗ 
immte Johann Thiery ansehnliche Summen. Er 
begab sich darauf nach Venedig. Nun traten aber 
echlimme Kriegszeiten ein, so daß nach dem Tod 
des Erblassers die Vollstreckung des Testamentes nicht 
erfolgen konnte; das Vermöanen wurde in der Bank 
zu Venedig aufbewahrt; die Erben hatten von Allem 
nichts erfahren. Im Jahre 1865 maächte jedoch 
ein aus Nachkommen der im Testament bestimmten 
Frben zusammengesetzter leitender Aueschuß bedeu 
iende Anstrengungen zur Wiedererlangung der Erb⸗ 
schaft, aber vergebens. Vor Kurzem nun sind die 
kIrben wieder zusammengetreten, und es heißt mit 
Bestimmtheit, daß die französische Regierung, über- 
zeugt von der Rechtmäßigkeit der Erdansprüche, die 
einst unrechtmäßig von Napoleon genommene 
Summe den Erbberechtigten auszahlen werde, falls 
diese die erforderlichen Dokumente beibringen. Die 
Sache soll jetzt für die Betheiligten günstig liegen; 
vor Kurzem ist ein in Köln wohnender Erbberech— 
tigter als Bevollmächtigter nach Paris gereist, um 
qas Weitere einzuleiten. (Die Summe beläuft 
iich, beiläufig bemerkt, auf die Kleinigkeit von — 
wanzig Millionen Franken. Zu den 
Irbberechtigten gehören in erster Linie die Gebrüder 
Adolph, Alexander und Eduard Schmoll von Eisen⸗ 
verth (Ersterer in Wien, Letzterre in Saarbrücken), 
owie die Eingangs genannte Frau Eleonore Leu—⸗ 
jentin, geb. Schmoll in Eisenwerth. Die Sache 
oll jetzt für die Betheiligten günstig liegen. Ange⸗ 
iichts der Sachlage hofft man nun auch, von der 
deutschen Reichsregierung, der in allernächster Zeit 
das gesammte Material unterbreitet werden joll, 
unterstützt zu werden. 
F Von der Mosel. Die Weinlese ist 
dorüber. Nach den Berichten steht fest, daß das 
quantitative Ergebniß einen kleinen Drittel-Herbsfi 
repräsentirt. In qualitativer Beziehung kann man 
den Heurigen zu den besseren Mittelweinen wie 84 
und 74 zählen. Man ist der Ansicht, daß wenn 
das Wetter in den letzten Monaten günstig geblieben, 
ein Hauptwein erzielt worden wäre. 
fF Der Einsturz der Wesermüble in 
dlameln ist die Folge einer furchtbaren Explosion 
gewesen. Von der großen Wesermühle war der 
untere, flußabwärts liegende Flügel zusammenge— 
stürzt und hatte in seinem Sturze das daneben 
stehende Wohnhaus mit begraben, während die 
Flammen aus den rauchenden Trümmern schlugen. 
4Wbis 5 Todte und ebenso viele Verwundete 
wurden alsbald aus der Mühle herausgeschafft. 
Die Todten sehen alle schwarz und verbrannt aus. 
Arbeiter die davongekommen sind, behaupten, durch 
die Explosion einer Petroleumlampe im Silo hätte 
sich der Mehlstaub entzündet. Am entseglichsten ist 
»em unter der Mühle stehenden, dem Fiskus ge—⸗ 
zörigen Wohngebäude und der darin wohnenden 
Familie des Bauraths Meyer mitgespielt. Mehr 
als die Hälfte des Hauses ist vollständig von den 
mit Wucht auseinander geschleuderten und herab— 
ürzenden Trümmermassen des Mühlengebäudes zu— 
ammengeschmettert. Von der ahnungslosen Familie 
vurden zwei Töchter und der älteste Sohn, sowie 
das Diensimädchen unter den Tümmern begraben. 
Ddie Töchter und der Sohn sind als Leichen heraus⸗ 
geschafft. Die Zahl der bis jetzt aus der 
Mühle geschafften Todten beträgt schon elf. Man 
vernimmt aus den Trümmern noch Stöhnen von 
veiteren Verschütteten. Die Mühle konnte täglich 
3500 Zir. Weizen verarbeiten. 
In Mörlenbach bei Weinheim an der 
Bergstraße brannten 83 Wohnhäuser und 2 Scheuern 
rieder. Ein Mann von etwa 40 Jahren ist in 
den Flammen umgekommen. 
