Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
er „St⸗ Ingberter Anzeiger? erscheint wochentlich funfmal: Am Moutag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
satt und Sonntags mit achtseitiger iünstrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich J A ο einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 146 75 3 einschließlich 
„3Zustellungsgebühr. Die Einruͤckungsgebühr fur die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 H, bei außerpfälzischen und solchen, 
Anf welde die Erredition Auskunft ertheilt, I3 9, Reklamen 30 3. Bei Amaliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
V 225. Dienstag, 15. November 1887. 
22. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
Muünchen. 12. Nov. (Landtag) Die Kam— 
jer erlannte ohne jede Debatte die Rechnungs⸗ 
chweisungen zu den Etats des kgl. Hauses, des 
Gatsrathes und des Ministeriums des Aeußern 
x 1884 85 an und genehmigte die betreffenden 
Jats für ein Jahr der 19. Finanzperiode nach 
en Vorschlägen des Finanz-Ausschusses, darunter 
uch die vielbesprochenen 100,000 Wk. auf den 
Interhalt des Prinz⸗Regenten, indem sie sich dies⸗ 
xzüglich der Verfassungsauslegung des Ministe— 
jums, daß nur für den Fall der Minderjährig 
at der Unterhalt des Reichsberwesers aus der 
Fibilliste zu bestreiten sei, ohne Widerspruch an- 
chloß. Nächste Sitzung Donnerstag den 17. No 
⸗mber. 
Rädersheim, 9. Nov. Durch Beschluß des 
zezitkspräsidenten zu Colmar ist der französische 
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von Elsaß Lothringen ausgewiesen worden. 
Berlin, 13. Nob. Von den deutschen Für— 
tenhöfen laufen zahlreiche telegraphische Beleidsbe- 
ugungen und Anfragen beim Kaiser ein. Prinz 
heinrich von Preußen, der heute von Darmstadt 
jach Berlin zurücklehrt, wird dorr persönlich zu be⸗ 
cchten in der Lage sein, wie innigen Antheil der 
roßherzogliche Hof Darmstadt an dem betrübenden 
zeschick des kronprinzlichen Hauses nimmt. Der 
riuz Regent von Bayern irdittet sich zu wieder— 
olten Mahen telegraphische Nachrichten über das 
zZefinden des Patienten. Das amtliche „Dresdener 
zournel“ giebt Zeugniß von der tiefen Bewegung 
es sächsischen Hofes. In ähnlicher Weije liegen 
dundgebungen von allen Residenzen vor und die 
edrückte Stimmung im Volke spricht dafür, wie 
nier die ganze deutsche Nation mit ihren Fürsten 
inpfindet. 
Ueber die Art, in welcher Kaiser Wilhelm 
on der ernsten Wendung in San Remo unter⸗ 
ichtet worden ist und wie der greise Monarch die 
hmerzliche Kunde aufnahm, berichtet den Berliner 
Neueste Nachrichten“ ein in den Hofkreisen dort 
ut eingeführter Korrespondent folgendes: 
Dem Kaiser, welcher in Folge der Gefahr, 
jelche seinem Sohne droht, vollständig nieder⸗ 
ebeugt ist, wurde die betrübende Kunde aus San 
demo zuerst durch den Prinzen Wilhelm in 
honendster Weise überbracht. Der Hofmarschall 
Kronprinzen, Graf Radolinsky, hatte zwei, 
srem Inhalte nach gleiche Depeschen hierher ge— 
andt, von denen die eine an den Prinzen Wil-⸗ 
elm, die andere an den Chef des Militairkabinets, 
zeneral der Kavallerie, von Albedyll, gerichtet war. 
dach Empfang der erschütternden Kunde war Prinz 
Bilhelm sofort bei dem General von Albedyll vor⸗ 
efahren, um mit diesem zu beratbhen, in welcher 
chonendsten Form dem Kaiser der Inhalt der De— 
esche aus San Remo mitgetheilt werden könne. 
