Full text: St. Ingberter Anzeiger

Kreis⸗Pensionsbvereins der Reallehrer 
und der Lehrer an den isolirten Latein— 
schulhen und deren Relicten pro 1886. Die Ein⸗ 
nahmen betragen: 27,1830 Mk. 72 Pf., Gesammt⸗ 
ausgabe: 25,8350 Mk. 73 Pf., Actibrest 1279 
Mk. 99 Pf., Vermögensstand 36,000 Mt., dazu 
Activrest 1279 Mk. 99 Pf. Stand Ende 1886: 
37,279 Mk. 99 Pf. Ende 1885 war der Stand: 
84,039 Mk. 44 Pf., Mehrung pro 1886: 3240 
Mk. 55 Pf. 
Herr Janson berichtete Namens des zweiten 
Ausschufses über die Rechnung der Kreis⸗Taub⸗ 
stummenanstalt der Pfalz pro 1886. Die 
Einnahmen betragen 12,631 Mk. 30 Pf., die 
Ausgaben 12,631 Mk. 30 Pf., sonach Ausgleichung. 
Vermögensstand: Anschlag der Mobilien 12,907 
Mk. 20 Pf., dito der Gebäude 60,000 Mtk. Stand 
Ende 1886: 72,907 Mt. 20 Pf., Ende 1885: 
72,718 Mt. 45 Pf. Mehrung pro 1886: 188 
Mk. 55 ppf. 
Herr Dekan Krieger referirte 1) über nach— 
folgenden Antrag: In 8 3 Abs. 5 der Schul⸗ 
und Lehrordnung für die Volksschulen der Pfalz 
vom Jahre 1884 ist in den Ortsschulcommissionen 
die Befogniß zugesprochen, mits Regierungsgenehmig⸗ 
ung Ernteferien während des Sommersemesters 
unter entsprechender Abkürzung der Herbstferien nach 
Bedürfniß auf die Dauer von höchstens 2 Wochen 
anzuordnen. Gegenüber dem Hauptzwecke der Ernte⸗ 
ferien, in der Zeit dringender Ernte⸗Arbeiten die 
Interessen der Familie und der Schule gleichmäßig 
zu wahren, kann die Jahreszeit und das Schul— 
semester, in welche die Ernteferien gelegt werden, 
nur nebensächliche Bedeutung haben. Für den 
hauptzwed ist es gleichgültig, ob die dringensten 
Ernte⸗Arbeiten und die hierfür zu bewilligenden Ernte⸗ 
ferien in den Sommer oder in den Herbst, obd sie 
vor oder nach der Herbstferienzeit fallen. Darf und 
soll ja auch die Hauptferienzeit je nach dem Charakter 
der Schulen ais Stadt⸗ und Landschulen und je 
nach den örtlichen Verhältnissen früher oder später 
gelegt werden und ist ja für die Erntefecien selbst 
bereits ziemlich viel Spielraum mit Rüchksicht auf die 
verschiedenen Bedürfnisse gegeben, allerdings mit 
Beschränkung auf das Sommersemester. Alletn ge— 
tade diese Beschränkung kann bezüglich der Karioffel⸗ 
Ernte zu großem Aastoße und zu schlimmen Aerger⸗ 
nissen gereichen. In der That fallen in die Zeit 
der Kartoffelernte, wo sie nach den Herbstferien 
stattfindet, viele Schulbersäumnisse, welche den 
Unterrichtsfortgang hindern und deren Bestrafung 
die Eltern der betreffenden Kinder verbittert. Ich 
erlaube mir deshalb an den verehrlichen Landrath 
den Antrag zu stellen, derselbe wolle zur Beseitigung 
dieses Mißstandes fich zu der Bitte an die hohe 
k. Regierung vereinigen, daß hochdieselbe die Hand 
dazu bieten wolle, di⸗ Beschränkung der Ernteferien 
Bewilligung auf das Sommersemester zu beseitigen 
und die Zulässigkeit derselben auch im Herbste nach 
den Herbstferien zu ermöglichen — selbstverständlich 
unter Aufrechterhaltung aller sonstigen einschlägigen 
Bestimmungen der Schulordnung in deren 82 
Abs. 5 nur die Worte „während des Sommer⸗ 
semesters“ zu streichen wären. Auf Vorschlag des 
vierten Ausschusses ertheilt der Landrath diesem An⸗ 
rrage seine Zustimmung. 2) Ueber die in der 
Landrathssitzunug vom 9. November 1887 be— 
schlossene prinzipielle Regelung der Kreisfondszu— 
schüsse für deutsche Schulen zum Vollzuge des 
Schuldotationsgesetzes vom 10. November 1861. 