F Ein Gothaer Herr, der Ueberfluß an Zeit 
zu haben scheint, hat das nachsfehende zeitgemäße, 
ruus 858 Buchstaben zusammengesetzte Wort ge— 
ildet: „Branntweinnachversteuerungsrevisionsver- 
jandlungsprotokollabschriftbeglaubigungsvermerk!“ 
Wildemann EGberharz), 6. Nonp. An 
der hier ausgebrochenen Trichinosis ist dis jetzt 
ine Person gestorben, erkrankt sind über 106. 
darzer Blättern zufolge sollte gegen den Fleisch— 
eschauer, einen 73jährigen Arzt, ein Haftbefehl 
yollzogen werden; es sei jedoch davon abgestanden 
vorden, weil der Mann erkrankt ist. 
F Hannover. 6. Nov. Zur Anschaffung 
on Velozipeden für 30 Chausseeaufseher hat der 
dannover'jche Provinziallandiag eine Summe von 
'000 Mark bewilligt. 
F Liegnitz Echlesien). Der Liegnitzer Krieger⸗ 
zund ernannte den Generalfeldmarschall Grafen 
Molike zu seinem Ehrenmitgliede. Derselbe nahm 
ziese Mitgliedschaft en und gab seine Freude darüder 
n einem an den Vereinsvorstand gerichteten Schreiben 
Ausdruck. Die Ueberreichung des Ehrendiploms 
und des Vereinsabzeichens wird in diesen Tagen 
rfolgen. 
f Ueber die Vertheilung der Eisernen 
dreuze im Feldzuge 1870 —71 liegt ein interrssanter 
Auszug aus der Ocrdensliste vor. Danach sind im 
ßanzen 46,989 Kreuze an die Armee ausgegeben 
vorden und zwar 8 Großkreuze, 1295 erster Klasse, 
1,702 zweiter Klasse und 4084 Kreuze zw.iter 
dlasse am weißen Bande. Mit Eisernen Kreuzen 
rstet Klasse wurden dekorirt 7 G.meine (je eine« 
zus dem Garde⸗Feldartillerie⸗-Regiment, den Feld⸗ 
irtillerie-Regimentern Nr. 8 und 5, je einer aus 
en Infanterie⸗Regimentern Nr. 27 und 68 und 
dem 15. Bayerischen Infanterie Regiment, sowie 
vom Zieten -Husaren-Regiment Nr. 3), ferner 8 
hefreite, 68 Unteroffiziere ohne Portepee, 73 Unter⸗ 
ffiziere mit Portepee, 29 Sekonde⸗Lieutenants und 
38 Premier⸗Lieutenants. Die übrigen 1022 Kreuze 
erster Klasse wurden an die höheren Chargen ver⸗ 
heilt. Von den sich der Pflege der verwundeten 
krieger widmenden Damen wurden 2940 mit dem 
Berdienstkteuze für Frauen und Jungfrauen ge⸗— 
chmückt. 
.Wien, 8. Nov. In Pest erregt die Re⸗ 
dolte einer Abtheilung des Infanterie⸗Regiments 
stodich großes Aufsehen. Die vor Kurzem einge- 
stellten Rekruten griffen ihren Exerzier-Unteroffizier 
mit gefälltem Bajonett an und verwundeten ihn; 
auch ein Offizier, welcher die Revolte zum Gehor— 
iam zwingen wollte, wurde verwundet. Die Ab— 
heilung wurde erst nach heftiger Gegenwehr ent- 
waffnet. 
FFranzösische Nickel! An die fran— 
ösischen Abgeordneten wurde diese Woche ein Ge— 
etzentwurf vertheilt, welcher das Kupfergeld durch 
Nickelgeld zu ersetzen beantragt. Nach dem Projekt 
werden für 70 Miillionen Scheidemünzen aus Nickel 
verfertigt werden: für 10 Millionen Münzen 
zu 20 Centimes, für 35 Millionen solche zu 10 
uind für 25 Millionen zu 6 Centimes. Die Emission 
vird mit den 20 Centimes⸗Stücken beginnen, die 
Zupfermünzen werden sodann nach und nach aus 
dem Verkehr gezogen und entwerthet; die 20 
Fentimes⸗Silbermünzen werden für die Fabrikation 
inderer Silbermünzen verwendet. Das Nicklgeld 
ann bei Zahlungen nur bis zu 5 Franken ver⸗ 
vendet werden. 
F Gegen das deutsche Bier haben am 
Zonntag Nacht in einem neueröffneten bayerischen 
lusschank auf dem Bouleward Montmartre in 
Zaris Kundgebungen stattgefunden. Rufe „a bas 
es prussiens“ wurden laut. Schließlich mußte 
die Polizei dem gewaltigen Lärm ein Ende machen. 
Man befürchtet eine Wiederholung des Skandals. 
Iuch vor einem neueröffneten Bierhaus auf dem 
Zoulevard des Italiens finden seit einigen Aben ˖ 
zen deutschfeindliche Kundgebungen statt, die jedoch 
wahrscheinlich von wettbewerbenden Bierwirthen ver⸗ 
anstaltet sind. 