)ann eilte der Prinz in das Palais seines Groß⸗ 
aters, um diesem mit blutendem Herzen die Hiobs- 
ost zu überbringen. Schweigend, die Augen fest 
uf seinen Enkel gerichtet, hörte der greise Herr 
d, bis ihm endlich vor innerem Schmerz die 
dhiäuen über die Wangen rollten und er mit 
ingenden Händen ausrief: „Mein armer, armer 
⸗ohn!“ Im selben Augenblick stand auch schon 
ei dem Kaiser der Entschluß fest, den Prinzen 
Dilhelm sofoct nach San Remo zu senden, welcher 
it seinem dortigen Eintreffen jeden Tag fast stünd- 
chetelegraphische Nachricht gegeben hat. Wenn es 
eißt daß der Kronprinz in Föolge der jekt aufge— 
retenen Geschwulst im Kehlkopf einen Erstickungs- 
infall gehabt, so ist bis jetzt verichwiegen worden, 
aß ein solcher sich bereits in Toblach gezeigt hat 
nd mit solcher Heftigleit, daß nicht nur die kroa⸗ 
rinzliche Familie, sondern auch die gesammte 
dieuerschaft um ihren Herrn beschäftigt gewesen ist. 
denn sich der fürstliche Patient auch nach Kräften 
aöglichste Schonung auferlegt hat, so ist doch das 
zergesteigen bei Toblach, bei dem er sich erhitzt, 
icht ohne nachtbeilige Folgen geblieben. Mit einer 
mendlichen Liebe hüngt die Prinzessin Wilhelm 
nicht nur an ihrem Mann, sondern auch an ihrem 
—„chwiegerbater und am Kaiser. Als sie erfuhr, 
vie niedergeschlagen Letzterer über die Unglücksbot— 
haften aus Sau Remo sei, eilte sie zu wieder· 
olten Malen ins kaiserliche Palais, um dem tief⸗ 
ebeugten Familienoberhaupte ihre Theilnahme 
uszusprechen. Aber jedesmal muß sie wieder um— 
ehren, ohne ihren Zweck erreicht zu haben. Sie 
ersuchte ec noch einmal; endlich wurde sie vorge⸗ 
assen. Ein Bild innigster Rührung war die Szene 
Jes Wiedersehens. Mit ausgebreiteten Armen und 
inter anhaltenden Thränen fiel sie dem Kaiser um 
en Hals. „Großpapa, Großpapa! So lange 
du benlägerig warst, wollte man mich nicht zu 
dir zulassen; endlich bin ich bei Dir!“ brachte die 
Zrinzessin mit schluchzender Stimme hervor. Auch 
zie Kaiserin und die Großherzogin von Baden 
saben den Wunsch geäußert, in dieser schweren 
Zeit in der Nähe des Kaisers zu sein und ihm sein 
chweres Leid tragen zu helfen. Doch haben sich 
zie Aerzte dagegen ausgesprochen und wollen die 
derkunft der beiden Fürstinnnen, von Mutter und 
-chwester des Kronprinzen, nicht gestatten, da der 
daiser noch absoluter Schonung bdedarf. Wie es 
heißt, hat der Monarch für den Fall, daß eine 
dehlkopf-Operation unbedingt ersorderlich ist, bercits 
im Donnerstag die telegraphische Weisung nach 
Zan Remo gehen lassen, daß der Kronprinz sofort 
aie Rückreise nach Berlin antritt. Das Befinden 
)cs Kaisers ist ein im Allgemeinen zufriedenstellen⸗ 
»es; da se's Mittwoch die Nierenschmerzen aufge⸗ 
jört haben, sind seitdem die Morphiumeinspritzungen 
ingestellt. — 
Den Ehrendienst hei Kaiser Alexander von Ruß⸗ 
sand bei seinrer Anwesenheit in Berlin werden der 
Beneral der Infanterie von Werder, gegenwärtig 
Houverneur von Berlin, ferner der Generalmajor 
hon Lindequit und der Oberst und Kommandeur 
des KaiserAlexander-Garde-Grenadier-Regiments 
Nr. 1 von Henniges übernehmen. Zum Ehren- 
dienst beim Großfürsten Thronfolger ist der General- 
zuartiermeister Graf don Waldersee befohlen. 
—XXV 
ordett in zuer besondern Ausgabe des Amtlichen 
dirchenblattes zum Gebet für den Kronprinzen auf 
ind verordnet, daß in allen Pfarrkir „en Sonntags 
nach der Predigt gemeinschaftlich um seine Ges⸗ 
zesung gebetet wird. 
Wilhelm anläßlich seines 18. Gesurtstages ver⸗ 
liehenen Insignien des Schwarzen Adlerordens. 
Die Rachtichten über das verschlimmerte Be— 
finden des deutschen Kronprinzen haben in ganz 
Italien eine Theilnahme gefunden, wie sie bei der 
ẽrkrankung eines Mitgliedes des eigenen Königs- 
Jauses nicht inniger sein könnte. Grade weil der 
Zronprinz auf italienischer Scholle jetzt Heilung 
ines Leidens gesucht hat, ist der Antheil, welcher 
an seinem Wohlergehen hier genommen wird, wo 
möglich noch unmmitteldarer empfunden. König 
und Konigin von Italien gehen darin ihrem Volke 
voran. 