Der Landrath deschließt einstimmig die Aufstellung 
folgender Grundsätze und Grundlagen für die Be— 
rechnung der Kreisfondszuschüfse zu den deutschen 
Volksschulen in der Pfalz: 1. Die auf Grund des 
Art. 6 unter Beachtung des Art. 1 und 3 des 
Schuldotationsgesetzes vom 10. November 1861 
zu gewüährenden Kreisfondszuschüsse werden von 
einer so großen Anzahl von Gemeinden beansprucht, 
daß deren Festsetzung, sowie die Beschaffung der 
nöthigen Aufschlüsse über die Verhältnisse und Be⸗ 
dürfnisse der Gemeinden nicht alljährlich vorgenommen 
werden kann. Der Landrath erachtet es für zweck. 
mäßzig, die Festsetzung immer für 6 Jahre vorzu⸗ 
nehmen und zwar stets in der 1. Sitzung einer 
Landrathaperiode; 2. die in den Ausschußtabellen 
vorzutragenden Beträge der Lasten und Leistungen 
der Gemeinden und deshalb nach dem Durchschnitt 
der letzten 6 Jahre einzutragen, bei welchem Ver⸗ 
fahren alle in diesem Zeitraume sich ergebenden 
Gestaltungen der finanziellen Lage der Gemeinden 
u genügendem Ausdrucke kommen. — Für die 
nne 1889 mit 1894 ist als Gesammtaufwand 
üür die Zuschüsse zu den deutschen Schulen der 
bdisherige Betrag von rund 103,000 M. annähernd 
festzuhalten, ohne daß jetzt schon die hieraus für 
das Ordinarium und Ertraordinarium bestimmte 
Summe ausgeschieden wird. Sollten sich unter 
Anwendung vorstehender Berechnungs-Grundlagen 
derartig hohe Beträge ergeben, daß deren Bewilligung 
als unthunlich erscheint, so koͤnnen die Ansätze für 
die einzelnen Klassen leicht modificirt werden, ohne 
Aenderung der Haupigrundfätze des Verfahrens. 
Nächste Sitzung morgen. Tagesordnung: Kreis⸗ 
zudget, Immobiliar-Brandversicherungs⸗Anstalt, 
Wünsche und Anträge. 
Lokale und pfaͤche Nachrichten. 
O.B.-V. Auf die in der heutigen Nummer 
efindlichen Auzeigen betreffend Obstbaum— 
ünger und Leim für Klebringe sei be— 
onders aufmerksam gemacht. Für diese Ar—⸗ 
eiten ist die jetzige milde Witterung sehr geeignet 
ind überdies ist die höchste Zeit zur Vornahme 
erselben. 
-Kaisershautern, 20. November. Das 
Urtheil in der Privatklagesache des Hrn. Instituts⸗ 
porstehers J. Bärmann in Dürkheim gegen den 
Kedakteur der „Pf. Pr.“ Hrn. Hermann lautet 
ür den Angeklagten H. auf schuldig. Derselbe 
st zu einer Geldstrafe von 100 Mk., zur Tragung 
ümmtlicher Kosten ⁊c. verurtheilt worden. 
— Münsterappel, 19. Nov. Der Ge— 
neinderath wählte zum Verweser an hiesiger Vor⸗ 
pereitungsschule den Schulverweser Herrn Ludwig 
Dexheimer von Kriegsfeld, zur Zeit Schulverweser 
n Münchweiler au der Alsenz. 
— Aus dem Zellerthal, 20. Nov. (N. B.) 
Heute fand in den Gemarkungen Zell Einselthum 
ein Treibjagen statt. Das Wetter war ganz gün— 
tig und in Folge dessen hatten sich denn auch eine 
ziemliche Anzahl Schützen eingefunden. Nachdem 
bdri Wirth Worster in Zell dem Magen etwas zu— 
zeführt und natürlich auch ein Schoppen 87er 
„dran geschüttet“ war, ging es ans Werk. In 
dier Treiben wurden von 20 Nimroden 882 Hasen 
geschossen. 