F Stockholm, 7. Nov. Der zweite Direktor 
»er Stockholmer Handelebank, Hugo A. Nystroem, 
vurde gestern wegen Veruntreuung von 290,000 
dronen verhaftet. 
F Madrid, 9. Nov. Der Altentäter Bazaine's, 
Zillairand, wurde zu achtjähriger Zwangsarbeit 
‚erurtheilt. Bekanntlich hat der Attentäter das 
„verrathene“ Frankreich an dem „Verräther“ Ba— 
zaine rächen wollen. 
FAufdem Sterbebette. „Meine Theuerste“, 
sagt der Gatte zu seiner in den letzten Zügen lie—⸗ 
zenden Frau, „die Geheimräthin Schmidt war vor 
einigen Augenblicken hier, während Du schliefst; 
sie hat mich beauftragt, Dir ihre besten Grüße zu 
xbermitteln.“ — „Adolf“, erwiderte die Frau mit 
erlöschender Stimme und schließt die Augen, „Adolf, 
was hatte sie für einen Hut auf?“ 
terbefälle. 
Gestorben: In Landau Georg Tremmel; in 
Arzheim Johann Schwab, 53 J. a.; in Dürkheim 
Sophie Lampert geb. Scheiter; in Burrweiler 
Ritolaus Minges, 38 J. a.; in Neustadt a. H. 
Fritz Appel, Büchsenmacher, 32 J. a.; in Kaisers⸗ 
ausern Franziska Migert geb. Emer, 68 J. a.; 
in Grünstadt Julius Rind, 49 J. a.; in Heuchel⸗ 
heim Karl Koch, Bäcker und Wirth, 31 J. a.; 
in Mimbach Friedrich Jakob Schwartz, 21 J. a.; 
m Kaiserslautern Henriette Mattern geb. Larouette, 
32 J. a. 
Narktbertichte. 
Homburg, 9. November. (Fruchtmittelpreis und Vilk⸗ 
tualienmarkt) Weizen 8 M. 54 Pf. Korn 6 M. 67 Pf., 
Spelzkern — M. — Pf., Spelz 0 M. — Pf., Gersie 
dreihige O M. — Pf., Gecste Areihige 0O M.“— pPif., 
dafer 5 M. 59 Pf., Mischfrucht O M. — Pf., Erbsen 
0 M. — Pf., Wicken 0 M. — Pf. Bohnen 0 M., 
— Pf., Kartoffeln 2 M. 80 Pf., Kornbrod 6 Pfund 
69 Pf., Gemischtbrod 6 Pfund 72 Pf., Ochsenfleisch — Pf., 
Kindfleisch 40 Pf. Kalbfleisch 50 Pf., Hammelfleisch — Pf. 
Schweinefleisch 50 Pf, Butter 1 Pfund 1 M. 10 3f. 
Prote. der votenib,. 
Sonntag, den 18. November vorm. 10 Uhr. 
Text Psalm 128, Lied 544. 
Nachmittags 2 Uhr Christenlehre. 
Für die Redaktion verantwortlich: F. X. Deuetz. 
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am 1. December statt. Gegen den Coursderlust von 
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nimmt das Bankhaus Carl Neuburger, Berlin, 
Französische Straße 13, die Versicherung für eine 
Zrämie von Mark 1,50 pro Stück. 
Abonnemeéntseinladung auf 
dit meist verhreitetz deutsehe ochenschrift: 
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GBlimmen aus allen Parteien) 
Vochenschrift sir Politix, Litieratar, unst und Vissenschast. 
DAs EcHO bringt allwöchentlieh in unterhaltender 
vorm Beriehte Gber alle politisgchen, wirtschaftliehen, 
vissensehastliehen und gesellsechaftlichen Vorzgänge, 
welche sieh in Deutschland und im Auslande abspielen. 
IASs EcHhHo ist Loln Parteiblatt, condern es lãsst die 
nteressantexten Stimmen aller Parteien au Worte Lommen. 
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iohen Rreise eingehende Ausmerksamkeit. 
)Ms EcHO bringt in jeder Nummer ein bis zwel 
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deder bewähbrter, geitgonössischer Schriftsteller. 
s c0n0 betrachtet es insbesondere auch als 
eine Ausgabe, dem Leben und Treiben der Dentschen im 
slande die Hebevolliste Aufmerkaamkeit 2u2uwenden. 
A8 A bringt informierende Notiren, Kritiken 
ind Leseproben aus den bedeutendsten Ersscheinunget 
los internationalon Büehberm arktes. 
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ↄreis ein niedriger: Vierteljährlien 3 Merk dureh Post 
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