San Remo, 14. Nov. Der „Koͤln. Ztg.“ 
wird von hier telegraphirt: Der Kronprinz machte 
gestern Vormittag einen großen Spaziergang. Ma⸗ 
kenzie gedenkt heute abzureisen, um Mitte Dezember 
zurückzukehren. Dr. Krause wird vorläufig hier 
leiben. In der Umgebung des Kronprinzen hält 
man, ungeachtet des vom „Reichs-Anzeiger“ ver— 
öffentlichten Gutachtens der Aerzte, ungeschwächt an 
der Zuversicht feft, daß es gelingen werde, das 
Leben des Kranken dcuernd zu erhalten. Unter⸗ 
stützt und gekräftigt wird diese Ansicht durch die 
Angaben, die der Kronprinz selber unaufgefordert 
aber sein vorzügliches Allgemeinbefinden macht. An⸗ 
gesichts der ungewissen Aussicht auf Gelingen einer 
gefährlichen Operation verspricht man sich hier mehr 
don einem abwartenden Verfahren, welches fich 
hauptsächlich auf Beseitigung einzeln eintretender 
Zeschwerden verursachender Auswüchse beschränkt. 
das erfrischende, anregende Klima übt den günstigsten 
rinflaß auf das Befinden des Kranken: das Wetter 
sf sonnig und mild 
Landrath der Pfalz. 
Speyer, 9. Nov. (4. Sitzung. Fortsetzung.) 
Poranschläge der Lateinschulen, welche Gemeinde⸗ 
Anstalien sind, pro 1888. Vor Aufstellung dieser 
Voranschläge trat der Landrath ein in die Berathung 
iner Vorlage der kl. Regierung „Uebernahme der 
Wohnungsgeldzuschüsse der Studienlehrer der Pfalz 
auf Kreisfonds“, mitielst welcher eine Eingabe der 
Bürgermeister von Annweiler, Bergzabern, Blies⸗ 
astel, Dürkheim, Edenkoben, Germersheim, Hom⸗ 
burg, Kirchheimbolanden, Kusel, Landstuhl, Winn⸗ 
veiler um Uebernahme der Wohnungsgeldzuschüsse 
der kgl. Studienlehrer in den genaunten Orten auf 
Zreiüfonds dem Landrath zur Würdiung mitge⸗ 
heilt wurde. Auf Antrag seines vierten u: schusses 
eschloß der Landrath, unter Abweisung des Ge⸗ 
uches der obengenannten 11 Bürgermeister seinen 
orjährigen Beschluß cutennt zu erhalten, wonach 
die Wohnungsgeidzuschüsse für die kgl. Studien- 
ehrer an den Gemeinde⸗Lateinschulen an dem ge— 
ouderten Kreisfondszuschuß für diese Schulen zu 
(8,000 Mtk. vornweg in Abzug zu brgen sind. 
Dder Landrath muß um so mehr auf diesem wohl- 
rwogenen Beschluß beharren, als die Kreisfonds⸗ 
uschuͤsse für die Gemeinde Lateinschulen schot. über— 
us hoch, die Leistungen der Gemeinden selbst ver⸗ 
ältnißmäßig niedrig sind. So belief sich der Ge⸗ 
ammtbedarf für die 15 pfälzischen Gemeinde-Latein⸗ 
chulen pro 1887 auf 239,234 Mt. 83 Pf. Die 
Hemeindekassen decken davon nur 76,026 Mk. 29 Pf., 
also noch nicht ein Dritttheil! Aus Kreisfonds 
ließen 118,1853 Mk. 31 Pf. oder über 49 pCt. 
m Ganzen; im Einzelnen diff:riren die Kreisbei- 
räge zwischen 37 und 62 pCu. der Rest des Be⸗ 
zarfs wird aus dem Schultgeld, aus Distriktsbei⸗ 
nägen und aus Stiftungen geschöpit mit zusammen 
Ausland. 
Brüssel, 12. Nos. Der zu hohen russischen 
dreisen in Beziehung stehende „Nord“ greift in 
charfer Form Kalnoky's jüngste Rede an und er— 
lärt die Hoffnung Kaälnoth's, Rußland werde sich 
der Tripelaͤllianz nähern, für aussichtslos; niemals 
verde Rußland das Abenteurer ˖Regiment des Ko⸗ 
urgers anerkennen. 
Rom, 11. Nov. Der deutsche Botschafter 
zolis-Sonnewalde überreichte heute Nachmittag 
em Kronvprinzen von Italien die ihm von Kaiser—