Vermischtes. 
F Malstatt⸗Burbach, 21. Nob. An der 
Stelle der Eisenbahnstrecke Saarbrücken-Brebach, 
wo die Bahn längs des St. Johanner Volksgarten 
ührt, fuhr am Samstag Abend ein Rangirtzug 
inem von St. Ingbert kommenden gemischten Zuge 
aus Personen⸗ und Güterwagen bestehend) in die 
Flanke. Der Zusammenstoß war ein so heftiger, 
»aß 4—25 Wagen beschädigt, darunter einer faft 
janz zertrümmert wurde. Die Passagiere des St. 
Ingberter Zuges sowie das Begleitungspersonal 
ind glücklicherweise mit bloßem Schrecken davonge- 
'ommen; die Bremser sprangen, als sie die Gefahr 
merkten, von ihren Sitzen herunter und haben nur 
leichte Hautabschürfungeñ erlitten. Wen die Schuld 
an dem Bahnunfall, dem dritten innerhalb kurzer 
Zeit in der nächsten Umgegend, trifft, konnten wir 
noch nicht erfahren. (M. B. 3) 
F Stuttgart. Was kostet eine Nase? Diese 
Frage hat nicht nur dem Staatsministerium, son⸗ 
dern zuletzt auch dem König von Württemberg zur 
kntscheidung vorgelegen. Einem Wirthssohn in 
irchdorf mit dem ungewöhnlichen Namen Maier 
hat nämlich im Frühjahr ein Handwerksbursche 
Ramens Dobler die Nase abgebissen; es war eine 
vohlgeformte, stattliche ase, von der sogar mehrere 
dirchdorfer Jungfrauen behaupteten, daß sie einen 
zriechischen Schnitt habe und also von klassischer 
S„chönheit sei. Dem Maier ging der Verlust seines 
ßesichtsschmuckes sehr zu Herzen, und da ihm noch 
azu die Wunde längere Zeit Schmerzen verursachte, 
o glaubte er kine Entschädigung beanspruchen zu 
ürfen. Von dem Missethäter, dem übrigens eine 
xemplarische Strafe (192 Jahre Gefängniß) zu 
Theil geworden, war;bei dessen gänzlicher Mittel- 
osigkeit kein Pfennig herauszubekommen. Maier 
vandte sich daher an das königliche Staatsministe⸗ 
rium, welches die Angelegenheit dem König vor⸗ 
rug. Dieser fühlte ein menschliches Rühren und 
entschied, daß Herrn Maier aus dem Gratialien⸗ 
onds ein Schmerzensgeld von 300 Mk. ge⸗ 
vährt werde. 
F Frankfurt, 19. Nov. Heute wurde nach 
nehrtägiger Verhandlung der Prozeß gegen den 
Leiter der Homburger Gewerbebank beendet. Direktor 
Trenkner und Cassirer Schmehler wurden des be—⸗ 
cügerischen Bankerotts, der Untreue, Vecschleierung 
und Unterschlagung, der frühere Direktor der Hom 
burger Farbenfabrik, Peter Bange, der zn 
dazu schuldig gesprochen, sämmtlich ohne misdern 
Umstände. Trenkner und Schmehler wurden zu 
5, Bange zu 2 Jahren Zuchthaus verurtheilt. je 
xF. Vom Rhein. Vor der Strafkammer in 
Elberfeld stand am 10. d. M. der 28jährige Mo 
oratsbesitzer Günther Graf v. der —X 
von Haus Oefte, angeklagt der Thierquälerei. * 
sunge „Edelmann“ hatte seinen Hund arg miß 
handelt und das arme Thier, als es darauf augz 
Angst in einen Teich gesprungen war, mit Hilf⸗ 
ines langen Besens, wenn es das Ufer wledet 
zewinnen wollte, so lange zurückgestoßen, bis * 
lendiglich umgekommen war. Einige Landleute 
welche durch das Heulen des Hundes aufmerksan 
jeworden waren, zeigten das Vorkommnit einen 
n der Nähe befindlichen Gendarmen an, und dieset 
kam gerade noch hinzu, als das verendete Thiet 
aus dem Wasser gezogen wurde. Das Schöffen. 
zericht zu Langenberg hatte den hoffnungesvolln 
ungen Grafen zu 150 Mark Geldbuße verurth.in 
und die Strafkammer zu Elberfeld destätigte alt 
Berufsinstanz diese Strafe. 
. Drulingen, 15. Nod. Dieser Tage kam 
der Bezirkspräsident, Herr v. Stichaner, hierhet 
ind es find daher vom kaiserl. Kreisdirektor ig 
Zabern sämmtliche Bürgermeister des Kantons ein— 
jeladen worden, nach Drulingen zu kommen, da 
»er Bezirkspräsident sie vorgestellt zu haben wünscht. 
derr v. Stichaner — früher Kreisdirektor in Wel— 
zenburg — ist, wie bekannt, ein Pfälzer; er ist 
jehr beltiebt und sah man ihn voriges Jahr nur 
ungern von Weißenburg scheiden; seine Herzensgüle 
und sein bewährter Wohlthätigkeitssinn find genüg⸗ 
sam bdekannt und erfüllen unsere Elsaß⸗Lothringer 
nit Anhänglichkeit und Liebe zu ihm. Frau von 
Stichaner ist eine geborene Deidesheimerin. Gestern 
var der Präsident in Saar Union. Was die Reise 
ezweckt: Od sie ein dloßer Besuch ist oder ob 
onst „etwas dahinter steckt“, ist meines Wissenß 
nicht bekannt. 
f In einem eleganten Berliner Cafs fiel 
ein Kellnet in Ohnmacht. Ein zufällig anwesen⸗ 
der Arzt brachte ihn rasch wieder zum Bewußtsein 
und auf die Frage des Doktors, was wohl die 
Ursache seines plötzlichen Unwohlseins sein moͤchte, 
erwiderte der Kellner mit schwacher Stimme: „Eine 
Dame, die hier Limonade nahm, hat mir nur8 
bfennige — Trinkgeld gegeben.“ 
fF Leipig, 19. Nov. Ein Student stürzte 
ich in vergangener Nacht vom Viadukt der 
Thüringer Bahn auf einen durchfahrenden Zug 
ind wurde zermalmt. “ 
F Leipzig, 20. Nov. Die Wachstuchfabrik 
von Schuhmann in Reudnitz ist niedergebrannt. 
Fin Arbeiter ist verunglückt. 
F Sächsische Höflichkeit. In einem säch- 
ischen Dorfe findet das Begrädniß des reichen Erb⸗ 
Ȋchters Lehmann statt. Die Chorknaben haben 
ben ihr Grablied beendet, der Geistliche hat seine 
Trauerrede vor dem offenen Grabe, an dem der 
Sarg steht, begonnen, da regt sich nach Ansicht der 
Fhorknaben etwas im Sarge. Einer von ihnen 
upft den Pastor am Ornat. Der schiebt ihn bei 
S„eite. Wieder zupft ihn Einer, der Geistliche 
veiß jedoch noch nicht weshalb. Da hört auch der 
züster das Geräusch im Sarge. Um den Geist⸗ 
ichen nicht abermals zu stören, bückt er sich vor⸗ 
ichtig, und damit die Andächtigen nicht beunruhigt 
verden, nähert er sich in dieser Haltung dem Sarg. 
Zeise klopft er daran und fragt: „Herr Lehmann, 
vünschen Sie noch was?“ 
fF Eine seltene Jagdbeute machte kürz 
lich der Förster Schön aus Carben bei Köonigsberg, 
der einen weißen Hirsch schoß. 
F Deutsche Treue. Von einem in Rust⸗ 
chuk lebenden Deutschen wird folgendes rührende 
Zeispiel von Frauentreue mitgetheilt. Unter den 
Ipfern der Rustschuler Katastrophe befand sich auch 
in gewisser Hauptmann Krestow, Bruder des in 
Silistra erschossenen Hauptmannes gleichen Namens. 
Derselbe war bei der Katastrophe mehrfach ver 
vundet, schließlich zu 15 Jahren Kerker veruͤrtheilt 
vorden. Während sich nun seine sehr vermög- 
ichen Verwandten von ihm lossagten, ließ sich 
eine junge Gattin, eine Deutsche aus Bukarest, 
urch keine Drohungen und Einschüchterung abhalten, 
in die Seite ihres Mannes zu eilen. Auf den 
Znieen flehte sie den Kommandaͤnten und die Wache 
in, und mancher Soldat, der sie zuerst mit Fuß— 
ritten und Kolbenstößen traktirt hatte, ließ sich